Читать книгу Skrupellos I - Ausgeweidet - Nicole Le - Страница 8

Kapitel 4:

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Abou Bakr Shamam war der Anführer der Beduinen in diesem Gebiet. Er war der Kontaktmann zwischen den Schlepperbanden, den Kairoer Ärzten und den Organhändlern.

Er war ein gebildeter Mann. Er hatte in USA und Australien studiert, Politikwissenschaften, Völkerkunde und Internationales Management. Er sprach mehrere Sprachen und hatte Internationale Kontakte. Sein Auftreten war kultiviert und extrem höflich und charmant, doch dahinter verbarg sich berechnendes Kalkül. In Wahrheit war er eiskalt und regierte seinen Stamm mit harter Hand. Er war von seinem Vater in die Vereinigten Staaten geschickt worden, um den Zusammenhang zwischen Macht und Geldfluss zu verstehen und Abou Bakr Shamam war ein Mann, der die alte Lebensweise und Abgeschiedenheit der Beduinenstämme beschützen wollte. Er wollte seine Mitmenschen nicht bilden und an der offenen demokratischen und kapitalistisch geprägten Gesellschaftsform teilhaben. Er fand, dass es einem hierarchischen Gesellschaftsgefüge besser gelang, die Menschen im Zaum zu halten und die Ressourcen besser ausgeschöpft werden konnten. Jeder hatte seinen Platz und seine Aufgabe. Störenfriede gab es wenige und wenn, hatte die Wüste sie auf seltsame Art und Weise verschlungen. Niemand stellte Fragen. Dafür musste auch niemand hungern oder in Armut leben.

Er wies seinen 1. Untergebenen Saad Zaghol an, die Gefangenen in der Höhle zu verstecken, bis mehr Zeit war, sich um sie und ihre Bestimmung zu kümmern.

Mit „Gefangenen“ meinte er die 5 Kinder, die sie mitgenommen hatten, als sie überstürzt fliehen mussten. Seine Späher waren überall in der Wüste verteilt und hatten sie frühzeitig gewarnt, als die Fokker gesichtet wurde.

Er war wütend.

Irgendjemand musste geplaudert haben. Wie sonst könnte es sein, dass man die Aufklärung Piloten des Militärs auf Kontrollflug in dieses Gebiet geschickt hatte. Sie waren schließlich erst vorgestern über dieses Gebiet geflogen.

Die Höhle befand sich ca. 50 km in östlicher Richtung auf der anderen Seite der Hügelkette, die sich fast zu einem kleinen Gebirge auftürmte. Dies war Stammesgebiet. Niemand verirrte sich hierher. Es war zu gefährlich. Die Höhle war Zufluchtsort seit mehreren Hundert Jahren und gab Schutz bei Sandstürmen und anderen Naturkatastrophen. Die Wände waren übersät mit Malereien, die schreckliche Geschichten aus der Vergangenheit erzählten.

Sayed Abd Allah und Abou El Atta trugen die noch immer betäubten Kinder herein. Zwei wimmerten ängstlich und Saad gab zu verstehen, dass man die Dosis der Droge erhöhe um sie mundtot zu machen.

Der einzige Beduine mit medizinischer Ausbildung, der Chirurg Dr. Waled Fadallah gab zu bedenken, dass es die Kinder töten könne und er es für besser hielte, nur ein Schlafmittel zu spritzen.

Saad hielt kurz Rücksprache mit Abou Bakr, dann nickte er nur kurz als Zeichen seiner Zustimmung.

Abou Bakr machte sich Gedanken. Die Kinder waren wertvoll. Sie brachten ungefähr den 10-fachen Satz ein.

Verzweifelte Eltern eines todkranken Kindes waren immer bereit einen horrenden Betrag für die Rettung ihres Kindes auszugeben. Er konnte also nicht riskieren, dass eines der Kinder kollabierte, starb und der Deal platzte.

Die restlichen Mitglieder des Operationsteams waren mit den Jeeps zurückgefahren. Man hatte vereinbart etwas Zeit verstreichen zu lassen, bis man erneut zuschlagen wolle.

Die Kinder müssten bis dahin möglichst bei guter Gesundheit versteckt werden. Bis sich eine Gelegenheit finden würde, ihnen die Organe zu entnehmen, auf die Eltern todkranker Kinder bereits sehnlich warteten. Zu viel Zeit durfte nicht verstreichen, denn wenn die Kinder der reichen Eltern sterben würden, hätten sie ein ernstes Problem am Hals. Das konnte er nicht riskieren.

Vielleicht konnte Dr. Waled die Organentnahme in der Höhle durchführen.

Er würde sich darum kümmern, aber zunächst musste er herausfinden, wo die undichte Stelle war.

Er rief Brian Goodman an und verabredete ein Treffen in Kairo für den darauffolgenden Morgen. Brian Goodman war der Kontaktmann zwischen ihm und den Empfängern, denen, die viel Geld für ein Organ bezahlten. Ein wichtiger Mann, der die Inter-Transplant leitete und vielleicht Informationen über die undichte Stelle hatte. Sie arbeiteten schon seit Jahren zusammen und es bestand ein gewisser Respekt zwischen ihnen, den man fast schon Vertrauensbasis nennen konnte, doch Vertrauen war etwas was man sich in diesem Geschäft nicht leisten konnte.

Am nächsten Morgen flog Abou Bakr nach Kairo und war erstaunt, dass Brian Goodman ihn zu einem Empfang bestellt hatte, an welchem viele Internationale Größen teilnahmen. Es ging um die Unterbringung und Versorgung der Flüchtlinge aus dem Sudan und Eritrea, die momentan in Strömen über die Grenze flohen und für die eine Lösung gefunden werden musste.

Er betrat gerade den Konferenzraum, als eine wunderschöne, großgewachsene, schlanke Frau am Rednerpult stand. Sie sprach über Menschenrechte und Flüchtlingshilfe, menschenunwürdige Zustände in den Flüchtlingsunterkünften und Ausbeutung der Flüchtlinge. Ihn interessierte nicht, was sie sprach, er war fasziniert von ihrer Ausstrahlung. Sie bewegte sich elegant, und sah irgendwie königlich aus. Ihr langes schwarzes Haar fiel ihr glänzend über die Schultern und sie strich es mit einer langsamen Bewegung aus dem Gesicht wieder hinter das Ohr. Ihre Blicke kreuzten sich kurz und sein Herz schlug schneller.

Er griff verwirrt nach einem Glas frisch gepressten Orangensaft, der auf den Tischen stand und trank hastig. Diese Gefühle waren neu für ihn und es verunsicherte ihn. Was war das, diese Verwirrung war völlig neu. Nicht das er nicht schon vorher Bekanntschaften mit wunderschönen Frauen gehabt hätte. Niemals zuvor hatte eine Frau eine derartige Reaktion in ihm ausgelöst.

Kurz nachdem die schöne Rednerin unter Beifall das Podium verlassen hatte, kam Brian Goodman mit ihr am Arm zu seinem Tisch. Goodman stellte sie als Dr. Nahla Ehad vor. Eine ägyptische Rechtsanwältin für Menschenrechte. Geboren in Kairo, aufgewachsen und ausgebildet in Paris. Sie stammte aus einer reichen und angesehenen Kairoer Familie. Der Vater war Bankier, die Mutter war eine Prinzessin aus einem alten Beduinenstamm.

Dr. Nahla Ehad war Traum und Alptraum in einer Person.

Abou Bakr, war verwirrt und wollte nur noch flüchten, weg aus dieser Situation, weg von dem Gefühl diese Frau, die seine wahre Identität niemals erfahren durfte, mehr als alles andere zu begehren. Ihr Blick durchbohrte ihn förmlich, sie sah ihn aufmerksam und ein wenig fragend an. Als sich die anderen Beteiligten zu ihm umdrehten, fiel ihm auf, dass sie ihn etwas gefragt haben musste und alle auf seine Antwort warteten. Er nestelte an seiner Krawatte, die ihm viel zu eng geschnürt vorkam und entschuldigte sich mit den Worten, dass ihm nicht ganz wohl sei. Er stürzte zur Toilette, wo er sich Wasser ins Gesicht spritzte.

So kannte er sich gar nicht. Er war eiskalt, mitleidlos mit seinen Opfern, berechnend mit seinen Geschäftspartnern und unantastbares Oberhaupt seines Stammes, doch diese Frau hatte eine beängstigende Macht über ihn. Er musste seine Fassung zurückgewinnen.

Er rief Goodman an und ließ sich mit der Ausrede entschuldigen, dass er anscheinend etwas Verdorbenes gegessen hätte. Er würde im Majestic Hotel auf ihn warten.

Im Hotel nahm er erstmal eine Dusche. Eiskalt, um wieder einen klaren Kopf zu bekommen.

Was war nur los mit ihm? Er hatte bereits mehrere Frauen, eine schöner als die Andere, doch das Bedürfnis, diese Frau zu besitzen wurde immer stärker, je mehr Wasser auf seinen erhitzten Körper prasselte.

Er war verwirrt und er fühlte sich schwach, verletzlich. Das erste Mal in seinem Leben. Diese Frau würde ihm vielleicht einmal das Leben kosten. Er musste plötzlich lächeln.

Wenn sein Schicksal dies für ihn bestimmt hatte, dann sollte es so sein.

Er würde sie wiedersehen und zwar bald.

Er trocknete sich ab und betrachtete seinen ansehnlichen Körper im Spiegel. Er war muskulös, schlank und eine beeindruckende Persönlichkeit. Er war es gewohnt, dass die Menschen ihm Beachtung schenkten und Respekt entgegenbrachten. Er war ein stolzer Beduine, geboren in einem Zelt in der Wüste. Auch die Ausbildungen im Ausland hatten seinen traditionellen Freiheitswillen und diese unbändige Wildheit nicht bändigen können. Er war ein Wüstensohn und sie sollte seine Wüstenblume werden.

Er rieb sich das Kinn und beschloss den schwarzen Bart wieder auf ein paar Millimeter zu kürzen, die europäischen Frauen standen auf gepflegte und zivilisiert aussehende Männer, nicht auf Wildwuchs im Gesicht.

Nachdem er sich rasiert und angezogen hatte, rief er Goodman an und setzte ein Treffen im kleinen Kreise an. Nur er, Nahla und Goodman, plus dessen Begleitung.

Der Grund des Treffens sollte eine mögliche Charity Veranstaltung sein, die er für die Menschenrechtsorganisation ausrichten wollte um seine Angebetete zu beeindrucken. Er wusste, sie war Halb-Beduinin und er fand die Idee einer Charity Party draußen in der Wüste in einem Beduinenzelt mit allem westlichen Komfort durchaus erfolgversprechend und er hoffte, sie würde seine Botschaft verstehen, dass er sich mächtig für sie ins Zeug legte.

Außerdem würde es von etwaigen Spekulationen ablenken und sein Ansehen in der Gesellschaft erhöhen. Man würde einen Mann, der sich für Menschenrechte einsetzte, niemals mit Organhandel in Verbindung bringen.

Brian Goodman war zunächst erstaunt über den Vorschlag, doch nach und nach gefiel auch ihm der Gedanke, dass man sie in einem tadellosen Licht sehen würde.

Und sie konnten gleichzeitig noch mehr internationale Kontakte knüpfen, was auch dem Geschäft sehr zuträglich war.

Goodman versprach das Treffen für den nächsten Abend in einem der angesehensten Restaurants Kairos anzuberaumen.

Dr. Nahla Ehad war eine freiheitsliebende Frau. Sie war wunderschön und sie mochte es nicht, wenn ihre Beziehungen in Besitztum umschlugen. Die Männer, mit denen sie sich eingelassen hatte, waren reich, gebildet und doch wurde am Ende aus ihnen immer nur ein jämmerlicher eifersüchtiger Kerl, die sie kontrollieren und am liebsten einsperren würden.

Sie war stolz eine Halb-Beduinin zu sein, auch in ihr gab es diesen stolzen Willen zur Freiheit, unbezwingbar und wild.

Natürlich sah man das auf den ersten Blick nicht. Man sah eine wunderschöne, gebildete und gut gekleidete Frau, die es sich zum Ziel gemacht hatte, sich für benachteiligte, misshandelte oder missbrauchte Menschen einzusetzen.

Sie tat dies mit Verstand und Geschick, auch wenn unter der kühlen und gefassten Fassade ein heißes Feuer glühte, welches fast zur Explosion kam, wenn sie von Folterungen, Menschenhandel oder noch schlimmerem erfuhr. Sie wusste wozu Menschen im Stande waren. Sie hatte Frauen befragt, die jahrelang gefangen gehalten worden und zum Sex gezwungen wurde. Sie waren jung, zu jung für dieses Schicksal und was die Männer ihnen angetan hatten war unvorstellbar. Viele hatten ihr Leben verloren, andere waren verstümmelt und wiederum andere waren verrückt geworden. Die Narben, die das Ganze bei den Frauen hinterließ konnte man nicht wieder gut machen. Dabei ging es nur um Geld. Der Mensch war zur Ware verkommen. Sie sorgte dafür, dass die Opfer eine angemessene Entschädigung bekamen und die Täter hinter Schloss und Riegel kamen.

Skrupellos I - Ausgeweidet

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