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Hailey Damals

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- Linkin Park / Heavy

Ich fühlte mich völlig fehl am Platz. Es war nicht so, als hätte ich mich bloß unwohl gefühlt, weil ich niemanden kannte. Nein, das war es nicht. In Wahrheit passte ich nicht hierher. Nicht zum ersten Mal an diesem Abend blickte ich an mir herunter und betrachtete meine zerschlissene Jeans und das weite AC/DC-Top. Meine Chucks hatten die besten Jahre bereits hinter sich und nach den wenigen Minuten, die ich erst auf dieser Party war, musste ich mir eines eingestehen: Ich gehörte nicht dazu und würde es wahrscheinlich auch nie.

Wie naiv ich gewesen war, zu glauben, dass ich in dieser Stadt, in der ich geboren war, Anschluss finden könnte. Meine Eltern waren auf die völlig verrückte Idee gekommen, von New York nach Mariposa zu ziehen. Ich hatte alles zurücklassen müssen. Meine Freunde, mein Zuhause …

Ich machte einige Schritte zurück, bereit, von diesem Albtraum zu fliehen, doch es war diese tiefe, rauchige Stimme, die mich zurückhielt.

»Hailey?«

Ich runzelte die Stirn, als ich aufsah und in die wohl dunkelsten, strahlendsten und zugleich faszinierendsten Augen blickte, die ich je gesehen hatte. Sie wirkten fremd und doch so vertraut. Das Chaos in meinem Kopf ließ mich beinahe auflachen. Und das hatte ich einem einzigen Blick zu verdanken.

»Äh, ja? Kennen wir uns?«

Der Unbekannte lachte leise und vergrub seine Hände in den Taschen seiner lockeren Jeans, in der, soweit ich das erkennen konnte, muskulöse Beine steckten. Mein Blick wanderte höher und landete bei einer noch viel muskulöseren Brust, die in einem engen weißen Shirt steckte. Verdammt … er war so was von überhaupt nicht mein Typ.

»Genau das Gleiche hast du mich bereits beim letzten Mal gefragt.«

Irritiert zog ich eine Augenbraue hoch. »Wie meinst du das?«

»Es ist ein paar Wochen her, dass ich dich in der Cafeteria angesprochen habe. Erinnerst du dich nicht mehr?«

Puh, ich hatte nicht die leiseste Ahnung.

»Tut mir leid«, erwiderte ich kopfschüttelnd, auch wenn es mich nicht wunderte, dass ich mich nicht erinnern konnte. In der High School war ich die meiste Zeit allein und wenn jemand mit mir sprach, war ich selten gedanklich anwesend. Ich schaltete ab, um nichts, was um mich herum geschah, zu nah an mich heranzulassen. Wieso ich ausgerechnet einem Mitschüler zugesagt hatte, heute hier aufzutauchen, wusste ich selbst nicht. Es war eine selten dämliche Idee gewesen.

»Du hast überhaupt nichts zu trinken. Soll ich dir etwas besorgen? Bier? Wasser?«

Ohne es verhindern zu können, lächelte ich. »Nein danke, Mister Unbekannt. Ich wollte sowieso gerade gehen.«

Er beugte sich ein Stück zu mir, damit ich ihn über die Musik besser verstehen konnte. »Tyler. Ich bin Tyler. Wieso willst du denn schon gehen? Die Party hat doch gerade erst angefangen.«

Ich zuckte mit den Schultern. Ausnahmsweise versuchte ich es mit der Wahrheit, was hatte ich schon zu verlieren? Bereits morgen würde er mich wie all die anderen wieder ignorieren. »Ich gehöre nicht hierher. Das scheint nicht meine Welt zu sein.«

Nun war er es, der die Stirn in Falten legte und mich musterte, als hätte ich völlig den Verstand verloren. »Wir sind auf der High School, da sind solche Partys ein Muss. Bisher habe ich dich noch nie auf einer gesehen, also …« Tyler deutete zur Küche. »… werde ich dir jetzt etwas zu trinken holen und dann stoßen wir auf deine erste offizielle Party an. Was meinst du? Bier?«

Ich seufzte. »Na schön. Ein Bier.«

Zufrieden schenkte er mir ein strahlendes Lächeln, das sich bis tief in mein Innerstes schlich.

»Und lauf nicht weg. Ich will nächste Woche nicht wieder das gleiche Gespräch führen, sondern dich dazu bringen, dass du mich nicht mehr so schnell vergisst.«

Mit diesen Worten ging er davon und ich blieb ratlos zurück. Wenn man ihn so ansah, könnte man meinen, dass er Footballer war oder zumindest irgendeiner angesehenen Sportart nachging, die ihn in die Liga der Beliebten einstufte. Ich hingegen war das komplette Gegenteil von ihm. Unscheinbar, eine Außenseiterin. Wieso also verschwendete er mit mir seine Zeit?

Obwohl alles in mir danach schrie, diese verdammte Party schnell wieder zu verlassen und so viel Abstand wie nur möglich zwischen mich und Tyler zu bringen, blieb ich stehen. Das war einfach verrückt.

Es dauerte nur wenige Minuten, bis er mit zwei großen roten Bechern in den Händen zurückkehrte. »Sollen wir nach draußen gehen? Hier bekommen wir es sicherlich nicht hin, in Ruhe zu reden.«

Stumm nickte ich und folgte ihm dann aus der Tür. Eine angenehme Frische empfing uns und ich blickte fasziniert in den dunklen Himmel, der von etlichen Sternen übersät war.

»Die Abende hier haben etwas Geheimnisvolles, findest du nicht auch?«, hörte ich mich sagen, bevor ich es verhindern konnte. »Manchmal sitze ich die ganze Nacht auf dem Dach und betrachte den Himmel. Es fühlt sich befreiend an … als würde die Welt sich eine kurze Pause gönnen, um Kraft für den nächsten Tag zu sammeln.«

Erst jetzt griff ich nach dem Becher, den Tyler mir hinhielt, und nickte dankbar.

»Da geht es dir wie mir«, unterbrach er die kurze Stille. »Nur dass ich derjenige bin, der Kraft für den morgigen Tag sammeln muss. Manchmal kann das Leben hier anstrengend sein.«

Ich kicherte leise. »Ach ja? Lass mich raten: Du spielst im Football-Team?«

Tyler zog eine Grimasse und fasste sich theatralisch an die Brust. »Wie kommst du denn auf so etwas? Werde ich sofort in eine Schublade gesteckt? Ich bin zutiefst erschüttert.«

Wir lachten beide und ich musterte ihn erneut. Er hatte ein schönes Lächeln, das wahrscheinlich jedes Mädchenherz, ebenso wie meines, höherschlagen ließ. Es war warm und so offen, wie ich es lange nicht mehr bei einem Menschen gesehen hatte.

»Aber du hast recht. Ich bin der Kapitän des Football-Teams.«

Ich hob meine Faust in die Luft. »Ha! Habe ich es doch gewusst.«

Tyler setzte sich auf eine Holzbank, die völlig verloren unter einer Eiche im Garten stand, und ich tat es ihm gleich. Es vergingen einige Momente, in denen wir stumm nebeneinandersaßen, doch es fühlte sich gut an.

»Wie kommt es, dass ich dich immer allein sehe?«

Damit traf er einen wunden Punkt und ich wusste nicht, ob ihm das bewusst war. Wie denn auch? Er war beliebt, ihm rannten die Mädchen sicherlich nur so nach. Ich hingegen … ich war anders.

Ich nahm einen großen Schluck von dem Bier und hustete, als ich mich verschluckte.

»Kannst du dir das nicht denken?« Ich atmete tief ein.

Er hob fragend eine Augenbraue, als würde er nicht verstehen, was ich ihm sagen wollte.

»Na komm schon, Tyler. Stell dich nicht dumm. Sieh mich doch an! Ich entspreche nicht dem Typ Frau, mit der man unbedingt befreundet sein will oder die einem den Kopf verdreht. Ich bin zu gewöhnlich.«

Erstaunt sah ich in den Becher und schwor mir, nicht mehr zu viel davon zu trinken. Ich wurde redefreudig und ich kannte Tyler nicht. Wusste nicht, ob er es irgendwann gegen mich verwenden würde, wenn ich es am wenigstens erwartete.

»Du hast ein völlig falsches Bild von dir«, erwiderte er und ich hob erschrocken meinen Blick. »Ja, Hailey. Weißt du, was ich sehe, wenn ich dich ansehe? Eine wunderschöne Frau, die keinen zu kurzen Rock oder ein tief ausgeschnittenes Top braucht, aus dem ihre Titten fast herausfallen. Du bist natürlich schön … besonders.«

Ich hielt den Atem an und ertrank beinahe in diesen unglaublichen Augen. Seine Worte bewirkten etwas in mir. Ließen mein Herz schneller schlagen. Doch es fühlte sich im selben Moment falsch an.

Ich schüttelte den Kopf. »Du solltest nicht so viel trinken. Ich weiß nicht, habt ihr eine Wette abgeschlossen oder so? Wer die Außenseiterin rumkriegt, gewinnt?«

Nun nahm Tylers Miene einen düsteren Ausdruck an. »Ich bin nicht so einer«, stellte er klar und meine Hände fingen an, zu schwitzen, denn sein Blick bohrte sich bis tief in meine Seele. »Würdest du mich kennen, wüsstest du, dass ich viel mehr bin als das, was du von mir denkst. Ich schäme mich nicht dafür, dass ich Gefühle habe und keiner von den Kerlen bin, der täglich eine andere ins Bett zerrt.«

Ich sah ihn schief an und er lachte auf. Abwehrend hob er die Hände.

»Damit will ich natürlich nicht sagen, dass ich ein Kind von Traurigkeit bin. Das sicherlich nicht, ich meine … hey, ich bin achtzehn. Ich liebe Sex. Aber ich nutze die Mädchen nicht aus. Sie wissen von Anfang an, woran sie bei mir sind, und ich übertreibe es nicht. Ich bin kein Weiberheld, wenn du das denkst.«

»Es ist schon in Ordnung. Ich bin die Letzte, die irgendjemanden verurteilen darf.«

Tyler stellte seinen Becher ab und drehte sich dann vollständig zu mir. »Wieso denkst du so schlecht von dir, Hailey? Du solltest dich mit meinen Augen sehen können. Als du mir in der Cafeteria aufgefallen bist, dachte ich mir nur: Wow, wer ist dieses Mädchen? Ich musste dich ansprechen, daran führte kein Weg vorbei.«

Meine Wangen wurden heiß, denn so etwas hatte noch nie jemand zu mir gesagt. Und doch …

»Wieso bin ich dir aufgefallen? Ich gehe bereits seit Jahren auf diese Schule. Wieso erst jetzt? Verstehst du, was ich dir sagen will? Ich falle nicht auf und wenn ich ehrlich bin, will ich es auch gar nicht. Es ist gut so, wie es ist. Zu viel Aufmerksamkeit gefällt mir nicht.«

»Ich bin noch nie einem Mädchen wie dir begegnet.« Seine Worte wirkten so aufrichtig, dass ich schluckte. »Du machst dich selbst klein, obwohl es keinen Grund dafür gibt. Hailey, am Montag werde ich dich wiedersehen. Und dieses Mal wirst du dich auch an mich erinnern.«

Tyler beugte sich zu mir und ich hielt den Atem an.

Seine Augen funkelten und unsere Nasen berührten sich. Er sah auf meinen Mund und hätte ich nicht gesessen, wären mir wahrscheinlich vor Aufregung die Beine weggeknickt.

Dann küsste er mich. Seine Lippen berührten die meinen ganz vorsichtig, als wäre ich etwas Zerbrechliches. Doch er wusste nichts von dem Sturm, der in mir tobte.

Ich schloss die Augen und genoss diesen unglaublichen Moment, während Tyler mich noch näher zu sich zog, was ich als Möglichkeit nutzte, um meine Hände in seinen Haaren zu vergraben. Ein leichtes Stöhnen entwich mir und ich spürte, wie er an meinen Lippen lächelte.

»Nehmt euch ein Zimmer!«, hörte ich einen Kerl hinter uns sagen und der magische Moment war vorüber. Ich sprang förmlich auf und versuchte, das ganze Durcheinander in meinem Kopf zu sortieren.

»Ich … ich muss gehen.« Ich sagte es mehr zu mir selbst, denn ich durfte das nicht tun. Konnte nicht zulassen, dass er meine Mauern zum Einstürzen brachte, die ich sorgsam über all die Jahre aufgebaut hatte. Fluchtartig verließ ich den Garten durch das kleine Tor und lief los.

»Hailey! Warte doch bitte«, hörte ich Tyler hinter mir rufen, doch ich blieb nicht stehen. Ich rannte wie eine Wahnsinnige und ich wagte es erst, wieder zu atmen, als ich vor dem Haus meiner Eltern ankam.

Hopeless Trust

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