Читать книгу Zen-Lehren der Teemeister - Nicolas Chauvat - Страница 5

Einleitung

Оглавление

Tee servieren zu lernen, dauert ein ganzes Leben, doch eine einzige Teezeremonie kann das ganze Leben verändern.

Auf das, was man nicht sieht, kommt es an: Das war die Botschaft des berühmten Schriftstellers Yukio Mishima an einen französischen Journalisten, der ihn nach seiner Beziehung zur japanischen Kultur fragte. Viele Menschen des Westens interessieren sich zwar für die Teezeremonie und ihr geheimnisumwobenes Flair, doch leider sind sie allzu oft auf die vorgegebenen Gesten des Rituals oder auf Aussehen und Geschmack des Tees fixiert.

Die Teezeremonie, früher von Mönchen in einer kleinen Hütte praktiziert, die von einem Garten umgeben war und an eine Einsiedelei in der Natur erinnerte, ist nicht auf das beschränkt, was man sieht. Sadō () genannt, umfasst sie nicht allein die Kunst des Teeservierens, sondern sie ist die Kunst, die eigene Empfindsamkeit zu entwickeln, um die Welt, in der man lebt, voll und ganz wahrzunehmen. Weisheit erfordert keine außergewöhnlichen intellektuellen Fähigkeiten, sondern einfach Bescheidenheit und Liebe – die beiden Eigenschaften, durch die das Beobachtungsvermögen sich entwickeln kann.

Zen-Meister sind sich ihrer Schwächen bewusst und streben ständig danach, sich zu vervollkommnen. Ihre besondere Aufmerksamkeit gilt der umgebenden Natur, die ihnen sehr am Herzen liegt und in ihren Augen unerschöpfliche Lehren bereithält. Die festgelegten, unablässig wiederholten Gesten, das an Moosgärten erinnernde Grün des Tees, eine behutsam in eine exquisite Vase gestellte Blume, das Kosten eines kleinen Gebäckstücks, dessen Form und Farben auf die Veränderungen der Natur im Lauf der Jahreszeiten anspielen – das gesamte Zeremoniell ermöglicht allen, die daran teilhaben, sich selbst zu vergessen und ganz in den gegenwärtigen Moment einzutauchen. Um die Meditation der Teilnehmer zu leiten, wird eine Kalligrafie an der Wand angebracht. Oft enthält sie die Lehre eines großen japanischen oder chinesischen Zen-Mönchs.

Im feudalen Japan wurde die Teezeremonie oft von Adligen und Kriegern praktiziert. Die Zen-Weisheit, die sie vermittelt, brachte ein wenig Harmonie in eine Gesellschaft, die es bitter nötig hatte. Mithilfe der Zeremonie konnten die Praktizierenden verstehen, dass es unmöglich ist, mit anderen gut auszukommen, solange man keine aufrichtige Beziehung zu sich selbst hat und nicht mit sich im Einklang ist. Das vorliegende Buch basiert auf der Übersetzung alter chinesischer und japanischer Texte, die Teemeister auch heute noch verwenden, um ihr Wissen an ihre Schüler weiterzugeben. Diese Lehren, die Poesie und Philosophie in sich vereinen, können der Welt aufs Neue Zauber verleihen. Sie sind echte Einladungen zur Kontemplation und ermöglichen uns, wieder zu uns selbst zu finden.

Mit diesem Buch möchte ich Sie einladen, Ihren Geist immer wieder mal für einige Minuten auf Reisen gehen zu lassen. Es ist mit seinen kurzen Texten eine ideale Lektüre für zwischendurch. Jede Zen-Unterweisung wird von einer Übung begleitet, damit die darin enthaltene zeitlose Weisheit besser umgesetzt werden kann. Die Qualität unseres Lebens hängt vor allem von der Qualität unserer Gedanken ab. Schon nach wenigen Tagen werden Sie, liebe Leserinnen und Leser, merken, dass sich die Art, wie Sie denken und die Welt wahrnehmen, wirklich verändert.

Zen-Lehren der Teemeister

Подняться наверх