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4 Bedeutung von Bettlägerigkeit
ОглавлениеWenn man sich mit dem Thema Bettlägerigkeit beschäftigt, zeigt sich, dass es keine deutliche Begriffserklärung gibt. Es wird zum einen von Bettruhe gesprochen, diese ist zeitlich begrenzt und meist vom Arzt verordnet. Zum anderen von einer oft in Phasen verlaufenden umfangreichen Bettlägerigkeit. Sie beginnt meist mit einem geschwächtem Allgemeinzustand, dann einem Ereignis, wie z. B. einem Sturz oder auch mit dem Fortschreiten einer bestehenden Erkrankung, der Bewegungsradius wird zunehmend eingeschränkt und es kommt zu einer Ortsfixierung, bei der der Betroffene nicht mehr ohne fremde Hilfe den Aufenthaltsort ändern kann.
Die Auswirkungen sind zahlreich und betreffen stets den ganzen Menschen in seiner Einheit aus Körper, Geist und Seele.
Körper: u. a. Veränderung des Herzkreislaufsystems, der Atmung mit der Gefahr von Bronchitis und Lungenentzündung, Thromboseneigung, Abbau von Muskelmasse, Entstehung von Kontrakturen und Druckgeschwüren.
Geist: Abnahme der intellektuellen Leistungsfähigkeit, Veränderung der Wahrnehmung durch Reizarmut und Auftreten von Halluzinationen infolge extremer Gewöhnung an äußere Bedingungen. Oft erleben Betroffene ein »Schrumpfen« von Zeiträumen, die später nicht mehr erinnert werden können.
Seele: Traurigkeit, depressive Verstimmungen verbunden mit dem Gefühl der Hoffnungs- und Wertlosigkeit, Gefühl des Alleingelassenseins, der Abhängigkeit und Isolation.
Daraus lässt sich schließen, dass die Mobilisation stets das Mittel der ersten Wahl ist.
Dafür spielen folgende Faktoren eine entscheidende Rolle:
• die individuelle Einstellung der betroffenen Person zur Mobilisation
• die Motivation und Kompetenz der Pflegenden
• die Verfügbarkeit von Hilfe beim Aufstehen
• die Verfügbarkeit von Hilfsmitteln, wie Rollstuhl, Hörgerät, Brille
• das fördernde Umfeld
• der Lebensort
• die räumlichen Voraussetzungen
Für unsere Arbeit lässt sich aus dem Vorangegangenen schließen:
• die Gründe der Bettlägerigkeit möglichst gemeinsam mit dem Betroffenen hinterfragen und reflektieren
• gezielte Bewegungsübungen und Gymnastik zum Muskelerhalt bzw. Muskelaufbau
• Lage- und Standortwechsel stufenweise und sanft durchführen
• Mobilisierung mit positiven Reizen und Erlebnissen verbinden
• auf den Einsatz von Hilfsmitteln achten
• Übungen zur Sensibilisierung und Wahrnehmung des Körpers und der Sinne einsetzen
• Angebote gestalten, die Konzentration, Gedächtnis und flüssige Intelligenz stützen
• Gestaltung der Räume, sodass sie sensorische und emotionale Reize bieten und Selbständigkeit fördern und unterstützen
Merke: Der Transfer vom Bett z. B. in einen Rollstuhl und in die Gemeinschaft sind wichtig. Der Positionswechsel ermöglicht soziale Teilhabe sowie die Reduktion von ungünstigen Begleiterscheinungen.
Dennoch sollte die »blinde« und schnelle Mobilisation vermieden werden. Häufig haben bettlägerige Menschen Angst vor Stürzen, wollen ihren Mitmenschen nicht zur Last fallen oder fühlen sich schwach oder haben Schmerzen. Hier gilt es genau hinzuschauen und schrittweise und differenziert vorzugehen.