Читать книгу Dunkelheit über Tokyo - M.P. Anderfeldt - Страница 7
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ОглавлениеAls Takeo um 20.45 am vereinbarten Treffpunkt stand, fragte er sich, worauf er sich da eingelassen hatte. Doch hoffentlich nichts Illegales? Gerne hätte er seinen Onkel noch um seine Meinung gefragt, aber der war noch nicht zu Hause gewesen. Um 21.10 kam ein Mann in grober Arbeitskleidung auf Takeo zu. Er war etwas rundlich und trug eine dicke Hornbrille. »Kommst du wegen des Jobs?«
»Hai! Koji schickt mich.«
Der Mann musterte ihn. Er schien zufrieden. »Okay, komm mit.«
So erschöpft wie noch nie in seinem Leben, betrat Takeo in den frühen Morgenstunden wieder die Wohnung seines Onkels. Masao saß an die Wand gelehnt auf dem Boden. Neben ihm standen ein überquellender Aschenbecher und eine halb volle Flasche Sake. Auf einem kleinen Fernseher, der im Eck auf dem Boden stand, lief eine Comedy-Show. Takeo wunderte sich, dass er noch wach war.
»Hey, Kleiner.«
»Konbanwa, Oji-san.«
Der Onkel bot ihm eine Zigarette an, was Takeo aber ablehnte. Wie es sich gehörte, nahm Takeo die Sakeflasche und schenkte seinem Onkel etwas ins Glas ein. Dann hob Masao die Flasche. Takeo holte sich schnell ein Glas und er bekam auch etwas eingeschenkt. Sie stießen an. »Kanpai!«
Dann kam der Onkel zur Sache. »Ich vermute, du hast einen Job?«
»Hmm … naja. So was Ähnliches.«
»Was heißt das?«
»Ich stand die ganze Nacht an einer Baustelle, habe eine Kelle geschwenkt und mich bei den Autofahrern für die Unannehmlichkeiten entschuldigt.«
Masao lachte schallend. »Das ist natürlich auch ein Job. Da hatte ich gar nicht dran gedacht – ich war der Meinung, diese Sachen würden von der Yakuza vergeben. Aber es bringt Geld, oder?«
»Ja. Aber ob ich mir davon eine Wohnung leisten kann …?«. Er zeigte die mageren Einkünfte seiner Nachtschicht. Das Geld hatte er gleich im Anschluss in bar bekommen.
»Es ist ein Einstieg. Ein Anfang … Kanpai!« Wieder erhob er sein Glas. Es sollte nicht das letzte sein.
Natürlich war sein Onkel längst weg, als Takeo aufstand. Mit brummendem Schädel las er die Nachricht, die auf dem Tisch lag. »Noch mal herzlichen Glückwunsch zum Job, Takeo-kun. Vielleicht hast du ja wieder so großes Glück und findest auch noch eine Wohnung.«
Takeo stöhnte. Wie stellte sein Onkel sich das vor? Wie sollte er so schnell eine Wohnung finden? Er beschloss, sich erst einmal einen Tee zu machen. Und nachzusehen, ob es in der Wohnung etwas gegen Kater gab.
»Irasshaimase!« Meis strahlendes Lächeln ließ ihn gleich seine Kopfschmerzen vergessen. Warum war er überhaupt in den Convenience Store gegangen? Es war, als hätten ihn seine Füße automatisch hierhergetragen.
»Na, was macht mein neuer Stammkunde?«, fragte Mei Takeo leise, als sie an ihm vorüberging.
»Hmpf«, machte Takeo. Schon wieder wusste er nicht, was er sagen sollte.
Er fragte sich, ob der Mann, der ihm den Job vermittelt hatte, Meis Freund war. Bestimmt. Es war ja ein wirklich gut aussehender Mann. Und Mädchen standen meistens auf etwas ältere Männer, die es im Leben schon zu etwas gebracht haben und nicht auf Tagelöhner wie ihn. Plötzlich klingelte sein Telefon. Ungeschickt kramte er es aus seiner Tasche. Eine Handynummer. Entschuldigend verbeugte er sich und nahm ab.
»Moshi, moshi?«
»Moshi moshi. Hier Kommissar Ichihara von der Tokyo Metropolitan Police.«
»Polizei?«, fragte Takeo etwas zu laut. Alle Kunden sahen zu Takeo. Er verbeugte sich nochmals und eilte aus dem Laden. »Einen Moment bitte.«
»Takeo Toda-san?«
»Hai.«
»Wir möchten uns kurz mit Ihnen unterhalten. Wo können wir Sie treffen?«
»Ah … das ist nicht so einfach.«
»Möchten Sie zu uns kommen? Ansonsten kann ich Sie auch zu Hause besuchen. Es wird nicht lange dauern.«
»Hmm … ja, gut. Sie können mich zu Hause treffen.« Er nannte die Adresse seines Onkels. Dann ging er schnell nach Hause, denn der Kommissar meinte, er sei gerade in der Nähe.
Als der Kommissar dann vor ihm stand, musste Takeo beinahe lachen. Mit seinem braunen Anzug, wie er vor 20 Jahren mal in Mode gewesen sein mochte, sah er genau so aus wie die Detektive im Fernsehen. Er zeigte ihm seinen Ausweis und sah Takeo scharf an. Takeo bat ihn nach drinnen und sie setzten sich gegenüber auf die Tatami-Matte.
»Toda-san, Sie wissen, warum ich hier bin?«
»Hai. Es geht um den Selbstmord in dem Manga Café.«
»So ist es. Haben Sie an dem Abend etwas Ungewöhnliches beobachtet?«
»Eigentlich nicht. Ich bin spät gekommen und habe die anderen Gäste gar nicht mehr gesehen.«
Der Kommissar machte sich Notizen auf einem kleinen Notizblock.
»Haben Sie etwas von dem Selbstmord mitbekommen?«
»Ich war dabei, als die Angestellte ihn am nächsten Morgen gefunden hat.«
»Aha …« Wieder machte er eine Notiz. Das musste er doch alles längst wissen. »Sonst noch etwas?«
»Hmmm … er hat geschnarcht. Ich habe ihn schnarchen hören.«
»Sind Sie sicher, dass das Schnarchen aus der Kabine des Verstorbenen kam?«
»Ja, ziemlich sicher.«
»Ist es nicht seltsam, dass sich jemand erst einmal schlafen legt und sich dann später umbringt?« Ichihara legte seinen Notizblock zur Seite und blickte Takeo durchdringend an.
»Ich weiß nicht. Jetzt, wo Sie es sagen, vielleicht schon.«
»Naja, so ungewöhnlich auch wieder nicht. Vielen Dank, das war’s schon wieder. Wir werden den Fall höchstwahrscheinlich bald abschließen. Für alle Fälle lasse ich Ihnen trotzdem meine Karte hier.« Er erhob sich zum Gehen.
Takeo hielt ihn noch zurück. »Ichihara-san, Sie wissen nicht zufällig, wo ich eine günstige Wohnung finde? Eine wirklich günstige.«
Überrascht drehte sich er Kommissar um. Dann kratzte er sich am Kopf und überlegte. »Haben Sie es schon unter den Bahnschienen versucht?«
»Unter den Schienen?«
»Ja. Da gibt es auch Wohnungen. Wir haben da schon öfters … Leute untergebracht. Weil es manchmal ziemlich laut ist, ist es auch billig. Nicht weit von hier gibt’s ein paar Wohnungen.«
»Arigato gozaimasu.«
Die Wohnungen waren nicht schwer zu finden, man musste einfach nur an den meist erhöht verlaufenden Bahnschienen entlanggehen. Und tatsächlich sah er mehrere Häuser, die direkt unter den Gleisen der Yamanote-Linie lagen. Ein Zug ratterte über die Gleise. Wenn es hier schon so laut war, wie musste sich das erst unter den Schienen anhören?
Aber es war besser als nichts. Sein Onkel hatte ihm bereits einmal die kalte Schulter gezeigt, und wenn der sagte, Takeo solle sich eine Wohnung suchen, dann war es ihm sicher ernst damit. In einem der Häuser stand in einem Fenster im Erdgeschoss ein Schild mit dem Mietbetrag und der Aufforderung, bei Interesse zu klingeln. Zu seiner Überraschung war die Miete wirklich günstig.
Eine winzige, gebückt gehende Frau zeigte ihm ein freies Zimmer. Das viereinhalb Tatami-Zimmer roch nach kaltem Zigarettenrauch und Moder.
»Neu in Tokyo?«
»Hai. Ich bin gerade erst angekommen.«
»Aha.« Sie schlurfte zum Fenster und öffnete es. Dann wandte sie sich ihm zu. »Kein Frauenbesuch nach 22 Uhr.«
»Hai«, antwortete Takeo, doch seine Antwort ging im Lärm eines Zugs unter, der über sie hinwegfuhr. Die Wände zitterten.
Die Alte lachte. »Da gewöhnt man sich dran. Am Anfang brauchst du zum Schlafen wahrscheinlich Ohrenstopfen.«
Dann zeigte sie ihm die Wohnung. »Saubere Wohnung. Alles da. Gasherd. Mikrowelle. Spüle. Hier ist Geschirr. Und hier … der Reiskocher. Ganz neu.« Stolz präsentierte sie einen chromschimmernden Reiskocher der Marke Tiger. Das Display zeigte ein blinkendes ›12:00 PM‹. Sie öffnete eine Tür: »Badezimmer.« Er sah eine winzige Sitzbadewanne und eine kleine Toilette und fragte sich, ob man die Tür überhaupt schließen konnte, wenn man auf dem Klo saß. Naja, irgendwie musste das wohl gehen. Über der Badewanne hing ein abenteuerlich aussehender Boiler. »Der Boiler fürs Badezimmer und die Spüle.«
»So einen hatten wir zu Hause auch.«
»Ach, so ist das. Dann muss ich Ihnen das ja nicht erklären.«
Dann stellte sie sich neben die Eingangstür. »Wollen Sie es?«
»Ja … aber ich weiß nicht, ob ich mir die Kaution leisten kann.«
»Kann jemand für Sie bürgen?«
»Ich denke schon … mein Onkel.«
»Dann sollte das kein Problem sein. Wann wollen Sie einziehen?«
»So bald wie möglich.«
»Kommen Sie morgen Vormittag. Bis dahin mache ich das Zimmer fertig.«
»Hai, arigato gozaimasu.«
Der Arbeiter mit der Hornbrille freute sich, dass Takeo wieder da war. »Die meisten kommen nur einmal.«
»Ich brauche das Geld.«
»Man merkt, dass du nicht von hier bist. Die jungen Leute von hier taugen nichts.« Er klopfte sich auf die Brust. »Ich komme aus Nagano. Ich mache das schon seit 12 Jahren.«
Auch die anderen Arbeiter nahmen nun Notiz von ihm. Einer bot ihm in der Pause etwas heißen Tee aus einer Thermoskanne an. Takeo fühlte sich etwas wohler. Aber die Arbeit war immer noch anstrengend und langweilig. Der Arm, in dem er die Warnkelle trug, schmerzte und vom ständigen Verbeugen meldeten sich in seinem Rücken Muskeln, von denen er keine Ahnung gehabt hatte, dass er sie überhaupt besaß.
Sein Onkel war nicht zu Hause, als er todmüde seinen Futon ausbreitete, sodass er ihm gar nicht die frohe Botschaft von seiner neuen Wohnung überbringen konnte.
Nach viel zu kurzer Zeit riss ihn der Wecker aus dem Schlaf. Er erhob sich und machte sich auf den Weg zu seiner neuen Wohnung. Er kam an dem Park vorbei, wo er mit Mei gesessen hatte und setzte sich erschöpft auf die Stufen. War das nun sein Leben? Unter den Bahnschienen hausen, nachts bis zur totalen Erschöpfung arbeiten und tagsüber schlafen? Ein Mann im Anzug eilte vorüber und betrachtete ihn gleichgültig. Erst dachte Takeo, dass es der Sarariman war, der den Unfall gehabt hatte, aber dann erkannte er seinen Irrtum.
Er fühlte sich einsam, schrecklich einsam. Er legte seinen Kopf zwischen die Beine und war im Nu eingeschlafen.
Etwas Warmes an seiner Wange weckte ihn. Er schreckte auf.
»Da braucht jemand dringend einen Kaffee, was?« Mei saß neben ihm und drückte ihm eine warme Dose Kaffee in die Hand. Sie öffnete eine weitere Dose, die sie für sich selbst geholt hatte.
»Takeo-chan. Ich habe mir Sorgen gemacht.«
Takeo war ganz baff. »Du …«, stammelte er.
»Ja, stell dir nur mal vor.« Sie wirkte ärgerlich. »Ich wusste ja nicht, wo du bist und in einer Stadt wie Tokyo kann man leicht verloren gehen. Hättest dich ruhig mal melden können.« Vorwurfsvoll sah sie ihn an. »Was sagt der Angeklagte zu den Vorwürfen?«
»Ich … ich habe eine Wohnung.«
»Einspruch, das tut hier nichts zur Sache. Aber schön, das freut mich für dich.« Sie lächelte, um gleich darauf wieder grimmig zu schauen. »Wir kommen zur Urteilsverkündung. Der Angeklagte ist schuldig in allen Punkten. Er wird mit einem Tag Mei bestraft. Ohne Bewährung.«
»Ein Tag – Mei?«
»Ich habe morgen frei. Ich kann dir die Stadt zeigen. Weißt du, Tokyo besteht nicht nur aus diesem Park und meinem Konbini.«
»Heute Nacht muss ich arbeiten. Aber morgen … sehr gerne.« Er sah sich um, die Sonne stand hoch am Himmel. »Wie spät ist es eigentlich? Verdammt, meine Wohnung!«
Hektisch sprang er auf und spurtete davon. Nachdenklich lächelnd sah Mei ihm nach und nahm noch einen Schluck Kaffee.
Diesmal musste ihn niemand abholen, Takeo fand die Baustelle alleine. Die Bauarbeiter begrüßten ihn herzlich, für sie gehörte er jetzt schon dazu. Takeo dachte wieder über sein Leben nach, während er sich entschuldigend vor den wartenden Autos verbeugte. Tokyo hatte ihm die kalte Schulter gezeigt, aber er hatte sich nicht unterkriegen lassen. Und irgendwie war ihm Mei ›passiert‹. Was war er für Sie? Vermutlich sah sie in ihm eine Art kleinen Bruder, daher auch die Anrede mit »Takeo-chan«. Wenn ein cooler Typ wie dieser Koji ihr Freund war, dann hatte er natürlich keine Chance. Nein, berichtigte er sich, in jedem Fall hatte er keine Chance. Er ließ die Schultern hängen. Mei war nicht wie die pausbäckigen Mädchen aus seiner Highschool. Sie war clever und hatte Stil. In seinem Heimatdorf würden sie sie für einen Filmstar oder so was halten.
Einer der Bauarbeiter tippte ihm auf die Schulter. Zeit, Pause zu machen. Wieder hatte er vergessen, etwas einzukaufen und nur schnell eine schon etwas braune Banane aus dem Kühlschrank seines Onkels mitgenommen. Er wollte sie sich für die nächste Pause aufheben.
In Gedanken versunken saß er da und merkte erst, als sein Sitznachbar ihn grob in die Seite stieß, dass jemand vor ihm stand. Es war Mei. Inmitten der dreckverschmierten Arbeiter wirkte sie aus wie ein Wesen aus einer anderen Welt.
Mei verbeugte sich. »Guten Abend.«
Takeos Kollegen starrten sie mit offenen Mündern an, einer vergaß sogar das Kauen. Sie hatte eine Plastiktüte in der Hand, aus der sie nun für jeden Arbeiter ein kleines Päckchen zog und mit einer Verbeugung überreichte. »Hai, douzo! Das sind Kroketten, die sind im Konbini übrig geblieben. Sie sind aber noch gut und es wäre doch schade, sie wegzuwerfen, oder?« Am Schluss gab sie Takeo auch eine.
»Takeo-chan, pass auf dich auf, ja? Bis morgen!« Dann wandte sie sich an die Umstehenden. »Yoroshiku onegaishimasu.« Wieder verbeugte sie sich und ging.
Takeo sah ihr nach. Auf der anderen Straßenseite stand Koji mit seinen zwei Freunden. Koji machte mit der Hand eine Pistole und »schoss« damit auf Takeo. Dann lachte er und zeigte seine strahlend weißen Zähne. Er legte seine Hand auf Meis Schulter, sie nahmen sie in die Mitte und verschwanden. Die Arbeiter gafften ihnen nach.
Später nahm ihn der Vorarbeiter zur Seite. Er pfiff durch die Zähne. »Du hast aber eine hübsche Schwester.«
»Sie ist nicht meine Schwester.«
»So? Vielleicht deine Cousine?«
»Nein, wir sind nicht verwandt. Ich kenne sie erst ein paar Tage.«
Er dachte nach. »Na dann, ran an den Speck.«
»Aber sie hat einen Freund. Das haben Sie doch gesehen.«
»Das kann so sein. Vielleicht aber auch nicht. Ich weiß es nicht. Eines weiß ich aber: Die Kleine sieht irgendwas in dir.«
»Wahrscheinlich so eine Art kleinen Bruder.«
»Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Willst du deswegen aufgeben?«
»Ich weiß nicht.«
»Ich weiß es. Wenn du kein verdammter Vollidiot bist, versuchst du alles, um sie zu kriegen.«
»Aber ihr Freund …«
»Was hat der kleine Yakuza, was du nicht hast? Einen schicken Anzug? Zwei Muskelmänner, die ihn überallhin begleiten? Das will die doch gar nicht.«
»Yakuza?« Takeo war völlig überrascht.
»War das nicht Koji-san? Den kennt hier doch jeder. Keine Angst, das ist einer von den Netten. Hat der dir nicht den Job hier verschafft?«
»Doch … ja.«
»Hier in Tokyo läuft einiges anders als bei dir zu Hause. Es gibt hier ein paar Sachen, bei denen die Yakuza kräftig mitmischt: Bars, Glücksspiel, Hostessen-Clubs, Prostitution.«
»Drogen?«
»Ja, manche. Kojis Gruppe aber nicht, so weit ich weiß.«
»So weit Sie wissen?«
Der Bauarbeiter sah ihm in die Augen. »Genau, mein Junge. So weit ich das weiß. Es gibt ein paar Dinge, da halte ich mich raus. Und du solltest das auch tun.«
Auf dem Nachhauseweg fiel Takeo ein, dass er mit Mei gar nicht ausgemacht hatte, wo sie sich treffen wollten. Wie konnte man so etwas nur vergessen? Sollte er im Convenience Store nach ihrer Adresse oder nach ihrer Telefonnummer fragen? Er würde dastehen wie ein verdammter Stalker und sowieso würde man ihm die nicht geben. Keine Chance.
Auf einmal blieb er stehen, irgendetwas stimmte nicht. Er befand sich in einer kleinen Seitenstraße, er hatte eine Abkürzung genommen. Eines nach dem anderen verloschen die wenigen Lichter in den Fenstern. Auch die ohnehin sehr schwache Straßenbeleuchtung wurde immer dunkler. Als ob jemand langsam an einem Dimmer drehte.
Takeo versuchte, nicht in Panik zu geraten. Er sah nach oben. Der Himmel war völlig schwarz. Träumte er? Wie durch Watte drang aus unendlicher Ferne die Melodie der Ampel zu ihm.
Geht hindurch, geht hindurch.
Wohin führt dieser enge Pfad?
Takeo befand sich jetzt völlig im Dunkeln. Gleichzeitig spürte er etwas, was er lange nicht gefühlt hatte. Ja, etwas war da. Takeo kniete sich auf den Boden und verbeugte sich so tief, dass seine Stirn den Boden berührte. Er fühlte, wie es näher kam. Es war jetzt völlig still. Sekunden gerannen zu Ewigkeiten, bis die Zeit stillstand. War das noch Tokyo? War das noch das 21. Jahrhundert? Er wagte kaum zu atmen.
Es ging vorüber. Irgendwann fühlte Takeo, dass er alleine war. Langsam kehrten die Geräusche der Großstadt zurück. Vorsichtig stand Takeo auf, verbeugte sich nochmals und ging nachdenklich nach Hause – in sein neues Zuhause.