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Graved Lachs mit Aprikose und Senf

Sternekoch Thomas Kellermann verhilft einem Küchenklassiker, der mittlerweile keine Rarität mehr ist, zu einem delikaten Auftritt.


Graved Lachs, noch unter seiner Beize begraben: Thomas Kellermann erfrischt ihn mit Zitrusabrieb, Dill und Gewürzen. Nach dem Abwaschen heißt es Messer wetzen, aufschneiden und genießen. Foto: Sabine Franzl

Von Angelika Sauerer, MZ

Regensburg. Die Karriere des Lachses gleicht einer wilden Berg- und Talfahrt. Gut erinnern kann man sich noch an die Zeit, in der er auf den Esstischen eine echte Rarität darstellte – eine Delikatesse, die man sich nur an Weihnachten, Silvester oder anderen Festtagen gönnte. Mittlerweile ist der feinaromatische, rosige Fisch durch den Ausbau von Aquakulturen wieder in aller Munde. Zu den Schattenseiten der ausufernden Zucht zählt die Verschmutzung der Meere. Durch die Massenverarbeitung wird die Belastung des Lachsfleisches mit Schadstoffen oder Keimen begünstigt. Etwas Besonderes ist aber nach wie vor der Wildlachs, zumal wenn er aus nachhaltig betriebenem Fischfang stammt. Nach Möglichkeit sollte man sich beim Einkauf für ein solches, mit Siegel gekennzeichnetes Produkt entscheiden.

Lachsschwärme im Rhein

Bevor der Atlantische Lachs sich – nicht ganz freiwillig – vor über hundert Jahren ziemlich rar machte, musste man gar nicht so weit reisen, um ihn in Fülle anzutreffen. In Köln sollen sich die Dienstboten sogar dagegen gewehrt haben, öfter als dreimal pro Woche Lachs vorgesetzt zu bekommen. Im Rhein fühlten sich die Salme pudelwohl, in Schwärmen drangen sie bei ihrer Suche nach Laichplätzen im Süßwasser bis in die Schweiz vor.

„Ein Rheinsalm schwamm den Rhein bis in die Schweiz hinein“, dichtete um 1910 Christian Morgenstern. Auch die Elbe war ein Lachsfluss, die Donau jedoch nie. Der in seinem Bestand gefährdete Huchen wird zwar auch Donaulachs genannt und gehört wie die Forellen zu den Lachsfischen, lebt aber nur im Süßwasser. Wo sich der Atlantische Lachs einmal tummelte, vertrieben ihn nach und nach Staumauern, Uferverbauungen und die zunehmende Wasserverschmutzung. Erst in jüngster Zeit wird – mit vielversprechenden Erfolgen – versucht, die Lachse im Rhein und auch in der Elbe wieder anzusiedeln.

Lachs ist ist reich an Vitaminen (Vitamin D, B6, B12, Niacin und Folsäure) und er enthält viel Kalium, Jod und Omega-3-Fettsäuren. Diese mehrfach ungesättigten Fettsäuren sollen vor Herz-Kreislauferkrankungen schützen. Es spricht also viel dafür, den gesunden Fisch regelmäßig auf den Tisch zu bringen. Man kann ihn braten, dünsten oder roh zu Sushi verarbeiten.

Eine köstliche Alternative zum Räuchern ist das Beizen. Diese Methode der Haltbarmachung ist schon sehr alt und stammt aus Skandinavien. „Graved Lachs“ heißt „eingegrabener“ Lachs. Die Fischer rieben ihren frischen Fang mit Salz und Zucker, Dill, Gewürzen und Kräutern ein, legten ihn in ein Erd- oder Strandloch und beschwerten das „Grab“ mit Steinen. Der physische Druck durch den Stein und der Wasserentzug durch die Beize sorgten zusammen mit einer leichten Fermentierung dafür, dass Fäulnisbakterien die Grundlage entzogen wurden. Damit war der Lachs für einige Wochen haltbar – und wohlschmeckend. Heute wird der Fisch während der Beize gekühlt, deshalb fällt die Fermentierung aus und der Lachs bleibt schön saftig.

Kellermanns Beize

Für Thomas Kellermann gehört Lachs zu den beständigsten Küchenklassikern. „Damit ist man groß geworden. Früher war er ja noch mehr etwas Besonderes als jetzt“, sagt er. Klassisch werde nur mit Salz, Zucker, Dill und Petersilie gebeizt. Aber das wäre ihm zu „eindimensional“. Er ergänzt die Frische von Zitrusfrüchten und weitere Gewürze. Das Gegenstück zum salzbetonten Fisch bildet das Aprikosen-Relish mit seiner „süß-floralen Note“. Und als Bindeglied zwischen den Komponenten reicht Kellermann seine Dill-Senf-Sauce. Als Beilage könne man Reiberdatschi in der Pfanne herausbacken. Kartoffelchips passen übrigens auch sehr gut.

Graved Lachs

Die Lachsseite (mit Haut) sollte von Gräten befreit sein. Dann stellt man die Beize aus Zitronen- und Orangenabrieb, gehacktem Dill, grob gemahlenen Korianderkörnern, weißem Pfeffer und Fenchelsamen sowie braunem Zucker, Salz, weißem Balsamico-Essig und Olivenöl her. Alles wird zusammengemischt, und der Lachs damit eingerieben. Mit Klarsichtfolie gut bedeckt zieht er nun in einer flachen, länglichen Schale zwölf Stunden lang im Kühlschrank durch.

Das Aprikosen-Relish

Ein Relish ist eine Würz-Sauce aus gewürfeltem Obst oder Gemüse. Hier kommen getrocknete Aprikosen zum Einsatz. Sie sollten ungeschwefelt sein, das erkennt man ganz gut an der bräunlicheren Farbe. Für das Aprikosen-Relish kocht Wasser mit Salz, Pfefferkörnern, Zucker und Vanillemark auf. Die Aprikosen dazugeben, nochmals aufkochen lassen und kalt werden lassen. Durch ein Sieb passieren und den Sud dabei auffangen. Die Aprikosen klein würfeln, desgleichen auch die getrockneten Tomaten und die Essiggurke. Die ebenfalls gewürfelte Schalotte wird kurz blanchiert. Nun aus Aprikosen-Pochierfond, Marmelade, Traubenkernöl und Essig eine Marinade herstellen und die gewürfelten Aprikosen, Tomaten, Schalotten und Essiggurken dazugeben. Die gerösteten Pinienkerne grob hacken und drüberstreuen.

Das Dill-Senf-Dressing

Das Eigelb mit den Senfsorten, dem braunen Zucker, Salz und Essig vermischen. Mit Traubenkernöl zu einer Mayonnaise rühren. Am Ende gehackten Dill – Menge je nach Geschmack – unterheben.

Der gebeizte Lachs wird ausgewickelt und kurz mit kaltem Wasser abgewaschen. Anschließend reibt man ihn mit Olivenöl ein. Jetzt ist er genussfertig, muss aber noch geschnitten werden. Das gelingt am besten mit einem scharfen, langen, schmalen Messer. Man hält es dabei relativ flach und schneidet leicht schräg ohne starkem Druck. Begonnen wird am Schwanzende. Je dünner die Scheiben gelingen, desto besser. Wer das nicht hinkriegt, könne die Scheiben zwischen Klarsichtfolie vorsichtig plattieren, rät Thomas Kellermann.

Der selbst gebeizte Lachs eignet sich übrigens sehr gut, wenn Gäste kommen. Man muss ihn ohnehin einen Tag vorher einlegen – das bedeutet eine stressfreie Vorbereitung. Er gelingt immer und ist nach wie vor eine Delikatesse.

Zutaten für den Graved Lachs

Gebeizter Lachs:

Abrieb von 2 Zitronen; Abrieb von 1 Orange; 50 g gehackter Dill mit Stiel; 3 g Korianderkörner, grob gemahlen; 3 g weißer Pfeffer, grob gemahlen; 3 g Fenchelsamen, grob gemahlen; 100 g brauner Zucker; 100 g Salz; 20 ml weißer Balsamico-Essig; 100 ml Olivenöl; eine Lachsseite mit Haut; Klarsichtfolie; etwas Olivenöl

Relish von getrockneten Aprikosen:

100 g Wasser; 1 g Salz; 2 Pfefferkörner; 10 g Zucker; 1 Msp. Vanillemark; 60 g getrocknete Aprikosen – nicht geschwefelt; 10 g Schalotten, geschält, gewürfelt und blanchiert; 10 g getrocknete Tomaten; 10 g Essiggurkenwürfel; etwas Aprikosen-Pochierfond; 5 g Aprikosenmarmelade; 50 g Traubenkernöl; 5 g weißer Balsamico-Essig; Prise Salz; geröstete Pinienkerne

Dill-Senf-Dressing:

1 Eigelb; 60 g mittelscharfer Senf; 20 g Dijon Senf, fein; 20 g Dijon Senf, grob; 30 g Süßer Senf (Händlmaier); 2 g englisches Senfpulver („Mustard Powder“ gibt es in gut sortierten Supermärkten); 30 g brauner Zucker; 50 g Sherry-Essig;300 g Traubenkernöl; 2 g Salz

Kellermann kocht

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