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Zamzam

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Das Zamzam gebiet, war ein ödes, unfruchtbares Tal ohne Ackerbau, ringsum von hohen Bergen umgeben. In der Mitte erhoben sich zwei niedrige Hügel.

In ihrer Nähe machte eines Tages ein alter Mann mit seiner jungen Frau und seinem kleinen Kind Halt. Plötzlich vernahm die Frau ein entsetzliches Löwengebrüll. Sie war zu Tode erschreckt, schrie auf und warf sich über ihr Kind. Das Herz schlug ihr bis zum Hals. Der alte Mann jedoch errichtete unbeirrt und mit ruhigen Handgriffen ein Zelt, in dem sie beide Unterkunft finden sollten. Dann holte er aus seinem abgewetzten Reisesack Essen und einen Schlauch voll Wasser. Er klopfte sich den Staub von seinem Gewand, winkte der Frau und dem Kind zum Abschied zu und schickte sich an, seinen Weg allein fortzusetzen.

Die Frau war entsetzt und klammerte sich weinend an ihren Mann. „Willst du uns etwa an diesem einsamen Ort mitten in der Wüste zurücklassen, Abraham?“

Da Abraham schwieg, begriff Hadschar, dass ihr Mann auf Befehl seines Herrn handelte; dass er einer Eingebung Allahs folgte. Zaghaft fragte sie: „Hat dein Herr dir befohlen, uns hier zurückzulassen, Abraham?“ „Ja“, antwortete er fest.

Diese Antwort beruhigte Hadschar. Voll Zuversicht sprach sie: „So vertraue auf Allah; denn du hast uns ja schon Ihm anvertraut, Ihm, bei dem keine Hoffnung verloren geht.“1

Abraham nahm nun Abschied von ihr und küsste und herzte sie und seinen kleinen Sohn Ismael.

Kurz darauf brach er schweren Herzens auf. Als er eine Weile gegangen war, fiel er auf die Knie und flehte Allah an, Er möge diesen Ort fruchtbar werden lassen, damit die Menschen hier blieben.2 Abraham reiste zurück nach Kanaan3, woher er mit Hadschar und Ismael gekommen war.

Indessen hatte sich Hadschar mit dem Kind ins Zelt zurückgezogen und wartete ab, was die Tage brächten. Langsam verging die Zeit, und sie war mit ihrem Kind ganz allein. Ihr Glaube an ihren Schöpfer und Seinen Diener und Propheten Abraham verlieh ihr die Kraft, die Einsamkeit zu ertragen. Dieser Glaube gab ihr die Gewissheit, dass Allah4 sie nicht vergessen würde - abgeschnitten von Städten, Dörfern und allen anderen Menschen.

Sie wandte sich an Allah: „Mein Herr! Abraham hat uns Dir anvertraut, und bei Dir ist keine Hoffnung verloren!“

Die Tage vergingen. Der Wasservorrat, den Abraham ihr gelassen hatte, war aufgebraucht.

„Herr, was soll ich machen?“, fragte Hadschar. Sie verließ das Zelt, in dem sich ihr Kind vor Durst hin- und herwälzte. Wie viele Tage waren schon vergangen, ohne dass sie eine Karawane gesehen hatte! Sie bestieg einen Hügel, um nach Wasser oder Menschen Ausschau zu halten, aber sie fand nichts. So stieg sie wieder hinunter und lief, bis sie einen zweiten Hügel erreicht hatte. Dort blickte sie erneut umher, fand aber auch nichts. „O Allah, mein Herr, was soll ich tun?“, rief sie, während sie ihr Gesicht gen Himmel richtete.

Plötzlich vernahm sie eine Stimme von hinten. Erneut eilte sie zum ersten Hügel, um herauszufinden, was es damit auf sich hatte. Aber sie sah niemanden. Die Stimme drang ein zweites Mal an ihr Ohr - diesmal aus einer anderen Richtung. Jetzt kehrte sie zum zweiten Hügel zurück.

3 heutiges Palästina.

4

Die Verwendung des Begriffes „Allah“ darf nicht so verstanden werden, dass es sich dabei um einen eigenen Gott der Muslime handelt, der nicht auch Gott der Christen, Juden und aller Angehörigen der Offenbarungsreligionen ist. (Koranübersetzung: Bubenheim/Elyas)

In diesem Buch wird sowohl die Bezeichnung „Allah“ als auch „Gott“ für das absolut

höchste Wesen verwendet, den einzigen Gott, den Schöpfer aller Dinge; den Gott von Adam, Noah, Abraham, Moses, Jesus, Muhammad (Friede sei mit ihnen allen), den Gott der ganzen Menschheit. Auch in der Muttersprache Jesu, dem Aramäischen, nennt man Gott „Allaha“. Arabische, chaldäische und assyrische Christen nennen Gott ebenfalls „Allah”.

Sieben Mal eilte Hadschar zwischen den Hügeln hin und her5, ohne etwas zu finden. Müde und verzweifelt kehrte sie schließlich zu Ismael zurück, um nachzuschauen, ob er noch lebte. Erneut hörte sie Löwengebrüll.6 Als sie ihren Sohn endlich erreichte, blickte sie erstaunt auf ihn herab.

„O, wie wunderbar!“, sagte sie überrascht, während sie auf etwas blickte, was sich zu Füßen ihres Kindes bewegte...

In der Nähe des Tales von Mekka zog am gleichen Tag ein Trupp der Dschurhum entlang. Verwundert beobachteten sie einen Schwarm Vögel, der über dem Berg Abu Qubais kreiste. „Was sind das für Vögel, die über den Bergen kreisen, wo kommen sie her?“, fragte einer der Männer. Wie die benachbarten Stämme und Karawanen aus Syrien und dem Jemen wussten die Dschurhum, dass es im Innern des Tals von Mekka weder Wasser noch Vegetation gab. Wo lag diese Wasserstelle, von der die Vögel tranken?

Von Neugier gepackt, entsandten die Dschurhum zwei Kundschafter. Hadschar traute ihren Augen nicht: Zwischen den Füßen ihres Sohnes, mit denen er den Boden aufgescharrt hatte, sprudelte klares Wasser, rege und lieblich. Verwundert beugte sie sich über das kühle Nass, schöpfte es mit beiden Händen, um das durstige Kind trinken zu lassen und ihren eigenen Durst zu stillen. Dann begann sie, das Wasser mit den Händen einzudämmen und mit Sand einzuschließen, um es in ihre Schläuche zu füllen, denn sie fürchtete, dass es verschwinden könnte. Dabei murmelte sie immer wieder „Zummi! Zummi“, was so viel bedeutet wie „Dämme dein Wasser ein!“ So entstand der Name des Brunnens Zamzam.

Unterdessen vernahm Hadschar wieder die gleiche Stimme wie zuvor; sie rief ihr zu: „Fürchte keinen Durst, denn dies hier ist eine Wasserquelle zur Labung aller Gäste Allahs! Und fürchte nicht die nutzlose Verschwendung dieses Wassers, denn hier an dieser Stelle werden

Abraham und sein Sohn das Haus Allahs erbauen!“

Hadschar begriff, dass Allah sie nicht vergessen hatte. Ihr war jetzt klar, dass die wundersame Stimme von einem der Engel Allahs gekom

5 Dies gehört heute zu den Riten der Pilgerfahrt. Die Hügel heißen Safa und Marwa; vgl. Koran

2:158: Gewiss, As–Safa und Al–Marwa gehören zu den [Orten der] Kulthandlungen Allahs. Wenn einer die Pilgerfahrt zum Hause [Kaaba] oder die Besuchsfahrt [Umra] vollzieht, so ist es keine Sünde für ihn, wenn er zwischen ihnen [beiden] den Gang macht. Und wer [von sich aus] freiwillig Gutes tut, so ist Allah dankbar und allwissend. 6 At-Tabari I/S. 97, Ibn Hischam, S. 56

men war. Dankbar warf sie sich vor Allah nieder, um Ihm für die Wohltat, die Er ihr und ihrem Kind erwiesen hatte, zu danken und Ihn für Seine Gnade zu preisen.

Hadschar sollte von nun an mit ihrem Sohn sicher in der Nähe der Quelle wohnen.

Die Kundschafter der Dschurhum waren inzwischen bis zum Grund des Tales vorgestoßen und in der Nähe der Hügel in seine Mitte gelangt. Zu ihrer Überraschung erblickten sie ein Zelt, an dessen Eingang eine Frau mit einem Kind im Arm saß; neben ihr floss eine klare Quelle, die wie Silber in der Sonne funkelte.

Den beiden Kundschaftern verschlug es fast die Sprache. Wie oft schon waren sie und ihre Gefährten hier vorbeigekommen, ohne eine Menschenseele, geschweige denn eine Quelle, gesehen zu haben! Wer war die Frau, und wer hatte das Wasser ausgegraben?

Unverzüglich kehrten sie zu ihrem Stamm zurück und erstatteten atemlos Bericht.

Sofort machte sich erneut ein Trupp kundiger Männer auf den Weg zu Hadschar und ihrem Sohn, um sich über sie zu erkundigen.

Hadschar erzählte den Ankömmlingen ihre Geschichte. Nachdem sich das erste Staunen gelegt hatte, fragten sie höflich: „Erlaubst du uns,

dass wir uns in deiner Nachbarschaft niederlassen?“ Hadschar stimmte zu.

Die Kundschafter kehrten zu ihrem Stamm zurück, um sich mit ihren Angehörigen auf den Umzug in die neue Heimat vorzubereiten. Sie verließen ihren Lagerplatz und wohnten fortan in der Nähe der wundersamen Quelle. Später kamen auch Karawanen aus Syrien und dem Jemen hinzu; sie alle entdeckten die neue Wasserstelle an der Station des Weges, an der sie sich sonst zu treffen pflegten. Sie machten nun immer wieder hier Halt, um sich mit Wasser zu versorgen und auszuruhen.

Auf diese Weise hatte Allah das Gebet Abrahams erhört: Das Wasser, das Allah für Hadschar und ihr Kind hatte hervorsprudeln lassen, brachte Menschen zu ihnen. Es brachte Karawanen, die sie mit allem versorgten, was sie an Nahrung und Kleidung benötigten, und es brachte ihnen Nachbarn, die in immer größerer Zahl vom Stamme Dschurhum zu ihnen strömten und das Tal von Mekka mit Leben und Geselligkeit füllten.

Eines Tages kam Abraham zurück und sah, was Allah mit seiner Frau und seinem Sohn hatte geschehen lassen. Er hatte Allah gebeten: „So mache ihnen die Herzen der Menschen zugeneigt und versorge sie mit Früchten, damit sie dankbar sein mögen.“3 Seine Bitte war auf wunderbare Weise erfüllt worden.

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