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Vorwort

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Der Kuraufenthalt - Ein Blick in die Zukunft.

Ich sah mich noch wie ich vor kurzem bei meinem Hausarzt in der Praxis saß. Das frühe Licht tauchte den Garten vor dem Fenster in diffuses Licht. Dr. Martens fuhr sich durch seinen dichten Bart und spielte mit seinem Stethoskop. „Es ist an der Zeit für dich ein wenig Ruhe zu finden. Die Erkrankungen in der letzten Zeit stimmen mich zu bedenklich, auch die Haushaltsunfälle lassen darauf schließen, dass du einfach nicht mehr mitmachst.“

Ich zuckte unmerklich zusammen, durfte man doch von Haus aus kaum eine Schwäche zeigen, die darauf schließen ließ, dass irgendetwas fehl geschlagen war. Dann nickte ich meinem Arzt zu und meinte: „Warum nicht, es kann ja nicht schaden.“

Ich sah mich auch noch vor drei Wochen von der Fensterbank stürzen, während ich die Gardinen aufgehängte, und wie mir ein Regalbrett, zwei Wochen später, aus einer gewissen Höhe, auf dem Kopf fiel. Das ganze war also fünf Wochen her. Bei beiden Fällen war ich mit dem Leben davon gekommen.

So entschied Dr. Martens, mich in eine Kurklinik für Kreislaufkrankheiten einzuweisen.

„Ich werde alles in die Wege leiten, kommt Zeit kommt Rat,“ meinte mein Hausarzt.

Ich verabschiedete mich und dann ließ ich mir ein Rezept ausdrucken bei der Arzthelferin, war eigentlich wegen einer chronischen Magen- Darmgeschichte vorbei gekommen. Nach diesem Prozedere ging ich ein wenig erschöpft aus der Praxis.

Zu Hause kochte ich mir einen Gesundheitstee, den ich mir noch in einem Drogeriemarkt eingekauft hatte. So richtig eigenständig war ich zwar nicht erzogen, aber ich fühlte, dass nach einem Arztbesuch nur noch ein Tick fehlte, um mich vor Gott gnädig zu stimmen. Vielleicht war ich wirklich einfach zu gestresst, denn als Mutter mit zwei Kindern und der Karriere meines Mannes war ich oft überfordert, kam längst nicht mehr hin. Auch wenn die Kinder längst groß und er im Beruf fest gesattelt war.

Nikolas war Manager einer großen Firma, fiel wie tot schon am frühen Abend vor dem Fernseher um. Auch ich war zumeist müde, ließ dann aber gerne fünf gerade sein. Bloß die Krankheiten, die sprachen eine andere Sprache. Und so freute ich mich dann doch auf die Kur, wollte wieder einmal an mir und meinen Schwächen arbeiten.

In den vier Wochen, zwischen den eisigen schneebedeckten Wipfeln und den schweigenden Mienen hin und her gerissen, erlebte ich mich dann zum ersten Mal als extrem ruhebedürftig und aufgehoben von der ärztlichen Riege. Man wurde bei den Anwendungen verwöhnt, in den therapeutischen Gruppen z.T. aufgefangen und tanztherapeutisch aufgefordert alles aus sich herauszutanzen. Das bedeutete mir sehr viel. Zum ersten mal seitdem die Kinder groß waren, fühlte ich, dass es um mich ging.

Aber Gott wollte mir wohl einen eitrigen Zahn ziehen. Nämlich den, dass es immer die anderen sein sollten, die mir etwas zu beschaffen hätten. So fühlte ich, dass es ohne mich selbst nicht weitergehen konnte. Kam mir aber wie so oft wieder auf mich selbst zurückgeworfen vor. Für einen tausendsten Anfang bei mir selbst war das sicherlich nicht falsch.

Als hätte der Herr im Himmel ein Sprachrohr bei einem der Therapeuten für sich selber gefunden, benahm er mich lange Zeit danach, mein mich heilender Gott. Und der therapeutische Arzt meinte, ich sollte Zustimmung finden zu meiner eigenen Seele, womit er mit Sicherheit auch die Annahme meines eigenen, schon länger währenden Lebens meinte.

Im Rauchzimmer erklärte zudem eine Mitrauchende, dass ich aufhören sollte, mich nur als heitere Indifferente und bloß durch andere zu benehmen. Um in Kontakt mit mir zu kommen, sollte ich versuchen alles aufzuschreiben. Dann hatte ich eine verstärkte Empfindung, dass es schon noch stimmte. Man konnte ja nicht Kurende für immer sein. Das schenkte ich ihr und mir.

Dass es nur mit mir selber weitergehen würde, war mir gar nicht mal so unbequem. Außerdem war es eh immer schon mein Wunsch gewesen, mal alles autobiographisch aufzulisten, was mich ein Leben lang bedrückte. Ja, es fehlte sie, eine ultimative Auflistung der Gründe meiner „Krankheitsgeschichte.“ Auch wenn ich Zeit meines Lebens immer mal biographisch beschrieben hatte wie es mir so ergangen war mit meinen Schwierigkeiten im Dasein. Ja, ich war sogar mittlerweile damit eine bekannte Autorin geworden. Und doch würde ich meinen bisherigen Krankheiten bald auf die Spur kommen müssen. Aber auch meinen bislang vonstatten gegangenen Heilungen, um das Gute auch herauszufiltern. Immerhin hatte ich einen weiten Weg zurückgelegt. War vor Jahren noch sehr viel kränker mit meinem Alltag gewesen, ja ich konnte schon noch auf etwas sinnvolles zurückblicken. Doch ich würde diese Erinnerungsarbeit vor mir selbst ablegen, da war ich mir gewiss.

Als ich wieder nach Hause kam, fühlte ich nur für kurze Zeit die Auswirkungen meiner Erholung, denn Nikolas war in diesen Wochen auf dem Zahnfleisch gegangen. Das Rauchen, das man mir therapierte, nahm ich wieder auf. Und alles weitere war nur für wirklich einen Tag eine neue Empfindsamkeit.

Dann bemerkte ich, dass er nicht zum Werwolf wurde, weil er nachspüren konnte, dass ich nicht fremd gegangen war.

Und doch fehlte etwas, womit ich ihm nahe sein wollte, ich mich erklären mochte und so wollte ich mich selbst darlegen, aber auch meinem Leben zwischen Traumtanz und Alltagsclinch auf der Spur sein. So begann mein autobiographisches Schreiben.

Traumtanz und Alltagsclinch

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