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5 Verreck dran!

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24.September

Ok, setzt dich erst mal hin, ich wollte gerade …

Das eingefallene Gesicht des Dealers lehnt sich über den Tisch und zieht mit einem eingerollten Zwanziger eine Line Koks von einem kleinen, achteckigen Spiegel. Er wechselt das Nasenloch und zieht eine zweite Line. Mit weit aufgerissenen, blutunterlaufenen Augen sieht er zu seiner neuen Kundin.

Du kannst froh sein, dass du Salome kennst, normalerweise verkaufe ich nicht an Leute, die ich nicht kenne. Ich hab auch nur wenig Zeit, ich seh' mir gerade eine Dokumentation im Internet an. Hast du dich schon mal gefragt, warum Zigarettenfilter orange sind? Keiner hat mir geglaubt, ich hab's immer gesagt, ich hatte nie Paranoia. Scheiße. Ich seh' klar. Mir kann man nichts vormachen. Weißt du, ich kenne die Leute, ich muss Menschen nur ansehen und weiß direkt was los ist. Ich seh' dich an und weiß direkt, dass du korrekt bist. Ich merk das sofort. Ich brauch noch eine.

Mit fünf eingefleischten Handbewegungen legt er die nächsten zwei Lines auf den Spiegel, zieht die erste in seinen Schädel und richtet sich kerzengerade auf.

Ich habe super Zeug da, ich kenn die Typen, die hier in der Gegend das Sagen haben. Was Besseres kriegst du hier nirgendwo und bei mir kriegst du sauberen Stoff. Die Anderen vergiften dich, ich bin sauber, vertrau mir. Ich bin die Adresse. Ich wollte eben noch … Ich komm gleich drauf. Wieviel brauchst du überhaupt? Nur was für dich oder Masse?

Masse.

Okay, wieviel Masse denn? Lass dir doch nicht alles aus der Nase ziehen.

Wieviel für alles?

Wie alles?

Lilli nimmt ihre schwarze Sporttasche vom Boden, öffnet den Reißverschluss und legt drei fausthohe Batzen Fünfhunderter auf den Tisch.

Ach so, alles. Ich … Scheiße, wofür brauchst du denn so viel?

Sie greift wieder in die Tasche und legt zwei weitere Stapel Geldscheine neben die anderen.

Reicht das für alles?

Er starrt auf das Geld, dann auf das Koks auf dem Spiegel und wieder zurück auf das Geld.

Okay, bleib sitzen! Ich … Aber du verkaufst das doch nicht hier in der Gegend oder?

Nein, ich werde gar nichts davon verkaufen.

Der Dealer steht mit rasenden Augen auf.

Ich geh alles holen. Ich wollte sowieso aufstehen. Bleib einfach sitzen! Ich geh's holen. Ich hab die Übersicht.

Er schlängelt sich an Sessel und Tisch vorbei und geht in die offene Küche. Er öffnet den ersten Schrank. Doch er ist leer. Der nächste Gedanke ist der Letzte, der ihm als halbwegs geistig gesunder Mensch durch den verwirrten Kopf geht.

Wo zur Hölle?

Er dreht sich um. Außer Lilli und einer schwachen Glühbirne, die von einem blanken Kabel von der Decke hängt, ist der Raum vollkommen leer. Die Fenster und Türen sind verschwunden. Der Dealer dreht sich wieder um, doch nicht nur der Messerblock ist nicht mehr an seinem Platz, die ganze Einbauküche ist weg. Als er den Kopf zurück dreht, steht Lilli nur noch einen Schritt von ihm entfernt.

Fuck! Wer schickt dich? Schickt dich Antons Bruder? Er kann das Geld haben, kein Problem, sobald er aus dem Knast kommt … Ich zahl auch Zinsen, er kann es in Koks haben oder cash, ich kann auch Heroin besorgen. Ich dachte … ich kann ihm ja das Geld nicht im Knast geben.

Lilli gibt ihm eine schallende Ohrfeige, die den verwirrten Pusher von den Füßen holt.

Wer mich schickt? Die komplette Einrichtung ist verschwunden, alle Ausgänge sind weg und du fragst, wer mich schickt? Was ist bloß verkehrt mit euch?! Jesus Christus!

Die Glühbirne erlischt. Durch die Dunkelheit schallt der Schrei des verängstigten Mannes. Als hätte man die Sonne angeknipst, strömt ihr Licht wieder durch die Fenster. Zitternd steht der Dealer in seiner Küche.

Scheiße, ich weiß wieder was ich wollte.

Mit dunkelblauen Lippen geht er hastig zum Schreibtisch, öffnet die oberste Schublade und greift nach der mattschwarzen Pistole. Er hält sich den Lauf an den Kopf und entsichert. Seine Augen stehen völlig still. Er hält den Atem an. Einen Moment lang bewegt sich nur der Staub, der durch den Raum schwebt. Ein Tropfen Blut rinnt aus seiner Nase. Sein Blick fällt auf die vorbereitete Line auf Tisch. Er nimmt die Waffe von seiner Schläfe und setzt sich auf seinen kalten Sessel. Ungesichert legt er die Pistole vor sich, greift nach dem Spiegel und zieht das Koks mit offenen Augen. Das Blut auf seiner Oberlippe tropft auf das Glas. Der stechende Schmerz in seinen Nebenhöhlen, lässt sein Genick verkrampfen.

Was?! Ahhhhh! Fuck! Ahhhhhh!

Er springt steif auf und fällt zappelnd über den Tisch. Seine Schneidezähne zerbrechen auf dem dünnen, staubigen Teppich. Regungslos, aber bei vollem Bewusstsein, bleibt er liegen. Lillis Schatten fällt auf sein Gesicht. Sie öffnet das erste drei Kilo schwere Bündel und kippt ihm langsam das Koks über Wange, Nase und Mund.

Du hättest dich erschießen sollen. Ich hab dir die Chance gegeben, aber du hattest ja was Besseres vor.

Sie reißt das zweite Paket auf und bedeckt den Rest seines Gesichtes. Kein Luftzug aus seiner Lunge bewegt das weiße Pulver.

Verreck dran!

Lilli

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