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Schicksal! Das ist Schicksal.
Aber es bringt dich nur bis zu einem bestimmten Punkt.
Danach liegt es an dir, dafür zu sorgen, dass es weitergeht. Ich kann es kaum erwarten

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»Hier ist das Geld für meine Kaution, Mrs. Foragi.« Mia reichte ihrer Vermieterin den Scheck, den sie ihr im vergangenen Monat schuldig geblieben war, als sie das Apartment gemietet hatte.

Die ältere Frau überprüfte ihn genau, um sicherzugehen, dass Mia ihn nicht erst heute Morgen auf ihrem Computer ausgedruckt hatte. »Wurde aber auch Zeit, dass Sie endlich damit rüberkommen«, sagte sie und wirkte nicht gerade erfreut über die Verzögerung. Allerdings erfreute Mrs. Foragi so gut wie nichts, inklusive der Tatsache, Mia als Mieterin zu haben. Angela hatte geholfen, Mrs. Foragi davon zu überzeugen, dass ihre jüngere Schwester eine gute Mieterin wäre.

»Danke, dass Sie so verständnisvoll waren.« Von wegen! Diese Frau hatte Mia unablässig wegen des noch ausstehenden Geldes in den Ohren gelegen, als ob sie bezweifelte, dass Mia es ihr tatsächlich zahlen würde; und das, nachdem sie es der Frau auf einen Stapel Bibeln und bei ihrer Pfadfinderehre geschworen hatte.

Nun ja, was konnte man schon erwarten von einer, die ein rotes Flanellhemd und einen Werkzeuggürtel als modisches Accessoire trug?

»Wer ist der Mann, der bei Ihnen in der Wohnung wohnt?«, wollte Donatella Foragi wissen und beäugte Mia misstrauisch. »Sie haben keinen Freund erwähnt, als Sie die Wohnung mieteten. Ich dulde kein Techtelmechtel unter meinem Dach. Ich möchte meinen guten Ruf hier im Viertel nicht verlieren, lassen Sie sich das gesagt sein.«

Mia konnte sich gerade noch bremsen, nicht die Augen zu verdrehen. Jeder in Little Italy wusste, dass Mrs. Foragi seit zig Jahren eine Affäre mit dem örtlichen Bestattungsunternehmer – dem örtlichen verheirateten Bestattungsunternehmer – Benny Buffano hatte.

»Oh, Sie meinen Nick«, erwiderte sie und tat ihr Möglichstes, so unschuldig wie ein Neugeborenes zu klingen. Lügen war nie ihre Stärke gewesen, obgleich sie definitiv langsam besser wurde. Not war die Mutter aller … Richtig! »Das ist mein … Cousin. Nick brauchte einen Platz, wo er für ein paar Wochen unterkriechen konnte. Ich dachte, Sie hätten nichts dagegen. Sie wissen ja, wie es mit Familie ist. Ich habe es einfach nicht übers Herz gebracht, nein zu sagen.«

Mrs. Foragi sah alles andere als überzeugt aus. »Was treibt er denn so, dieser Cousin von Ihnen? Hat er einen Job? Oder ist er ein Rumtreiber? Wir haben schon genug Rumtreiber in dieser Gegend.« Sie ließ sich nicht weiter darüber aus, wen sie damit meinte.

»Nick ist Schriftsteller. Er schreibt ein Buch über … über Little Italy. Ist das nicht spannend? Aber Sie dürfen es niemandem erzählen. Er legt großen Wert auf seine Privatsphäre und wäre bestimmt sehr ärgerlich, wenn er wüsste, dass ich es Ihnen erzählt habe.«

Interesse leuchtete auf in den Augen von Mrs. Foragi. »Schriftsteller? Vielleicht sollte ich ihn fragen, ob er meine Lebensgeschichte schreiben will. Das würde bestimmt ein guter Roman werden. Sollte mich nicht wundern, wenn sich auch Hollywood dafür interessieren würde. Ich habe ein sehr interessantes Leben geführt, müssen Sie wissen. Wenn Sie glauben, Jackie Collins kennt sich mit heißen Storys aus, dann kann ich nur sagen, ich habe sie erlebt. Sie kann mir nicht das Wasser reichen. Wussten Sie das?«

»Nein, das wusste ich tatsächlich nicht. Und ich halte es für besser, wenn Sie nicht mit Nick darüber reden. Ich werde es ihm bei passender Gelegenheit stecken. Er interessiert sich stets für gute Buchideen.«

Donatella betrachtete den Scheck erneut prüfend und fragte dann: »Ihr Geschäft läuft also inzwischen? Sie haben jetzt Klienten?«

Lächelnd nickte Mia enthusiastisch und hoffte, dass sie nicht gleich Gottes Zorn treffen würde für ihre kleine Übertreibung. »Ja, einige. Der Schutzengel hat seine Flügel ausgebreitet und endlich abgehoben. Es war wie gesagt nur eine Frage der Zeit. Gut Ding will Weile haben, wie man so schön sagt.«

»Pfhh! Hauptsache, Sie zahlen mir die nächste Monatsmiete pünktlich. Ich warte nicht gerne auf mein Geld. Ihre Schwester Angela hat immer rechtzeitig gezahlt. Sie sollten sich an ihr ein Beispiel nehmen.« Damit knallte Mias Vermieterin ihr die Tür vor der Nase zu.

»Hexe!«, murmelte Mia, ging hinüber zu ihrer eigenen Wohnung, schlug krachend die Tür hinter sich zu und erinnerte sich zu spät, dass Nick am Computer arbeitete.

»Würde es Ihnen etwas ausmachen, nicht ganz so viel Lärm zu produzieren?« Er schwang seinen Stuhl herum und fuhr sie verärgert an: »Ich versuche zu schreiben, und das ist auch ohne Lärm schon schwer genug.« Genau genommen war er gerade online im FBI-Großrechner und versuchte, dem mehr Informationen über Alfredo Grazianos Autohandel zu entlocken. Bisher hatte er aber nichts Brauchbares gefunden und war deshalb denkbar schlecht gelaunt.

»Oh, leck mich doch am Arsch.«

»Was haben Sie gesagt?« Nick hatte zwar jedes Wort verstanden und hätte am liebsten lauthals gelacht, aber er wusste, dass er das nicht durfte. Stattdessen tat er so, als wäre er mächtig pikiert.

»Ich sagte, tut mir Leid. Ich hab vergessen, dass Sie arbeiten. Meine Vermieterin hat mir gerade den Hintern versohlt, weil ich meine Kaution verspätet gezahlt habe.«

Nick zwinkerte ihr zu. »Sieht aber ganz so aus, als hätte sie ihn dran gelassen.«

Mia verrenkte sich den Kopf und musterte ihren kleinen Po, der für ihren Geschmack etwas zu jungenhaft war, dann wieder Nick, der nach wie vor grinste. »Sollte das ein Scherz sein? Ich bin beeindruckt. Oh, übrigens, Mrs. Foragi hält ihre Lebensgeschichte für absolut heißen Stoff und möchte, dass Sie ihn als Romanvorlage nehmen.«

»Mit Sciencefiction habe ich nichts am Hut, aber trotzdem danke.« Mias Vermieterin sah aus wie der Prototyp eines Holzfällers, nur in weiblich. Nur beim Gedanken an diese Frau wurde Nick ganz mulmig zumute.

Mia kriegte sich gar nicht wieder ein vor Lachen, aber schließlich sagte sie: »He, ich wusste gar nicht, dass Sie Sinn für Humor haben.«

»Wieso denn nicht? Glauben Sie, Spinner sind grundsätzlich humorlos?« Nick klappte seinen Laptop zu, damit Mia nicht sehen konnte, woran er gerade gearbeitet hatte.

»Ich habe ehrlich gesagt noch nicht darüber nachgedacht«, erwiderte sie, flankte über den Couchrücken und ließ sich auf die Lederkissen plumpsen. »Sie sind der erste, den ich kennen gelernt habe.« Zuletzt hatte sie auf einer Autobahnbaustelle gearbeitet, und da waren Spinner dünn gesät gewesen. Jede Menge Machodeppen, aber das war etwas total anderes.

Nick runzelte die Stirn bei Mias Turnübungen und überlegte angestrengt, ob er etwas zu ihrem jungenhaften Betragen sagen sollte. Da sie mit ihrer Meinung nie hinterm Berg hielt, insbesondere was seine Art, sich zu kleiden, anging, beschloss er, es ihr gleichzutun. »Tragen Sie eigentlich manchmal auch etwas anderes als Jeans und T-Shirts?«

»Meine Fischgrätphase habe ich gerade hinter mir«, konterte sie und war hochzufrieden mit sich, als sie sah, wie seine Augen sich leicht verengten.

»Frauen sollten meiner Meinung nach auch wie Frauen aussehen und sich so kleiden.«

Sie musterte ihn verblüfft. »Tatsächlich? Ich wusste gar nicht, dass Sie so viele Frauen kennen«, sagte sie, und er kräuselte die Lippen, als hätte er auf Zitrone gebissen.

»Ich führe ein ziemliches Einsiedlerleben, das stimmt. Aber das heißt nicht, dass ich Frauen nicht mag. Ich habe nur keine Zeit für Verabredungen, wenn ich an einem Buch arbeite.«

»Und Sie arbeiten ununterbrochen an einem Buch, richtig?« Sie hatte in ihrem Leben schon so manche lahme Entschuldigung gehört, aber diese hier schlug dem Fass den Boden aus. Womöglich war er schwul. Aber wieso dann die Wölbung? Diese Wölbung war nun wirklich nicht wegzuleugnen.

»Etwas in der Art.«

»Wollen Sie eigentlich mal heiraten und Kinder haben?«, fragte sie.

Er zuckte die Achseln. »Darüber habe ich noch nicht viel nachgedacht. Ich bin zufrieden mit dem Leben, das ich führe.«

»Ich auch. Ich glaube, dieses ganze Beziehungsgetue ist der größte Schwachsinn. Man investiert viel Zeit und Mühe, und es zahlt sich selten aus. Ich habe jedenfalls noch keinen Mann kennen gelernt, der mich genug interessiert, um mich für den Rest meines Lebens an ihn zu binden. Männer machen mehr Ärger, als sie wert sind.«

Natürlich log sie. Sie hätte Greg im Handumdrehen geheiratet und Kinder von ihm gekriegt, wenn er sie darum gebeten hätte. Aber seine Ehefrau war ihr da zuvorgekommen. Mia würde nie, niemals vergessen, wie leichtgläubig, dumm und naiv sie gewesen war. Und sie hatte sich geschworen, dass kein Mann sie jemals wieder so benutzen würde, sagte sie sich wie ein Mantra seitdem vor.

Mias unerwartete Proklamation verdutzte Nick nicht wenig. Mia unterschied sich zweifellos von den meisten Frauen, die er kannte, und das fand er erfrischend. »Und was ist mit Kindern? Wünschen sich nicht die meisten Frauen Kinder?«

»Kann sein, aber ich bin nicht wie die meisten Frauen, und ich bin mir nicht sicher, ob ich mir Kinder wünsche. Kinder bedeuten einen Haufen Arbeit. Und außerdem scheint mir die Nummer mit dem Kinderkriegen ziemlich riskant zu sein. Ich hatte mal eine Schulfreundin, deren Mutter bei der Geburt starb. Und erst kürzlich war ich mit Angela im Krankenhaus, wo einige Tests gemacht wurden, und das fand ich echt ätzend. All die Nadeln, mit denen sie in einem herumstochern.« Ganz zu schweigen von der Nummer mit dem Gummihandschuh. Ihr kam immer noch der kalte Kaffee hoch, wenn sie an ihre letzte Untersuchung dachte. Dieser ganze Gyni-Kram konnte ihr gestohlen bleiben. »Ich bin einfach noch nicht so weit.«

»Sie haben Angst vor den Schmerzen und der Gefahr einer Geburt. Aber Sie haben kein Problem damit, sich mit Schlägertypen des organisierten Verbrechens anzulegen und möglicherweise eine Kugel einzufangen? Das erscheint mir seltsam.«

»Mich vor einen Klienten zu stellen ist mein Job. Außerdem, wenn ich meinen Job richtig mache, wird es schon nicht so schlimm werden. Ich versuche, Konfrontationen wenn möglich aus dem Weg zu gehen.

Aber ein Baby zu kriegen ist etwas völlig anderes. Es ist, als hätte man so eine Art Alien in sich, man platzt auf, und dieses Wesen springt aus einem raus. Sie springen raus, brüllen, und dann flitzen sie überall rum.« Sie konnte ein Schaudern nicht unterdrücken.

Stirnrunzelnd stellte Nick sich absichtlich dumm. »Alien, Wesen? Sie meinen Außerirdische?«

»Nun sagen Sie bloß nicht, dass Sie nie Alien gesehen haben, einer der besten Sciencefictionfilme, der je gedreht wurde.«

Noch ein Filmfreak, dachte Nick und seufzte tief. Es mit Burts Sucht zu tun zu haben, war schon schwer genug. Ohne Zweifel würden Burt und Mia gut miteinander auskommen – zu gut. Ein entsetzlicher Gedanke. »Ich habe im Moment keinen Fernseher; er ist kaputt. Ich lese, um mich zu entspannen.«

Das entsprach nicht ganz der Wahrheit. Er hatte einen Fernseher – einen mit einem Großbildschirm. Tatsächlich sah er sich liebend gern Filme an, hatte aber nur selten Gelegenheit dazu. Sein Job hatte Priorität vor nahezu allem anderen und ließ ihm wenig Spielraum für die angenehmen Dinge des Lebens.

Mia starrte ihn mit offenem Mund an, erholte sich aber schnell wieder und erklärte: »Das holen wir heute Abend nach, Nick. Ich habe eine große Videosammlung, und Alien ist einer meiner Lieblingsfilme. Mein absoluter Lieblingsfilm ist natürlich Die zweite Chance mit Clint Eastwood. Er spielt einen coolen Secret-Service-Agenten. Ich wette, dass Sie den gesehen haben.«

Kopfschüttelnd biss Nick sich heimlich in die Innenwange, als Mia ihn verärgert anblitzte und resignierend die Hände hob. »Den haben Sie auch nicht gesehen? Wo haben Sie denn gelebt, in einer Höhle?«

»Nein, bei meiner Tante. Sie bevorzugt Opern und klassische Musik. Die wenigen Male, wenn wir fernsehen, ist es gewöhnlich PBS. Das Programm ist allen anderen Programmen weit überlegen.«

»PBS!« Geradezu angewidert steckte Mia sich den Finger in den Hals und gab würgende Geräusche von sich. »Ich sehe schon, dass ich einen Haufen Arbeit vor mir habe.«

»Was soll das heißen?«

»Oh, nichts weiter. Es ist nur so ein Ausdruck von mir. Also, was mögen Sie noch gern außer lesen und Mozart hören?«

»Nun ja, ich habe eine echte Schwäche für die Börse. Spekulieren fasziniert mich total.«

»Nicht im Ernst!« Das war das erste Mal, seit sie ihn kennen gelernt hatte, dass er etwas echt Interessantes äußerte. »Ich auch. Obgleich ich nicht richtig spekuliere oder so. Das kann ich mir nicht leisten. Aber ich bin ganz gut darin, gefühlsmäßig die Gewinner herauszupicken. Letzten Monat habe ich zweiundzwanzigtausend Dollar gemacht.«

Seine Augen weiteten sich. »Sie wollen mich verar … äppeln!«

Sie schüttelte den Kopf. »Das stimmt. Natürlich habe ich kein Geld investiert, aber wenn ich es getan hätte, hätte ich so viel Plus gemacht.«

Alle Rädchen in Nicks Kopf liefen auf Hochtouren. Die Börse war die einzige Schwäche, die er sich gestattete. »Haben Sie einen Computer mit Internetanschluss?«

»Ja, warum? Ist Ihrer kaputt? Weil Sie, soweit ich gesehen habe, gerade im Internet waren, also kann es nicht sein.«

Die Frau hatte schärfere Augen, als gut für sie war. Nick wurde klar, dass er sehr viel vorsichtiger sein musste. »Ah, nein. Aber ich gehe nicht gern ins Internet, während ich an einem Buch arbeite. Ich habe immer Angst davor, mir einen Virus einzufangen und meine ganzen Dateien damit zu zerstören.«

Sie verdrehte die Augen und musterte ihn, als wäre er der absolut größte lebende Schwachkopf seit Menschengedenken. »Nick, es gibt Antivirenprogramme. Die sind wie Kondome für Computer.«

Mia nahm an, dass sie ihn schockiert hatte, weil er ihr eine Antwort schuldig blieb. »Ich denke schon, dass wir meinen Computer benutzen können, wenn ich Ihnen beweisen soll, dass ich Ahnung habe.«

»Machen wir einen Probelauf ohne Geld«, schlug er vor. »Wenn Sie bis Ende nächster Woche Profit gemacht haben, überlege ich mir, etwas Geld zu investieren.«

Mia lächelte ihn so strahlend an, dass zwei entzückende kleine Grübchen sichtbar wurden. »Oooh! Das würde ich ja nur zu gern machen. Okay, machen wir einen Probelauf. Aber ich kann Ihnen jetzt schon versprechen, dass Sie bestimmt nicht enttäuscht sind. Ich habe eine Nase für Gewinner. Ich habe einen sechsten Sinn dafür. Ich habe eine gute Menschenkenntnis, eine echte Spürnase, und ich irre mich selten. Nennen Sie es meinetwegen weibliche Intuition.«

Nick lächelte. Mia war total bezaubernd, wenn sie von etwas richtig begeistert war. »Ah, die perfekte Frau. Es ist schon lange her, dass ich einer begegnet bin.« Noch nie!

Aber das war wahrscheinlich sein Fehler. Seine Beziehungen zu Frauen waren immer oberflächlich geblieben, er hatte sich nie dafür interessiert, was jenseits der Schwächen lag, die jedes menschliche Wesen nun mal hatte. Vielleicht war seine Suche nach Perfektion, die es natürlich gar nicht gab, nichts weiter als eine Entschuldigung dafür, auf Distanz zu bleiben.

Sie grinste wieder. »Ich habe viele Facetten, Nick. Das finden Sie bestimmt noch raus, wenn Sie lange genug in meiner Nähe sind. Nun kommen Sie schon. Spekulieren wir an der Börse. Aber ich warne Sie: Es wird Sie hin- und wegreißen und restlos faszinieren.«

Dummerweise war Nick das schon längst.

»War es wirklich notwendig, mich in den Supermarkt zu schleppen?«, fragte Nick und runzelte die Stirn. »Ich hätte doch in der Wohnung bleiben und an meinem Buch arbeiten können.«

Bei dieser absurden Frage konnte Mia nur den Kopf schütteln. »Allein? Was wäre ich denn für ein Bodyguard, wenn ich Sie auf sich selbst gestellt allein ließe? Sie haben mich engagiert, um auf Sie aufzupassen, und genau das werde ich tun. Und jetzt schnappen Sie sich einen Wagen. Je schneller wir unsere Lebensmittel einkaufen, desto eher können Sie weiterarbeiten.«

Nick verkniff sich ein Schmunzeln. »Sind Sie immer so streng?«

»Jawohl. Übrigens, gestern Abend habe ich mal bei Amazon gestöbert und konnte keins Ihrer Bücher finden. Ich hätte gern mal eins gelesen.«

Das traf Nick so unvorbereitet, dass er mit seinem Einkaufswagen einen Stapel Cornflakes rammte und einige Packungen zu Boden fielen, was ihm einen seltsamen Blick von Mia eintrug. Er bückte sich, um die Packungen wieder aufzustellen, und erwiderte: »Ich sagte Ihnen doch – meine Bücher sind leider nicht mehr im Handel. Es waren halt nur kleine Auflagen, und die sind total ausverkauft.«

»Haben Sie denn keins zur Hand, das ich mal lesen kann?«, fragte Mia, stopfte einen Kopf Salat in eine Plastiktüte und warf sie in den Wagen. »Eventuell können Sie mir eins leihen.«

Nick schüttelte den Kopf und wünschte sich nichts sehnlicher, als dass sie aufhören würde nachzubohren. Wie befürchtet, hatte Mia eine neugierige Ader. »Ich habe sie alle in den Keller geräumt, tut mir Leid.«

»Warum schreiben Sie eigentlich keine Romane, etwas richtig Scharfes und voll mit Sex? Ich wette, davon verkaufen Sie mehr.«

Nick warf ein Paket Porterhouse Steaks in den Einkaufswagen und tat sein Bestes, um entgeistert zu wirken. »Ich behalte das im Auge.«

»Normalerweise kaufe ich mein Fleisch nicht hier. Ich kaufe immer bei Santinis. Aber heute mache ich mal eine Ausnahme.«

Santini. Nick ging im Geist die in Frage kommenden Namen durch. Lou Santini, der Schlachter. Seine Mutter musste der Inbegriff eines Alptraums sein. Er hatte beide vor Beginn der Operation überprüft. Bei ihnen schien es keinerlei Unregelmäßigkeiten zu geben.

Mia schob den Wagen um die nächste Ecke. Aus dem Augenwinkel nahm sie etwas wahr, das wie eine Pistole aussah. »Eine Pistole. In Deckung!«, rief sie, ließ den Einkaufswagen los und stieß Nick aus dem Weg.

»Mommy! Mommy! Die Dame da hat mich angeschrien.«

Mia verharrte auf der Stelle, sah sich einem zahnlosen fünfjährigen Kind mit einer Plastikpistole gegenüber und seufzte erleichtert. »Entschuldige, Kind. Ich dachte, du wärst jemand anders.«

Mias Reflexe beeindruckten Nick, der noch verdattert auf dem Fußboden saß. Sie hatte schnell und ohne mit der Wimper zu zucken gehandelt. Wenn er in echter Gefahr gewesen wäre, hätte sie ihm das Leben gerettet. »Vielen Dank, Mia. Sie haben ohne zu zögern gehandelt.«

Die Mutter des Jungen, die weiter unten im Gang war, eilte herbei und zerrte ihr Kind weg, aber nicht, ohne Mia und Nick einen giftigen Blick zuzuwerfen.

»Offenbar war sie nicht halb so dankbar wie Sie«, meinte Mia und streckte die Hand aus, um Nick auf die Füße zu helfen. »Tut mir Leid, dass ich Sie umgeschubst habe. Ich dachte, Sie wären in Gefahr.«

»Das muss Ihnen nicht Leid tun. Aus dem Grund habe ich Sie schließlich engagiert. Wenn Sie mich nicht beschützen, wer würde es sonst tun?«

Mia lächelte und war ausnahmsweise mal zufrieden mit sich. »Genau. Und wo ich Sie jetzt davor bewahrt habe, von einer Wasserpistole durchnässt zu werden, was halten Sie davon, nach Hause zu gehen? Ich sterbe vor Hunger. Durch diese ganze Aufregung habe ich einen Mordsappetit gekriegt.«

»Mir ist noch nie jemand begegnet, der so viel Wert darauf legt, anderer Leute Verwandte kennen zu lernen. Mann, Sie haben wirklich nicht gelogen, als Sie von Ihrem Einsiedlerleben erzählt haben«, sagte Mia zwei Tage später zu Nick. Sie konnte es nicht fassen, dass er tatsächlich Lust verspürte, zu einem Familientreffen von Fremden zu gehen.

Aber sie musste ihn eigentlich gar nicht groß zu der nachträglichen Hochzeitsfeier, die Sophia und Frank Russo für ihren Neffen John Franco und Mias Schwester Angela im Mama Sophia’s geben wollten, überreden.

Genau genommen schien er geradezu begierig darauf zu sein, die Eltern kennen zu lernen – jedenfalls deutlich begieriger als Ben Stiller.

Nick täuschte vor, irgendwelche nicht vorhandenen Fusseln von seinem dunkelblauen Jackett zu zupfen – das dritte, das er anprobiert, und das erste, das Gnade vor Mias Augen gefunden hatte. Er hatte inzwischen herausgefunden, dass das der beste Weg war, Mias Nörgeleien, was seine Garderobe anging, abzuwettern.

Genauso gut könnte ich verheiratet sein, dachte er und erblasste bei dem Gedanken.

»Sie sehen übrigens gut aus in diesem Jackett.« Sie lächelte ihn an und rückte ihm mit einer typisch weiblichen Geste seine rot gestreifte Krawatte zurecht. »Sie sollten sich viel öfter ganz normal anziehen.«

Nick versuchte, ihr Lächeln zu ignorieren, das Zwinkern in ihren Augen, den verführerischen Duft ihres Parfüms. Er scheute sich stets vor Nähe, band sich nie an einen anderen Menschen – Burt war die einzige Ausnahme –, und er würde auch für einen süßen Lockenschopf von Bodyguard keine Ausnahme machen, egal wie faszinierend er ihn fand.

Dieser Weg führte zwangsläufig zu Kummer, und davon hatte er für den Rest seines Lebens genug gehabt. Es war das Waisenkind in ihm, nahm er an, die Angst davor, verlassen zu werden. Zu viele gebrochene Versprechen, zu viele Pflegefamilien, zu viele Entschuldigungen, warum er nicht erwünscht war. Er hatte nicht die Absicht, noch einmal Gefahr zu laufen, abgelehnt zu werden.

Während sein Blick auf Mias knabenhaftem Gesicht ruhte, machte er sich klar, dass er sich auf die Operation und nicht auf die Frau konzentrieren musste. Sowieso widersprach es seinem Berufsethos, sich mit jemandem zu liieren, während er an einem Fall arbeitete. Und er würde nie eine Ermittlung gefährden.

Er kannte Mia nicht einmal eine Woche. Was zum Teufel war nur los mit ihm?

»Erde an Nick. Sind Sie bereit, zur Party zu gehen, oder haben Sie ein Raumfahrzeug, das Sie hinbringt?«

Du hast ein ziemlich großes Mundwerk für eine so kleine Person, war er versucht zu sagen, aber stattdessen lächelte er nur entschuldigend. »Oh, war ich schon wieder abwesend? Entschuldigung. Dazu neige ich häufig, wenn ich in die Arbeit an einem Buch vertieft bin.«

»Abwesend! Na egal.« Mia seufzte. »Wie auch immer, zu Sophias Partys kommt man nicht zu spät, sonst kann man sich gleich abschminken, das Ende mitzubekommen oder je wieder eingeladen zu werden. Im Vergleich zu ihr wirkt Conan der Barbar ausgesprochen friedlich.«

»Ich bin schon richtig neugierig, sie kennen zu lernen. Hört sich ganz so an, als sei sie eine schillernde Persönlichkeit.«

Mia lachte. »Das sollten Sie mal Annie Russo erzählen und sich anhören, was sie dazu zu sagen hat. Ich glaube nicht, dass schillernd das Wort ist, das sie wählen würde, um ihre Schwiegermutter zu beschreiben.«

Als sie ankamen, stellten sie fest, dass erst eine Hand voll Leute eingetroffen war. Ein großer, geschmückter künstlicher Weihnachtsbaum stand neben dem Fenster, dessen farbige Lichter einträchtig blinkten und dem großen Raum eine festliche Atmosphäre gaben. Unter der holzgetäfelten Decke hingen Lichterketten, die das Ganze noch festlicher machten.

Mia winkte ihrer Schwester und ihrem neuen Schwager zu, als sie die beiden entdeckte. »Kommen Sie, Nick. Ich mache Sie mit Angela und John bekannt.«

Nicks Blick huschte hinüber zu dem attraktiven Paar, das neben dem Baum stand, Händchen hielt und sehr verliebt aussah. Sie strahlten die Wörter »frisch verheiratet« aus, als hätte jemand eine pulsierende Neonleuchte über ihnen angeschaltet. »Ich brenne darauf, Ihre Familie kennen zu lernen.« Er wiederholte sich.

»Dad taucht bestimmt in Pailletten auf. Er trägt gern Frauenkleider«, erwiderte sie sachlich, und Nick tat sein Bestes, um seine Überraschung zu verbergen. Diese Kleinigkeit musste er übersehen haben, als er Mias Hintergrund überprüfte.

Sie hatte es kaum ausgesprochen, als Nick einen großen, stämmigen Mann bemerkte, der direkt auf sie zukam. Er trug ein smaragdgrünes, paillettenbesticktes Kleid, eine rote Federboa schmückte seinen Hals, und insgesamt sah er sehr … nun ja, weihnachtlich aus. Neben ihm ging eine konservativ in schwarzen Chiffon gekleidete Frau, die sich keinen Deut darum zu scheren schien, dass ihr Mann sich wie Cher herausgeputzt hatte.

Die DeNeros. Tja, Mia hat ja gesagt, dass sie seltsam sind.

»Da kommen Mom und Dad«, verkündete sie. »Sie können genauso gut mit ihnen anfangen, dann haben Sie’s hinter sich. Dad ist ein Excop, so dass er möglicherweise versucht, Sie auszuquetschen. Bleiben Sie ganz ruhig. Er kann manchmal ein bisschen herrisch sein, aber in Wahrheit ist er einfach nur ein großer Teddybär.«

Ein Excop! Nick wusste, dass er sich davor hüten musste, den Mann misstrauisch zu machen. Cops hatten einen sechsten Sinn und rochen eine Lüge auf meilenweite Entfernung. »Ich versuche es«, sagte er und beeilte sich, ein Lächeln in sein Gesicht zu zaubern, als Mias Eltern sich näherten. Ehrlich gesagt fand er, dass ihr Vater mehr einem Gorilla als einem Teddybären glich.

Mia küsste ihre Eltern und machte sie dann gegenseitig bekannt.

»Sie sind doch nicht etwa pervers, mein Sohn, oder?«, fragte Sam DeNero Nick und musterte ihn stirnrunzelnd von oben bis unten. »Ich lasse nicht zu, dass irgendjemand meine Tochter ausnutzt.«

»Nein, Sir! Ich bin Schriftsteller«, antwortete Nick mit unbewegtem Gesicht, obgleich er am liebsten losgeprustet hätte, dass ausgerechnet Sam DeNero die Frechheit besaß, jemand anderen für pervers zu halten.

»Was? Schriftsteller können nicht pervers sein?«, wollte Rosalie wissen und warf ihrer Tochter einen tadelnden Blick zu. »Es gefällt mir gar nicht, dass meine Tochter mit einem Mann zusammenlebt, mit dem sie nicht verheiratet ist. In meiner Jugend galt so etwas als Sünde.«

»Hört auf, alle beide! Nick ist mein Klient. Er ist kein Perverser, soweit ich das beurteilen kann.« Mia zwinkerte ihm lächelnd zu. »Er steht unter meinem Schutz, und unsere Beziehung ist rein platonisch, also lasst ihn in Ruhe.«

»Meine Tochter, der Bodyguard.« Sam schüttelte Nick die Hand. »Starker Händedruck. Gehen Sie in ein Fitness-Studio oder so? Ich hätte nicht gedacht, dass Schriftsteller einen so starken Händedruck haben.«

»Wenn ich Zeit dazu habe«, erwiderte Nick. »Und Sie?«

»Um Gottes willen, nein! Ich hatte genug körperliche Bewegung, als ich in Boston noch meine Runden gedreht habe. Jetzt bin ich pensioniert und bewege mich überhaupt nicht mehr.« Er sagte es sehr stolz und wollte damit seine Frau zu einer Bemerkung provozieren.

Und Rosalie ging prompt darauf ein. »Dein Vater wird es noch bedauern, wenn ihn eines Tages der Schlag trifft«, sagte sie zu Mia und funkelte ihren Mann an. »Oder wenn er diese Glitzerkleider nicht mehr tragen kann. Hast du gesehen, wie schrecklich Diana Ross heutzutage in ihren Kleidern aussieht, Sam? Sie hat zugenommen, genau wie du.«

»Mrs. DeNero hat Recht, wenn Sie mir diese Bemerkung verzeihen, Sir. Ich habe einen Freund, der ebenfalls überhaupt nicht auf seine Ernährung achtet und sich viel zu wenig bewegt, und ich mache mir Sorgen, dass er eines Tages tot umfällt.«

Rosalie strahlte übers ganze Gesicht. »Ah, ein intelligenter Mann, wie ich sehe. Das müssen Sie sowieso sein, wenn Sie meine Tochter ausgewählt haben, Ihnen zu helfen. Was meine Tochter anpackt, macht sie sehr gut, Mr. Caruso.«

Nicks Blick wanderte hinüber zu Mia. Sie trug heute eine olivgrüne Stoffhose und einen weißen Stehkragenpullover. Es war ein sehr schlichtes Outfit, obgleich sehr viel kleidsamer als das, was sie gewöhnlich trug, und sie sah sehr hübsch, weich und weiblich darin aus. Es passierte nicht gerade häufig, dass er einen kurzen Blick auf ihre weibliche Seite erhaschen konnte, aber wenn es doch hin und wieder geschah, so wie jetzt, bekam er etwas von der Frau, die hinter der jungenhaften Fassade steckte, zu sehen. Und diese Frau gefiel ihm ausnehmend gut.

»Männer sollten zusammenhalten, Nick. Warum genehmigen Sie und ich uns nicht einen Drink und klären ein paar Dinge?« Ohne die Antwort abzuwarten, schnappte Sam sich den widerspruchslos folgenden FBI-Agenten und zog ihn zur Bar.

Mia musste über Nicks verblüfftes Gesicht lachen und beschloss, dass er sich am besten gleich daran gewöhnte. Wenn sie weiterhin vierundzwanzig Stunden täglich/sieben Tage die Woche gemeinsam verbringen würden, bekäme er es sowieso mit der ganzen Familie zu tun, mit all ihren Schwächen, und zwar regelmäßig. Und die DeNeros hatten jede Menge Schwächen.

»Ich hoffe, dass Dad Nick nicht zu sehr einschüchtert, Mom. Ich brauche diesen Klienten, um zu überleben.«

»Oh, du weißt doch, dass dein Vater zu den bellenden Hunden, die nicht beißen, gehört. Er hat wahrscheinlich nur nach einer Ausrede gesucht, sich endlich ein Bier zu holen. Du weißt ja, Sam liebt Bier über alles.«

»Und wie stehen die Dinge zwischen dir und Dad?«, fragte Mia und bemerkte, dass ihre Mutter leicht errötete.

»Sehr gut. Im Moment kann ich mich nicht beschweren. Und wie ist es bei dir? Gefällt dir das, was du tust?«

Mia nickte und lächelte glücklich. »Ich glaube, ich fange an, diesen Job zu lieben. Ich werde gut bezahlt und komme mir irgendwie wie ein Babysitter vor. Nick arbeitet fast den ganzen Tag an seinem Buch, und ich sitze herum und sehe fern oder löse Kreuzworträtsel. Es ist langweiliger, als ich gedacht habe.«

»Es war also noch nicht gefährlich?« Rosalie sah erleichtert aus. »Ich habe mir Sorgen gemacht deswegen.«

»Ich sagte dir doch, dass das unnötig ist, Mom. Diese Personenschutznummer ist das reinste Kinderspiel.«

»Aber deine Schwester hat mir erzählt, dass es was mit der Mafia zu tun hat. Das klingt sehr gefährlich. Sie töten Leute. Ich habe die Fernsehserie The Sopranos gesehen.«

»Das hat Nick auch gesagt. Aber er hat sich wahrscheinlich völlig unnötig Sorgen gemacht, hat überreagiert. Ich habe bisher nichts entdeckt, was man auch nur im Entferntesten für gefährlich halten kann.« Sie hatte es sich zur Gewohnheit gemacht, die Stammkunden des Mama Sophia’s unter die Lupe zu nehmen, wenn sie hier aßen. Aber es waren meistens vertraute Gesichter, und die unvertrauten waren dann Freunde von Freunden.

»So lange ist er ja noch nicht dein Klient«, beeilte Rosalie sich zu betonen. »Es kann ja noch etwas passieren.«

»Stimmt. Aber ich glaube nicht, dass diese Mafiatypen sich so lange Zeit lassen, um zuzuschlagen, wenn sie es vorhätten. Das ist einfach nicht ihr Stil.« Natürlich basierte Mias Wissen in der Hauptsache auf Der Pate I-III, Goodfellas und The Sopranos, eine ihrer Lieblingsserien auf HBO.

Obgleich ihre Mutter nickte, wusste Mia, dass sie sie nicht ganz überzeugt hatte. »Dein Vater macht sich auch Sorgen«, sagte sie.

»Weil er glaubt, dass ich nichts auf die Reihe kriege, und sich nicht vorstellen kann, dass ich weiß, was ich da tue. Es ändert sich eben nie etwas. Dad vergleicht mich ständig mit Angela, und da ziehe ich nun mal den Kürzeren.«

Rosalie tätschelte ihrer Tochter die Hand. »Er macht sich Sorgen, weil er dich liebt, Mia. Er ist dein Vater. Eltern sorgen sich um ihre Kinder. Außerdem ist er als früherer Polizist besorgter und ängstlicher als die meisten Väter. Er hat in seinem Leben zu viel Böses gesehen.«

Mia schaute hinüber zur Bar, wo Nick und ihr Vater in einer wie es schien freundschaftlichen Unterhaltung vertieft waren. Nick lachte, ihr Vater schlug ihm auf den Rücken. Sie wirkten wie alte Kumpel, die sich nach langer Zeit wiedergetroffen haben.

Die Welt schien rundherum in Ordnung zu sein, bis ihre Mutter sagte: »Ich mag deinen jungen Mann. Mr. Caruso scheint sehr nett zu sein. Und ich wette, er verdient viel Geld als Schriftsteller.«

»Fang nicht damit an, Mom. Ich sagte dir doch, Nick ist nicht mein junger Mann; er ist mein Klient. Das ist ein großer Unterschied. Und er ist nett, aber unglaublich rückständig. Er hat wie ein Einsiedler gelebt, zusammen mit einer alten Tante. Ich hoffe, ich kann ihn ein bisschen aus der Reserve locken und ihm zeigen, wie andere Menschen leben.«

»Du nimmst ihn also unter deine Fittiche. Das ist nett, mein Kind. Und wer weiß, vielleicht erwächst etwas Gutes daraus. Man kann nie wissen. Liebe entsteht häufig aus Freundschaft. Und du kommst langsam in das Alter, wo du darüber nachdenken musst, dich zu binden. Besonders, da Angela jetzt verheiratet ist und ein Baby erwartet, mein erstes Enkelkind.« Ihr Gesicht glühte vor Vorfreude.

»Hartnäckig bist du wirklich, Mom, das muss ich dir lassen. Aber wenn du so weitersprichst, gehst du mir ganz schön auf die Nerven.« Mia schnappte sich ein Glas Champagner von einem Tablett, das ein Kellner gerade vorbeitrug. Es würde ein langer Abend werden, da wappnete sie sich besser.

Rosalie schüttelte den Kopf. »Frauen deiner Generation glauben, dass sie keinen Mann in ihrem Leben brauchen, aber das ist falsch. Männer geben dem Leben einer Frau Sinn. Ganz abgesehen …«

»Von Sex?«, grinste Mia, und ihre Mutter schaute sie streng an.

»Ich wollte sagen, dass sie auch für ihre Ausgeglichenheit und Bequemlichkeit sorgen. Und, nicht zu vergessen, für Kinder.«

»Wie ich schon sagte, Sex.« Mehr wollten Männer nicht. Alles andere war eine faustdicke Lüge.

»Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun.«

»Nein? Wie kriegt man denn Kinder, wenn man keinen Sex hat?«

»Eine Beziehung besteht nicht nur aus Sex. Ich hätte euren Vater schon vor Jahren verlassen, wenn es so wäre.«

»Hast du nicht gesagt, dass alles in Ordnung ist zwischen dir und Dad?«

»Ist es jetzt ja auch. Aber wie du sehr gut weißt, war das nicht immer so. Gott sei Dank hat deine Schwester … Na ja, lassen wir das. Das ist Schnee von gestern.«

»Ich will aber gar nicht heiraten und eine Familie gründen. Mir gefällt meine Freiheit, dass ich tun und lassen kann, was ich will, ohne jemandem Rechenschaft darüber ablegen zu müssen.« Und sie würde keinem weiteren Mann erlauben, sie lächerlich zu machen.

»Ich bin nicht wie Angela, Mom, erwarte also bitte nicht, dass ich in ihre Fußstapfen trete. Außerdem lauern nicht an jeder Straßenecke John Francos darauf, junge Damen in Not zu erretten.«

»Ein gut aussehender Mann, der Ehemann deiner Schwester. Das gilt allerdings ebenso für Nick Caruso.«

Mia starrte ihre Mutter mit offenem Mund an. »Nick sieht doch nicht gut aus. Er sieht –« Sie drehte sich erneut zur Bar um. Nun ja, er war nicht gerade hässlich, sah aber definitiv nicht so gut aus wie Brad Pitt. »– interessant aus.«

Rosalie lächelte erfreut. »Interessant ist gut, nicht wahr

Mia stürzte ihren Champagner hinunter. »Nein!«

Süße Lügen

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