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KAPITEL SIEBEN

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Die erste Überraschung für Nerra war, dass sie überhaupt aufgewacht war. Ihre Augenlider flatterten und öffneten sich und sie konnte atmen, ihr Körper drohte nicht, sie zu verzehren. Sie setzte sich auf und die zweite Überraschung war das Bett, auf dem sie saß. Es war aus Stein, darauf lagen Decken, und es stand in einem scheinbar langen Schlafsaal mit ähnlichen Betten.

Auf jedem dieser Betten lag eine Gestalt, die meisten stöhnten, viele von ihnen waren so still, dass es so schien, als wären sie nur Atemzüge vom Tod entfernt. Nerra konnte Schweiß riechen und spürte eine Hitze, die bis auf die Knochen zu gehen schien. Die Gestalten trugen viele verschiedenartige Kleider, als wären sie aus allen Ecken der Welt hierher gebracht worden. Hier und da jedoch konnte Nerra einen Fleck nackter Haut sehen, der von schwarzen, schuppenartigen Linien überzogen war …

Sie waren wie sie.

Nerra blickte sich verwirrt um und versuchte, dies zu verstehen. Als sie ohnmächtig geworden war, gab es nur den Wald und den Drachen …

„Ihr seid wach.“

Der Mann, der in der Nähe der Tür stand, war die dritte Überraschung. Er hatte einen langen, lockigen Bart, in den er Muscheln eingewebt zu haben schien, die jeweils mit einem anderen Zeichen bemalt waren. Sein graues Haar war ebenfalls lang und fiel ihm auf die Schultern. Er trug eine Tunika und Hosen, die hier und da durch Überbeanspruchung ausgefranst waren. Er war groß und breitschultrig, mit Gesichtszügen, die verwittert und von Sorgen gezeichnet wirkten.

„Wer … wer seid Ihr?“, fragte Nerra und stand auf. „Wo bin ich?“

„Ihr seid dort, wo Ihr sein müsst, in der letzten Zuflucht für diejenigen mit der Drachenkrankheit“, sagte der Mann. Nerra runzelte die Stirn; im Nordreich nannten sie es die Schuppenkrankheit. Bedeutete das, dass sie nicht mehr im Nordreich war?

„Ich … ich fühlte …“, begann Nerra. „Ich war am Sterben.“

„Das wart Ihr“, stimmte der Mann mit einer Stimme zu, die für das, was er sagte, zu ruhig erschien. „Aber wir haben Möglichkeiten, die Krankheit eine Zeit lang zu stabilisieren.“

„Aber das ist unglaublich“, sagte Nerra. „Wenn die Leute wüssten … mein Vater ist …“

„Ich weiß, wer Ihr seid, Prinzessin Nerra“, sagte der Mann. „Ich weiß, dass Ihr für das, was Ihr seid, verstoßen wurdet, aber Ihr seid hier in Sicherheit. Dies ist ein Ort, an dem alle Kranken die Tage ihres Menschseins ausleben können, die sie noch haben. Wo wir tun, was wir können, um diese Zeit ein wenig zu verlängern.“

Nerra runzelte die Stirn. „Ihr habt mir immer noch nicht gesagt, wer Ihr seid.“

„Ich bin Kleos“, sagte der Mann. „Ich bin der Hüter dieses Ortes. Ich habe Eure Ankunft miterlebt. Es kommt selten vor, dass jemand direkt von einem Drachen gebracht wird.“

Selten, aber anscheinend nicht so selten, dass es bei dem Mann dort einen Schock ausgelöst hätte.

„Ihr redet, als hättet Ihr schon Drachen gesehen“, sagte Nerra. „Wo bin ich?“

„Kommt“, sagte er. „Es ist besser, wenn Ihr es selbst seht.“

Er führte den Weg aus dem Schlafsaal auf einen großen offenen Platz, der fast wie ein kleines Dorf zu sein schien. Dort arbeiteten Menschen, werkelten in kleinen Gemüsegärten oder trugen Wasser. Jeder schien irgendwo auf seinem Körper die Schuppenmale zu haben.

Das Land um das Dorf herum war felsig und mit Hängen, sie führten hoch zu, was aussah, wie der Rand eines Vulkans. Andere Felsformationen aus Basalt lagen verstreut, dunkel und zackig, als wären sie aus dem Feuer des Vulkans entstanden. Auf einigen Abschnitten des Abhangs standen Bäume, die aus dem dunklen Boden herauswuchsen, während in der Ferne der Boden in Richtung des umgebenden Meeres abfiel, was den gesamten Ort wohl zu einer Insel machte. Ein Steg unten zeigte an, wie die meisten Menschen dort ankamen.

Es war das, was dahinter lag, was Nerra am meisten auffiel. So weit entfernt, dass sie am Horizont kaum sichtbar war, sah sie eine Küste, die weit größer war als die der Insel. Vulkane ragten aus der Landschaft empor und verliehen ihr ein gezacktes, gezahntes Aussehen. Über den Vulkanen sah sie hier und da kreisende Objekte. Es dauerte einen Moment, bis ihr klar wurde, wie groß sie sein mussten, und erst dann verstand sie, was sie waren: Drachen.

„Das ist Sarras“, sagte Nerra geschockt. Sie hatte den dritten Kontinent noch nie gesehen, aber es gab nur einen Ort, von dem sie wusste, der dieser Beschreibung entsprach. Wenn es wahr war, bedeutete das, dass ihr Drache sie über einen halben Ozean getragen hatte. „Ich bin auf Sarras.“

„Nicht ganz“, sagte Kleos und deutete auf die kleine Gemeinde um sie herum. „Das ist Haven. Unsere Insel liegt ganz abseits der Schrecken … dieses Ortes.“

„Was für Schrecken?“, fragte Nerra.

Kleos schüttelte den Kopf. „Dies ist kein Ort dafür. Dies ist ein Ort des Friedens, an dem Kranke ihre Tage verbringen und einen würdigen Tod finden können.“

„Einen …“ Nerra schüttelte bei diesem Gedanken den Kopf. Sie sollte einfach hier sitzen und auf den Tod warten? „Was ist das hier für ein Ort? Ein Gefängnis? Soll ich hier eine Gefangene sein?“

„Dies ist ein Zufluchtsort“, sagte Kleos. „Wo diejenigen mit der Drachenkrankheit vor der Welt um sie herum sicher sein können und die Welt vor ihnen sicher sein kann.“

„Das ist das zweite Mal, dass Ihr es so nennt“, sagte Nerra. „Hat es nur mit den Schuppen zu tun?“

„Es hat damit zu tun, was aus den Menschen mit der Krankheit wird“, sagte Kleos. Er hielt einen Moment inne. „Ich… ich könnte es Euch zeigen, aber es wäre vielleicht besser, es nicht zu tun. Es könnte für ein friedvolleres Leben sorgen, nicht zu wissen, was auf uns wartet.“

Nerra zögerte nicht. „Zeigt es mir.“

Niemand sonst hatte ihr wirklich zeigen können, wohin ihre Krankheit führen würde. Der Medicus hatte es ihr gesagt, aber das war nicht dasselbe, nicht einmal annähernd. Nerra musste es selbst sehen. Sie folgte Kleos, als er sie zu einem anderen Teil der Gemeinde führte, zu einem Steingebäude, dessen Tür solider zu sein schien als die anderen. Er holte einen Schlüssel heraus und schloss ihn auf.

„Drinnen müssen wir vorsichtig sein“, warnte er. „Die hier … sie haben nur noch wenig Menschlichkeit.“

„Aber Ihr sagtet, dass es Möglichkeiten gibt, zu helfen“, sagte Nerra.

„Die gibt es“, stimmte Kleos zu. „Aber lasst Euch nicht zu falschen Hoffnungen verleiten, Prinzessin. Es gibt kein Heilmittel. Trotz allem, was ich tue, führt dies letztendlich dazu.“

Er trat zurück, um Nerra hereinzulassen, damit sie es sehen konnte. Im Inneren des Gebäudes war es schattig, und die Dunkelheit wurde durch das Wimmern und Stöhnen der Menschen im Inneren unterbrochen. An diesem Geräusch war jedoch nichts Menschliches.

Und an der Kreatur, die sich vor ihr erhob, war ganz sicher nichts Menschliches. Sie war größer als ein Mann, mit schuppigen, krallenförmigen Händen, Zähnen, die aussahen, als könnten sie direkt durch das Fleisch beißen, und Gesichtszügen, die zu einer Art eidechsenartiger Schnauze verzerrt waren. Ihr Körper war sperrig und unförmig, Muskeln schienen auf eine Weise unter der Haut zu wachsen, die keinen Sinn ergab. Ihre Augen waren menschlich, aber es war keine Menschlichkeit mehr in ihnen, nur Wut und Schmerz und Hunger. Es war ein Ding, das nicht mehr menschlich war, aber auch kein Drache, irgendwo dazwischen gefangen, unvollendet, aus einer Form ausgebrochen, aber nicht ganz in die nächste hineingewachsen.

Sie sprang auf Nerra zu und Nerra reagierte zu langsam, um auszuweichen. Dann war die Kreatur war auf ihr, warf sie zu Boden und ragte über ihr auf. Ihre Krallen erhoben sich, bereit zu schlagen. In diesem Moment war Nerra sich sicher, dass Kleos sie nur aus Gründen, die sie nicht ergründen konnte, dorthin gebracht hatte, um durch die Hände dieser Kreatur zu sterben.

Dann war Kleos da. Er hatte eine wellige Klinge in der Hand, die aus dunklem Metall gefertigt zu sein schien, das Messer war so lang wie Nerras Unterarm. Er stieß damit auf die Kreatur ein und traf sie in der Brust, sodass sie aufschrie. Sie fiel zurück und hob die Krallen, als wollte sie weitere Stiche abwehren, aber Kleos rückte bereits vor.

„Es tut mir leid“, sagte er, als Nerra aufstand. „Als ich Euch hierher brachte, wusste ich nicht, dass dieser schon so weit vorangeschritten war. Es … es ist Zeit für ihn.“

„Das war mal eine Person?“, fragte Nerra. Sie konnte es nicht glauben, würde es nicht glauben, denn … das würde bedeuten, dass auch sie so enden würde. „Könnt Ihr nichts tun, um zu helfen?“

„Nur eines jetzt noch“, sagte Kleos und trat weiter auf die Kreatur zu. Sein Gesichtsausdruck war voller Mitleid, aber es hinderte ihn trotzdem nicht daran, in die Reichweite der Klauen des Drachens zu treten. Er stieß scharf mit der Klinge, die er immer noch hielt, diesmal trat die Klinge unter dem Kiefer ein und er stieß sie hoch in das Gehirn. Nerra hörte, wie die Kreatur japste, was teils Schock, teils Erleichterung zu sein schien, dann zog Kleos seine Klinge heraus und ließ das Tier zurück auf den Boden fallen.

Er stand einige Sekunden über ihr. Aus der Tiefe des Gebäudes konnte Nerra ein Knurren hören, das andeutete, dass mehr von diesen Dingen … diesen Leuten da waren.

„Hilf mir, ihn nach draußen zu tragen«, sagte Kleos. „Er hat jetzt Frieden gefunden, und wir werden seinen Körper mit Würde begraben.“

Nerra wusste nicht, was sie tun sollte, also packte sie die Beine der Kreatur und half, während Kleos sie hob.

„Wird das …“, begann sie. „Werde ich …“

„Werdet Ihr wie Matteus hier enden?“, fragte Kleos. Er senkte den Kopf. „Einige leben nicht so lange. Die Drachenkrankheit zerreißt sie. Aber ja, vielleicht.“

„Und wenn ich es tue, bringt Ihr mich um?“, fragte Nerra.

Kleos nickte. „Ich werde Euch Frieden geben, wenn nichts mehr von Eurem Bewusstsein in Euch ist.“

Nerra wurde übel. Ihr Drache hatte sie hierher gebracht, hatte sie gerettet, und jetzt … jetzt sah es so aus, als ob das Einzige, wofür er sie gerettet hatte, der Tod war.

Thron der Drachen

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