Читать книгу Haustiere fotografieren - Nicole Schick - Страница 50
ОглавлениеHier das Making-of dazu: Mit Leckerchen bekamen wir diesen total entspannten Kaninchen-Mann dazu, Männchen zu machen.
Zwar rief ich noch, aber ich war zu weit weg. Die Tür des Wintergartens stand ein wenig offen. Innerhalb von Sekunden war sie im vollen Galopp durch die Tür, floh quer durch den Garten, sprang über den ca. 1,4 m hohen Zaun und war verschwunden. Was da in einem vorgeht, von der Besitzerin ganz zu schweigen, brauche ich wohl nicht zu erwähnen. Es war ein Albtraum. Innerhalb von Sekunden waren die Fotos völlig nebensächlich, es ging nur noch darum, das Tier irgendwie wieder einzufangen. Über Stunden versuchten wir sie in den Gebüschen der Nachbarsgärten aufzutreiben, riefen sie, lockten sie mit Leckerchen. Es waren schreckliche Stunden. Zum Glück wusste die Besitzerin, dass sie selbst schuld war, und machte mir keine Vorwürfe, aber ich war trotzdem von Schuldgefühlen zerfressen. Irgendwann gaben wir auf, ich riet ihr, eine Box offen stehen zu lassen und abends wiederzukommen. Es war ohnehin sehr warm, sie würde es nicht lange aushalten und sicherlich ihr Frauchen bald vermissen. Und so war es auch. Ein paar Stunden später, als die Katze sich an ihre Umgebung gewöhnt hatte und nicht mehr ganz so ängstlich war, sprang sie ihrer Besitzerin bald auf den Arm, als sie sie hörte. Eine riesige Erleichterung für uns alle und ein weiteres mahnendes Beispiel, aus dem ich gelernt habe.
Locations finden
Das Tolle an der Tierfotografie ist, dass sich beinahe überall schöne Stellen finden, an denen du Fotos machen kannst. Vermutlich wirst du gerade als Anfänger die Kamera immer mal dabei haben und ganz spontan denken: Hier mache ich mal ein Bild. Vielleicht bist du zuhause später ganz begeistert oder du stellst fest: Nee, das ist ja doch irgendwie nichts geworden. Meistens liegt es am Licht (dazu kommen wir im nächsten Abschnitt). Du wirst aber feststellen, wie viele total unscheinbare Ecken durch Winkel, Ausschnitt und Bildbearbeitung doch unglaublich spannend werden können.
Möchtest du eine neue Location ausprobieren, die du für Kunden nutzen möchtest, dann nimm doch anfangs einfach einen Freund mit, der sich vielleicht über ein paar schöne Fotos von seinem Liebling freut. So kannst du ungezwungen üben und siehst, ob sich die Fahrt mit einem Kunden an diese Stelle lohnt. Das ist Location-Scouting, wie es sein sollte, und das Schönste: Du übst und hast haufenweise neue Fotos für dein wachsendes Portfolio. Vielleicht entdeckst du dabei Orte, die noch niemand kennt. An der gleichen Location wie andere Fotos machen kann doch jeder!
Neben schicken, urbanen Motiven, die sich in der Stadt überall finden, sind z. B. Nadelwälder, offene und nicht zu stark kontrastreiche Wälder, Blumenwiesen aller Art, Heidelandschaften, Strände von Seen oder am Meer oder Holzstege ganz wunderbare Kulissen.
1/320 Sek. | f/3.2 | ISO 250 | 195 mm
1/400 Sek. | f/3.5 | ISO 640 | 145 mm
Manchmal reichen ein Baumstamm und ein bisschen Licht von hinten aus.
Der Location-Kalender
Für die Wahl einer geeigneten Location bzw. Kulisse kannst du dich auch von der Blütezeit verschiedener Pflanzen und Blüten leiten lassen.
ab Februar: Narzissen, Schneeglöckchen, Krokusse etc.
März/April: Obstbäume, Magnolien, Kirschblüten, Ginster u. v. m.
April/Mai/Juni: Tulpen, Raps
Mai/Juni/Juli: Flieder, Mohnblumen
Juni–Winter: Sonnenblumen
Juli/August: blühende Heide
ab Ende September/Oktober: bunte Herbstbilder/Wilder Wein
Aber das ist natürlich nicht alles. Jede Jahreszeit hat ihren ganz eigenen Reiz. Ich habe im Januar und Februar, bei Sonnenschein und trockenem Wetter, herrliche Bilder gemacht, die an den Herbst erinnern. Im Sommer sind weite Felder mit langen Gräsern und schönem Gegenlicht hinter den Bäumen auch eine tolle Kulisse. Dazu kannst du je nach Region im Winter auch Glück mit Schneebildern haben. Richtig schöner Schnee ist leider selten – und er bringt neue Herausforderungen: Oftmals haben wir bei Schneefall das Problem mit dem Fokus (Schneeflocken lenken den Fokus vom eigentlichen Motiv ab). Außerdem ist es oft stark bedeckt. Damit hast du wenig Licht für dein Motiv und der Schnee wirkt nicht so schön. Den schönsten Schnee hast du, wenn der Schnee frisch gefallen, noch nicht angeschmolzen ist und die Sonne scheint. Hier bekommst du im Gegenlicht oft auch die schönen Schneekristalle eingefangen.
1/1.250 Sek | f/5.6 | ISO 200 | 195 mm
Mit Sonnenlicht kommt Struktur in den Schnee und das Foto wird allgemein brillanter.
1/320 Sek. | f/3.5 | ISO 250 | 210 mm
Ein typisches, deutsches Schneefoto. Kein Licht, pappiger grauer oder überbelichteter Schnee.
Oftmals ist eine Location auch zu mehreren Jahreszeiten sehr schön, daher lohnt es sich, sie mehrmals zu besuchen. Halte dabei auch nach interessanten Dingen wie Baumstämmen, Bänken, interessant aussehendem Blattwerk und dergleichen Ausschau, wo du ein Tier gut platzieren könntest. Wenn du regelmäßig Tiere fotografierst, hilft dir ein guter Fundus an Locations, die du je nach Jahreszeit anfahren kannst. Ideal sind Orte, …
an denen du gut parken kannst,
zu denen du nicht erst eine Stunde hinlaufen musst,
bei denen du reichlich Motivauswahl hast (auch nach einer Stunde noch),
die ein bisschen abgelegener liegen, sodass du ohne viel Störung fotografieren kannst.
1/400 Sek. | f/3.2 | ISO 200 | 185 mm
Diese junge Katzendame war anfangs sehr vorsichtig. Wir waren in einem sehr ruhigen Waldstück, um ungestört zu sein.
Letzteres gilt vor allem für ängstliche, sozialunverträgliche oder auch junge Hunde, Katzen, Kleintiere oder Pferde. Toll ist, wenn du Musterbilder für potenzielle Kunden parat hast und sie ein wenig Auswahl haben, wo sie ihr Tier ablichten lassen. Die Locations sollten so ausgelegt sein, dass du zu jeder Jahreszeit genügend Auswahl hast und verschiedene Dinge anbieten kannst.
Im Übrigen glaubt man manchmal gar nicht – von Pferden abgesehen –, wie wenig Location nötig ist, um eine super schöne Umgebung für das Foto zu schaffen. Selbst in den ungepflegtesten Gärten und trostlosesten Ecken findest du für kleine Tiere fast immer etwas. Schließlich brauchst du nicht viel »Drumherum«.