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Prolog Wer macht denn sowas?

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»Ist ja gut, mein Süßer, alles wird gut.«Gabrieles Worte klingen leise und beruhigend, ihre gummibehandschuhten Finger streichen rhythmisch über das kurze schwarze Fell, kraulen das Dreieck hinter dem linken Ohr. »Bald hast du es hinter dir.«

»Er kann Sie nicht hören.«

Manchmal fragt sich Gabriele, wie ein Mensch, der so gut in seinem Beruf ist, gleichzeitig so schlecht im Umgang mit Menschen sein kann.

»Sprechen Sie mit ihm, wenn er aufwacht.« Dr. Wilhelm nickt Silke zu, die ihm den Schweiß aus dem Gesicht wischt. Ihre Kollegin mochte er schon immer lieber als sie, das weiß Gabriele. Obwohl sie besser mit Tieren kann. Vermutlich hat es gar nichts mit ihr zu tun, sondern ist so ein grundsätzliches Typending. »So, jetzt haben wir’s gleich. Schauen wir mal, was den Obstruktionsileus verursacht hat. Tupfer.«

Silke tupft, während Gabriele weiterkrault. Auch wenn der Hund sie nicht hören kann, so spürt er doch, dass jemand bei ihm ist, dessen ist sich die Tierarzthelferin sicher. Außerdem hat sie dem aufgelösten Frauchen versprochen, ihrem Liebling nicht von der Seite zu weichen.

»Bei Dr. Wilhelm ist er in guten Händen«, hatte sie der jungen Frau, kaum älter als zwanzig, versichert. »So einen Darmverschluss haben wir öfter mal.«

»Kann ich nicht bei ihm bleiben? Bitte!« Die Frau – wie heißt sie noch mal? Gabriele ist schlecht mit Namen, was nicht gut ist in einer Praxis, aber es ging halt alles so schnell – die Frau fasste Gabrieles Hände und blickte sie mit weit aufgerissenen Augen an. »Bitte, ich kann ihn nicht allein lassen, bitte!« Neue Tränen rannen ihr über die Wangen, und sie schluchzte laut auf. »Das habe ich doch nicht gewollt, bitte, bitte, Sie müssen ihn retten! Ich werde ihn nie wieder unbeaufsichtigt lassen, nie wieder! Bitte …«

»Sie dürfen nicht mit in den OP.« Mit sanfter Gewalt zog Gabriele das Frauchen von dem Labrador weg und bugsierte es durch den Flur zum Aufwachraum. »Sie können hier warten«, bot sie der Frau an. »Hier ist es ruhiger. Ich werde bei Ihrem Hund bleiben, versprochen. Setzen Sie sich, meine Kollegin bringt Ihnen einen Tee.«

Die Frau war auf dem Stuhl zusammengesackt, kaum dass sie die Sitzfläche berührte, hatte das Gesicht in den Händen verborgen und geweint, dass die Schultern bebten.

Armes Ding, hatte Gabriele gedacht, bevor sie in den OP-Saal eilte, um ihr Versprechen einzulösen. Als sie eintraf, hatte Silke den Hund bereits intubiert, während Dr. Wilhelm über den Ultraschallbildern brütete.

»Dass die Leute nicht aufpassen können, was ihre Hunde fressen«, brummte er vor sich hin. »Und wenn’s dann schiefgeht, ja, dann ist der Katzenjammer groß. Und was sie dann nicht alles versprechen …«

»Das Frauchen wusste nicht, was es sein könnte?«, erkundigte sich Silke.

Dr. Wilhelm schüttelte den Kopf. »Nein. Mit der war ja kaum zu reden, so aufgelöst wie die war. Vielleicht war’s eine von diesen Kaffeekapseln, das würde die Symptome erklären, von denen sie faselte.«

Schwester Gabriele erinnerte sich: Wie ein Wahnsinniger sei das Tier durch die Wohnung getobt, hatte das Frauchen zwischen heftigen Schluchzern gestammelt, nachdem sie mit dem zitternden Hund auf dem Arm in die Praxis gestürzt war – eine schier unmögliche Leistung für die zierliche Frau. Irgendwann habe sich das Tier im Wohnzimmer erbrochen und sei schließlich winselnd zusammengesackt.

»Na, was haben wir denn da?« Dr. Wilhelms grüne Finger halten ein kleines Tütchen in die Höhe, das er aus dem Darm des Hundes entfernt hat. »Sieht mir nicht nach einem Kaffeepad aus.«

Silke hält ein Tablett hin, auf das Dr. Wilhelm das Tütchen fallen lässt. Er beugt sich wieder über den Hund, vergräbt seine Finger in der blutigen OP-Wunde und fördert ein weiteres zu Tage. Und noch eines. Aus dem vierten rieselt kristallines Pulver heraus.

»Wer macht denn sowas?«, entfährt es Silke, und beinahe kippt ihr das Tablett aus den Händen.

»Gabriele, schauen Sie nach dem Frauchen und sorgen Sie dafür, dass sie im Aufwachraum bleibt.« Dr. Wilhelm atmet scharf ein. »Und dann verständigen Sie die Polizei.«

In diesem Moment springt das Alarmsignal des EKG-Geräts an und Dr. Wilhelm ruft: »Scheiße!«

Mieze Undercover

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