Читать книгу JETZT BIST DU WEG! DIE ABRECHNUNG - Monika Bonanno - Страница 7

4. Kerstin

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„Meine Mama hat uns zum Essen eingeladen“, erklärte Kerstin ihrer Lebensgefährtin Rosa, als diese von der Arbeit nach Hause kam.

„Ja gut, wann denn?“, fragte Rosa müde.

„Heute Abend um acht Uhr.“

„Ach Schatz, so kurzfristig, eigentlich hatte ich mir den Abend ganz anders vorgestellt."

Ich auch, aber ich habe schon zugesagt. Kommt ja nicht so oft vor“, sagte Kerstin aufmunternd.

„Findest du, dass das eine gute Idee ist, möchtest du nicht lieber alleine gehen?“, fragte Rosa. „Deine Mutter schaut uns immer an, als wären wir von einem anderen Stern.“

Kerstin strich ihr zärtlich das lange blonde Haar aus dem Gesicht und küsste herausfordernd ihre Lippen. Dann stellte sie noch einmal klar, dass ihre Mutter Rosa sehr gern hatte und die Liebe zwischen zwei Frauen zwar nicht verstand, aber akzeptierte.

„Gut, dann gehe ich jetzt mal duschen, damit wir pünktlich sind. Kommst du mit?“, fragte Rosa, aber Kerstin meinte schmunzelnd: „Na, dann wissen wir ja, wie das gemeinsame Duschen wieder ausgeht. Sicher kommen wir so nicht rechtzeitig zum Familientreffen.“

„Wie Familientreffen, wer kommt denn noch?“

Sie antwortete, dass nur ihre Geschwister Christian und Nadine da sein werden. Ihr Stiefvater war noch mit seinen Projekten beschäftigt und Eva konnte wegen der Zwillinge nicht weg, da Sven einen Abendtermin hatte.

„Na fein, dann gehe ich jetzt alleine unter die Dusche“, sagte Rosa und machte einen Schmollmund, „ohne dich.“

Kerstin lachte und versprach ihrer Lebensgefährtin für den nächsten Abend ganz viel stimmungsvolle Zweisamkeit.

Während ihre Freundin unter der Dusche stand, zog sie sich an, dann kümmerte sie sich vor dem Kosmetikspiegel um ein dezentes Make-up. Ihre braunen Augen bekamen einen warmen Glanz. Ja, Rosa war die Frau, die sie über alles liebte. Niemals hätte sich Kerstin einen männlichen Partner in ihrem Leben vorstellen können. Alle Männer, mit Ausnahme ihres Bruders, kamen ihr auf eine unerklärliche Weise suspekt vor. Erklären konnte sie diese Ansicht nicht, aber das war ja auch nicht wichtig, sie hatte ja Rosa. Ihre Familie musste das einfach respektieren.

-

Um zehn nach acht standen die beiden Frauen vor Sabrinas Tür.

Nadine öffnete und begrüßte sie mit einem Kuss auf die Wange.

„Na du Leichenfledderin, wie geht es dir?“, fragte Kerstin.

Nadine rümpfte die Nase. „Frag lieber nicht. Hat Christian gepetzt?“

Kerstin nickte. „Ja klar.“

„Sieht ihm ähnlich, er kann seinen Rand nicht halten. Mama ist in der Küche, es gibt Schweinebraten mit Klößen und Rotkohl. Viel zu schwer für den Abend, wenn du mich fragst“, sagte sie abfällig. „Ich glaube, mir wird schon wieder schlecht.“

„Schwanger?“, fragte Rosa leichthin.

„Nein ganz bestimmt nicht, ohne männliche Einwirkung wäre es ein Wunder der Natur“, antwortete Nadine und rannte zur Toilette.

Kerstin und Rosa betraten die große modern eingerichtete Wohnküche. Sabrina holte gerade die fertigen Klöße aus dem Topf und Christian deckte den Tisch. „Na ihr Turteltäubchen, schön, dass ihr es einrichten konntet“, begrüßte er sie.

Als sie am Tisch vor dem leckeren Essen saßen, wollte Kerstin von Christian wissen, was für einen Fall er gerade bearbeitete.

„Ist vielleicht jetzt nicht so passend“, bemerkte er, aber sie meinte: „Egal, wir sind nicht so zimperlich.“

Er erzählte diskret von dem Mord an dem Mann, aber passte mit seiner Wortwahl auf. Schließlich wollte er das Tischgespräch nicht mit ekligen Details verderben.

„Habt ihr auch schon die gerichtsmedizinische Untersuchung abgeschlossen?“, wollte Kerstin wissen.

„Na, das ist nicht so einfach. Dank unserer lieben Schwester, die sich mitten in der Obduktion mal einfach so auf die Leiche übergibt.“

Nadine stellte ihr Wasserglas auf die Seite und erhob sich. „Mir ist der Appetit vergangen, ich gehe in mein Zimmer.“

„Komm, sei doch nicht beleidigt, Chris hat es nicht so gemeint.“

Doch Nadine war schon an der Tür und gleich darauf verschwunden.

„Themawechsel“, beschloss Sabrina resolut und fragte ihre Tochter: „Wie geht es dir denn, was macht dein Job?“

Kerstin war Leiterin der Medikamentenforschung in einem medizinischen Institut. Ihr aktuelles Projekt, einen neuen zuverlässigeren Impfstoff zu entwickeln, der kaum noch Nebenwirkungen hatte, zeigte gute Fortschritte. Der erfolgreiche Durchbruch stand kurz bevor. Nachdem sie mit ihrem Bericht über die bisherigen Erfolge fertig war, sah sie ihre Mutter um Anerkennung heischend an.

„Ich bin stolz auf dich, mein Kind. Also geht es dir richtig gut?“, wollte Sabrina wissen.

„Ach ja, schon“, meinte Kerstin nicht ganz überzeugend.

Rosa überlegte, ob sie etwas sagen sollte, dann gab sie ihre Meinung preis: „Für Kerstin ist das Projekt nicht nur positiv belegt, sondern auch mit einem Riesenstress. Sie steht kurz vor dem Burnout, auch wenn sie Spaß daran hat, ist die Verantwortung doch ziemlich groß.“

„Ach, lass doch Schatz. Mama, es geht mir gut“, unterbrach Kerstin, aber Christian wollte noch mehr hören und bat Rosa weiterzuerzählen. Sie sah ihre Lebensgefährtin an, weil sie unschlüssig war, ob sie das in dieser Runde preisgeben sollte. Kerstin machte ihr ein Zeichen, aus dem sie schloss, dass es ihr egal war.

„Ich mache mir Sorgen. Sie schreit im Traum ganz fürchterlich. Manchmal wird sie auch aktiv, tritt um sich und wirft mit den Kissen. Nach solchen Nächten sitzt sie dann völlig fertig am Frühstückstisch, trinkt viel Kaffee und qualmt eine nach der anderen. Dabei zittert sie am ganzen Leib und hat gleichzeitig Schweißausbrüche“, berichtete Rosa.

Sabrina wollte von Kerstin wissen, ob das wirklich stimmt.

Sie nickte und gab zu: „Ja, aber was in den Träumen geschieht, weiß ich gar nicht. Ich möchte euch nicht damit belasten. Lassen wir das jetzt, Mama kann das gar nicht vertragen.“

Doch Sabrina gab sich nicht zufrieden und wollte von Rosa mehr wissen. Diese war etwas verunsichert, doch dann sprach sie offen: „Sie hat Angstgefühle, es grenzt schon fast an Phobien, die nicht zu erklären sind. Das hat, soweit ich das beurteilen kann, nichts mit dem Stress zu tun. Vielleicht nur bedingt oder er ist der Auslöser. Da steckt noch etwas anderes dahinter.“

„Also ein Fall für den Psychologen“, folgerte Christian.

„Ihr spinnt!“ Kerstin winkte ab und versicherte, dass alles halb so schlimm sei, wie Rosa es schilderte. Dennoch gab sie zu, dass sie zurzeit mental nicht ganz auf der Höhe war. Sie versprach, nach Beendigung des laufenden Projektes zum Arzt zu gehen.

„Nicht, dass es dann zu spät ist, ich habe zwei Kollegen, die mit Burnout schon seit einem halben Jahr zu Hause sind“, sprach Christian.

„Na so weit ist es ja noch nicht. Ich bekomme das schon hin.“

Während der Robobuttler den Tisch abräumte und das Geschirr in die Spülmaschine einordnete, plauderten sie noch eine Weile. Dabei vermieden sie alle aufregenden Themen. Sabrina war zufrieden, sie war nur ein wenig traurig, dass sich Nadine nicht mehr blicken ließ.

-

Es war schon spät und die jungen Leute verabschiedeten sich. Auf dem Heimweg versicherte Rosa, dass sie Kerstin nicht bloßstellen wollte. Sie hatte sich einfach animiert gefühlt, der Familie über den zeitweise desolaten Zustand zu berichten.


„Macht nichts“, meinte Kerstin, „die stecken das schon weg. Mama kann sich ja auch mal Sorgen um mich machen. Es war vielleicht gar nicht so schlecht, dass du so offen gesprochen hast.“

JETZT BIST DU WEG! DIE ABRECHNUNG

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