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Kapitel 1 Rose
ОглавлениеIch stand an der Arbeitsplatte und beobachtete, wie der Mann, den ich liebte, einen Rucksack voll Kleidung auf seine Schulter schob.
„Du hast gesagt, dass du mich liebst“, brachte ich erstickt hervor und starrte Copper verwirrt an. „Was tust du?“
„Ich liebe dich ja auch.“
„Nein, tust du nicht.“
„Doch.“
Mein Magen zog sich schmerzhaft zusammen. „Das tut man einem Menschen, den man liebt, nicht an. Man macht nicht einfach Schluss.“
„Es funktioniert einfach nicht“, antwortete er und lehnte sich gegen den Türrahmen.
„Ich weiß, dass wir nicht gut miteinander klargekommen sind, ich …“
„Wir passen nicht zueinander“, unterbrach er mich ausdruckslos.
„Das ist Blödsinn“, erwiderte ich. Angst ließ meine Stimme zittern. „Das ist keine echte Liebe. Wenn man eine Verpflichtung eingeht, schlägt man sich durch. Man findet eine Möglichkeit, schwierige Zeiten zu überstehen.“
„Ich will keine schwierigen Zeiten“, sagte er ausdruckslos. „Das Leben ist einfach zu kurz.“
„Dann lass uns darüber reden“, stotterte ich. „Wir schaffen es, dass es nicht mehr schwierig ist.“
„Du bist herablassend“, sagte er frustriert. „Du denkst, dass du besser als alle anderen bist. Du sprichst mit mir, als wäre ich weniger wert als du.“
„Ich denke nicht, dass du weniger wert bist als ich“, sagte ich erschrocken. Tränen traten in meine Augen.
„Du zeigst mir die kalte Schulter, wenn du sauer bist. Und wenn ich etwas dazu sage, rührst du mich eine Woche nicht mehr an.“ Er schnaubte. „Ich habe dir gesagt, dass du Sex nicht als Waffe benutzen sollst, doch natürlich weist du mich ab, wenn du wegen irgendetwas sauer bist.“
„Das ist doch kein Grund“, brachte ich hervor, und meine Wangen wurden heiß. „Das ist ein Mythos, der von Männern aufrechterhalten wird. Frauen möchten, dass man sich auch außerhalb des Betts um sie kümmert, und wenn das nicht passiert, haben sie eben kein Interesse an Sex.“
„Dreh es, wie immer du willst“, sagte er spöttisch. „Ich habe dir gesagt, dass du diesen Scheiß lassen sollst, und du hast es trotzdem gemacht. Also bin ich hier fertig.“
„So war das überhaupt nicht“, widersprach ich. Frustration ließ meine Stimme beben.
„Du bist gemein“, sagte er ausdruckslos. „Du bist ein gemeiner Mensch.“
„Bitte“, sagte ich und hasste mich für meinen flehenden Ton. Ich war doch nicht gemein, oder? Sarkastisch, ja. Aber gemein? Ich schluckte hart. „Bitte. Wenn du mich liebst, dann können wir das klären.“
„Es gibt nichts zu klären“, erwiderte er. Er schob die Hände in die Taschen.
„Ich dachte, wir würden heiraten“, flüsterte ich erbärmlich.
„Du glaubst wirklich, dass du einen Antrag verdienst?“, fragte er ungläubig. Die Worte waren so schrecklich und schockierend, dass ich unwillkürlich einen Schritt zurücktrat.
„Dann sag nicht, dass du mich liebst. Hör auf, das zu sagen“, sagte ich mit brechender Stimme. Er wandte sich von mir ab. „Denn das tust du nicht.“
„Sag mir nicht, wie ich mich fühlen soll, zur Hölle“, schnappte er und machte sich nicht einmal die Mühe, mich dabei anzusehen. „Und ich sage, was immer ich will, verflucht.“
Es wäre einfacher gewesen, wenn er die Tür hinter sich zugeknallt hätte, als er ging. Dann hätte ich mir vormachen können, dass er sich beruhigen und später zurückkommen würde. Das leise Klicken des Türriegels war unendlich schlimmer. Es sagte mir, dass er ganz ruhig war – und mit mir fertig.
Mir entschlüpfte ein leicht hysterisches Lachen, und ich schlug schnell die Hand über den Mund. Was zur Hölle war gerade passiert? Was war bloß geschehen?
Himmel, ich dachte, ich würde ihn heiraten.
Ich schnappte nach Luft, als mir die volle Bedeutung der Situation klar wurde. Er war weg. Und tief in mir wusste ich, dass er nicht zurückkommen würde. Ich stützte mich auf der Arbeitsplatte ab und atmete mühsam durch.
Ich würde ihn nie wieder berühren können. Ich würde nie wieder aufwachen und ihn neben mir finden. Er würde mich nie wieder über einen Raum hinweg heimlich anlächeln, als dächte er an einen Witz, den nur wir beide kennen. Ich würde nie wieder seine Lieblingsgerichte kochen und etwas über seinen Tag hören. Er würde nie wieder flüstern, dass er mich liebt und mir einen Abschiedskuss geben, bevor er zur Arbeit ging.
Ich schloss die Augen, als meine Brust sich verengte. Oh, Gott, ich dachte, dass wir heiraten würden, und er mochte mich nicht einmal.
Ich ließ die Tränen über meine Wangen laufen und auf die Arbeitsplatte tropfen, während ich mich immer wieder eine Idiotin schalt. Wieder einmal hatte ich den Versprechungen von jemandem geglaubt, der mein Vertrauen nicht verdiente, und wieder einmal hatte ich mir die Finger verbrannt.
Ich hatte gewusst, dass es keine gute Idee war, mich auf ihn einzulassen. Ich hatte gewusst, dass mir wieder das Herz gebrochen werden würde, trotzdem hatte ich mich hineingestürzt. Ich konnte das trügerische ‚sie lebten glücklich bis an ihr Lebensende’ einfach nicht aufgeben. Es fühlte sich immer so an, als wäre es gerade außerhalb meiner Reichweite.
Ich stieß mich von der Arbeitsplatte ab und wischte mir die Tränen vom Gesicht. Ich würde nicht zerbrechen. Das würde ich nicht zulassen. Jedenfalls nicht mitten in der Küche.
Ich nahm die Sachen, die ich auf einen Stuhl gelegt hatte, als Copper seine Bombe platzen ließ, und ging ins Badezimmer, um zu duschen. Ich schaffte es, am Geburtstag meiner einzigen Nichte abserviert zu werden.
„Was meinst du mit, er hat dich abserviert?“, zischte meine Cousine Lily später am Tag, während sie mir half, Wasserballons zu füllen.
„Er hat gesagt, dass er mit mir fertig ist“, antwortete ich und sah sie kaum an, sondern machte mit meiner Arbeit weiter. „Und dann ging er.“
„Oh, mein Gott“, sagte sie entrüstet. „Was für ein Arschloch.“
„Es ist, wie es ist“, murmelte ich und war heimlich dankbar für ihre Unterstützung.
„Er wird mit eingezogenem Schwanz zurückkommen, wie sie es alle tun“, sagte sie und gab mir eine weitere Handvoll Ballons. Ein paar Sekunden später fragte sie: „Willst du, dass er zurückkommt?“
Ich hatte die Szene in der Küche den ganzen Tag immer wieder vor meinem geistigen Auge gesehen, sie aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet und mich dasselbe gefragt.
„Er mag mich nicht“, erwiderte ich ruhig und zuckte mit den Schultern, als sich unsere Blicke für einen Moment begegneten. „Dass er wütend und gegangen ist, ist nicht mal das Schlimmste. Beides hat meine Gefühle verletzt, aber ich hätte ihm verzeihen können. Aber er mag mich wirklich nicht.“
„Er ist ein Blödmann“, schnappte sie.
„Das macht ihn nicht zu einem Blödmann“, erwiderte ich. „Es ist einfach eine Tatsache. Er mag mich nicht. Man kann nichts dafür, ob man jemanden mag oder nicht. Es ist einfach so.“
„Und das war ihm vor fünf Monaten nicht klar?“, fragte sie. „Bevor er praktisch bei dir eingezogen ist.“
„Es tut weh“, murmelte ich und war fast verlegen, das zuzugeben. „Aber irgendwie hilft es auch.“
„Wie das?“, fragte sie und fuhr zurück, als uns der Wasserhahn etwas vollspritzte, während ich versuchte, einen weiteren Wasserballon daran zu befestigen.
„Wenn ich an ‚was wäre, wenn’ denke, muss ich mich nur daran erinnern, dass er mich nicht mag“, erwiderte ich. „Er mag mich tatsächlich als Mensch nicht. Also gibt es nichts, was ich hätte anders machen können. Ich habe nichts falsch gemacht.“
„Natürlich hast du nichts falsch gemacht“, sagte sie sanft und stupste mich mit der Schulter an. „Und ich mag dich.“
„Ich mag mich auch“, sagte ich einfach.
„Was dauert da so lange?“, rief meine Nichte Rebel, die hinter uns auftauchte. „Dads Team gewinnt, weil wir keine Munition mehr haben!“
„Gott bewahre“, sagte ich und keuchte dramatisch. Dann reichte ich ihr eine weitere Handvoll Ballons. „Du kannst die haben, aber nur wenn du einen davon auf Onkel Tommy wirfst.“
„Aber Onkel Tommy spielt gar nicht mit“, erwiderte sie verwirrt und versuchte, mir einen der Ballons zurückzugeben.
„Jetzt schon“, sagte ich und zwinkerte ihr zu.
Ich grinste, als sie die Brauen hob und nickte.
„Er wird dich umbringen“, sagte Lily, als Rebel wegrannte. „Jetzt kannst du dem Wasserballonkrieg nicht mehr entgehen.“
„Das war es wert“, murmelte ich. Ich sah sie an und hob den Eimer mit gefüllten Ballons hoch. „Lass uns die Gefechtsstationen besetzen“, sagte ich ernsthaft.
„Oh, Scheiße“, jammerte sie und kam auf die Füße. „Wir brauchen irgendeine Deckung.“
Ein paar Minuten später hatten wir eine Barrikade aus Gartenstühlen konstruiert, die dem Wasserhahn so nahe war, dass wir jeden angreifen konnten, der zum Nachladen an uns vorbei wollte.
„Das war eine furchtbare Idee“, kreischte Lily, als ein Wasserballon an ihrer Brust explodierte. „Weißt du, wie lange ich gebraucht habe, um mein Haar zu glätten?“
„Du hättest es nie abschneiden lassen sollen“, schoss ich zurück und beugte mich um den Rand der Gartenstühle herum, sodass ich einen Ballon auf meinen ältesten Bruder Will werfen konnte. „Dann hättest du es zu einem Zopf flechten können.“
„Ich dachte, dir gefällt mein Haar?“, konterte sie und reichte mir einen weiteren Ballon.
„Das stimmt ja auch“, erwiderte ich und warf den Ballon auf den Boden vor die kleine Person, die auf unser Lager zu rannte. Er explodierte, und Lilys Stiefsohn Gray quietschte glücklich. „Du bist diejenige, die sich darüber beschwert, wie lange es dauert, es zu frisieren.“
„Ich habe mich nicht beschwert“, beschwerte sie sich. „Waffenstillstand!“
Ich ließ mich auf die Fersen zurücksinken. Gray schob sich hinter unsere Barrikade.
„Kommst du uns zu Hilfe?“, fragte ich und wackelte mit den Augenbrauen.
„Nein“, erwiderte er, und ein listiges Lächeln spielte um seine Lippen. Bevor ich ihn aufhalten konnte, warf er Ballons auf Lily und mich. Wir waren so dicht beieinander, dass die Ballons von uns abprallten und zu Boden fielen, aber Lily kreischte dennoch entrüstet.
„Du kleiner Verräter!“, schrie sie und jagte ihn, als er davonrannte. „Du kriegst einen Monat lang kein Eis!“
Gray kicherte, als er durch den Garten zu seinem Vater rannte. Leo lachte sich kaputt, und ich war ziemlich sicher zu wissen, wer Gray diese Ballons gegeben hatte.
„Du wirst jetzt überrannt“, schrie eine Stimme hinter mir. Ich riss den Kopf Richtung Wasserhahn herum, und meine Augen weiteten sich vor Schreck, als mir klar wurde, dass Gray die Ablenkung gewesen war, die mein Bruder Tommy brauchte, um mich beschäftigt zu halten, während er den Gartenschlauch anschloss.
„Oh, Scheiße“, kreischte ich und kroch schnell weg. Ich griff nach der Hand meiner Retterin und wir sprinteten durch den Garten, während das kalte Wasser gegen unsere Rücken spritzte. Als wir meine Eltern erreichten, lachte und keuchte ich und spürte, wie das Wasser die Rückseiten meiner Beine herunterlief.
„Wann bist du angekommen?“, fragte ich Kara und ließ ihre Hand los.
„Kurz bevor Tommy den Krieg gewann“, erwiderte sie und rümpfte die Nase.
„Nur die Schlacht, Schätzchen“, sagte ich, lachte und legte ihr den Arm um die Schultern. „Ich kriege ihn schon noch.“
„Hi, Kara!“, schrie Rebel aufgeregt und rannte auf uns zu. „Ich habe Geburtstag!“
„Ich weiß“, erwiderte Kara und grinste, als Rebel sie in eine überschwängliche Umarmung zog. „Darum bin ich hier.“
„Du bist zu meinem Geburtstag gekommen?“, fragte Rebel und beugte sich zurück, um Kara in die Augen zu sehen. „Du bist die Beste.“
„Ich habe dir auch ein Geschenk mitgebracht“, sagte Kara verschwörerisch, als Rebel sie erneut umarmte.
„Lass es uns holen“, sagte Rebel und griff nach Karas Hand.
Ich lächelte, als sie zusammen durch den Garten gingen. Rebel und Kara waren nur ein paar Monate auseinander, aber ihre Persönlichkeiten hätten nicht unterschiedlicher sein können. Meine Nichte hatte das Down-Syndrom, was bedeutete, dass sie auf gewisse Art zurückgeblieben war, doch ich konnte schwören, dass sie in einigen Bereichen voraus war. Soweit es mich betraf, war es egal, ob sie jemals Algebra lernte. Reb war der empathischste, liebevollste und aufrichtig glücklichste Mensch, der mir je begegnet war, und diese Charakterzüge waren viel wichtiger als Allgemeinbildung.
„Wenn du denkst, dass ich fertig bin, hast du dich schwer getäuscht“, sagte mein Bruder Tommy beiläufig, als er neben mich trat.
Ich sah ihn an und brach in Gelächter aus. Seine ganze Brust war klatschnass.
„Sei nicht so eine Heulsuse“, sagte ich und stupste ihn mit dem Ellbogen an. Wir gingen zum Grill hinüber.
„Heather und ich haben noch Pläne, Kleine“, grollte er.
„Du wirst trocknen.“
„Was ist denn mit euch beiden passiert?“, fragte Karas Vater Mack, als wir bei ihm und Will ankamen.
„Wasserballonkrieg“, antworteten wir gleichzeitig. „Chipsy!“
„Sieht aus, als hätte Tommy gewonnen“, sagte Will und lachte leise.
„Er hat den Wasserschlauch benutzt“, meckerte ich.
„Hör auf zu schmollen, weil ich schlauer bin als du“, erwiderte Tommy.
„Ich mogele nicht.“
„Wer hat gemogelt?“, fragte mein Cousin Cam, der zu uns trat. Seine Augen weiteten sich, als er uns ansah. „Ach, du Scheiße!“
„Du hättest vorher dein Hemd ausziehen sollen“, sagte Will und zeigte auf seine nackte Brust.
„Das hätte ich getan, wenn dieses Mädchen mich vorgewarnt hätte, bevor sie mich mit einem Wasserballon bewarf.“
„Das ist mein Mädchen“, sagte Will zufrieden.
„Ich bin froh, dass ich es verpasst habe“, sagte Mack und lachte.
„Oh, es ist noch nicht vorbei“, murmelte ich düster.
Er zwinkerte mir zu und ich spürte, wie meine Wangen heiß wurden. Himmel. Er war der einzige Kerl, der mir je begegnet war, der mich zum Erröten bringen konnte, und er hatte nie einen Annäherungsversuch gemacht.
„Ich werde mal sehen, ob Moll Hilfe braucht“, sagte ich und drehte mich um, bevor meine Brüder meine Reaktion bemerken konnten.
„Hol mir ein Bier“, rief Will.
„Hol es dir selbst“, rief ich zurück und zeigte ihm über die Schulter den Stinkefinger.
„Sehr stilvoll, Rose“, meinte meine Mom sarkastisch.
„Ich tue mein Bestes“, rief ich und stieß die Hintertür des Hauses meines Bruders auf. Er und Molly hatten vor ein paar Jahren ein kleines, zweistöckiges Haus in der Nähe meiner Eltern gekauft, aber die Arbeiten daran liefen noch. Mit Tommys Hilfe hatten sie die Böden neu lackiert und alle Fenster ersetzt, doch sie arbeiteten immer noch an Kleinigkeiten. Im Moment hatte keiner ihrer Küchenschränke Türen.
„Brauchst du Hilfe?“, fragte ich. Heather und Molly drehten sich überrascht zu mir um.
Cams Frau Trix machte sich nicht einmal die Mühe, sich umzudrehen.
„Mack ist da draußen, oder?“, fragte sie trocken.
„Halt die Klappe“, schnappte ich. Heather lachte.
„Ich weiß nicht, warum du ihm aus dem Weg gehst“, sagte sie. „Er ist toll.“
„Ich habe nie gesagt, dass er das nicht ist.“
„Sie steht auf ihn“, sagte Trix mit einem Lachen in der Stimme.
„Ich bin nicht vierzehn“, sagte ich und ging weiter in die Küche hinein.
„Dann hör auf, dich so zu benehmen“, schoss sie zurück.
„Ich bin froh, dass sie gekommen sind“, sagte Molly und sah aus dem Fenster. „Reb ist wahrscheinlich überglücklich.“
„Sie war ziemlich aufgeregt“, meinte ich und griff nach einer Schüssel, die mit Alufolie bedeckt war. „Sie und Kara wollten das Geschenk holen, das sie für sie mitgebracht hat.“
„Kara ist so eine Süße“, sagte Molly und lächelte. „Reb sagt, dass sie ihre beste Freundin ist.“
„Niedlich“, sagte Heather und lächelte.
„Ja“, stimmte Molly zu. „Sie hat nicht viele Freunde in ihrem Alter.“
„Charlie und die Jungs“, betonte Trix.
„Die gehören zur Familie“, sagte Molly. „Das zählt nicht.“
„Falsch“, erwiderte ich. „Lily ist meine beste Freundin.“
„Ihr beide könntet ebenso gut Zwillinge sein“, sagte Heather und lachte laut. „Sie muss dich lieben.“
„Hey!“, schnappte ich und warf eine Kirschtomate nach ihr.
„Nicht in meiner Küche!“, schrie Molly, trat zwischen uns und warf die Arme in die Luft.
„Ja, Mutter“, säuselte Heather. „Ich gehe raus, um mit meinem Mann abzuhängen.“
„Es ist so merkwürdig, wenn du das sagst“, meinte ich und stupste sie an, als sie an mir vorbeiging.
„Du warst auf der Hochzeit“, sagte sie trocken.
„Ja, aber dann habt ihr Ewigkeiten so getan, als wärt ihr nicht verheiratet, total seltsam.“
„Wir haben neu angefangen“, sagte sie verträumt und verschränkte die Hände unter dem Kinn. „Und haben den Zauber am Leben erhalten.“
„Ihr Verlierer“, sagte ich und warf noch eine Tomate nach ihr.
„Rose Hawthorne!“, kreischte Molly, als Heather schnell nach draußen schlüpfte.
„Happy Birthday, liebe Rebel“, sangen wir alle, während das Geburtstagskind auf ihrem Platz auf und ab hüpfte. Als sie die Kerzen ausblies, jubelten wir.
„Ich schneide das erste Stück“, erinnerte sie Molly. „Weil ich Geburtstag habe.“
„Ich habe es nicht vergessen“, sagte Molly und gab Reb ein langes Messer. „Schneide, wo immer du willst.“
„Am besten quer über den Kuchen“, schlug Curtis, der Sohn von Trix und Cam, vor und beugte sich über den Tisch. „Total schief.“
„Aber dann sind die Stücke nicht gleich groß“, meinte Rebel und sah Curtis an, als ob er verrückt wäre.
„Na und?“, sagte er und zuckte mit den Schultern.
„Willst du ein kleineres Stück?“, fragte sie vernünftigerweise.
„Ich verstehe, was du meinst“, sagte er ernüchtert.
Meine Lippen zuckten, als Rebel fünf Zentimeter vom Kuchenrand entfernt eine präzise Linie schnitt.
„Ich weiß, dass ich sauer wäre, wenn ich ein kleineres Stück bekäme“, murmelte Mack hinter mir und brachte mich damit zum Lachen.
„Du hast Hunger, was?“, fragte ich und beobachtete weiterhin Reb.
„Ich bin am Verhungern“, murmelte er, und meine Wangen wurden wieder heiß. Verdammt.
„Hast du nichts gegessen?“ Ich drehte mich um, sah ihn an, gab mich cool und hoffte, dass das Dämmerlicht mein errötetes Gesicht verbergen würde.
„Ja“, antwortete er einfach.
Wir standen da und sahen den Kindern zu, wie sie ihren Kuchen verschlangen, und ich überlegte verzweifelt, was ich sagen könnte. Ich hasste, dass er mich so durcheinanderbrachte. Ich kannte ihn schon Ewigkeiten. Er war mindestens zehn Jahre älter als ich und behandelte mich wie die kleine Schwester seines Freundes – doch das schien nicht von Bedeutung zu sein. Sobald Mack in die Gruppe kam, in der ich mich gerade befand, benahm ich mich wie eine Verrückte.
„Rosie“, rief mein Dad. Als ich mich umdrehte und sah, dass er mich grimmig anstarrte, zog sich mein Magen zusammen. Verdammt. Jemand hatte es ausgeplaudert.
„Was ist los, Dad?“, fragte ich und ging auf ihn zu.
„Du bist nicht mehr mit Copper zusammen?“, fragte er und musterte mein Gesicht.
„Ja, Copper hat Schluss gemacht“, sagte ich und lachte humorlos. „Wer hat es dir erzählt?“
„Der Flurfunk“, murmelte er und zog mich an seine Seite. „Ist alles in Ordnung, Süße?“
„Es ging mir schon besser“, gab ich zu und kämpfte gegen die Tränen, die in meinen Augen brannten. Etwas an dem rauen Mitgefühl meines Vaters ging mir immer unter die Haut. Als Kind war ich immer höllisch tapfer, bis mein Dad ins Zimmer kam. Seine Sorge verwandelte mich immer in ein großes Baby.
„Der Mann ist ein Vollidiot“, sagte er und küsste mich auf den Scheitel. „Du bist sowieso viel zu gut für ihn.“
„Das sagst du jetzt“, erwiderte ich bedrückt.
„Jetzt, wo du ihn los bist, kann ich es sagen“, meinte er und schnaubte. „Er ist ein guter Kämpfer, versteh mich nicht falsch. Aber der Kerl ist strohdumm.“
Ich kicherte.
„Deswegen haben wir seiner Versetzung nach hier oben nie zugestimmt“, sagte er ruhig. „Aber das hast du nicht von mir.“
Ich neigte den Kopf zur Seite und lächelte ihn an.
„Ich bin wirklich froh, dass du nicht diejenige sein wirst, die diese Gene weitergibt“, sagte er, und seine Lippen zuckten.
„Du bist furchtbar“, sagte ich glücklich.
„Die Wahrheit tut weh“, sagte er und zuckte mit den Schultern.
Mein Lachen brach ab, als etwas gegen meinen Rücken knallte, gefolgt von eiskaltem Wasser, das hinten in meine Shorts lief.
„Ich habe dir gesagt, dass ich noch nicht fertig bin!“, brüllte Tommy wie ein Wahnsinniger.
„Junge“, rief mein Dad, nahm seinen Arm von meinem Rücken und schüttelte das Wasser herunter. „Du fängst besser an zu rennen.“
„Oh, Scheiße!“, japste Tommy.
Die nächsten paar Minuten waren das reinste Chaos. Zuvor hatte sich unser Wasserballonkrieg auf einen Teil des Gartens begrenzt, weit weg von der Stelle, wo sich die Älteren versammelt hatten. Dieses Mal gab es keine Grenzen. Ich duckte mich und kreischte, als Tassen und Eimer voller Wasser, Wasserpistolen, Ballons und der Wasserschlauch ausgiebig genutzt wurden. Noch schlimmer als das eisige Wasser waren die Kuchenstücke, die herumgeworfen wurden. Es war eine Art Massenschlägerei, an der die ganze Gruppe teilnahm, vom alten Poet bis zum kleinen Gray.
„Hab dich!“, schrie Cams Sohn Draco und warf im Vorbeilaufen einen Wasserballon nach mir, während ich mich hinter den Verandastufen zu verstecken versuchte.
„Wo zur Hölle finden sie immer neue Ballons?“, schrie Molly mit weit aufgerissenen Augen und rannte auf mich zu. Sie kreischte, als Will ihren Hintern mit einem Wasserstrahl traf. „William!“
„Ich habe eine Idee“, keuchte ich und lachte. Ich schnappte ihre Hand und zog sie ins Haus.
„Du bist eine kleine Betrügerin“, sagte sie und kicherte, als ich die Tür hinter uns zudrückte und abschloss. Vorsicht ist besser als Nachsicht.
„Ich glaube, das Wort, dass du meinst, ist Genie“, konterte ich und ging um den Küchentisch herum.
„Oh, nein“, sagte sie, als ich das Fenster über dem Spülbecken aufschob.
„Ich bin noch nie so froh gewesen, dass Will und du euch so viel Zeit mit diesem Haus lasst“, sagte ich und lachte, als ich mich davon überzeugte, dass kein Fliegengitter vor dem Fenster war. „Und jetzt pst.“
Ich drehte den Wasserhahn so weit auf, wie es möglich war, richtete den Sprühaufsatz auf den Garten und wartete. Es dauerte nicht lange, bis jemand unter dem Fenster stehenblieb, genau wie ich gehofft hatte.
Ich lachte wie eine Wahnsinnige, als ich die große Gestalt vollspritzte, wobei ich davon ausging, dass es einer meiner Brüder oder Cousins war. Ich war fies, laut und sehr stolz auf mich selbst, bis er sich umdrehte, den Strahl mit einer Hand blockierte und mir in die Augen sah.
„Mist!“, quietschte ich und ließ automatisch den Abzug los.
„Was ist?“ Molly spähte über meine Schulter. „Oh, nein“, flüsterte sie.
„Rache ist süß“, sagte Mack ruhig und ließ mich nicht aus den Augen, als er sein nasses Haar zurückstrich.
Als er Richtung Hintertür ging, kreischte ich und rannte zur Vordertür des Hauses. „Sag Reb, dass ich sie liebe!“, rief ich Molly zu. „Wir sehen uns später.“
„Feigling“, rief sie zurück und lachte sich halbtot.
Sie hatte recht. Ich war ein Feigling. Aber das war okay für mich.
Ich öffnete leise die Tür, spähte hinaus, um zu sehen, ob die Luft rein war, rannte dann über die Veranda und sprang die Treppe hinunter. Mein Auto hatte ich am Ende der Zufahrt geparkt, und ich fischte lächelnd den Schlüssel aus meiner Tasche. Ich hätte es kurzgeschlossen, wenn ich gemusst hätte, aber dann hätte ich es Montagmorgen in die Werkstatt bringen und meinen Dad bitten müssen, den Schaden zu reparieren. Ich stieß vor Erleichterung einen tiefen Seufzer aus, als ich die Finger um den Türgriff legte. Dann schrie ich wie am Spieß, weil sich Arme um meine Taille legten und ich hochgehoben wurde.
„Hast du tatsächlich gedacht, du könntest entkommen?“, fragte Mack und lachte, als ich anfing zu treten.
„Es war ein Unfall“, rief ich zappelnd und strampelnd. Er war klatschnass, und die paar trockenen Stellen auf meinem Shirt wurden schnell feucht, weil er mich so an sich drückte.
„Du hast mich mit dem Schlauch vom Spülbecken vollgespritzt“, erwiderte er ungläubig.
„Ich dachte, du wärst einer meiner Brüder!“ Sobald er mich auf die Füße zurückgestellt hatte, drehte ich mich um, machte ein paar Schritte zurück und beobachtete ihn wachsam.
„Na, das ist eine Beleidigung“, sagte er und brachte mich zum Lachen.
„Siehst du“, sagte ich und trat neben meine Autotür. „Es war alles ein Missverständnis.“
Er kam auf mich zu, und ich trat wieder zurück. „Missverständnis oder nicht“, murmelte er, und seine Lippen zuckten. „Ich bin trotzdem klatschnass.“
„Und das tut mir sehr leid“, erwiderte ich und nickte.
„Es fühlt sich aber nicht so an, als ob es dir leidtäte“, sagte er und kam einen weiteren Schritt auf mich zu.
„Doch, so ist es.“ Ich hob die Hände, als wollte ich ihn abwehren. „Wirklich.“
„Weißt du“, murmelte er und legte den Kopf auf die Seite. „Ich glaube dir einfach nicht.“
Ich kreischte, als er sich auf mich stürzte und lachte hysterisch, als er mich über seine Schulter warf.
„Es tut mir leid“, schrie ich, unterbrochen von Gelächter. Er trug mich auf das Haus zu. „Es tut mir wirklich leid!“
„Hmhm“, grunzte er, und ich wand mich und strampelte, um zu entkommen.
Wir umrundeten die Hausecke, und ich verstärkte meine Anstrengungen. Er brachte mich direkt aufs Schlachtfeld zurück. Jeden Moment würden meine Brüder und Cousins mich entdecken, und dann wäre ich ihnen ausgeliefert.
„Wir können darüber reden“, sagte ich und stützte mich an seinem Rücken ab, um mich aufzurichten. „Wir könnten Verbündete sein.“
Er schnaubte spöttisch und legte den Arm fester um meine Oberschenkel.
Bevor ich begriff, was passierte, ließ er mich von seiner Schulter gleiten und sanft in das Kinderplanschbecken plumpsen, das mit kaltem, schmutzigem Wasser gefüllt war. Ich keuchte, als das Wasser mich von den Brüsten bis zu den Schenkeln bedeckte und starrte ungläubig zu ihm hoch.
„Ich denke, jetzt sind wir quitt“, sagte er und grinste. „Verbündete?“
Ich ignorierte, dass sein Lächeln Schmetterlinge in meinem Bauch zum Flattern brachte und sah ihn düster an.
„Oh“, brüllte Tommy und lachte wie eine Hyäne. „Sieht aus, als hätte die kleine Betrügerin ihren Meister gefunden!“
„Du solltest mir den Rücken freihalten!“, schrie ich und spritzte halbherzig Wasser in seine Richtung. „Wo bleibt deine Loyalität?“
„Das ist Krieg, Rose“, sagte er ernsthaft. „Jeder kämpft für sich allein.“
„Ich glaube nicht, dass das so funktioniert“, sagte Mack und lachte leise.
Ich kletterte klatschnass aus dem Planschbecken und zeigte auf ihn. „Was hast du zu mir gesagt? Rache ist süß?“ Ich lächelte, als seine Augen groß wurden. „Denk dran.“
„Glaubst du, dass du mich in dieses Planschbecken kriegst?“, fragte er amüsiert.
„Das muss ich nicht“, erklärte ich selbstgefällig. „Ich werde mir das merken.“
„Oh, Mann“, sagte Will, der mit einem Handtuch hinter mir auftauchte. „Du solltest dich lieber einfach ins Planschbecken setzen, damit du es hinter dir hast. Sie scherzt nicht. Einmal hat sie zwei Monate gewartet, bevor sie sich gerächt hat. Du weißt nicht, wann es passiert, ganz plötzlich macht es BAM!“
„Das Risiko gehe ich ein“, sagte Mack, den Blick immer noch auf mich gerichtet.
„Danke“, sagte ich zu meinem Bruder, als er mir das Handtuch gab.
„Molly dachte, dass du es brauchen könntest“, meinte er und lachte.
Nach einem letzten bösen Blick auf Mack schlang ich das Handtuch um mich und stampfte davon. Meine Schuhe quietschten bei jedem Schritt.
Später am Abend, ich lag zusammengerollt auf der Couch, traf mich die Realität meiner Trennung mit der Macht eines Vorschlaghammers. Ich war allein. Erneut.
Ich war kein Mensch, der ständig Leute um sich herum brauchte, und ich mochte meine Freiräume, aber als ich in meine leere Wohnung kam, fühlte ich mich einsam. Und ich konnte mit Einsamkeit nicht gut umgehen.
Nachdem ich bei meinen Eltern ausgezogen war, teilte ich mir mit Lily in Connecticut, wo sie nach Yale ging, ein Zimmer. Als ich mir dann allein eine Wohnung mietete, schien die Freiheit anfangs absolut fantastisch. Ich blieb die ganze Nacht auf und ließ das Licht an, wenn mir danach war, und verpestete die Luft mit Imbissessen. Aber es dauerte nicht lange, bis ich begriff, dass es mir nicht gefiel, allein zu leben.
Tatsächlich mochte ich es, für mehr als eine Person zu kochen. Es gefiel mir, jemanden wissen zu lassen, wann ich abends zu Hause sein würde, oder ob ich überhaupt nach Hause kam. Ich mochte es, jemanden zu haben, mit dem ich einen Film gucken, zu Abend essen und von meinem Tag erzählen konnte.
Ich zog die Decke enger um meine Schultern und starrte ausdruckslos auf den Fernseher. Vielleicht hatte ich mich zu schnell auf die Beziehung mit Copper eingelassen, weil ich es hasste, allein zu leben. Wir gingen miteinander, und ein paar Wochen später war er praktisch schon bei mir eingezogen. Und ich hatte auf niemanden gehört, als man mich warnte, dass das in einem Desaster enden würde. Es gefiel mir, dass er da war, wenn ich nach Hause kam. Sicher, er redete manchmal über mich, und ich konnte nie über irgendetwas wütend sein, ohne dass er den Spieß umdrehte, bis ich plötzlich diejenige war, die sich rechtfertigen musste. Und er wurde sauer, wenn ich nicht in der Stimmung für Sex war, was mich verrückt machte, und er stellte meine Bedürfnisse nie über seine. Aber vom Verstand her zu wissen, dass er nicht gut für mich war, schien bedeutungslos zu sein, denn jetzt, wo er weg war, war ich trotzdem todunglücklich.
„Ich brauche eine Katze“, murmelte ich und stellte mit der Fernbedienung den Film aus, dem ich sowieso keine Beachtung geschenkt hatte. Eine Katze wäre toll. Sie würde viel weniger Arbeit als ein Hund machen, aber es wäre trotzdem jemand da, zu dem ich nach einer langen Nachtschicht nach Hause kommen könnte.
Ich schniefte, schloss die Augen und versuchte, nicht wieder zu weinen. Das hatte ich vorhin unter der Dusche schon genug getan. Mein Gott, warum war ich so vertrauensselig gewesen? Warum hatte ich so viel Zeit, Liebe und Energie in jemanden investiert, der mich ganz offensichtlich nicht einmal mochte?
Ich unterdrückte ein Schluchzen und erschrak, als jemand an meine Wohnungstür klopfte. Wer zur Hölle klopfte denn um halb elf abends bei mir? Mein Herz hämmerte, als ich zur Tür ging und nach dem Baseballschläger griff, den ich vorsichtshalber im Eingangsbereich aufbewahrte. Vielleicht war es Copper. Ich hasste es, dass ich nach all den Dingen, die er am Morgen zu mir gesagt hatte, immer noch hoffte, dass er es war.
„Ich hatte das Gefühl, dass du Gesellschaft brauchen könntest“, sagte Lily, als ich die Tür öffnete. Sie schob mich sanft zur Seite und ging in die Wohnung.
„Du hättest nicht rüberkommen müssen“, widersprach ich, drückte die Tür zu und schloss ab. Ich schüttelte den Kopf, als ich sah, dass sie einen Flanell-Schlafanzug trug und eine zerschlissene alte Decke in den Armen hielt. „Leo hat nur einen Blick auf dich geworfen und dich rausgeschmissen, oder?“, fragte ich scherzend.
„Leo ist scheißegal, was ich trage“, erwiderte sie überheblich und hob die Nase dramatisch gen Zimmerdecke. Dann schielte sie und streckte mir die Zunge heraus. „Ich mache nur Scherze. Er hasst diesen Pyjama.“
„Ich frage mich, warum“, sagte ich trocken. „Du siehst wie eine alte Dame aus.“
„Du klaust immer die Decken“, antwortete sie, schaltete das Licht aus und ging ins Schlafzimmer voran. „Ich habe auch flauschige Socken an.“
„Wie kannst du im Bett Socken tragen?“, murmelte ich. „Die Füße sollten nachts auslüften können.“
„Füße sollten warm sein“, widersprach sie und kletterte auf mein Bett. Ich löste die Decke von meinen Schultern und warf sie ihr zu.
„Du hättest wirklich nicht rüberkommen müssen“, sagte ich zu ihr, nahm meine Ringe und Ohrringe ab und legte sie auf den Nachttisch. „Mir geht es gut.“
„Dir geht es nicht gut“, erwiderte sie.
„Ich bin enttäuscht“, gab ich zu, stieg neben ihr ins Bett und schaltete das Licht aus. „Aber mir geht es gut.“
„Du hast gesagt, dass du ihn liebst“, sagte sie leise. Wir drehten uns so, dass wir uns die Gesichter zuwandten. „Das verschwindet nicht einfach, weil er gegangen ist.“
„Nein, tut es nicht.“
Wir schwiegen eine Weile, und die Erleichterung darüber, sie hier bei mir zu haben, brachte mich fast wieder zum Weinen. Lily war meine beste Freundin. Meine Seelenverwandte. Wir waren beste Freundinnen, seit unsere Mütter uns zum Schlafen ins selbe Bettchen gelegt hatten.
„Er war nicht der Richtige“, flüsterte sie und strich mir das Haar aus dem Gesicht. „Er hat dich nicht so behandelt, wie du es verdienst.“
„Vielleicht war das meine Schuld“, flüsterte ich zurück. „Vielleicht habe ich ihn weggeschoben. Ich bin einfach nicht gut darin.“
„Piep!“, sagte sie nervig laut, bevor sie ihre Stimme wieder senkte. „Stimmt nicht. Du hast absolut nichts falsch gemacht. Überhaupt nichts. Er hat sich wie ein kleiner Junge benommen und es geschafft, dass du dich beschissen fühlst.“
Ich schnaubte bei ihrer passenden Beschreibung.
„Irgendwo da draußen gibt es einen Mann“, sagte sie und schob die Hände unter die Wange. „Und der wird alles an dir lieben. Den mürrischen Teil, den du den Leuten auf der Arbeit zeigst, den liebevollen Teil, den du uns zeigst, und auch alles dazwischen. Er wird es urkomisch finden, wenn du fluchst, dir einen Klaps auf den Hintern geben, wenn du zickig zu ihm bist und jede deiner schlagfertigen Bemerkungen kontern.“
„Vielleicht hätte ich mich etwas zurückhalten sollen“, murmelte ich. „Aber ich bin einfach nicht gut in diesem Liebesgeplänkel, weißt du. Ich habe drei Brüder, die ihre Liebe zeigen, indem sie sich gegenseitig auf den Rücken schlagen und mich in den Schwitzkasten nehmen.“
„Tu das nicht“, sagte sie und schüttelte ein bisschen den Kopf. „Kein Mann, der etwas wert ist, vermittelt dir den Eindruck, dass du dich kleiner machen musst, damit er sich größer fühlen kann.“
„Das hat er getan“, erwiderte ich kaum hörbar.
„Das weiß ich“, sagte sie mit traurigen Augen. „Ich habe es gesehen, und ich wollte etwas sagen, aber du warst so versessen darauf, die Beziehung mit ihm zum Funktionieren zu bringen, dass ich es dir nicht noch schwerer machen wollte.“
„Warum gerate ich immer wieder an solche Männer? Warum bin ich so ein Magnet für Männer, die nicht wissen, wie man durchhält?“
„Keiner dieser Männer war der Richtige für dich“, sagte sie. „Vielleicht solltest du aufhören, zu suchen.“
Ich schnaubte spöttisch.
„Vielleicht solltest du den nächsten zu dir kommen lassen“, sagte sie und ignorierte den Laut, den ich gemacht hatte. „Ich schwöre, es passiert immer, wenn man nicht auf der Suche ist.“
„Ach, was weißt du denn schon?“, zog ich sie mit rauer Stimme auf. „Du bist in Leo verliebt, seit du in die Pubertät gekommen bist.“
„Wahrscheinlich schon davor“, sagte sie und verdrehte die Augen. „Aber wir kamen erst zusammen, als ich aufhörte, ihm nachzujagen. Es musste zur richtigen Zeit passieren.“
„Es fühlt sich an, als ob ich ihn nie treffen würde, den perfekten Mann, der genau für mich gemacht ist“, gab ich zu. „Alle anderen haben schon ihren Partner, und ich stehe immer allein in der Ecke, denn der Verlierer, mit dem ich gerade zusammen war, hat mich abserviert.“
„Wir sind dreiundzwanzig“, sagte sie und lachte leise. „Du hast noch so viel Zeit, den Richtigen zu finden. Der, mit dem du Kinder haben wirst und der dich behandelt, als wärst du der Mittelpunkt des Universums.“
„Was, wenn ich ihn nie finde?“
„Ich glaube, dann musst du einfach bei Leo und mir einziehen, und wir können Schwester-Ehefrauen sein.“ Sie lächelte, als ich lachte. „Aber du darfst nicht mit ihm vögeln. Wir besorgen dir einfach einen wirklich guten Vibrator.“
Unser Lachen erschütterte das Bett und ich versuchte schnaufend, wieder zu Atem zu kommen.
„Oh, mein Gott“, sagte sie und lachte wieder. „Das habe ich vergessen, dir zu erzählen.“
„Was denn?“
„Ich habe ein graues Schamhaar gefunden.“
„Was?“, schrie ich praktisch.
„Ja. Hing einfach da unten rum, als wollte es sagen, was ist los, alte Dame?“
Ich verschluckte mich und lachte noch heftiger.
„Ich werde es wachsen müssen“, keuchte sie zwischen ihrem Gekicher. „Aber ich habe Angst, dass da noch mehr sind, wenn es nachwächst.“
„Ein sechzigjähriger Teppich und dreiundzwanzigjährige Vorhänge“, sagte ich, wobei ich vor lauter Lachen kaum reden konnte.
„Oh, Gott“, röchelte sie und schlug auf die Matratze. „Warum zur Hölle hat uns niemand gewarnt?“
„Weil niemand anders seine Schambehaarung mit uns diskutiert?“
„Das sollten sie aber!“
Es dauerte eine Weile, bis wir uns wieder beruhigten. Aber danach fühlte ich mich tausend Mal besser. Leise Gespräche mit der besten Freundin im Dunkeln haben etwas Besonderes an sich – sie heilen selbst die schlimmsten Tage.
„Danke, dass du hergekommen bist“, sagte ich, als wir uns wieder zurechtlegten.
„Ist doch klar.“
„War Leo sehr sauer, dass du die Nacht hier verbringst?“
„Nein“, sagte sie und schüttelte den Kopf. „Sie kommen mal eine Nacht ohne mich zurecht. Gray hat schon geschlafen, und Leo wollte seine blöden Auto-Shows gucken und im Bett eingelegten Spargel essen.“
„Ih.“ Ich rümpfte die Nase. „Das ist ekelerregend anschaulich.“
„Und er gehört ganz und gar mir, meine Damen und Herren“, sagte sie und winkte der Zimmerdecke, als wäre sie Moderatorin einer Spielshow.
„Das will ich auch“, sagte ich und seufzte.
„Mach dir keine Sorgen, Rosie“, sagte sie und zog die Decke um ihre Schultern. „Ich verspreche dir, dass auch du eines Tages einen ekelerregenden Mann haben wirst.“
„Copper war widerlich“, sagte ich und schloss die Augen.
„Das war die falsche Art von widerlich“, murmelte sie zurück.