Читать книгу SEX & other DRUGS - Novembertau - Mira Schwarz - Страница 6

Kapitel 2 - Coming home

Оглавление

Drei Tage später ist es endlich so weit.

Die Ärzte geben uns noch eine Menge Medikamente, gute Ratschläge und Notfallnummern mit auf den Weg. Ich kann schon gar nicht mehr zählen, wie viele Untersuchungen an mir durchgeführt wurden und bin einfach nur froh, als Ryan mit dem schicken Ford Escalade vorfährt und ich endlich das Hospital verlassen kann. Anscheinend sind wir nicht reich, aber können uns zwei Wagen, ein kleines Häuschen in Queens und einmal im Jahr einen Urlaub gönnen. Die Kinderfrage habe ich absichtlich erst einmal ausgespart. Ich bin viel zu sehr damit beschäftigt, in meinen Erinnerungen zu graben und immer wieder neue Details meines Lebens zu erfahren.

Eigentlich hört sich so etwas extrem spannend an. Nur wenn man erst beim dritten Bissen bemerkt, dass einem von Erdbeereis schlecht wird, kann das manchmal ganz schön nerven. Mittlerweile fühle ich mich schon recht sicher. Ich kann mich erinnern, dass ich im Waisenhaus aufwuchs, bei verschiedenen Pflegefamilien unterkam, bis ich endlich die Schule beendete und von dort direkt auf den Campus zog, wo ich mit einem Stipendium für sozial benachteiligte Jugendliche schnell abschloss, um dann meinen Job als Bankangestellte anzutreten. Ich war schon immer eine Einzelgängerin, was vielleicht daran lag, dass ich durch meine Vergangenheit Probleme damit habe, anderen Menschen zu vertrauen. Nur bei Ryan war es auf einen Schlag anders. Ich erinnere mich an die Begegnung in der Grand Central Station, an seinen langen Mantel und die bittersüßen Kaffees, die wir schlürften, während wir noch abschätzten, ob der gegenüber ein Mörder oder der Partner fürs Leben sein könnte. Glücklicherweise trifft Letzteres zu. Man könnte sagen, dass ich mich im Leben festgebissen hatte.

Mit meinen neuen alten Erinnerungen ausgestattet, ist die ganze Situation nicht mehr so ganz überraschend, als wir endlich zu Hause ankommen und die ersten Schneeflocken sich langsam auf unserem Dach niederlassen, während Ryan in der Auffahrt den Wagen zum Stehen bringt.

»Welchen Job habe ich?«

»Sehr witzig«, antworte ich und knuffe ihn in die Seite, dabei verstelle ich meine Stimme, als wäre ich ein Groupie und er ein Rockstar. »Du bist natürlich der beste Immobilienmakler der Welt.«

»Der hat gesessen. Deinen Sinn für Humor hast du offensichtlich nicht verloren.« Ryan zwinkert mir zu.«Mai Tai oder Cosmo?«

Süß, wie er mir hilft, meine Erinnerungen aufzufrischen. »Mai Tai, natürlich. Ich trinke keinen anderen Cocktail«, entgegne ich entzückt von so viel Aufmerksamkeit und steige schwungvoll aus dem Fahrzeug. »Obwohl für einen waschechten New Yorker nur ein echter Cosmopolitan als Drink taugt, bleibe ich bei meinem Drink.«

Ryan streckt mir den Daumen entgegen, holt meine Tasche aus dem Kofferraum. »Wo ist unser Lieblingschinese?«

»Lau Garden«, entgegne ich, wie aus der Pistole geschossen. Gott, wie habe ich die Frühlingsrollen vermisst. »Main, Ecke Marblestreet, ein kleines Restaurant mit nur zwölf Sitzplätzen oder so. Bei jedem Mal fragen wir uns, wie so ein kleiner Laden überleben kann, und geben extra Trinkgeld.«

Er schultert die Tasche, kommt auf mich zu und drückt mir einen langen Kuss auf die Lippen. Trotz des eisigen Windes wird mir so heiß, dass ich am liebsten noch mehr gemacht hätte, als ein paar intensive Küsse auszutauschen.

»Meine Kleine ist wieder da.«

»Ich war nie weg«, flüstere ich nur für ihn hörbar und streichele sein Kinn. Es tut gut, wieder zu wissen, wer man eigentlich ist. Natürlich, das eine oder andere Detail fehlt noch und immer wieder flackern Bilder in meinem Kopf auf, die ich mir nicht erklären kann, aber im Großen und Ganzen bin ich wieder da. Ich weiß sogar wieder, in welcher Stellung ich am besten komme, aber das will ich Ryan lieber erst einmal vorenthalten. Schließlich soll mein zweites »erstes Mal« besser werden als jenes in der neunten Klasse mit Jonny de Morelis auf der Rückbank seiner Rostlaube.

»Und wie fühlst du dich?«

Die Frage stellt er mir beinahe alle drei Stunden. Ich kann immer besser verstehen, warum sich mein jüngeres »Ich« in ihn verliebte.

Wir gehen Hand in Hand zur Tür, dabei lehne ich mit dem Kopf an seinem Arm. »Als wäre ich zu Hause angekommen.«

»Mehr will ich gar nicht. Ich finde, das sollte gefeiert werden, wir sollten …«

Ryan bleibt wie angewurzelt stehen.

»Darling?« Ich bin schon froh, dass ich dieses Kosenamen-Ding endlich aussprechen kann ohne ein schlechtes Gefühl in der Magengegend. »Darling? Alles klar?«

Seine sonst so rosigen Wangen werden schlagartig eine Nuance weißer und machen den tanzenden Schneeflocken Konkurrenz.

Ohne ein Wort zu verlieren, deutet er auf die schmale Veranda. »Kommt dir das bekannt vor?«

Auch ich weiß nicht so recht, was ich sagen soll. »Jaa«, sage ich lang gezogen und schreite zur Tür. Vorsichtig hebe ich den Topf auf und begutachte ihn von allen Seiten. »Ein Strauß Jasmin mit schwarz gefärbten Blüten. Waren die heute Morgen schon da, als du losfuhrst?«

Ryan schüttelt mit dem Kopf, stellt die Tasche ab und nimmt den Strauß an sich. »Nicht, dass ich mich erinnern könnte.«

»Das Problem kenne ich«, dringt es mir über die Lippen. Bei genauerem Hinsehen erkenne ich einen kleinen Zettel. Ich nehme ihn an mich. Die Schrift ist so klein und geschnörkelt, dass ich das Schriftstück in die kargen Sonnenstrahlen halten muss, um etwas zu erkennen.

»Remember …«

Ryan hat die handgeschriebenen Worte als Erstes entziffert und sieht mich fragend an. Ich zucke nur mit den Schultern.

»Habe ich irgendeinen Stalker, von dem ich nichts weiß?«

Mein Verlobter schüttelt mit dem Kopf, geht zur Tonne und schmeißt den Topf kurzerhand in den Abfall. »Wir sind eigentlich recht beliebt in der Nachbarschaft. Nun ja, zumindest dachte ich das.«

»Vielleicht war das einfach ein gut gemeinter Scherz.« Ich versuche, die Situation zu beschwichtigen, obwohl man Ryan ansieht, dass ihm das sehr nahegeht. Jetzt bin ich diejenige, die ihm in den Arm nimmt. »Davon lassen wir uns meine Rückkehr nicht verderben, oder?« Ich reibe mich an ihn heran, drücke den Stoff meines Hosenanzugs an seine Taille und beginne leicht mein Becken zu kreisen.

Endlich zeigt er wieder sein Filmstar-Lächeln. »Wenn du so lieb bittest – auf keinen Fall.«

»Na, siehst du. Wir werden uns frisch machen, ein paar andere Klamotten anziehen und dann feiern. Zumindest hast du mir das versprochen.«

Er küsst mich sanft, unsere Lippen berühren sich noch, während er weitere Silben flüstert: »Einige Nachbarn und Kollegen können es kaum abwarten, dich zu sehen. Besonders Carmen hat mehrmals angerufen. Es wird an der Zeit, dass du dein Handy anschaltest und allen bestätigst, dass du wieder da bist.«

Das ist der Moment, vor dem es mir ein wenig gegraut hat. Jetzt, wo ich wieder weiß, wer ich bin, würde der Alltag mich schnell wiederhaben. Die langweilige Arbeit auf der Bank, die endlosen Fahrten mit dem Auto in die Stadt, halt die Dinge, die Menschen nicht gerne machen. Andererseits … ich gehöre zu den Glücklichen. Immerhin habe ich einen tollen Mann, einen Job, den ich zwar nicht besonders toll finde, der aber gutes Geld bringt, und ich habe genug Zeit, ab und zu mal mit Carmen und den anderen Nachbarinnen einen Cocktail trinken zu gehen. Ryan behandelt mich wie seine Prinzessin, vielleicht etwas zu sehr wie ein kleines Kind, aber ich habe auch schon die andere Seite kennengelernt. Vielleicht bin ich einfach der Typ, der sich gerne ein wenig bevormunden lässt. Ich weiß, dass er ein paar Jahre älter ist als ich und er die Richtung vorgibt. Zumindest die alte Jasmin scheint das nicht zu stören. Außerdem bin ich am Leben und alleine dafür sollte ich schon verdammt dankbar sein.

»Du hast recht«, sage ich kurz angebunden und blicke zur Tür. »Es wird Zeit, dass ich mein Leben wieder beginne. Du hast lange genug uns beide durchfüttern müssen. Am nächsten Montag sollte ich wieder arbeiten gehen. Ich rufe sofort meinen Chef an.«

Mit einer schnellen Bewegung habe ich den Schlüssel aus Ryans Mantel geholt und die Tür geöffnet. Ein wohliger und allzu bekannter Duft drückt sich mir entgegen.

»Das ist mein Mädchen! Aber bist du dir auch sicher?«, vergewissert sich Ryan, während er die Tasche über die Schwelle hievt. »Immerhin kannst du dir noch etwas Zeit lassen. Das Geld reicht noch bis …«

Ich schmeiße die Tür ins Schloss und drücke Ryan gegen das Holz, während ich jeden seiner Laute mit einem Kuss ersticke. Ein lange verloren geglaubtes Gefühl durchzieht meinen Körper. Mir wird heiß und kalt zugleich, als sich unsere Zungen streicheln und die Lippen berühren. Nach einigen Sekunden lasse ich ihn wieder atmen.

»Wow«, stöhnt er grinsend. »So etwas kenne ich ja noch gar nicht von dir.«

Ich weiß selbst gerade nicht, warum ich das getan habe. Peinlich berührt gehe ich einen Schritt zurück. »Entschuldige, da sind wohl gerade ein paar Emotionen hochgekocht.«

»Dafür musst du dich nicht entschuldigen.«

Ich nehme seine Hand. »Ich will wieder arbeiten gehen. Du hast lange genug mich auf deinen Schultern getragen. Aber das ist heute alles egal. Gib mir nur kurz Zeit für diesen einen Anruf, danach gehen wir in die Bar und melden uns im Leben zurück.«

Ryan drückt sich an mich. »Das klingt nach einem guten Plan, Jasmin.«

SEX & other DRUGS - Novembertau

Подняться наверх