Читать книгу Verlangen - Monica J. Wagner - Страница 6
ОглавлениеKapitel 3
Jordan und Mike betraten das Haus von Kathrin Higgins, sie hofften irgendwas zu finden.
„Wir müssen irgendeine Verbindung zwischen den Opfern finden, in der Hoffnung, das wir so herausfinden mit wem sie zuletzt Kontakt hatten.“
Jordan ging durch die Eingangshalle wie ein eingesperrter Tiger, sein Körper strotzte vor Energie, sie wollten was in Händen haben womit sie arbeiten konnten. Bisher hatten sie noch keine Gemeinsamkeiten gefunden, aber etwas musste es geben.
Sie suchten jeden Raum des Hauses ab, wälzten Papiere, untersuchten jedes Kleidungsstück, Kassenbons, alles was Sinn ergab wo und mit wem sich Kathrin zum Schluss auseinander setzte. Nach Stunden zermürbender Arbeit verließen sie mit leeren Händen das Haus. Jordan hatte so gehofft irgendwas zu finden, es war frustrierend.
Niedergeschlagen ließ er sich auf den Beifahrersitz nieder und betrachtete die Umgebung. Mike setzte sich ans Steuer, beobachtete ihn und sagte nichts.
„Jetzt mal ehrlich, wenn du weißt es kommt ein Tornado auf die Stadt zu. Was veranlasst dich dazu, genau diesen Tag zu wählen um jemanden umzubringen? Bleibst du nicht selber auch zuhause und versuchst dich und deine Familie zu schützen, sofern du eine hast?“
Jordan hatte diesen Gedanke noch nicht ganz ausgesprochen, da setzte er sich abrupt auf und sah hoffnungsvoll auf Mike. Er schlug mit der Hand auf das Armaturenbrett.
„Mensch Mike denk doch mal. Wenn ich Familie habe, dann kann ich nicht einfach weg gehen, wenn ein Tornado auf die Stadt zu steuert. Das würde dem Partner ganz schön zu denken geben. Aufgrund der Tornadowarnungen hatten die meisten eh ihre Geschäfte geschlossen gehabt. Das heißt, der Täter hätte sich nicht einfach von seiner Familie loseisen können.“
Jordan vergrub sich immer tiefer in seine Gedanken, sie überschlugen sich, endlich hatten sie was greifbares, einen Ansatzpunkt.
„Stimmt“, Mike blickte gedankenverloren aufs Lenkrad.
„Selbst wenn ich an diesem Tag hätte arbeiten müssen, weil ich im öffentlichen Dienst bin. Kann ich mich dann von der Arbeit entfernen ohne das es auffällt? Der Täter lässt sich sehr viel Zeit mit seinen Opfern, das heißt, hätte ich arbeiten müssen, wäre es einem Kollegen aufgefallen, wenn ich so lange weg bin, vorausgesetzt ich bin selbstständig. Und während des Tornados geht’s eh nicht, also muss ich mir vorher Zugang zum Bunker verschafft haben.“
Mikes Gesicht hellte sich auf, er grinste und startete das Auto. Sie fuhren zurück zum Revier, der Termin mit dem Psychologen stand an, da konnte man die gerade ausgesprochenen Schlussfolgerungen direkt mit ihm besprechen, wie seine Meinung dazu war.
Jordans Laune hob sich bei diesem Gedanken augenblicklich, sein Blick schweifte über die Straße und es tat ihm im Herzen weh zu sehen, was von den schönen Häusern nach dem Tornado übriggeblieben war. Manche Menschen hörten mit ihren Arbeiten auf als sie vorbei fuhren und blickten sie an. Jeder wusste schon, wer sie waren und warum sie hier waren. An einer Person allerdings blieb Jordans Blick hängen. Wer ist sie, ich habe sie hier noch nie gesehen? Als hätte Mike seine Gedanken erraten, sprach er die Antwort auf seine Frage aus.
„Das ist mit Sicherheit eine Mitarbeiterin dieser Organisation die kommen, wenn Not am Mann ist. Ganz schön mutig, ich könnte mir einen besseren Zeitvertreib vorstellen.“
Mike blickte rüber zu Taylor, die gerade dabei war das Auto auszuladen. Sie war anfangs so mit ihrer Arbeit beschäftigt, das ihr das Auto gar nicht aufgefallen war.
Ein Prickeln im Nacken veranlasste sie allerdings ihren Kopf zu heben. Sie schob mit ihrer Hand gerade eine störende Haarsträhne hinters Ohr, da sah sie ihn. Sie hatte noch nie so leuchtende Augen gesehen. Taylor fühlte sich magisch angezogen von seinem Blick, sie spürte wie er sie musterte. Ihr Puls begann zu rasen und tief in ihrem Inneren spürte sie eine Regung, die sie schon lange nicht mehr fühlte. So schnell wie dieser Augenblick dauerte, war er zu ihrem Bedauern wieder vorbei. Taylor blickte zum zweiten Mal an diesem Tag, dem Auto hinterher und stellte fest, das sie die ganze Zeit über den Atem angehalten hatte.
„Kennst du ihn“? Karen gesellte sich neben sie und schaute zu ihr rüber.
„Nein, tue ich nicht, woher denn?“
Sie drehte sich von Karen weg, um die letzten Pakete gefüllt mit Medikamente, aus dem Auto zu holen.
„Sorry, ich wollte dir nicht zu nahe treten, nur vorhin warst du auch völlig neben der Spur, als sie an uns vorbei fuhren.“
Karen war etwas beschämt und nahm Taylor einige Kartons ab.
„Schon okay, ich bin es die sich entschuldigen muss. Nein ich kenne ihn wirklich nicht, obwohl ich zugeben muss, das ich das ziemlich schade finde.“
Taylor war so erschrocken über diese offenherzige Aussage, das ihr Gesicht hochrot anlief. Mein Gott, was hat dieser Mann bloß an sich, das ich alle meine Prinzipien und meine gute Erziehung so über Bord schmeiße! Ich kenne ihn nicht einmal! Karens wissender Blick zwang Taylor gedanklich in die Knie.
„Gib es zu, du findest ihn äußerst gut aussehend.“
Jetzt war sie in die Falle getappt. Taylor kannte Karen zu gut, um zu wissen, das sie sie erst wieder gehen ließ, wenn sie eine Antwort bekam die sie zufrieden stellte. Also, warum nicht gleich mit der Wahrheit raus rücken.
„Ja, er sieht gut aus das gebe ich zu, aber ich habe bisher nur sein Gesicht gesehen, vielleicht ist er sonst 1,60 m groß, hat einen Bierbauch und Haare auf dem Rücken.“
Beide lachten bei dieser Antwort und gingen mit den Kartons in die Krankenstation, wo sie garantiert schon erwartet wurden.
Jordan und Mike saßen Dr. Foster gegenüber. Sie betrachtete eingehend die Fotos der Tatorte die sie mitbrachten und studierte die Fallakten. Eine ältere Frau betrat das Büro, nach dem sie anklopfte. Es war die Sekretärin der Psychologin und stellte ein Tablett mit herrlich duftendem Kaffee und Gebäck auf dem Tisch.
„Danke Heriett, jetzt bitte keine Telefonate durchstellen.“
Lächelnd entließ Dr. Foster ihre Sekretärin, die lautlos den Raum verließ. Er war geschmackvoll eingerichtet, nicht so wie Jordan vermutet hätte, mit schweren Möbeln und Ledersofas. Nein, ihre Praxis war hell und luftig, die Sitzmöbel waren aus hellem Stoff, auf denen in den Ecken lindgrüne Kissen drapiert waren. Die Schränke waren aus dunklem Holz, wie der Fußboden, der zwischendurch mit hellen Läufern geschmückt war, alles in allem sehr gemütlich wie Jordan fand. Sein Blick wanderte zur Psychologin die zurückgelehnt in einem Sessel saß und ihn mit einem Lächeln musterte.
„Test bestanden?“
Jordan fühlte sich ertappt und rutschte tiefer in den Sessel. Er hörte ein prusten und schaute rüber zu Mike, der sich eine Faust vor dem Mund gelegt hatte um nicht laut los zu lachen.
„Ähm ja, sehr schön eingerichtet….“
Jordan nahm die Kaffeekanne in die Hand und fragte nach wer möchte, nur um von sich abzulenken.
„Und Doktor, können sie uns schon irgendwas sagen, mit was für einem Typ Mensch wir es zu tun haben?“
Jordan blickte sie über den Rand der Tasse an und war angespannt bis in die Haarspitzen. Er selber hatte keine Erfahrungen mit Psychologen, er hatte noch nie mit Dr. Foster gearbeitet. Ihr Ruf allerdings eilte ihr voraus, sie arbeitete sehr gewissenhaft und war unter den Kollegen sehr beliebt, was im Polizeidienst nicht ganz einfach war. Jordan hatte sich vorab über sie erkundigt. Er wusste immer gerne einiges über die Menschen mit denen er zusammen arbeitete.
„Der Täter ist ein Mann zwischen 35 und 50 Jahre, er hasst mehr oder weniger Frauen und bevorzugt den gleichen Typ Frau.“
Mike runzelt die Stirn.
„Was heißt mehr oder weniger?“
„ Nun…“, Dr. Foster griff in die Ordner und holte einige Fotos raus. „Diese Frauen stehen meiner Meinung nach, so wie ich es derzeit sehe, für eine bestimmte Person. Sie scheinen das zu verkörpern, was er an der eigentlichen Frau so hasst. Er ritzt denen das Wort Hure in die Bauchdecke, entweder verkörpern die Opfer zu dieser Zeit der Tat die eigentliche Frau um die es geht, oder sie sind im biblischem Sinne Huren. Überprüft mal den Lebenswandel der Opfer, hatten sie viele Männerbekanntschaften, ging jemand fremd? Hinzu kommt, das er die Opfer anschließend fertig macht, er schminkt sie sorgfältig, kämmt die Haare und legt eine Perlenkette um.“
Sie schaute die beiden Detectives eindringlich an.
„Was ich definitiv sagen kann ist, das er erst aufhört, wenn er gefasst ist und seine Gewaltbereitschaft nimmt immer mehr zu.“
Jordan legte seine Unterarme auf die Knie und schaute sie aufmerksam an.
„Woran machen sie das fest?“
Foster schaute sich das Foto des letzten Opfers an.
„Sehen sie sich an, was er mit ihr gemacht hat. Er hat Gefallen an Schmerzen, ob er das jetzt neu an sich entdeckt hat oder der Hass auf Frauen stärker geworden ist, kann ich noch nicht sagen. Er fertigt Gegenstände an, um dem Opfer die größtmöglichen Schmerzen und Verletzungen im weiblichsten Areal des Körpers zu bereiten.“
Keiner sagte mehr etwas. In dem Raum hätte man eine Stecknadel fallen hören können, jeder war mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt. Jordan atmete tief durch, er musste das erst einmal verdauen was er gerade zu hören bekam. Beide sprachen mit Foster den morgigen Termin der Besprechung ab und verließen die Praxis. Sie fuhren zurück zum Revier, um alle gesammelten Informationen neu zu sortieren und für die morgige Besprechung vorzubereiten.
Wer hätte gedacht das Spiegel so überaus nützlich sein können? Es war so schön, sie während des Aktes von allen Seiten bewundern zu können. Oh ja das war gut! Allein bei dieser Vorstellung, spürte er ein Spannen in der Hose. Zufrieden mit dem Ergebnis und dem vorangegangenem Erlebten, richtete er das Schlafzimmer so her, wie es vorgefunden werden sollte. Er stand vor dem Bett und betrachtete Sheila. Er legte ihr Haar zurecht, zog die Lippen ein letztes Mal nach und strich das Laken glatt.
„Du warst von euch die Beste“, er liebkoste mit der Messerspitze ihre Wange und ließ es ihren Körper runter wandern zum Bauch. Er spürte wie die Klinge leicht ins Fleisch stieß. Die geschärfte Klinge strich durch die Haut und hinterließ seine Unterschrift. Eine Erregung erfasste Besitz von ihm, die seine Hand erzittern ließ. Das Gefühl wie Fleisch vom Messer, geführt durch seine Hand, zerschnitten wurde, verlieh ihm ein Gefühl von Macht. Es berauschte ihn so massiv, das er dachte er schwebte. Er spürte ihn pulsieren, genau das ist es was er wollte. Macht spüren und Schmerzen bereiten, dann fühlte er sich vollkommen. Er lächelte, denn er wusste jetzt, was er beim nächsten Mal anders machte.
Jordan saß in seinem Schaukelstuhl auf der Veranda und schaute in den Nachthimmel hinaus. Er liebte es auf seiner Veranda zu sitzen. Er lauschte den Geräuschen des Waldes und sog gierig die klare Luft ein. Wenigstens war es nichts so drückend heiß, eine leichte Brise rauschte durch die Bäume. Seine Gedanken sprangen immer wieder zum Gesagten der Psychologin zurück. Er war schon viele Jahre Polizist, er war hier groß geworden. Sein Magen brannte alleine bei der Vorstellung, das eine Person in dieser Stadt sein Unwesen trieb, mit dem er zusammen aufgewachsen war, dem er vielleicht mal einen guten Morgen wünschte. Ardmore war nicht groß, für den Polizeidienst sehr überschaubar.
Ihm wurde schlecht, er brauchte was, an dem er sich abreagieren konnte, was konnte da besser funktionieren, als sein „Baby“. Diese Vorstellung reichte aus, um ihm ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern. Er stand auf und ging rüber in die angrenzende Garage. Beim Betreten roch er schon den typischen Duft des Motorenöls. Sein Puls beschleunigte sich, als er zur Plane griff und sie sorgfältig vom Auto nahm. Darunter stand ein schwarzer Mustang aus den 60-er Jahren. Das war sein „Baby“.
Er hatte das Auto vom Schrott gekauft und ihn liebevoll in Eigenarbeit restauriert. Seine Finger glitten behutsam und ehrfürchtig über den Lack. Er setzte sich in das Auto und startete den Motor, er klang satt und kraftvoll. Jordan setzte rückwärts raus und fuhr los. Er hatte kein genaues Ziel, so fuhr er los und ließ sich treiben. Doch statt zur Küste zu fahren, wo er sonst immer hin fuhr wenn ihm etwas Kopfschmerzen bereitete, fand er sich diesmal vor der provisorischen Krankenstation wieder. Was mache ich denn hier? Oh je Jordan, das nimmt ein schlimmes Ende mit dir. Er konnte selber nicht sagen was ihn gerade hierhin zog, doch insgeheim wusste er es.
Er hatte gehofft diese Frau wieder zu sehen, warum, wusste er selber auch nicht, doch diese Ausstrahlung die sie hatte zog ihn an. Kopfschüttelnd fuhr er langsam die Straße rauf und blieb kurz am Haus von Kathrin Higgins stehen. Warum gerade du? Du hast dich doch erst scheiden lassen, was hat ihn auf dich aufmerksam gemacht?
Nachdenklich fuhr Jordan wieder nach Hause, er merkte das es kein Sinn hatte darüber zu brüten, er kam heute doch nicht drauf. Beim Betreten seines Hauses sah er bereits im Dunkeln das Aufleuchten des Anrufbeantworters. Wer ruft mich um diese Uhrzeit auf mein Haustelefon an? Jordan drückte auf die Playtaste und ging durch zur Küche um sich ein Bier zu holen. Die Autofahrt hatte wie immer gut getan, brachte zwar nicht ganz den Effekt wie sonst, doch er fühlte sich um einiges entspannter. Lächelnd hielt er die Flasche an seine Lippen, als seine gute Laune ins Bodenlose fiel.
„Hallo Jordan … ich wollte mal deine Stimme hören….ich vermisse dich…es tut mir leid was ich getan habe…bitte rufe mich mal an, ja? Also…ich hoffe von dir zu hören, bye.“