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Hailey Damals

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- Beyoncé / Halo

Als ich in die Schule kam, schien alles anders zu sein. Ich wusste nicht, was genau sich verändert hatte, doch ich spürte die Blicke der anderen auf mir, als ich durch die Tür trat.

Hilfe suchend griff ich nach dem Henkel meiner Tasche und umfasste ihn fester. Versuchte, zu ignorieren, was hier gerade vor sich ging, und lief zu meinem Spind. Gerade als ich ihn geöffnet hatte, wurde er wieder zugeknallt. Erschrocken machte ich einen Satz nach hinten und stand Bethany gegenüber.

Sie war perfekt. Captain des Cheerleader-Teams, lange blonde Haare, ein kurzes Kleid, das scheinbar nur für ihren schlanken Körper gemacht worden war. Alles an ihr war perfekt und doch war sie das bösartigste Wesen, dem ich je begegnet war.

Monatelang hatte ich beobachtet, wie sie einige Mitschüler schikaniert hatte, und war froh, dass ich nicht in ihr Blickfeld geriet. Doch jetzt sah sie mich aus zusammengekniffenen Augen an und mir klopfte das Herz bis zum Hals.

Scheiße, absolute Scheiße.

»Mir ist da etwas zu Ohren gekommen«, sagte sie und presste ihren Kiefer aufeinander.

Ich schluckte. »Okay. Und was?«

»Er gehört mir, Schlampe! Egal, was du auch versuchst, du kannst es vergessen. Sieh dich doch an.« Bethany hob angewidert eine Augenbraue und deutete an meinem Körper entlang. »Glaubst du wirklich, dass er so etwas mir vorzieht? Ich weiß nicht, was genau du getan hast, dass er auf dich angesprungen ist, aber ich warne dich nur ein einziges Mal. Du wirst es bitter bereuen, wenn du nicht die Finger von ihm lässt.«

»Redest du von Tyler?«, fragte ich leise und hatte Mühe, das Zittern meiner Hände zu kontrollieren. Zurück war das kleine Mädchen, das sich im Kleiderschrank vor den Monstern unter ihrem Bett versteckt hatte, und dieses Mal war Bethany das Monster. Sie jagte mir eine Scheißangst ein.

Wie hatte ich glauben können, dass unser Kuss nicht die Runde machen würde? Und schon hatte ich den Grund, wieso ich gern unsichtbar für all die anderen Menschen war. So konnten sie mich zumindest nicht verletzen und mir wäre das hier erspart geblieben.

Bethany kam einen Schritt auf mich zu und ich ging atemlos noch einen zurück.

»Was ist hier los?« Bei der tiefen Stimme, die mir eine Gänsehaut verursachte, schloss ich kurz die Augen. Ich wünschte, ich hätte sie nicht wieder geöffnet, dann wäre mir Bethanys Anblick erspart geblieben.

Ihre widerliche Fratze verwandelte sich in einen zuckersüßen Gesichtsausdruck und ich hätte ihr am liebsten vor die Füße gekotzt. »Tyler, Baby. Hailey und ich haben uns nur nett unterhalten. Du weißt ja, wie wir Mädchen sind«, beantwortete sie kichernd seine Frage.

»Hail, ist alles in Ordnung?«, wandte er sich an mich und bei der Abkürzung meines Namens wurde mir wohlig warm. Als ich ihm keine Antwort gab, spürte ich plötzlich seine Hand auf meiner Schulter und ein Stromschlag schoss durch meinen Körper. Am liebsten hätte ich laut geschrien, als mir bewusst wurde, dass er mich so unglaublich durcheinanderbrachte, dass ich mich kaum wiedererkannte. Ich lachte leise, als ich daran dachte, dass ich mich vielleicht auch in dieses liebreizende Bethany-Monster verwandeln könnte.

Seine Präsenz warf mich völlig um. Es war … unglaublich und als ich zu ihm aufsah, wackelte der Boden unter meinen Füßen. Tyler erschütterte meine Welt. Seine Augen taten es. Sein Lächeln. Alles an ihm.

Er räusperte sich und sah dann wieder zu Monster-Bethany, deren Maske kurz verrutscht war, sich bei seiner Aufmerksamkeit jedoch schnell wieder fing. »Du lässt sie in Ruhe, haben wir uns verstanden? Ganz egal, was du hier versuchst, du ziehst den Kürzeren. Ich will dich nicht, und das sollte mittlerweile in deinem minderbemittelten Hirn angekommen sein. Falls nicht, sage ich es dir gern noch einmal: Ich kann auf eine solche Barbie, wie du es bist, gut und gern verzichten.«

Bethany wurde weiß wie die Wand hinter ihr und das gab ein so schönes Bild ab, dass ich mich zusammenreißen musste, um nicht in lautes Gelächter auszubrechen.

Tyler drehte sich zu unseren Mitschülern um, die sich neugierig um uns versammelt hatten. Wie hatte ich das nicht bemerken können? Dieser Kerl benebelte all meine Sinne.

»Hört mal alle her. Dieses Mädchen hier …« Er deutete auf mich und ich fiel beinahe in Ohnmacht. »… gehört jetzt zu mir. Wer es also wagt, ihr zu nahe zu kommen, ihr das Leben schwer machen oder sie auf irgendeine andere Art verletzen zu wollen, kriegt es mit mir zu tun. Alles klar? Gut!«

Erstarrt stand ich neben ihm und konnte ihn nur ansehen, als hätte er soeben verkündet, dass er der nächste Präsident sein würde.

Ich musste einen wirklich verrückten Anblick abgeben, denn als Tyler sich wieder zu mir umdrehte und seine Augen meine fanden, lachte er leise.

»Weißt du noch, wer ich bin?«

Nun kicherte ich. Ich kicherte … Scheiße. Monster-Bethany ließ grüßen.

»Tyler.«

»Hailey, ich habe doch gesagt, dass du mich nicht vergessen wirst.« Ein unglaubliches Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus und dann überwand er vor all den Leuten den halben Meter, der sich noch zwischen uns befand, und umfasste mein Gesicht mit seinen Händen.

Er würde doch nicht … doch, er würde.

Tyler senkte sich ein Stück zu mir herunter und strich mit seinem Zeigefinger sanft über meine Unterlippe. Mein Herz setzte aus.

Seine Lippen streiften meine und das allein reichte aus, dass mir schwindelig wurde. Nach Halt suchend, krallte ich mich in seinem Shirt fest und schloss die Augen.

»Sieh mich an, Hailey«, raunte er mir zu und ich öffnete sie wieder. »Ich will, dass du mich nie wieder vergisst.«

Und dann nahm er Besitz von meinem Mund, erkundete mich, drückte mich gegen meinen Spind und all die anwesenden Menschen um uns herum gerieten völlig in Vergessenheit. Alles, was ich in diesem Augenblick spürte, was ich wollte … war er. Nur er. Und tief in meinem Inneren gab ich Tyler das stumme Versprechen, dass ich ihn niemals vergessen würde.

Egal, was auch geschehen würde.

Als er sich wieder von mir löste, wollte ich protestieren, denn mir wurde kalt. Ich wollte die Wärme zurück, die nur er verursachen konnte, und ich blinzelte einige Male, um wieder in die Wirklichkeit zu gelangen. Er lächelte mich an, bevor er noch einmal mit seinem Finger über meine Lippen strich.

»Ich will ein Date, Hailey. Du und ich, heute Abend. Ich hole dich um sieben ab.«

»Aber du weißt doch gar nicht, wo ich wohne«, rief ich ihm irritiert hinterher, als er sich von mir entfernte und zu seinen Football-Kumpeln ging. Auf meine Worte hin drehte er sich noch einmal zu mir um und grinste.

»Ich würde die ganze Stadt absuchen, nur um dich zu finden.«

Damit entfernte er sich aus meinem Sichtfeld und ich blieb zurück. Verwirrt. Glücklich. Verknallt.

Den ganzen Tag über lief ich wie auf Watte und tatsächlich sah ich von Bethany nichts mehr. Tylers Ansprache hatte gewirkt und ich war durcheinander. Denn mit dem, was sie gesagt hatte, hatte sie nicht unrecht. Kerle wie Tyler standen normalerweise nicht auf Mädchen wie mich.

Diese Gedanken verfolgten mich auch noch, als ich mich für den Abend zurechtmachte. Frustriert durchwühlte ich meinen Schrank und das einzige Kleid, das ich fand, besaß ich seit ungefähr vier Jahren und hatte es nie getragen. Es war ein leichtes weißes Sommerkleid und wenn man bedachte, welche Temperaturen zurzeit herrschten, war es sicherlich völlig verrückt, dass ich mich schließlich dazu entschloss, es an diesem Abend zu tragen.

Ich zuckte zusammen, als ich die Stimme meiner Mom hinter mir vernahm. »Du bist wunderschön, aber glaubst du nicht, dass es etwas zu kalt für dieses Outfit ist?«

Ich drehte mich zu ihr um und schüttelte den Kopf. »Es wird schon gehen.«

»Was hast du denn vor? Hat meine siebzehnjährige Tochter etwa ein Date?«

Ich errötete prompt. »Mom!«

»Geht es vielleicht um den heißen Feger dort draußen vor unserem Haus?«

Eilig griff ich nach meiner Handtasche. »Er ist schon da? Oh mein Gott!«

Meine Mom lächelte und kam auf mich zu, um mich in eine Umarmung zu schließen. »Ich freue mich für dich.«

»Danke«, erwiderte ich ehrlich, als ich mich von ihr löste, und sie küsste mich auf die Stirn. »Ich werde dann … mal gehen.«

Sie nickte und hielt ihre Daumen in die Höhe, woraufhin ich die Augen verdrehte. Manchmal konnte sie wirklich peinlich sein.

Aufgeregt lief ich die Treppe hinunter und atmete noch ein paar Mal tief durch, bevor ich die Haustür öffnete.

Und da stand er.

Ich hoffte, dass diese Gefühle, die jedes Mal aus mir hervorbrachen, wenn ich ihn sah, niemals verschwanden. Es war das Schönste, was ich je empfunden hatte.

»Wow, Hail. Du siehst atemberaubend aus.«

Ich biss mir auf die Unterlippe. »Du siehst aber auch nicht schlecht aus«, feixte ich und Tyler lachte.

Ich räusperte mich, da ich es nicht gewohnt war, so bewundernd von einem Jungen angesehen zu werden.

Er deutete zu seinem Wagen. »Bereit?«

»Bereit wofür?«, fragte ich lächelnd, als er mir die Autotür aufhielt und ich vorsichtig einstieg, darauf bedacht, ihm nicht ungewollt einen Blick unter mein Kleid zu bescheren.

»Lass dich überraschen«, erwiderte Tyler geheimnisvoll und ich seufzte, als er die Tür schloss und das Auto umrundete, um auf der Fahrerseite einzusteigen.

Er startete den Wagen und warf mir noch einen Tyler-typischen Blick zu, mit dem er wohl alles von mir bekommen hätte.

In den ersten Minuten der Fahrt schwiegen wir, doch ich fühlte mich keineswegs unwohl – im Gegenteil. Wir mussten nicht sprechen, die Nähe zueinander reichte vollkommen aus, um sich beschützt und gewollt zu fühlen. Es war … unglaublich.

Die Autofahrt dauerte ungefähr fünfzehn Minuten die Berge hinauf und ich konnte kaum erwarten, zu erfahren, was er geplant hatte. Als er anhielt und ich einen ersten Blick auf die Aussicht werfen konnte, stockte mir schier den Atem.

»Wow, das ist der Wahnsinn«, sagte ich, als ich aus dem Wagen stieg und ein paar Schritte in Richtung Abgrund machte. Von hier oben konnte man die Freiheit schmecken und mir wurde schwindelig, wenn ich daran dachte, mit wem ich hier war. Ich stolperte über einen Stein und wartete schon auf den schmerzhaften Fall, doch ein starker Arm fing mich auf.

»Hey, vorsichtig.«

Ich wagte es, nach oben zu sehen, und sofort durchbohrten mich seine Augen bis tief in meine Seele. Mit Tyler war ich verletzlicher, als ich es je gewesen war. Aber auf eine ziemlich verkorkste Art und Weise störte es mich nicht.

Ich wandte mich wieder der Aussicht zu und atmete tief ein. Tyler ließ mich nicht los, stattdessen zog er mich noch enger zu sich und bettete seinen Kopf auf meinem.

»Ich komme immer hierher, wenn mich etwas beschäftigt«, beantwortete er meine unausgesprochene Frage, wieso er sich gerade diesen Ort ausgesucht hatte.

»Machst du das öfter?«, wollte ich wissen, bevor ich länger darüber nachdenken konnte. »Ich meine, ein Mädchen herbringen?«

Er versteifte sich hinter mir und ich spürte, wie er sich mir langsam entzog. Tyler berührte sanft meine Schulter und drehte mich so, dass er mich ansehen konnte. »Wie kommst du denn auf so was? Das hier ist mein persönlicher Rückzugsort und ich habe ihn niemals jemandem gezeigt.«

»Wieso mir? Wieso ich, Tyler?«, stellte ich endlich die Frage, die mich die ganze Zeit beschäftigte.

Er runzelte fragend die Stirn und ich atmete tief aus.

»Ich meine, sieh dich an. Bethany hatte recht mit dem, was sie gesagt hat. Sie ist die Sorte Mädchen, mit denen du dich abgeben solltest. Sie ist bildschön, beliebt und so unglaublich perfekt. So wie du. Ich hingegen …« Ich starrte wieder den Abgrund hinunter und seufzte. »Ich bin gewöhnlich. Nicht unbedingt jemand, der einem sofort ins Auge fällt. Aber ich mag es, wie es ist, verstehst du? Ich brauche all die Aufmerksamkeit nicht, denn ich habe sie nicht verdient.«

Als ich mich zu Tyler drehte, stand er mit verschränkten Armen vor mir, doch er sagte nichts. Ich hatte den Nagel auf den Kopf getroffen und es tat mehr weh, als ich mir hätte vorstellen können.

Ich lächelte bitter und es fühlte sich falsch an. All das hier fühlte sich falsch an, selbst die Gefühle, die ich empfand. Sie standen mir nicht zu.

»Bist du jetzt fertig?«, fragte er und ich runzelte die Stirn.

»Fertig? Womit?«

»Damit, diesen Bullshit von dir zu geben. Bethany mag beliebt sein und vielleicht sieht man in diesen völlig verdrehten High-School-Filmen, dass der Captain des Football-Teams und die Cheerleaderin zusammengehören, aber nicht in meiner Welt. In meiner Welt gibt es dich. Ich habe dich gesehen und du hast mich umgehauen, Hailey. Das sage ich nicht nur so, denn so ein Typ bin ich nicht. Wenn du eines über mich wissen solltest, dann ist es, dass ich immer die Wahrheit sage. Immer.« Er breitete die Arme aus und drehte sich im Kreis. »Das hier wollte ich dir zeigen, weil ich will, dass du ein Teil meines Lebens wirst. Dass du all meine Geheimnisse kennst, weißt, wohin ich gehe, wenn ich mich nicht gut fühle. Und scheiße, ich bin eigentlich nicht so ein Weichei. Vor Wochen war es noch undenkbar, dass ich je über meine Gefühle spreche, aber das bringst du in mir hervor. Du bist der Grund, dass ich mich so fühle und am liebsten die ganze gottverdammte Welt umarmen will.«

Tränen liefen lautlos über meine Wangen, als er mir sein Herz öffnete. Das Herz, in dem ich scheinbar wirklich einen Platz gefunden hatte.

»Ich hielt diesen Scheiß mit der Liebe auf den ersten Blick für Bullshit. Doch all das war, bevor ich dich gesehen habe. Fuck, ich habe Gefühle für dich, echte Gefühle, und sie jagen mir eine Scheißangst ein. Doch ich bin bereit, es zu versuchen. Ich würde mir in den verdammten Arsch treten, wenn ich dich einfach gehen lassen würde, ohne es versucht zu haben.«

Tyler kam auf mich zu und lehnte seine Stirn gegen meine. »Verstehst du jetzt? Ich brauche keine Bethany, keine andere. Nur dich. Ich brauche dich, Hailey.«

Als seine Lippen meine fanden, fiel all die Anspannung der letzten Tage, Wochen, Monate – wenn nicht sogar Jahre – von mir ab. Es war, als hätten seine Worte mich geheilt, jeden Schmerz aus meinem Körper vertrieben, den ich hatte durchleben müssen. Ich klammerte mich an ihn wie eine Ertrinkende, wollte ihn fühlen, spüren, ihm nah sein. Dann löste er sich langsam von mir.

»Hey, nicht so stürmisch. Jetzt wäre eigentlich der Zeitpunkt, an dem du etwas erwiderst.« Er verstellte seine Stimme und versuchte, meine nachzuahmen. »Oh ja, Tyler. Ich empfinde das Gleiche für dich und das sage ich dir jetzt endlich, damit du nicht das Gefühl hast, dass du dich zum Affen gemacht hast.«

Ich lachte laut und zog ihn wieder zu mir. »Dass ich das überhaupt sagen muss. Ich fühle genauso wie du, bereits als ich dich zum ersten Mal bewusst wahrgenommen habe.«

Nun lachte auch er. »Zum ersten Mal? Wann war das denn? In der Cafeteria oder auf der Party?«

Ich verdrehte lächelnd die Augen. »Auf der Party! Aber das mit der Frauenstimme von vorhin solltest du noch mal üben, das klang wirklich furchtbar.«

Ich zog eine Grimasse und er hob mich schwungvoll in die Luft. Kreischend klammerte ich mich an ihm fest, während er mich durch die Luft wirbelte. Als er mich langsam wieder herunterließ, verschlug es mir den Atem.

Voller Liebe sah er mich an. Es war verrückt.

Ich war Tyler Ward verfallen.

Hopeless Trust

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