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Verlangen

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Der Ausgangspunkt aller Unternehmungen: Der erste Schritt zum Reichtum

Als Edwin C. Barnes in Orange, N.J., von einem Frachtwagon herunterkletterte, mag er vielleicht ausgesehen haben wie ein Landstreicher, aber seine Gedanken waren die eines Königs!

Als er sich von den Schienen auf den Weg zu Thomas A. Edisons Büro machte, arbeitete es in seinem Geist: Er sah sich selbst vor Edison stehen. Er hörte sich selbst Mr. Edison um eine Gelegenheit bitten, die eine, alles verzehrende Obsession seines Lebens, ein brennendes Verlangen danach, der Geschäftspartner des großen Erfinders zu werden, in die Tat umzusetzen.

Bei diesem Verlangen handelte es sich nicht um eine Hoffnung. Auch nicht um einen Wunsch. Es war ein heftiges, pulsierendes Verlangen, das über alles andere erhaben war. Es war endgültig.

Als er dann vor Edison stand, war dieses Verlangen nicht gerade erst entstanden, sondern hatte sich schon lange Zeit zuvor als das vorherrschende Verlangen in Barnes' Geist niedergeschlagen. Am Anfang, als es zum ersten Mal in seinen Gedanken aufgetaucht war, mag es vielleicht einfach nur ein Wunsch gewesen sein wie jeder andere. Höchstwahrscheinlich war es so. Doch als er zum ersten mal mit Edison sprach, war es alles andere als ein gewöhnlicher Wunsch!

Ein paar Jahre später stand Edwin C. Barnes wieder mit Edison im selben Büro, wo er ihn zum ersten Mal getroffen hatte. Dieses Mal war sein Verlangen bereits Wirklichkeit geworden. Er war mit Edison im Geschäft. Der größte Traum seines Lebens war Wirklichkeit geworden.

Viele Leute, die Barnes kannten, beneideten ihn um sein Glück, ohne sich die Mühe zu machen, nach den Wurzeln seines Erfolgs zu suchen.

Barnes hatte allein deshalb Erfolg, weil er ein endgültiges Ziel hatte und all seine Energie, seine Mühen und seinen ganzen Willen auf dieses Ziel hin ausrichtete. Er wurde nicht sofort und ohne weiteres zu Edisons Partner. Am Anfang fand er sich damit ab, niedere Arbeiten zu verrichten, weil er hier eine Möglichkeit sah, seinem ersehnten Ziel einen Schritt näher zu kommen.

Bevor er zu der Chance kam, die er suchte, vergingen fünf Jahre. Während all dieser langen Jahre gab es kein Anzeichen dafür, dass seine Bemühungen jemals fruchten würden, es gab keinen einzigen Funken Hoffnung. Für jeden außer ihm selbst war er nur ein weiteres kleines Rädchen in Mr. Edisons Geschäftsapparat. In seiner eigenen Vorstellung jedoch war er vom ersten Tag, an dem er sich auf den Weg zur Arbeit machte, jede einzelne Minute lang Edisons Geschäftspartner.

Dies ist eine bemerkenswerte Illustration der Kraft endgültigen Verlangens: Barnes konnte sein Ziel deshalb erreichen, weil er mehr als alles andere Edisons Partner sein wollte. Er entwarf einen Plan, wie er sein Vorhaben in die Tat umsetzen konnte. Und er riss alle Brücken hinter sich ein. Er blieb seinem Verlangen so lange treu, bis es sich zu einer Obsession verdichten konnte, die von seinem ganzen Leben Besitz ergriff – und so schließlich Wirklichkeit wurde.

Als er nach Orange aufbrach, sagte er sich nicht: "Ich werde versuchen, Edison zu überreden mir irgendeinen Job zu geben." Er sagte: "Ich werde zu Edison gehen und ihn davon in Kenntnis setzen, dass ich gekommen bin, um sein Geschäftspartner zu werden."

Er sagte sich nicht: "Ich werde da für ein paar Monate arbeiten und wenn mir nichts Anständiges geboten wird, werde ich mir eben einen anderen Job suchen." Sondern: "Ich werde irgendwo anfangen und alles tun, was mir Edison sagt. Aber bevor ich damit fertig bin, werde ich Edisons Partner sein."

Er dachte nicht: "Ich werde die Augen offen halten, ob sich nicht irgendeine andere Möglichkeit ergibt, wenn ich nicht das bekomme, was ich möchte." Er sagte sich: "Es gibt eine Sache auf dieser Welt, die zu bekommen ich mich entschlossen habe und das ist eine Geschäftspartnerschaft mit Thomas A. Edison. Ich werde alle Brücken hinter mir abreißen und meine ganze Zukunft auf meine Fähigkeit setzen, genau das zu bekommen, was ich will."

Er ließ sich keinen Ausweg. Für ihn gab es nur zwei Möglichkeiten: Zu siegen oder an seiner eigenen Besessenheit zugrunde zu gehen.

Damit ist alles gesagt, was Barnes Erfolg ausmacht! Ein großer Krieger befand sich vor langer Zeit in einer Situation, die es nötig machte, eine schwierige Entscheidung zu treffen, die ihm letztlich den Sieg auf dem Schlachtfeld einbrachte. Es war der Vorabend einer Schlacht gegen einen übermächtigen Feind. Er brachte seine Soldaten an Bord der Schiffe, segelte zum Land des Feindes, ließ die Soldaten mit allem Gerät an Land gehen und gab den Befehl, die Schiffe zu verbrennen, die sie hergebracht hatten. Am Morgen der Schlacht trat er vor seine Männer und rief: "Ihr seht, dass unsere Schiffe da gerade in Rauch aufgehen. Das heißt, es gibt keine Möglichkeit, diese Küste lebend wieder zu verlassen, außer als Sieger! Wir haben keine Wahl mehr - entweder wir erringen den Sieg oder wir gehen alle drauf!" Und so entschieden sie die Schlacht für sich.

Jeder, der wirklich etwas erreichen will, muss bereit sein, seine Schiffe zu verbrennen und sich jede Möglichkeit eines Rückzugs zu nehmen. Denn nur auf diese Weise ist es möglich, die Flamme des Verlangens im Bewusstsein am brennen zu halten, die für das Streben nach Erfolg essentiell ist.

Am Morgen nach den Großen Brand von Chicago im Oktober 1871 versammelte sich eine große Menge von Händlern auf der State Street. Die Händler blickten auf die verkohlten Überreste, in denen sie einst ihre Geschäfte gehabt hatten, und besprachen sich, ob sie bleiben und alles wiederaufbauen oder Chicago verlassen sollten, um in einem anderen Teil des Landes neu anzufangen. Alle bis auf einen einzigen Mann kamen zu dem Entschluss, Chicago den Rücken zu kehren.

Der Kaufmann, der sich zum Bleiben und für den Wiederaufbau entschieden hatte, zeigte mit dem Finger auf die rauchenden Trümmer seines Geschäfts und sagte: "Werte Herrschaften, genau an diesem Ort werde ich das größte Warenhaus der Welt aufmachen, und es ist mir völlig egal, wie oft es noch abbrennt."

Er hielt sein Wort. Das Gebäude erhebt sich noch heute als ein Denk-Mal brennenden Verlangens über die State Street. Für Marshall Field wäre es das Einfachste gewesen, sich seinen Kollegen anzuschließen: Als es schwierig wurde und die Zukunft bitter schmeckte, packten sie ihre sieben Sachen und zogen dahin, wo die Aussichten rosiger schienen.

Achten Sie gut auf den Unterschied zwischen Marshall Field und den übrigen Händlern, denn es ist derselbe, der auch Edwin C. Barnes von tausenden anderen jungen Männern unterscheidet, die in Edisons Organisation arbeiteten. Es ist der Unterschied, der praktisch alle Gewinner von den Verlierern unterscheidet.

Jedes menschliche Wesen wünscht sich Geld, sobald es alt genug ist, um zu wissen was das ist. Allein der Wunsch danach macht aber niemanden reich. Zum Reichtum ist ein Verlangen nötig, das bis zu dem Punkt gesteigert wird, wo es zu einer Besessenheit wird. Zu dem Verlangen muss ein endgültiger Plan zur Erlangung der richtigen Mittel und Wege hinzu kommen. Außerdem ist eine unerschütterliche Beharrlichkeit erforderlich, die keine Niederlage anerkennt.

Die Methode, durch die ein Verlangen in seine finanzielle Entsprechung umgewandelt werden kann, besteht aus sechs konkreten Schritten:

Legen Sie die genaue Menge Geld fest, die Sie begehren. Es reicht nicht aus, einfach zu sagen: "Ich will viel Geld." Bestimmen Sie eine konkrete Summe. (Es gibt einen psychologischen Grund für die Notwendigkeit von Eindeutigkeit und Konkretheit, die ich in einem späteren Kapitel erläutern werde.)

Werden Sie sich ganz genau darüber klar, was Sie bereit sind, für das Geld zu tun. (So etwas wie etwas für nichts gibt es nicht.)

Wählen Sie ein festes Datum, bis wann das Geld sich in Ihrem Besitz befinden soll.

Entwerfen Sie einen eindeutigen Plan, wie Sie Ihren Wunsch verwirklichen werden und fangen Sie sofort damit an, ihn auszuführen - egal ob Sie schon dazu bereit sind, oder nicht.

Schreiben Sie dann alles klar und deutlich auf: Die Menge an Geld, die Sie begehren, bis wann Sie es haben wollen und was Sie dafür tun werden, sowie eine kurze und prägnante Zusammenfassung Ihres Plans.

Lesen Sie sich diese Erklärung zwei Mal am Tag laut vor - einmal kurz bevor Sie am Abend schlafen gehen und einmal morgens direkt nach dem Aufstehen. Und während Sie es sich vorlesen, sehen, fühlen und glauben Sie sich bereits im Besitz des Geldes!

Es ist wichtig, dass Sie die Anweisungen der sechs Schritte genau befolgen. Besonders wichtig ist dabei der sechste Schritt. Vielleicht werden Sie einwenden wollen, dass es unmöglich ist, sich im Besitz des Geldes zu wähnen, bevor man es tatsächlich hat. Hierbei wird Ihnen brennendes Verlangen zu Hilfe kommen. Sobald Sie ein so großes Verlangen nach Geld haben, dass es einer Besessenheit gleichkommt, werden Sie keinerlei Schwierigkeiten mehr dabei haben, davon überzeugt zu sein, dass Sie es auch bekommen werden. Das Ziel besteht darin, Geld haben zu wollen und so entschlossen zu sein, es zu haben, dass Sie selbst vollkommen überzeugt davon sind, dass Sie es besitzen werden.

Nur diejenigen, die ein Geldbewusstsein entwickeln, werden es jemals zu großem Reichtum bringen. Geldbewusstsein bedeutet, dass der Geist von dem Verlangen nach Geld so gesättigt ist, dass Sie sich selbst bereits in seinem Besitz sehen.

Dem Uneingeweihten, der nicht in den Verfahren zur Imagination und in der Funktionsweise unseres Geistes geschult wurde, mögen diese Anweisungen nicht praktikabel erscheinen. Für alle, die die Richtigkeit der sechs Schritte noch nicht begreifen, kann es hilfreich sein, daran zu denken, dass sie von Andrew Carnegie stammen, der als einfacher Stahlarbeiter anfing, es jedoch trotz seines bescheidenen Anfangs fertigbrachte, mit der Anwendung dieser Grundlagen ein Vermögen von über einhundert Millionen Dollar anzuhäufen.

Es kann auch helfen zu wissen, dass Thomas A. Edison die sechs Schritte ebenfalls einer sorgfältigen Untersuchung unterzog und nicht nur zu dem Schluss kam, dass sie essentiell sind, wenn es darum geht, Reichtümer anzuhäufen. Er war der Ansicht, dass man sie beherrschen muss, um überhaupt irgendein nennenswertes Ziel im Leben zu erreichen.

Die Schritte verlangen keine harte Arbeit. Sie verlangen keine Opfer. Sie verlangen nicht von Ihnen, leichtgläubig zu sein oder sich lächerlich zu machen. Ihre Anwendung erfordert kein besonderes Maß an Ausbildung. Was jedoch unbedingt notwendig ist, das ist eine Vorstellungskraft, die groß genug ist, um einzusehen und zu verstehen, dass Wohlstand nicht etwas ist, das man dem Glück, dem Zufall oder einem günstigen Schicksal überlassen kann. Sie müssen sich vollkommen im Klaren darüber sein, dass alle, die es zu großem Wohlstand gebracht haben, zuerst große Träume und Hoffnungen hatten und intensiv begehrt und geplant haben, bevor sie reich wurden.

Hier an dieser Stelle will ich Ihnen zu verstehen geben, dass Sie es niemals zu großem Reichtum bringen werden, es sei denn, Sie treiben Ihr Verlangen nach Geld bis zur Weißglut, bis an den Punkt, wo Sie wirklich daran glauben, dass Sie es besitzen werden.

Sie müssen wissen, dass jeder große Anführer vom Beginn unserer Zivilisation bis heute ein Träumer war. Das Christentum ist bis heute eine der größten Mächte der Welt, weil ihr Gründer ein intensiver visionärer Träumer war, der über genügend Vorstellungskraft verfügte, um Wirklichkeiten in ihrer mentalen und seelischen Form zu sehen, bevor sie sich in physischer Form zu erkennen gaben.

Wenn Sie in Ihrer Fantasie keinen großen Reichtum erkennen können, werden Sie ihn auch nicht auf Ihrem Bankkonto finden.

Jede große Krise mischt die Karten neu und setzt verborgene Potentiale frei, sodass das Spiel wieder von vorn beginnen kann. Nur wer diese Potenziale erkennt und sie zu nutzen weiß, wird an den riesigen Reichtümern teilhaben können, die jedes Mal neu verteilt werden. Und jedes Mal ändern sich die Regeln dieses Spiels, denn wir leben in einer lebendigen, wandelbaren Welt.

Wir, die Teilnehmer dieses Spiels, sollten Mut schöpfen durch die Tatsache, dass eine sich verändernde Welt stets neue Ideen benötigt, neue Verfahren, neue Anführer, Erfindungen, neue Lehrmethoden, neue Arten von Marketing, neue Bücher und neue Wege der Kommunikation. In Krisenzeiten ist das nur noch stärker der Fall als sonst. Und sicher gab es niemals zuvor so viele Möglichkeiten für pragmatische Träumer wie heute.

Doch wer immer sich an diesem Spiel beteiligen und dem Ruf der Welt nach Neuem und Besserem folgen will, benötigt eine Sache, ohne die er nicht gewinnen kann. Und das ist ein klares Ziel – das Wissen darum, was Sie wirklich wollen. Und das brennende Verlangen danach, es auch zu bekommen.

Eine sich verändernde Welt braucht pragmatische Träumer, die den Willen dazu haben, der Welt ihren Stempel aufzudrücken und ihre Träume Wirklichkeit werden zu lassen. Die pragmatischen Träumer waren immer die Pioniere und Baumeister unserer Zivilisation.

Wenn wir zu Reichtum kommen wollen, sollten wir immer daran denken, dass die wahren Anführer dieser Welt sich die immateriellen, unsichtbaren Kräfte ungeborener Möglichkeiten (Gedankenimpulse) zueigen machten und lernten, sie zu kontrollieren und z.B. in Wolkenkratzer, Städte, Fabriken, Flugzeuge, Autos und all die anderen Dinge zu verwandeln, die uns heute das Leben angenehmer machen.

Toleranz und Weltoffenheit sind die unumgänglichen Attribute eines modernen Träumers. Wer Angst vor neuen Ideen hat, ist von Anfang an zum Scheitern verurteilt. Für Pioniere und Wegbereiter gab es niemals bessere Zeiten als jetzt. Es ist zwar richtig, dass es heute keinen wilden, unentdeckten Westen mehr zu erobern gibt, wie noch zur Zeit der amerikanischen Siedler. Dafür haben wir heute eine unglaublich große und vielseitige, dynamische Finanz- und Geschäftswelt, die es gilt, nach neuen Maßstäben zu definieren und besser zu gestalten.

Während Sie damit beschäftigt sind, zu planen, wie Sie an Ihren Teil des Kuchens kommen, lassen Sie sich von niemandem Ihren inneren Träumer ausreden! Um in dieser veränderten Welt das große Los zu ziehen, müssen Sie sich den Geist der großen Pioniere der Vergangenheit zueigen machen, deren Träume es waren, die unserer Zivilisation all das verliehen haben, was sie heute an Wert besitzt. Das Herz der Zivilisation ist der Entdeckergeist.

Lassen Sie uns nicht die Geschichte von Kolumbus vergessen: Er träumte von einer unbekannten Welt, setzte sein Leben für die Existenz dieser imaginären Welt aufs Spiel – und entdeckte sie! Der große Astronom Kopernikus träumte von einer Vielzahl von Welten und zeigte uns, dass es sie wirklich gibt. Nach seinem Triumph konnte ihn niemand mehr als abgehobenen Spinner abtun. Ganz im Gegenteil - die Welt huldigt seinem Andenken und beweist damit einmal mehr: Der Erfolg benötigt keine Entschuldigung – für das Versagen gibt es keine Ausrede.

Wenn das, was Sie wollen, das Richtige ist und Sie fest davon überzeugt sind, dann fangen Sie jetzt damit an! Setzen Sie es um! Setzen Sie Ihren Traum durch und kümmern Sie sich nicht um die Anderen und ihre Meinung, wenn Sie auf Schwierigkeiten treffen. Die Anderen haben wahrscheinlich nicht die geringste Ahnung davon, dass jede Niederlage in sich den Keim eines entsprechenden Erfolgs trägt.

Henry Ford, arm und ungebildet wie er war, träumte von einem praktischen, bezahlbaren Fortbewegungsmittel, das ohne Zugtiere auskommt. Er machte sich an die Arbeit mit dem was er hatte, ohne erst noch lange auf die richtige Gelegenheit zu warten – und heute ist die Welt übersät mit den Zeichen seines Traums. Er hat deshalb mehr Räder ins Rollen gebracht als jeder andere, weil er keine Angst davor hatte, voll und ganz für seine Träume einzutreten.

Thomas Edison träumte vom elektrischen Licht, fing unverzüglich damit an, seinen Traum in die Realität umzusetzen und tausenden Fehlschlägen zum Trotz blieb er seinem Traum solange treu, bis er physische Wirklichkeit geworden war. Pragmatische Träumer geben nicht auf!

Abraham Lincoln träumte davon, schwarzen Sklaven die Freiheit zu bringen, brachte seinen Plan ins Rollen und starb, kurz bevor ein vereinigtes Amerika seinen Traum in die Tat umsetzte.

Die Gebrüder Wright träumten von einer Maschine, die durch die Luft fliegt. Heutzutage kann man überall auf der Welt Beweise dafür sehen, dass die beiden ziemlich gut geträumt hatten!

Guglielmo Marconi träumte von einem Gerät, mit dem es möglich wäre, die unsichtbaren Kräfte des Äthers nutzbar zu machen. Jedes Funkgerät und jedes Radio ist ein Beweis dafür, dass er nicht vergeblich geträumt hatte. Mehr noch: Marconis Traum brachte die armseligsten Hütten Seite an Seite mit den fürstlichsten Villen und machte die Menschen aller Kontinente dieser Erde zu Nachbarn. Er gab dem Präsidenten der Vereinigten Staaten die Möglichkeit, ohne große Ankündigung zu allen Amerikanern gleichzeitig zu sprechen. Dabei wird es Sie vielleicht interessieren, dass Marconis Freunde ihn in Gewahrsam nehmen und ihn einer psychiatrischen Begutachtung unterzogen, nachdem er verkündet hatte, dass er ein Prinzip entdeckt hatte, das es erlaubte, kabellos Botschaften durch die Luft zu übertragen. Heutige Träumer haben es da meist wesentlich besser.

Die Welt hat sich an neue Entdeckungen gewöhnt. Oder besser: Sie hat eine Bereitschaft dazu entwickelt, den Träumer zu belohnen, der ihr eine neue Idee schenkt.

"Auch die größte Errungenschaft war zuerst nichts als ein Traum. Die Eiche schläft sich aus in der Eichel. Im Ei wartet ein Vogel darauf zu fliegen und in den höchsten Vorstellungen der Seele regt sich ein wacher Engel. Träume sind die Samen der Wirklichkeit." (James Allen)

Träumer dieser Welt: Erwacht, steht auf und bekennt euch zu euch selbst! Euer Stern geht gerade erst auf. In allen großen Krisen stecken Möglichkeiten, die Sie für sich nutzen können. Sie lehren die Menschen Bescheidenheit, Toleranz und Weltoffenheit.

Die Welt ist voll von prächtigen Möglichkeiten, von denen die Träumer der Vergangenheit gar keine Ahnung hatten. Ein brennendes Verlangen nach Leben und Verwirklichung ist die Startbahn, von der aus der Träumer sich in die Lüfte erhebt. Träume entstehen nicht aus Gleichgültigkeit, Faulheit oder Mangel an Ambitionen.

Die Welt hat damit aufgehört, den Träumer als abgehoben Realitätsflüchtling zu belächeln. Wenn Sie das bezweifeln, dann machen Sie eine Reise nach Tennessee und schauen Sie sich das Ausmaß an, in dem ein Träumer von einem Präsidenten die Wasserkraft Amerikas nutzbar gemacht hat. Ein paar Jahre früher hätte man ihn für einen solchen Traum für verrückt erklärt.

Vielleicht haben Sie Enttäuschungen erlebt und Niederlagen erlitten. Vielleicht haben Sie gefühlt, wie Ihnen vor lauter Enge das Blut aus dem Herzen gequetscht wurde. Fassen Sie Mut, denn diese Erfahrungen sind unbezahlbar und dienen letzten Endes dazu, das spirituelle Metall zum Schmelzen zu bringen, aus dem Sie Ihre Persönlichkeit gießen.

Denken Sie daran, dass alle, die in ihrem Leben erfolgreich sind, es irgendwann mit Niederlagen zu tun und viele harte Kämpfe auszufechten hatten, bevor sie schließlich angekommen sind. Der Wendepunkt ist bei erfolgreichen Menschen meist im Moment einer Krise zu verorten, die sie dazu bringt, die Bekanntschaft mit ihrem anderen Selbst zu machen.

John Bunyan schrieb sein Buch Pilgerreise zur ewigen Seligkeit, das immer noch zum Besten gehört, was die englischsprachige Literatur zu bieten hat, nachdem er für seine abweichenden religiösen Ansichten zu einer zwölfjährigen Gefängnisstrafe verurteilt worden war.

O. Henry entdeckte den Genius, der in seinem Geist schlummerte, nach harten Schicksalsschlägen in einer Gefängniszelle in Columbus, Ohio. Sein Unglück zwang ihn förmlich dazu, sein anderes Selbst kennen zu lernen. Indem er von seiner Vorstellungskraft Gebrauch machte, konnte er feststellen, dass er eigentlich gar kein elender Krimineller, kein Verstoßener war, sondern ein großer Schriftsteller. Die Wege des Lebens sind seltsam und verschlungen. Und noch unbegreiflicher sind die Wege des Grenzenlosen Geistes. Er bringt die Menschen manchmal dazu, alle möglichen und erdenklichen Formen von Leid zu durchleben, um schließlich Einsicht in das Wesen ihres eigenen Geistes gewinnen zu können. Nur so erlangen sie die Fähigkeit, mittels der Vorstellungskraft sinnvolle und nützliche Ideen zu erschaffen.

Edison war ein armseliger kleiner Angestellter in einem Telegraphenamt und scheiterte unzählige Male, bevor er endlich dem Genie begegnete, das in seinem Gehirn schlummerte.

Charles Dickens musste als Kind Etiketten auf Farbtöpfe kleben. Die Tragödie seiner ersten Liebe erschütterte ihn in der Tiefe seiner Seele und machte ihn zu einem der wirklich großen Schriftsteller dieser Welt. Aus dieser Tragödie erwuchsen zuerst David Copperfield und dann eine Reihe weiterer Werke, die dazu beigetragen haben, dass die Welt für all jene, die Bücher lesen, ein reicherer und besserer Ort geworden ist. Enttäuschungen in Liebesangelegenheiten machen aus Männern oft Trinker und treiben Frauen in den Ruin. Und das bloß deshalb, weil die meisten Menschen nie die Kunst erlernen, ihre stärksten Emotionen in konstruktive Träume umzuwandeln.

Bereits kurz nach ihrer Geburt verlor Helen Keller ihr Gehör und wurde blind und stumm. Und trotz dieses großen Unglücks schaffte sie es, ihren Namen unauslöschlich in die Geschichte der Großen dieser Welt einzubrennen. Ihr ganzes Leben ist ein einziger Beweis dafür, dass niemand besiegt ist, bis er die Niederlage als Realität anerkennt.

Booker T. Washington wurde in die Sklaverei geboren und aufgrund seiner Rasse und Hautfarbe benachteiligt. Da er jedoch immer ein Träumer war, warmherzig, und seinen jederzeit Geist gegenüber allen Dingen offen hielt, wurde er zum glänzenden Beispiel für eine ganze Rasse.

Beethoven war taub, Milton war blind, doch da sie Träumer waren und ihre Träume durch ihre Gedanken organisieren konnten, werden ihre Namen alle Zeiten überdauern.

Jetzt entfachen Sie noch einmal in Ihrem Geist das ganze Feuer der Hoffnung und des Vertrauens, des Mutes und der Aufgeschlossenheit, bevor wir zum nächsten Kapitel kommen! Sobald Sie diese Bewusstseinszustände beherrschen und wissen, wie die hier beschriebenen Prinzipien funktionieren, wird sich alles Übrige einfinden, wenn Sie bereit sind dafür. Lassen Sie mich hierzu Emerson zitieren: „Jedes Vorwort, jedes Buch, jedes Beiwort, das zu dir gehört, um dir Trost und Hilfe zu spenden, wird auf verschlungenen Pfaden sicher zu dir finden. Jeder Freund, nach dem nicht dein fantastischer Wille, sondern deine liebevolle Seele sich sehnt, wird dich in seine Arme schließen.“

Es gibt einen klaren Unterschied zwischen dem Wunsch nach etwas und der Bereitschaft dafür, es zu empfangen. Niemand ist für irgendetwas bereit, bis er daran glaubt, dass er es bekommen wird. Das Bewusstsein muss den Zustand des Glaubens annehmen, nicht den einer einfachen Hoffnung oder eines Wunsches. Offenheit ist essentiell für den Glauben. Verschlossene Geister werden nicht in der Lage dazu sein, Vertrauen, Mut hervorzubringen.

Erinnern Sie sich daran, dass es nicht schwieriger ist, Fülle und Wohlstand anzuziehen, als Armut und Elend zu akzeptieren. Eine große Dichterin hat diese universelle Wahrheit mit den folgenden Zeilen wundervoll zum Ausdruck gebracht:

Um einen Pfennig bat ich mein Leben

und mehr wollt's mir auch nicht zahlen,

wenn's mich allabends so betteln sah -

mit müden Augen unter Qualen.

Das Leben ist ein gerechter Herr:

nur was du verlangst, das wird’s dir auch geben.

Doch steht der Lohn erst einmal fest,

dann musst du eben damit leben.

Nur für trocken Brot machte ich mich krumm

bis ich dann irgendwann erkannt:

Das Leben hätt' mir alles gegeben, -

hätt' ich nur danach verlangt.

Jessie B. Rittenhouse

Verlangen überflügelt die Natur

Als Höhepunkt dieses Kapitels möchte ich Ihnen den ungewöhnlichsten Menschen vorstellen, den ich je kennen gelernt habe. Zum ersten Mal sah ich ihn vor vierundzwanzig Jahren, ein paar Minuten nach seiner Geburt. Er kam ohne jedes physische Anzeichen für Ohren auf die Welt. Als der Arzt sah, dass er einer Antwort nicht mehr ausweichen konnte, gab er zu, dass das Kind höchstwahrscheinlich sein Leben lang taubstumm sein würde.

Ich lehnte mich gegen die Einschätzung des Arztes auf. Ich hatte das Recht dazu, denn ich war der Vater des Kindes. Und aufgrund meiner eigenen Auffassung, die ich jedoch nicht äußerte, traf ich in meinem Herzen heimlich eine Entscheidung: Ich beschloss, dass mein Sohn hören und sprechen würde. Die Natur konnte mir meinetwegen ein Kind ohne Ohren schicken, aber sie konnte mich nicht dazu zwingen, die Realität dieser Behinderung anzuerkennen.

Tief in mir wusste ich, dass mein Sohn hören und sprechen würde. Wie das? Ich war mir ganz sicher, dass es einen Weg gab und wusste, dass ich ihn finden konnte. Dabei hatte ich die Worte des berühmten Emerson im Kopf:

„Für jeden von uns gibt es Führung und durch bescheidenes Lauschen werden wir das richtige Wort vernehmen.“

Das richtige Wort? Verlangen! Mein größtes Verlangen bestand darin, dass mein Sohn hören würde. Und von diesem Verlangen habe ich niemals abgelassen, nicht für eine Sekunde.

Viele Jahre zuvor hatte ich geschrieben: „Unsere einzigen Grenzen sind die, die wir in unserem eigenen Geist errichten.“ Zum ersten Mal fragte ich mich, ob das wirklich so stimmte. Vor mir im Bett lag ein neugeborenes Kind, das über keine natürlichen Hörorgane verfügte. Selbst wenn er hören und sprechen würde, würde mein Sohn sein Leben lang entstellt sein. Und das war doch sicherlich keine Begrenzung, die sich das Kind selbst gesteckt hatte.

Was konnte ich tun? Irgendwie würde ich einen Weg finden, dem Denken meines Sohns mein eigenes brennendes Verlangen danach einzuimpfen, dass sein Gehirn ohne die Hilfe von Ohren Klänge wahrnehmen könnte.

Sobald das Kind alt genug wäre, um mit mir zusammen zu arbeiten, würde ich sein Gehirn so vollständig mit einem brennenden Verlangen zu Hören ausfüllen, dass die Natur gar keine andere Möglichkeit haben würde, als es mit ihren eigenen Mitteln physische Realität umzuwandeln werden zu lassen.

All diese Gedanken kreisten mir im Kopf herum, aber ich sprach mit niemandem darüber. Jeden Tag erneuerte ich meinen Schwur mir selbst gegenüber, dass ich niemals einen Taubstummen als Sohn akzeptieren würde.

Als er älter wurde und von den Dingen um sich herum Notiz zu nehmen begann, da beobachteten wir, dass er durchaus über ein wenn auch rudimentäres Hörvermögen verfügte. In dem Alter, in dem andere Kinder normalerweise anfangen zu sprechen, machte er keinerlei Sprechversuche, doch wir konnten beobachten, dass er auf manche Geräusche ein wenig reagierte. Das war alles, was ich hatte wissen wollen! Ich war davon überzeugt, dass er, wenn er anfangs auch nur ein winziges bisschen hören konnte mit der Zeit ein immer besseres Hörvermögen entwickeln würde. Dann geschah etwas, das mir Hoffnung gab. Und es kam völlig unerwartet.

Wir kauften uns einen Phonographen. Als das Kind zum ersten Mal die Musik vernahm, geriet es außer Rand und Band und nahm sofort die Maschine für sich in Beschlag. Bald zeigte sich, dass er bestimmte Aufnahmen bevorzugte, darunter eine von It's a Long Way to Tipperary. Bei einer Gelegenheit spielte er dieses Stück fast zwei Stunden lang wieder und wieder. Dabei legte er seine Zähne auf das Gehäuse des Phonographen. Die Bedeutung dieser Hörgewohnheit wurde uns erst Jahre später bewusst, denn wir hatten bis dahin noch nie etwas davon gehört, dass Knochen in der Lage sind, Klang zu leiten.

Kurz nachdem er den Phonographen für sich entdeckt hatte, bemerkte ich, dass er mich ziemlich deutlich hören konnte, wenn ich beim Sprechen meine Lippen ganz nah an seinen Schläfenknochen oder an seine Schädelbasis heran führte. Diese Entdeckungen gaben mir ein Medium, um mein Brennendes Verlangen danach, meinem Sohn bei der Entwicklung von Gehör und Sprache zu helfen, in physische Wirklichkeit umzusetzen. Zu dieser Zeit begann er mit dem Versuch, bestimmte Wörter auszusprechen. Die Aussicht war wirklich nicht sonderlich ermutigend, doch für ein Verlangen, das von Vertrauen unterstützt wird, gibt es nichts, was unmöglich wäre.

Als ich mich davon überzeugt hatte, dass er den Klang meiner Stimme deutlich vernahm, begann ich sofort damit, seinem Gehirn das Verlangen einzupflanzen, hören und sprechen zu können. Ich entdeckte bald, dass das Kind es genoss, abends vorgelesen zu bekommen und so machte ich mich an die Arbeit und erfand Geschichten für ihn, die darauf ausgerichtet waren, ihm Selbstbewusstsein und Vorstellungskraft einzuflößen – und ein heftiges Verlangen danach, zu hören und gesund zu sein.

Es gab unter diesen Geschichten eine bestimmte, auf die ich besonderen Nachdruck legte, indem ich ihr beim Erzählen jedes Mal einen neue dramatische Wendung verpasste. Ich hatte sie mir zu dem Zweck ausgedacht, seinem Geist den Gedanken einzupflanzen, dass seine Behinderung im Grunde genommen gar keine Benachteiligung, sondern im Gegenteil einen großen Vorzug darstellte. Doch trotz der Tatsache, dass jede Philosophie, mit der ich mich beschäftigt hatte, betont, dass jede Widrigkeit in sich den Keim eines entsprechenden Vorteils birgt, muss ich Ihnen gestehen, dass ich eigentlich nicht die geringste Ahnung hatte, wie aus dieser Beeinträchtigung jemals ein Vorteil erwachsen sollte. Dennoch fuhr ich damit fort, meine Philosophie in Gute-Nacht-Geschichten zu kleiden, in der Hoffnung, dass er irgendwann selbst einen Plan entwickeln würde, wie er seine Behinderung einem sinnvollen Zweck zuführen konnte.

Mein Verstand sagte mir, dass es nichts gab, was einen Menschen für das Fehlen von Ohren und Gehör entschädigen konnte. Mein Verlangen stieß, unterstützt von Vertrauen, den Verstand beiseite und brachte mich dazu, einfach weiter zu machen.

Wenn ich nun auf diese Erfahrungen zurückblicke, sehe ich, dass das Vertrauen, das mein Sohn zu mir hatte, sehr viel zu den erstaunlichen Ergebnissen beitrug, die nun folgten. Er stellte nichts von dem in Frage, was ich ihm beibrachte. Ich verkaufte ihm erfolgreich die Idee, dass er gegenüber seinem älteren Bruder einen gewissen Vorteil hatte, und dass dieser Vorteil sich auf verschiedene Weise zeigen würde. Zum Beispiel, dass seine Lehrer an der Schule sehen würden, dass er keine Ohren hatte und ihm gegenüber deshalb immer außerordentlich nett und besonders aufmerksam sein würden. Und das waren sie. Seine Mutter kümmerte sich darum, indem sie die Lehrer besuchte und sie dazu veranlasste, ihm die zusätzliche Fürsorge zukommen zu lassen, die er benötigte. Ich konnte ihm außerdem erfolgreich die Idee einpflanzen, dass er, wenn er alt genug wäre, um wie sein Bruder Zeitungen zu verkaufen, seinem Bruder gegenüber einen enormen Vorteil haben würde, weil die Leute ihm Trinkgeld geben würden, da sie sehen würden, dass er so ein fleißiger und intelligenter Kerl war, obwohl er keine Ohren hatte.

Wir konnten beobachten, dass sich das Hörvermögen des Jungen allmählich verbesserte. Mehr noch: Die Behinderung beeinträchtigte in keinster Weise sein Selbstbewusstsein. Als er um die sieben Jahre alt war, zeigten sich die ersten Anzeichen dafür, dass unsere Bemühungen begannen, Früchte zu tragen. Einige Monate lang bettelte er darum, Zeitungen verkaufen zu dürfen, doch seine Mutter wollte es ihm nicht erlauben. Sie hatte Angst, dass es wegen seiner Taubheit gefährlich für ihn wäre, allein auf die Straße zu gehen. Schließlich nahm er die Angelegenheit in die eigene Hand. Eines Nachmittags ließen wir ihn mit den Angestellten allein zu Haus. Er kletterte durch das Küchenfenster, ließ sich zu Boden gleiten und zog auf eigene Faust los. Er borgte sich von einem benachbarten Schuster sechs Cent als Startkapital und investierte sie in Zeitungen, die er verkaufte. Seinen Erlös investierte er wieder und wiederholte dieselbe Prozedur den ganzen Nachmittag über. Nachdem er Bilanz gezogen und seinem Bankier die sechs Cent zurück gezahlt hatte, verfügte er über einen Reingewinn von zweiundvierzig Cent. Als wir in der Nacht nach Hause kamen, fanden wir ihn schlafend in seinem Bett, seine Hand fest um sein erstes ehrlich verdientes Geld geklammert.

Seine Mutter öffnete seine Hand, nahm die Münzen heraus und fing an zu weinen. Ausgerechnet! Dass sie über den ersten großen Sieg ihres Sohnes weinte, kam mir dermaßen unangemessen vor! Meine eigene Reaktion war der ihren völlig entgegengesetzt: Ich lachte aus voller Brust, denn ich hatte nun den Beweis dafür, dass meine Anstrengungen, meinem Sohn Selbstvertrauen einzuflößen, erfolgreich gewesen waren.

Seine Mutter sah in seinem ersten geschäftlichen Unternehmen vor allem einen kleinen tauben Jungen, der auf die Straße hinausgerannt war und für ein paar Cent sein Leben riskiert hatte. Ich hingegen sah einen mutigen, ehrgeizigen und selbstbewussten kleinen Geschäftsmann, dessen Selbstvertrauen gerade um einhundert Prozent gestiegen war, weil er auf eigene Initiative sein erstes erfolgreiches Geschäft hochgezogen hatte. Die Sache gefiel mir deshalb so gut, weil ich erkannte, dass er soeben bewiesen hatte, dass er über eine Klugheit und Selbständigkeit verfügte, die ihn sein Leben lang begleiten würden. Und spätere Ereignisse bestätigten das. Wenn sein älterer Bruder etwas wollte, dann ließ er sich auf den Boden fallen, strampelte mit den Beinen, schrie herum – und bekam es. Wenn der "kleine taube Junge" etwas wollte, dann dachte er sich einen Plan aus, um das nötige Geld zu verdienen, und kaufte es sich selbst. Das ist bis heute seine Lebenseinstellung!

Durch meinen Sohn habe ich tatsächlich gelernt, wie Hindernisse in Sprungbretter zum Erreichen sinnvoller Ziele umgewandelt werden können - solange man sie eben nicht einfach hinnimmt und als Alibi zur Rechtfertigung der eigenen Schwäche benutzt.

Der kleine taube Junge schloss Schule ound Universität ab, ohne seine Lehrer hören zu können, wenn sie ihm nicht gerade direkt ins Gesicht brüllten. Wir erlaubten ihm nicht, die Gebärdensprache zu lernen. Wir hatten uns dafür entschieden, dass er ein normales Leben führen und mit normalen Kindern aufwachsen sollte, und wir standen zu unserer Entscheidung, auch wenn wir uns dadurch viele hitzige Diskussionen mit der Lehrerschaft einhandelten.

Während seiner letzten Woche auf dem College ereignete sich etwas, dass sich als der wichtigste Wendepunkt seines Lebens herausstellen würde. Scheinbar durch reinen Zufall kam er in den Besitz eines Hörgeräts. Es wurde ihm probeweise zugeschickt. Er ließ sich Zeit damit, es auszuprobieren, denn seine vorherigen Versuche mit einem ähnlichen Gerät waren eine Enttäuschung gewesen. Irgendwann griff er dann nach dem Instrument, ohne irgend etwas zu erwarten, legte eine Batterie ein und – oh Wunder! Wie von Zauberhand berührt wurde sein lebenslanges Verlangen nach einem normalen Gehör Wirklichkeit! Zum ersten Mal in seinem Leben hörte er praktisch ebenso gut wie jeder Gesunde.

Gott wandelt auf geheimnisvollen Pfaden, um Seine Wunder zu wirken.

Überglücklich über die veränderte Welt, die sich ihm durch das neue Hörgerät erschloss, rannte er zum Telefon, rief seine Mutter an und konnte klar und deutlich ihre Stimme vernehmen. Am nächsten Tag konnte er zum ersten Mal in seinem Leben laut und deutlich die Stimme seiner Lehrer hören. Er hörte das Radio. Er hörte den Ton des Fernsehgeräts. Zum ersten Mal in seinem Leben konnte er sich normal mit anderen Menschen unterhalten, ohne dass sie auch nur die Stimme heben mussten. Er hatte wahrhaftig eine Neue Welt geschenkt bekommen.

Wir hatten es abgelehnt, uns mit dem Fehler der Natur abzufinden und durch ein beharrliches Verlangen hatten wir die Natur dazu gebracht, ihre Nachlässigkeit zu korrigieren, indem sie auf die Mittel zurückgriff, die zur Verfügung standen.

Unser Verlangen hatte angefangen, sich bezahlt zu machen, doch der Sieg war noch nicht vollständig. Der Junge hatte immer noch die Aufgabe vor sich, einen praktischen und eindeutigen Plan zu entwickeln, um seine Behinderung in einen ihr entsprechenden Vorteil zu verwandeln.

So trunken vor Freude über seine neu entdeckte Welt des Klanges, dass er kaum die Bedeutung dessen verstand, was alles bewerkstelligt worden war, um überhaupt an diesen Punkt zu gelangen, schrieb er einen Brief an den Hersteller des Hörgeräts, in dem er voller Enthusiasmus von seinen Erfahrungen mit dem Gerät berichtete. Irgend etwas, was in diesem Brief stand, vielleicht zwischen den Zeilen, bewegte das Unternehmen dazu, ihn nach New York einzuladen. Als er ankam, wurde er durch die Fabrik geführt und während er sich mit dem Chefingenieur über die Veränderung seiner Welt unterhielt, kam ihm eine Idee - oder eine Ahnung, ein Funke, nennen Sie es, wie Sie wollen. Dieser Geistesblitz war es, der schließlich seine Behinderung zu einer Bereicherung werden ließ und schließlich ihm selbst und tausenden anderen Menschen zu Wohlstand und mehr Lebensqualität verhalf.

Der Kern seines Gedankens war der folgende: Es wurde ihm bewusst, dass er in der Lage sein würde, Millionen von Gehörlosen zu helfen, die ohne die Hilfe von Hörgeräten ihr Leben taub verbringen mussten. Er musste nur eine Möglichkeit finden, ihnen die Geschichte seiner veränderten Welt zu erzählen. Genau dort und in diesem Moment traf er die Entscheidung, sein restliches Leben der Aufgabe zu verschreiben, Tauben und Schwerhörigen zu helfen.

Einen ganzen Monat lang erforschte er intensiv das ganze Geschäfts- und Vertriebsmodell des Hörgeräteherstellers und entwickelte ein System, das es möglich machte, mit Schwerhörigen auf der ganzen Welt zu kommunizieren, um ihnen von seiner Veränderten Welt zu berichten. Als er damit fertig war, stellte er einen Zweijahresplan auf und legte ihn der Unternehmensleitung vor – mit dem Ergebnis, dass er sofort übernommen wurde und sich gleich daran machen konnte, sein ehrgeiziges Projekt umzusetzen.

Am Anfang war seine Bestimmung noch nicht abzusehen, Tausenden von Taubstummen, die ohne seine Hilfe von wichtigen Bereichen des Lebens völlig abgeschnitten gewesen wären, Erleichterung und Hoffnung zu bringen.

Kurz nachdem er mit dem Unternehmen ins Geschäft gekommen war, lud er mich zu dem Unterricht ein, den sein Unternehmen ausrichtete, um Taubstummen das Hören und Sprechen beizubringen. Mir war von einer derartigen Ausbildung vorher noch niemals etwas zu Ohren gekommen. Als ich die Klasse besuchte, war ich also erst einmal skeptisch, hoffte jedeoch, dass meine Zeit nicht völlig vergeudet sein würde. Was ich dann tatsächlich zu sehen bekam, war eine ums vielfache vergrößerte Vision der Anstrengungen, die ich unternommen hatte, um in meinem Sohn das Verlangen nach einem normalen Gehör zu erwecken und immer weiter voranzutreiben. Ich sah, wie buchstäblich Taubstumme das Hören und das Sprechen beigebracht bekamen. Und zwar durch die Anwendung ein und desselben Prinzips, das ich mehr als zwanzig Jahre zuvor dazu verwendet hatte, meinen eigenen Sohn vor dem Los der Taubheit zu retten.

Für mich besteht kein Zweifel daran, dass Blair sein Leben lang taubstumm gewesen wäre, hätten seine Mutter und ich es nicht fertiggebracht, seinen Geist so zu formen, wie wir es taten. Der Arzt, der bei seiner Geburt dabei war, war sich völlig sicher gewesen, dass er niemals würde hören oder sprechen können. Einige Wochen vor der Veröffentlichung dieses Buches unterzog Dr. Irving Voorhees, ein anerkannter Spezialist für solche Fälle, unseren Sohn einer gründlichen Untersuchung. Er war sehr überrascht, als er feststellte, wie gut Blair mittlerweil hören und sprechen konnte und meinte, laut dem Ergebnis seiner Untersuchungen „sollte der Junge theoretisch überhaupt nichts hören können.“ Aber der Junge hörte, und das der Tatsache zum Trotz, dass die Röntgenaufnahmen belegten, dass es an der Stelle seines Schädels, wo gewöhnlich die Ohren sitzen, noch nicht einmal eine Öffnung gab.

Als ich seinem Geist das Verlangen einpflanzte, hören, sprechen und ein normales Leben führen zu können, ging von diesem Impuls eine seltsame Macht aus, welche die Natur dazu bewegte, eine Brücke über die Kluft des Schweigens zwischen seinem Gehirn und der äußeren Welt zu bauen. Auf welche Weise sie das zuwege brachte, ist sogar den besten Spezialisten ein Rätsel. Für mich wäre bereits der Versuch, darüber Mutmaßungen anzustellen, ein Sakrileg. Und ich könnte es mir niemals vergeben, der Welt meinen bescheidenen Beitrag zu dieser wundersamen Erfahrung vorzuenthalten. Es ist meine Pflicht und eine große Ehre, mich vor Ihnen zu dem nicht unbegründeten Glauben zu bekennen, dass es für jemanden, der sich auf die Kunst versteht, sein Verlangen durch ausdauerndes Vertrauen zu untermauern, absolut nichts gibt, was unmöglich wäre.

Ein brennendes Verlangen kennt Wege zu seiner Verwirklichung, die wirklich abwegig erscheinen können. Blair hatte das Verlangen nach einem normalen Gehör – und hat es bekommen! Er kam mit einer Behinderung auf die Welt, durch die jemand mit einem weniger ausgeprägten Verlangen leicht auf der Straße gelandet wäre. Heute dient dieselbe Behinderung ihm als ein Werkzeug, das es ihm erlaubt, sich für Millionen von Schwerhörigen einzusetzen und ihm darüber hinaus eine nützliche, angemessen entlohnte Position verschafft, die er Zeit seines Lebens ausüben kann.

Die kleinen harmlosen Lügen, die ich in seinen Geist gestreut hatte, als er noch ein Kind war, und die dazu führten, dass selbst daran glaubte, dass seine Beeinträchtigung sich einmal als ein großer Vorzug herausstellen würde, haben sich also bezahlt gemacht. In der Tat gibt es nichts, sei es nun etwas Gutes oder etwas Schlechtes, das nicht durch Glauben plus brennendes Verlangen verwirklicht werden könnte. Und dieses Duo steht für jeden von uns bereit!

Ich habe in all den Jahren, während der ich mit den persönlichen Problemen vieler verschiedener Menschen gearbeitet habe, nicht einen einzigen Fall erlebt, der eindeutiger die Macht des Verlangens beweist. Manche Autoren machen den Fehler, ausschließlich von Personen zu berichten, die sie schlecht oder nur sehr oberflächlich kennen. Das Schicksal meinte es gut mit mir, indem es mir die Möglichkeit gab, mich durch die Behinderung meines Sohnes von der Unwiderstehlichkeit der Macht des Verlangens zu überzeugen. Vielleicht ist es einem guten Stern zu verdanken, dass es so kam wie es kam, denn sicherlich gibt es niemanden, der besser als lebendes Beispiel dafür genommen werden kann, was passiert, wenn das Prinzip des Verlangens auf den Prüfstand gestellt wird, als meinen eigenen Sohn. Wenn Mutter Natur selbst sich der Macht des Verlangens beugt, wie könnte sich jemals ein gewöhnlicher Mensch einem brennenden Verlangen entziehen!

Die Macht des menschlichen Geistes ist unergründlich. Die Methoden, durch die er jeden Einzelnen von uns, jede Gelegenheit und jeden Gegenstand in seinem Geltungsbereich dazu benutzt, Verlangen in greifbare Realität zu verwandeln, entziehen sich unserer Kenntnis. Vielleicht wird unsere Wissenschaft dieses Geheimnis irgendwann einmal lüften können.

Ich habe meinem Sohnes das Verlangen eingepflanzt, wie jede normale Person hören und sprechen zu können. Dieses Verlangen ist Wirklichkeit geworden. Ich habe ihm das Verlangen eingepflanzt, seine größte Schwäche in seine größte Stärke zu verwandeln. Aus diesem Verlangen wurde zu einer Tatsache. Die Vorgehensweise, die dazu führte, ist leicht zu erklären. Sie lässt sich in drei Teile gliedern:

Ich habe darauf vertraut, dass mein Sohn normal hören würde, dieses Vertrauen mit einem heftigen Verlangen danach vermengt und es auf Blair übertragen.

Ich habe ihm mein Verlangen auf jede erdenkliche Weise mitgeteilt, und zwar beständig und über viele Jahre hinweg.

Er glaubte mir!

Als ich dieses Kapitel abgeschlossen hatte, erreichte mich die Nachricht des Todes von Ernestine Schuman-Heinck. Da der Zeitungsbericht von nichts anderem handelt als von Verlangen, habe ich mich dazu entschlossen, ihn hier kurz zusammen zu fassen.

Am Anfang ihrer Karriere war Frau Schuman-Heinck zu einem Vorsingen bei dem Direktor der Wiener Staatsoper vorgeladen. Doch als sie hereinkam, ließ er es erst gar nicht auf eine Probe ankommen. Nachdem er einen Blick auf das schüchterne, schlecht gekleidete Mädchen geworfen hatte, entfuhr es ihm: "Wie glaubst du, dass du mit so einem Gesicht und ohne jede Persönlichkeit jemals Erfolg als Opernsängerin haben könntest? Mein gutes Kind, schlag dir den Gedanken aus dem Kopf, kauf dir eine Nähmaschine und mach dich an die Arbeit! Du wirst niemals eine Sängerin sein!"

Niemals ist eine verdammt lange Zeit! Der Direktor der Wiener Staatsoper wusste sicherlich viel über Gesangstechnik. Doch er wusste wenig über die Macht des Verlangens, vor allem, wenn es die Dimension einer Besessenheit annimmt. Denn hätte er mehr darüber gewusst, dann hätte er niemals den Fehler begangen, eine große Begabung abzuurteilen, ohne ihr Gelegenheit zu geben, sich zu offenbaren.

Vor ein paar Jahren wurde einer meiner Geschäftspartner krank. Mit der Zeit wurde es immer schlimmer, bis es nicht mehr anders ging und er schließlich zu einer Operation ins Krankenhaus gebracht wurde. Kurz bevor er in den Operationssaal geschoben wurde, sah ich ihn mir noch einmal an und fragte mich, wie jemand, der so dünn und ausgemergelt war wie er, jemals eine schwere Operation überstehen könnte. Der Arzt meinte, dass, wenn überhaupt, nur eine sehr geringe Chance bestünde, ihn lebend wieder zu sehen. Doch das war die Meinung des Arztes. Der Patient war da ganz anderer Ansicht. Kurz bevor er weggebracht wurde, flüsterte er mir noch matt zu: "Sorgen Sie sich nicht, Chef, ich werde hier in ein paar Tagen wieder raus sein." Die Krankenschwester schaute mich mitleidig an. Nachdem alles vorbei war, sagte der Arzt: "Nichts hätte ihn retten können als sein eigenes unbändiges Verlangen zu überleben. Er hätte das niemals überstanden, wenn er die Möglichkeit seines eigenen Todes nicht schlichtweg für ausgeschlossen gehalten hätte."

Ich glaube an die Kraft des Verlangens und des Vertrauens, weil ich gesehen habe, wie diese Kraft Menschen aus armseliger Herkunft reich gemacht und in einflussreiche Positionen gebracht hat. Ich kann bezeugen, wie diese beiden Mächte gemeinsam den Tod um seine sichere Beute gebracht haben. Ich durfte beobachten, dass sie Männern, die auf hundert verschiedene Weisen gescheitert waren, wieder auf die Beine geholfen haben. Und ich habe gesehen, wie sie meinem eigenen Sohn ein gesundes, glückliches und erfolgreiches Leben ermöglichten, obwohl die Natur ihn ohne Ohren in diese Welt geworfen hat.

Wie kann man sich die Kraft des Verlangens zueigen machen? In diesem und den nachfolgenden Kapiteln dieses Buches soll darauf eine Antwort gegeben werden. Ich werde diese Botschaft der Welt zum Ende der längsten und vielleicht verheerendsten Depression Amerikas [Anm. d. Ü.: Wirtschaftskrise 1929-1941] zukommen lassen und denke, dass ich davon ausgehen kann, dass sie viele Menschen erreichen wird, deren Leben durch die Krise aus den Fugen geraten ist und die ihr Vermögen und ihre Anstellung verloren haben. Nicht wenige von Ihnen werden ganz von vorn anfangen müssen. Deshalb möchte ich Ihnen den Gedanken mitgeben, dass jede Errungenschaft, egal wie sie aussehen mag, mit einem heißen, einem brennenden Verlangen nach etwas anfangen muss – einem Verlangen, das eindeutig und endgültig ist.

Durch ein wunderbares und mächtiges Gesetz Geistiger Chemie, dessen Geheimnis sie nie vor uns gelüftet hat, kleidet die Natur jenes Etwas, dem nichts unmöglich ist und Versagen fremd, in unwiderstehliches Verlangen.

Denke (nach) und werde reich

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