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3. Zwei dunkle Gestalten

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Am anderen Ende der Stadt, wo der Dunst über den Dächern nicht so dicht war, wo Laternen an den Eingängen der Häuser Dieben die Arbeit erschwerten und wo eine Lumpensammlerin wohl vergeblich etwas gesucht hätte, trafen sich zu der gleichen, späten Stunde zwei Gestalten, die nicht ganz unschuldig an dem Chaos sein würden, das noch bevorstand.

Der Ort des Treffens war einer, der das Wort Unauffälligkeit nicht kannte. Es war ein Haus, nein, eine Villa, die auf einem Hügel stand und durch eine hohe Mauer vor den neugierigen Blicken Unwürdiger geschützt wurde. Hohe, fein säuberlich geschnittene Zypressen und das vergoldete Tor ließen auf den Reichtum seines Besitzers schließen.

Dies war kein Haus für heimliche Treffen, wie es der Tanzende Frosch war und doch bot es an diesem Abend zwei gefährlichen und düsteren Gestalten in einem der zahllosen Zimmer einen Ort der Verschwiegenheit.

Um der geheimnistuerischen Atmosphäre noch mehr zu genügen, war in dem Raum keine Kerze entzündet worden. Nur ein Feuer im Kamin bot gerade genug Licht, um sich zu fragen, was sich wohl in den dunklen Schatten verbarg.

Trotzdem konnte man gut erkennen, dass es eine Bibliothek war. Die Wände waren förmlich tapeziert mit kostbaren Büchern, die das gesamte Wissen dieser Zeit in sich verbargen. Aber die Bücher waren verstaubt und vernachlässigt. Schon seit langer Zeit hatte niemand durch die wertvollen Seiten geblättert und niemand die handgeschriebenen Aufzeichnungen studiert. Doch jetzt musste es als teures Zierwerk sein Dasein fristen. Denn so ein Buch kostete. Und nicht wenig. Ein einfacher Bäcker hätte einen Monat arbeiten müssen, um eine Seite eines Buches zu bekommen.

Doch der Mann, der zusammengesackt in seinem Sessel am Kamin saß, hatte die harte Arbeit der normalen Bevölkerung bereits vor Jahren hinter sich gelassen. Sie war für ihn nicht mehr, als die blasse Erinnerung eines schlechten Traumes.

Die Fülle seines Leibes drückte ihn tief in das weiche Polster und ließ ihn in seinem roten Abendmantel wie eine zerquetschte Tomate erscheinen. Nur das vornehm blasse Gesicht mit der großen Kartoffelnase, wies ihn als Menschen aus. Proportional zu seinem Alter, hatte das Gewicht des Mannes mit den Jahren zugenommen und ihm jeglichen Überschwang und Enthusiasmus der Jugend ausgetrieben und durch Weisheit und Listigkeit ersetzt.

Die Haltung seines Körpers kam an diesem Abend nicht nur durch seine Körperfülle zu Stande, sondern auch durch seine Zerknirschtheit. Selbst das Fußbad, das ihm sein treuer Diener Fabrizio eingoss, konnte seine marternden Gedanken nicht vertreiben. Allein sein Gast, der ihm in einem noch schöneren Sessel gegenüber saß, hielt ihn davon ab, den Krug mit heißem Wasser in Rage nach seinem Knecht zu werfen.

Denn sein Besuch, unglücklicherweise noch in der Blüte seiner Jugend, genoss die Verstimmtheit seines Gastgebers.

„Welche Maus ist dir denn über den Säbel gelaufen, Gorgo?“, fragte er vergnügt, obschon er genau wusste, welche Maus es gewesen war (denn auch er hatte Augen und Ohren überall).

In seinem Gesicht, verziert durch einen kunstvoll rasierten und gepflegten Schnurr- und Ziegenbart, ließen sich die Züge eines Charakters erkennen, den der Luxus um ihn herum unbeeindruckt ließ.

Er selbst war nicht minder prächtig anzusehen. Durch den langen, schwarzen Mantel, den er offen trug, wenn er nachts hinausging, lugte eine mit Silberfäden bestickte Weste heraus und verriet die vornehme Herkunft seines Trägers, der an diesem Abend und an diesem Ort lieber unerkannt bleiben wollte. Nicht, dass es einem Prinzen nicht gestattet war, das Haus seines Bürgermeisters aufzusuchen. Nur die späte Uhrzeit hätte unangenehme Fragen aufwerfen können.

Signore Gorgonzola war sich der Höflichkeit, die er seinem hohen Gast schuldig war, durchaus bewusst, aber allein der Gedanke an diesen unsäglichen Nachmittag ließ ihn wieder die Fäuste zusammenballen.

„Wenn ich dieses Gör erwische! Oh, wenn sie mir in die Hände fällt! Dann kann sie sich glücklich schätzen, wenn sie nur im Turm landet.“

„Dass du dich von einem kleinen Mädchen so ärgern lässt, hätte ich nicht gedacht“, lachte der Prinz. „Zugegeben, Schneid hat sie. Aber dieses Gossengesindel kennt eben kein Benehmen. Ist gegen alle Belehrungen so scheu wie gegen die Pest. Einprügeln sollte man ihnen den Gehorsam. Aber manchmal sind sie auch für Späßchen gut.“

Signore Gorgonzola brummte in seinen Bart. Der Prinz hatte gut lachen. Ihn hatte man nicht vor der versammelten Stadt zum Narren gehalten. Im Gegenteil. Man hatte ihn sogar vorgezogen.

„Wie dem auch sei“, lenkte er das Gespräch in neue Bahnen. „Ich habe den Hauptwachtmeister angewiesen, dass seine Leute nach ihr Ausschau halten sollen. Solche Unruhestifter können schnell lästig werden. Es ist besser, wenn man sich gleich um sie kümmert.“

Der Prinz legte die schöne Stirn in Falten und Ernst vertrieb augenblicklich seine gute Laune.

„Die Wache hat besseres zu tun, als irgendwelchen Kindern hinterher zu jagen, Gorgonzola. Wir haben immer noch Probleme, die unserer Aufmerksamkeit bedürfen. Ablenkung können wir uns im Moment nicht leisten.“

Der Bürgermeister beeilte sich seinem Gast zuzustimmen. Hochwohlgeborene durfte man nicht verstimmen, besonders nicht, wenn man sie noch brauchte.

Als der Fürst sich vor einigen Jahren aus den Amtsgeschäften zurückzog, übernahm Prinz Massimo im Fürstentum das Zepter. Was Gorgonzola nur Recht war. Massimo war kein heller Kopf und sehr viel leichter zu beeinflussen, als es der alte Sturkopf gewesen war.

„Ihr habt natürlich recht, Prinz. Aber es schadet ja nicht… wenn die Wachen… wenn sie sowieso gerade die Stadt nach… ähm… unserem kleinen Problem durchkämen, auch gleich die Augen nach der kleinen Piratin offenhalten. Das dürfte nicht so viel Mühe kosten. So ein Gör fällt auf.“

„Nein, Gorgonzola! Mich interessieren deine Piratengeschichten nicht. Wenn du dich vor der ganzen Stadt zum Gianwurst machst, dann ist das dein Problem! Die Männer der Garde unterstehen immer noch mir! Wenn du das Gör unbedingt haben willst, dann schick deine eigenen Diener los!“

„Natürlich. Natürlich. Warum habe ich nicht selbst daran gedacht. Ihr habt natürlich recht.“

Der Prinz ließ sich ein wenig beruhigen. Er war kein Mensch, der Geduld eine Tugend nannte. Eher jemand, der große Taten über große Worte setzte. Was kümmerten ihn schon leere Worte, wenn Ruhm und Ehre zum Greifen nahe waren.

„Wie stehen die Dinge in der Erfindergilde?“, fragte der Prinz versöhnlicher. „Irgendwelche Veränderungen?“

Gorgonzola wählte seine Worte nun mit mehr Bedacht.

„Nein. Es ist wie wir es erwartet haben. Sein Verschwinden ist zwar niemandem entgangen, aber sie denken sich nichts dabei. Sie machen weiter wie bisher.“

„Hervorragend. Je weniger sie ahnen, umso besser. Ich bin zufrieden mit dir, Gorgonzola.“

Der Prinz sah den Bürgermeister wohlwollend an, als hätte er ein Kind vor sich.

„Diese Aufgabe erforderte sehr viel Spitzengefühl und ich muss sagen, du hast sie gut gemeistert.“

Gorgonzola überhörte den arroganten Tonfall und zeigte sich kein Stück beleidigt, dass er wie ein Hund behandelt wurde, der ein Kunststück vollführt hatte. Er kannte den Wert seiner Arbeit. Niemand hätte es so elegant hinbekommen wie er. Alles war ins kleinste Detail geplant gewesen. Nichts war dem Zufall überlassen worden. Natürlich war am Ende nicht das rausgekommen, was er sich gewünscht hatte, doch es würde sich noch alles mit der Zeit regeln. Dieser Verrückte konnte sich nicht für immer verstecken.

„Und der Kontakt mit unseren Freunden aus Zypern ist auch hergestellt?“

Der Bürgermeister nickte.

„Sie zeigten sich sehr interessiert. Es kommt selten vor, dass sie so ausgezeichnete Ware in solchen Mengen bekommen.“

„Ausgezeichnete Ware! Dass ich nicht lache! Alles Dreck!“

„Nun, Eure Hoheit. Italienische Produktion ist im Ausland sehr gefragt. Allein der Name kann die schlechteste Qualität wett machen. Ich habe so ein Geschäft schon vor einigen Jahren getätigt. Es ist erstaunlich, welche Preise man erzielen kann, wenn man nur sagt, die Ware käme aus Braccio.“

Prinz Massimo legte die Stirn in Furchen. Was interessierten ihn Geld oder Profit? Er war der reichste Mann in Braccio und im ganzen Gebiet der Collina (so dachte er wenigstens).

Nur endlich weg mit dem ganzen unnötigen Ballast. Endlich weg und Platz für Neues.

„Und du bist sicher, dass niemand einen Verdacht schöpfen wird?“, fragte der Prinz misstrauisch.

„Gewiss nicht. Es ist ja auch schon ein ganzer Trupp Wachen verschwunden und niemand…“

Der Prinz funkelte ihn böse an. Gorgonzola biss sich auf die Lippen. Was war das nur für ein vermaledeiter Abend, an dem er kein rechtes Wort zu finden schien.

„Verzeiht, Durchlaucht. Ich wollte nicht…“

Anders als Gorgonzola es erwartet hatte, winkte der Prinz seine Worte mit einer Handbewegung ab.

„Ja. Das ist auch noch ein Problem, um welches wir uns kümmern müssen. Es geht nicht, dass ganze Trupps spurlos verschwinden. Die Leute könnten auf Gedanken kommen.“

Gorgonzola verfolgte mit Sorge die Gemütsumschwünge seines Gastes. Umso unangenehmer war ihm das Thema, das er nun anschneiden musste. Ein Wutausbrauch war unver-meidbar, aber es war besser, es jetzt anzusprechen, wenn der Prinz noch halbwegs bei guter Laune war.

Er räusperte sich verlegen.

„Es geht da übrigens ein Gerücht um, Durchlaucht.“

Hochwohlgeboren hob eine Braue. Die kritische Braue.

„Es heißt, dass der Mann aus Modena in der Stadt weilt.“

„So? Heißt es das?“

„Er dürfte aber keine großen Probleme darstellen. Wie man hört, ist er allein.“

Der Prinz antwortete mit einem Blick, der höchste Unzufriedenheit verriet, doch der befürchtete Wutausbruch blieb aus. Massimo war bei Weitem nicht das ungehaltene Kind für da Gorgonzola ihn hielt. Natürlich, er hatte erst sein 21. Lebensjahr vollendet. Aber er war, seit sein Vater sich aus den Amtsgeschäften zurückgezogen hatte, herangereift und wusste sich durchaus zu beherrschen. Ob dies nun zum Guten oder Schlechten des Landes war, würde sich noch zeigen.

„Was gedenkst du in dieser Sache zu unternehmen?“, fragte er mit so viel Selbstbeherrschung wie er aufbringen konnte. Der Bürgermeister wusste, wenn er jetzt die Wahrheit sprach und einfach ‘Nichts, ich werde nichts unternehmen‘ sagte, dann verlöre er seinen Kopf schneller als er gucken konnte.

„Wir wissen, dass er in Blancapella abgestiegen ist und ich habe Anweisungen gegeben, nach ihm Ausschau zu…“

„Das ist nicht genug!“, unterbrach ihn der Prinz aufbrausend und warf die Selbstbeherrschung über Bord. „Er ist ein mieser Gauner. Ich will, dass er gefunden und gefasst wird und in den Turm kommt, wo er hingehört.“

„Ihr habt natürlich recht, Durchlaucht, aber…“

Der Prinz holte tief Luft, um Gorgonzola sein „aber“ bereuen zu lassen, doch der Besonnenere der beiden kam ihm zuvor.

„… es muss einen Grund geben, warum er hier ist. Es wäre besser, ihn auszuspionieren, bevor wir ihn wegsperren.“

„Und wenn ihn jemand sieht, du Narr! Wenn er sich zu erkennen gibt! Was dann?“

Gorgonzola versuchte etwas Verstand in die Diskussion zu bringen, was bei dem rot angelaufenen Prinzen eine Herausforderung darstellte.

„Das ist sehr unwahrscheinlich. Er weiß, dass ihm der Galgen droht, wenn er es tut. Und wenn er doch diese selbstmörderische Idee hätte, dann hätte er seinen Plan schon vor Jahren in die Tat umsetzen können. Nein. Er muss etwas im Schilde führen, wenn er es riskiert, einfach zurückzukehren.“

„Meine Pläne durchkreuzen, will dieser Verräter! Sein einziges Ziel ist es doch, dem Land zu schaden. Er muss sofort gefasst werden. Und dann prügeln wir alles, was er weiß, aus ihm heraus.“

„Doch so eine Verhaftung könnte Aufmerksamkeit erregen. Und die können wir so kurz vor dem Michaelisfest nicht brauchen. Auch Euer Vater könnte davon erfahren. Es ist besser, wenn wir ihn erst einmal beschatten lassen und dann weiter sehen.“

Der Prinz, der die ganze Zeit über die Luft angehalten hatte, um wieder losbrüllen zu können, ließ wie ein Kessel einen langen, zischenden Luftzug aus.

„Sieh zu, dass du das Problem in den Griff bekommst, Gorgo. Ich will keine Störungen. Nicht die Geringsten. Nicht die Kleinsten. Sonst bist du die längste Zeit Bürgermeister gewesen“, fauchte Massimo wie eine gehässige, alte Katze.

„Höre ich da etwa unseren erlauchten Prinzen?“

Eine Stimme so süß wie Honig säuselte durch einen Türspalt und ein aufwendig frisierter Kopf lugte in die Bibliothek.

„Aha! Ich habe doch gewusst, dass ich diese wunderschöne Stimme kenne.“

Maltrice wartete nicht auf eine Bitte, die nicht kommen würde, sondern trat selbstbewusst ein.

„Ich war gerade dabei zu Bett zu gehen, als ich Euch hörte“, wandte sie sich an den Prinzen und zupfte verspielt an ihrem seidenen Abendkleid. Sie sah hinreißend aus, vielleicht zu hinreißend für einen Abend zu Hause vor dem Kamin.

In ihrem Haar funkelten weiße Perlen und das Gesicht war in allen Farben des Regenbogens bemalt. Maltrice war wie eine Sonne, die zwar schön war, aber deren Anblick man nicht lange ertragen konnte. Der krampfhafte Versuch, mit ihren gerade mal sechszehn Jahren erwachsen zu wirken, führte dazu, dass sie über das Ziel hinausschoss und große Ähnlichkeit mit einer Sechzigjährigen hatte, die ihre jungen Jahre zurück wollte.

„Ich will gar nicht wissen, mit welchem langweiligen Geschwafel mein lieber Herr Papa Euch wieder in Beschlag nimmt.“

Der Prinz erhob sich, verbeugte sich vor der eingetretenen Dame, küsste sie auf die Hand und grinste ihr dabei schelmisch zu. Gekonnt wie ein Schauspieler, hatte er die letzten Spuren seiner Wut aus seinem Gesicht verbannt und tief in sein Innerstes verbannt, wo sie sich um sein Herz schloss. Auf seinem Antlitz machte sich gezwungene Höflichkeit breit.

„Meine liebe Maltrice, Ihr versteht mich so gut. Ich kann mir gar nicht ausmalen, wie es sein muss, diesen Narr Tag ein Tag aus ertragen zu müssen.“

Dabei warf er Gorgonzola einen warnenden Blick zu.

Maltrice, die die Geste nicht bemerkte, ließ ein helles Lachen ertönen, das einem in den Ohren klingelte.

Ihr Vater, von der Beleidigung weniger berührt, als von dem Blick, blieb ruhig in seinem Sessel sitzen und ließ die Hetze stumm über sich ergehen. Er kannte dieses Spiel und war weise genug, es zu ignorieren.

„Es tut mir Leid, dass ich nicht länger bleiben kann. Aber die elfte Stunde ist angebrochen und ich will mich nach Mitternacht nicht außerhalb des Schlosses erwischen lassen.“

Maltrice blickte ihn mit gespielter Beleidigtkeit und echter Enttäuschung an.

„Aber Prinz. Immer wenn ich komme, müsst Ihr so schnell fort. Ich glaube Euch Eure Angst vor dem Nebel nicht. Ihr weicht mir ja nur aus.“

Der Prinz lachte sie schelmisch an, erwiderte aber nichts. Ohne weitere Zeit zu verlieren, verabschiedete er sich und verließ das Haus des Bürgermeisters in Begleitung seiner Wachen. Maltrice wartete, bis die königliche Hoheit aus der Tür war und ließ sich dann sehr unzeremoniell in den Sessel fallen, in dem er gerade noch gesessen hatte.

„Ich möchte nur mal wissen, was ihr immer zu bereden habt!“, keifte Maltrice ihren Vater an.

„Was geht dich das an? Du verstehst sowieso nichts von diesen Dingen“, antwortete Gorgonzola nicht minder erregt. Doch dann übermannte ihn die Müdigkeit des Tages. Er war der Aufregung für heute Leid.

„Mir wäre es auch sehr lieb, wenn du aufhören könntest, so um ihn herum zu tänzeln. Er ist zwar ein Prinz, aber so einer bringt dir kein Glück. Eher noch stürzt er dich und das ganze Land in den Ruin. Er und seine Gier nach Ruhm!“

Maltrice wusste keine andere Antwort, als ihrem Vater die Zunge herauszustrecken. Sie hatte es sich nun einmal in den Kopf gesetzt Fürstin zu werden. Ob das Land nun arm war oder nicht.

Nicht weiter auf seine Tochter achtend, erhob sich Gorgonzola schwerfällig aus dem Sessel und begab sich zu Bett. Er hatte Maltrice seit ihrer Geburt nicht viel Aufmerksamkeit geschenkt, wie es sich für einen reichen Vater gehörte. Manchmal dachte er jedoch – wenn sie wieder Dummheiten von sich gab – er hätte sie öfter züchtigen müssen.

Doch nun war sie sechszehn und alle Mühe wäre verschwendet. Sie hatte den eigensinnigen Kopf ihrer Mutter. Starr auf die eigenen Ziele gerichtet, mit Selbstbewusstsein, das sich für ein Mädchen nicht ziemte und einer Rücksichtslosigkeit, auf die er stolz war.

Doch mehr als nur einmal wünschte er sich, einen Sohn, der ihn verstand. Aber wenn er der Welt schon keine gescheiten Kinder hinterließ, so würde er trotzdem in der Geschichte unvergessen bleiben. Dafür würde er sorgen.

Langsam wankte er den Weg, den Fabrizio ihm durch marmorne Flure, teppichbelegte Zimmer und wandverzierte Kammern, leuchtete.

Er war kein armer Mann. Doch das Vermögen war ihm nicht zugeflogen, wie viele dachten. Mühevolle Jahre in einer stinkenden Käserei hatte er geschuftet. Seine Brüder waren davongelaufen. Aber er hatte durchgehalten. Und jetzt wohnte er in einem Haus, das eines Fürsten würdig war und seine Brüder trieben sich irgendwo in der Lombardei herum.

Und Massimo? Was wusste der von Arbeit? Sein Vater hatte alle erarbeitet. Hatte Mauern gebaut. Den Hafen. Hat die anderen Fürsten befriedet und Wohlstand gebracht. Massimo konnte das nicht. Der war so nützlich wie ein Ochse im Haus. Seine Maltrice würde er ihm jedenfalls nicht überlassen.

Draußen hörte er das verklingende Läuten des Nachtwächters.

„Ob er wohl vor Mitternacht sicher nach Hause kommt?“, fragte sein treuer Fabrizio, mehr in die allwissende Nacht hinein, als zu irgendjemandem sonst.

Gorgonzola antwortete nicht. Er lauschte den Geräuschen, der sich zu Bett begebenden Stadt. Ja. Mitternacht war keine glückliche Stunde für Prinzen. War sie nie gewesen.

Meraviglia und der verrückte Erfinder

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