Читать книгу Traumtanz und Alltagsclinch - Nadja Solenka - Страница 4
1. Kapitel
ОглавлениеReminizenzen vor dem Hauskauf.
Nach meinem Kunststudium malte ich so meine Bilder, sie wurden in der letzten Zeit immer dunkler, doch Dr. Martens empfand es als ein Medium, „um in gradliniger Weise meine Facetten als Frau auszuloten.“ Doch ich fühlte, dass ich in eine Schwärze hineinzurutschen drohte.
In einer von meiner Heimatstadt im Kohlenpott weit entfernten Stadt an der Mosel, fristete ich einfach nur mein Dasein. Hatte kaum außerhäusigen Kontakt und fühlte, dass sich andere Hausfrauen auch nur so durchschlugen. Weil man Mann da die Flamme ihres Herzens war, ließ man mich nicht in ihre Leben. Was mir allerdings nicht mehr soviel ausmachte. Was sollte ich denn dagegen tun? Mich bei Kaffee und Kuchen bloß dazusetzen und sie weiter gewähren lassen?
Irgendwann wurde ich aber aufgrund meines Vakuums immer kränker.
Selena und Marius, meine Kinder, gingen zwar in der Nachbarschaft aus und ein, brachten auch immer mal wieder Kinder mit in unsere große Wohnung, aber ich definierte mich Zeit meines Lebens nicht durch andere.
In meiner Kindheit im Kohlenpott gab es immer mal wieder, wenn auch im engen Raum, eine private, innere Sphäre. Wenn der Opa auf der Couch saß und es z.B. Kaffee und Kuchen gab, durfte man eine Weile dabeisitzen, dann war man sogar richtig aufgefordert seine eigenen Sachen zu machen. So ging ich oft mit meinen Freundinnen spielen, rackerte so durch die Gegend.
Ein Muster, das ich in diesem Dorf nicht wiederholen konnte, aber auch nicht gerade beabsichtigte auf `s neue zu beleben.
Als meine Alten so nach und nach starben, wurde ich mir da wirklich bewusst, wer ich noch war? Merkwürdigerweise fühlte ich mich nicht allein gelassen, war aber lange Jahre indifferent, was meinte, dass ich nur noch wusste, dass ich weiter ohne sie meinen Weg gehen wollte.
Der Opa auf dem Sofa mit seinem Zuspruch fehlte, und als der Vater und die Großmütter starben, saß ich einige Zeit nur so für mich zwischen meinen eigenen Möbeln herum, fühlte mich fast als Faktotum.
Merkwürdig fand meine Mutter immer mal wieder, wie ich mich zu Leben und Tod stellte. Meine Auffassung war in buddhistischer Manier, dass ein jeder für seine Fehler und seine Schwächen bezahlen musste. Manchmal erst im Leben nach dem Tod, dann eventuell als Baum, vielleicht als Katze und dann erst mal in einer anderen Lebensform, bis man dann vielleicht wiederkommen würde als eine menschliche Reinkarnation, um etwas bewusst aufzuarbeiten. Was? Das sollte Gottes Bier sein dürfen.
Nikolas, der aus einem griechischen Dorf stammte, in dem man seit jeher in engem Kontakt zu Leben und Tod stand, wie die Bienen zu ihren Waben, war der naturellste mit dem Kreislauf der Wiedergeburt, auch wenn ihm der Tod seiner Großeltern mal sehr naheging. Wie ich dachte er, man ist halt einfach nur nochmal da, und das reichte ihm.
Mir ging es nach den letzten vegetativen Schwächen nur noch mau. Sah meine Felle davonschwimmen. Nikolas war ein attraktiver Mann und konnte sich eine Frau im Dorf an der romantischen Mosel aussuchen. Und ich? Ich wollte einfach bloß nicht schlappmachen.