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2. You drive me crazy

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Es wäre im Wald sehr still, wenn nur die begabtesten Vögel singen würden.

Daniel Küblböck in einer Mottoshow

Nach DSDS, das sozusagen eine neue Medien-Ära einleitete, erreichte der Rummel um Daniel ungeahnte Höhen. Die Medien überschlugen sich förmlich mit ihrer Berichterstattung. Selbst die Royals, sonst Garant auf den Titelseiten der Wartezimmer-Bild- und Oma-Presse, wichen den Artikeln über Daniel. Nicht nur die privaten, sogar die öffentlich-rechtlichen Sender informierten über seine Auftritte, sein neues Video oder sehr gerne auch privat anmutenden, medienwirksam inszenierten Aktivitäten wie der Besuch seiner Lieblingsplätze in seiner Heimatstadt. Natürlich gab es auch ein Special zu seinem achtzehnten Geburtstag.

Ja, Daniel trieb die Verkaufszahlen zahlreicher Zeitungen und Magazine enorm in die Höhe. Was viele von Ihnen sicherlich gar nicht wussten, dass zu den Anfangszeiten von DSDS nicht nur RTL II und Super RTL zur RTL-Gruppe gehörten, sondern auch mehr als zwanzig weitere TV- und Radiosender. Der gesamte Verein war Europas Biggest Player in diesem Business. Das gab natürlich gewaltige Synergie-Effekte. Dazu kam dann auch noch, dass die RTL-Group fast komplett zum mächtigen Bertelsmann-Konzern gehörte. Zu dem wiederum gehörten BMG, Daniels damalige Plattenfirma, Random House, der Verlag, in dem Daniels Buch erschien und die Verlagsgruppe Gruner & Jahr, zu denen Magazine wie Stern oder Gala gehören.

Sie sehen, wo das hinführt? Da greift ein Rad ins andere. Da spuckt keiner dem anderen in den Pudding. Miserable Berichte gab es trotzdem. Getreu dem Motto: Schlechte Nachrichten sind besser als gar keine Nachrichten.

Und tatsächlich verkaufen sich Sex, Drugs & Rock’n Roll immer besser als Friede, Freude, Eierkuchen.

Dabei spaltete der schrille Kandidat durch sein Auftreten und seine Art die Nation. Und nicht nur die deutsche. Auch in Österreich und in der Schweiz trennten sich die Menschen in zwei, wie es schien, verfeindete Lager: Fans und Gegner. Ich möchte sogar soweit gehen: Fans und wie es auf neu-deutsch so schön heißt: Hater.

Daniel versuchte, sich damit zu arrangieren. Er hetzte in dieser Zeit von Termin zu Termin. Er hatte kaum noch Zeit für sein Privatleben. Es ging also richtig rund. Natürlich auch musikalisch. Auch ohne den Titel ›Superstar‹ eroberte Daniel die Charts. Dank Uns-Dieter besetzte Daniels erste Single You drive me crazy wochenlang die deutschen Single-Charts.

Am Erscheinungstag verkaufte Daniel mehr Singles als der spätere Superstargewinner Alexander und Modern Talking zusammen, die ebenfalls am selben Tag (war das klug von der Plattenfirma?) eine neue Single veröffentlichten! Das bescherte Daniel Platz eins der Trendcharts und seiner Plattenfirma: 30.000 verkaufte Tonträger. Auch das von Herrn Bohlen umgehend produzierte Album Positive Energie hielt sich elf Wochen lang auf Platz zwei. LÄUFT!

Schon Dieter Bohlen schrieb in seinem Buch Hinter den Kulissen, wie sehr er anfangs Daniel unterschätzt hatte. Daniel trat bei seinem Casting, verbotener Weise, mit Gitarre an. Mit zusammengebundenen Haaren und Strickjacke. Geradezu kindlich-naiv, aber auch unterhaltsam und amüsant war sein Auftritt. Schon da widersetzte er sich kalkuliert dem Anpassungsdruck, eben genauso weit, wie die Jury es zuließ. Aber Frechheit siegt und so war Daniel der Kandidat, der mit seiner Unverfrorenheit versuchte, zu punkten. Letztlich auch nur ein Mittel, um den begehrten Titel Superstar zu erhalten. Und zuerst die Juroren und dann später die Zuschauer honorierten es. Viele von ihnen konnten sich in Daniels Einstellung offenbar wiedererkennen. Dazu kamen noch seine Schwächen, immer wieder war er vor laufender Kamera den Tränen nah, die Daniel so liebenswert machten. Und Mütter und Omis weinen ließ. Daniel war ein Clown, ein Paradiesvogel, ein klassischer Anti-Held! Jahre später sagte Daniel einmal in einem Interview über sich selbst: »Damals war ich die Unschuld vom Lande. Ich bin mit 17 Jahren, von heute auf morgen, in das härteste Business der Welt geworfen worden«.

Aber Daniel war so sehr dieses Konzept, dass er es gar nicht benötigte. Die anderen Kandidaten ließen sich in eine Schublade drängen oder erfüllten ein bestimmtes Klischee. Brav spielten sie die Rolle, die von ihnen verlangt wurde. Überschwängliche Freude oder tiefe Enttäuschung gab es auf Knopfdruck. Niedlich hinstellen vor den Kameras natürlich inklusive. Der Sender hatte seine Teilnehmer gut im Griff. Bei Daniel war das anders: Er schien für die Bühne geboren zu sein. Die Kameras gierten förmlich nach ihm. Alles, was im Showgeschäft wichtig zu sein schien, besaß Daniel augenscheinlich. Niemand war echter als er. Seine Art zu übertreiben und dabei an sein eigenes Können zu glauben, machte ihn so liebenswert.

In den Recall von DSDS ließ die Jury ihn damals noch ohne große Erwartungen. Was sie lediglich spürten: Daniel war anders als die anderen Kandidaten. Zu dem Zeitpunkt ahnte nicht einmal der Godfather of Popmusic himself, welche enorme Bedeutung Daniel einmal für die Show haben würde. Und wie gut er zu vermarkten sein würde.

Als die beiden sich dann näher kennenlernten, überzeugte Daniel seinen Mentor aber mit seinem herausragenden Fleiß, seinem außerordentlichen Ehrgeiz und seiner fortwährenden Disziplin. Auch Thomas Stein ließ in einem Interview verlauten, dass Daniel im Gegensatz zu fünfzig anderen Kandidaten stets an sich gearbeitet hat.

Dieter Bohlen entdeckte später sogar seine Seelenverwandtschaft zu Daniel. Wie er selbst, so hatte auch sein Schützling diesen unbedingten Willen, es zu schaffen. Während die weiteren Teilnehmer der Staffel für die Aufnahmen zum Superstar-Album United im hauseigenen Studio des Pop-Titans ständig über die viele Arbeit stöhnten und jammerten, war Daniel voll motiviert. Während die anderen ständig Pausen brauchten, arbeitete Daniel weiter wie ein Besessener. Es ging so weit, dass die anderen Kandidaten sich über ihn beschwerten, weil sie wegen seiner ständigen Gesangsproben nicht schlafen konnten!

Aber die Arbeit an dem Gemeinschaftsprojekt hatte sich gelohnt. We Have A Dream, die Single der Finalisten, wurde die erfolgreichste des Jahres und auch das Album wurde ein Riesenerfolg! Sechs Wochen stand es auf Platz eins der deutschen Albumcharts und das erfolgreichste Album des Jahres 2003. Mit über 1,1 Millionen verkauften CDs wurde es mit elf Goldenen Platten ausgezeichnet. Dieter Bohlen hatte es wieder einmal geschafft: United, eines der meistverkauften Musikalben in Deutschland seit 1975.

Aber zurück zu Daniels Debut-Single. Was viele von Ihnen sicherlich nicht wissen werden, auch in Thailand kletterte You Drive Me Crazy an die Spitze der Charts. Die Thailänder waren verrückt nach Daniel und er dankte seinen treuen Fans dort mit einer kleinen Tour. Boulevardmedien dichteten ihm schon Auswanderungs-Ankündigungen an. Dabei war Daniel recht froh, wieder in Deutschland zu sein. Er hatte das deutsche Essen vermisst. Die echte tailändische Küche, nicht dieser Touri-Kram, war ihm auf Dauer dann doch zu scharf.

Diesen Erfolg hatten die meisten dem im Jahr 1985 in Hutthurm geborenen Künstler so gar nicht zugetraut. Aber dann schoss Daniel den Vogel ab: In der Fernsehsendung Unsere Besten – Wer ist der größte Deutsche? belegte er, auch Dank der Unterstützung seiner Fans, den 16. Platz. Daniel landete damit vor Persönlichkeiten wie Mozart, Schiller und Thomas Mann. Damit war er zu diesem Zeitpunkt der zweitgrößte noch lebende Deutsche hinter Helmut Kohl. Aber der ist ja inzwischen auch verstorben …

Interessanterweise war auch für seinen Mentor Dieter Bohlen Daniels Geburtsjahr auch eine Art musikalisches Geburtsjahr: Modern-Talking hatten mit You’re my heart, you’re my soul ihren ersten internationalen Hit! Musikalisch war 1985 sowieso ein aufregendes Jahr. Rock am Ring findet zum ersten Mal auf dem Nürburgring statt und mein persönlicher Hero Falco schenkte uns Rock me Amadeus.

Ansonsten passierte 1985 noch jede Menge. Der Tod von Rock Hudson, der als einer der ersten Prominenten an der Krankheit verstarb, löste eine AIDS-Panik aus. Darauf folgten viele Aufklärungskampagnen.

Der erst siebzehnjährige Boris Becker wurde der erste deutsche und bis dato jüngste Spieler aller Zeiten, der das Finale vom legendären Wimbledon für sich entscheiden konnte. Später wurde er zu einer der schillerndsten Gestalten der Promiszene. Einer, der ebenfalls polarisiert!

Besonders makaber: Im Geburtsjahr von Daniel Küblböck ortete ein Tauchroboter in 3600 Metern Tiefe das Wrack des 1912 gesunkenen Luxusdampfers Titanic, etwa 300 Meilen östlich von Neufundland. Ungefähr da, wo Daniel 33 Jahre später von Bord der Aidaluna verschwand …

Daniel Küblböck

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