Читать книгу Königspatience - Intrige im Parlament - Niels Krause-Kjær - Страница 5
EINS
ОглавлениеObwohl es Montag war und fürs Parlament ein freier Tag, war der Grönlandraum in Christiansborg voller Journalisten.
An einem Ende des Raumes, zentral platziert in der Wandelhalle zwischen dem Parlamentssaal und dem alten Reichstagssaal, standen ein Tisch und ein Stuhl. Hier sollte es passieren. Diejenigen, die Glück gehabt hatten, saßen auf Stühlen. Die meisten standen oder hatten sich auf die Tische gesetzt, die an der Wand standen. Man plauderte.
„Weißt du, worum es geht?“
„Dein Artikel gestern war ja ziemlich bissig.“
„Wenn ihr bis nach neun wartet, dann kann ich mitkommen.“
„Nein, wir haben noch kein Haus gekauft – Ich finde, es ist zu teuer.“
„Hast du auch einen Kater?“
„Mensch, siehst du gut aus mit dieser Frisur.“
„Wenn es hier um nichts Besonderes geht, kann ich die Kinder abholen.“
„Wann geht’s los?“
Auf dem Tisch lag ein Haufen kleiner Tonbandgeräte. Die Besitzer standen nicht weit entfernt – bereit, sie einzuschalten, sobald die Hauptperson eintreten würde.
Es war sechzehn Uhr. Laut des Telegramms der Nachrichtenagentur Ritzau sollte die Pressekonferenz jetzt beginnen. Eine Frau drückte sich durch die Menge. Unterm Arm trug sie einen großen Ghettoblaster, den sie ganz links auf den Tisch stellte. Dann ging sie wieder.
Der Grönlandraum wartete.
Ein paar Techniker richteten das Licht ein. Drei Scheinwerfer tauchten den Tisch in scharfes Licht. Die Fotografen überprüften ihre Kameras. Jetzt bloß kein Fehlschuss!
Dann hörte man draußen Gemurmel, gefolgt von Rufen.
Die Hauptperson war auf dem Weg herein. Lächelnd drängelte er sich durch die Menge. Schließlich setzte er sich an den Tisch ins Scheinwerferlicht. Die Journalisten drängelten sich vor, um die Tonbandgeräte anzuschalten.
„Ja, danke“, hörte man am Tisch.
„Danke, dass Sie gekommen sind. Was mich betrifft, so wird das keine lange Pressekonferenz. Ich habe nur eine kurze Erklärung.“
Er machte eine Kunstpause.
„Nach reiflicher Überlegung habe ich beschlossen, dass ich für den Posten als Vorsitzender der Demokratischen Partei nicht zur Verfügung stehe. Es war keine leichte Entscheidung. Die politische Führung der Demokraten war die meiste Zeit meines Lebens mein Ziel. Ich glaubte – und glaube es immer noch –, dass ich etwas zum Besseren bewegen kann. Doch aus vielerlei Gründen, auf die ich nicht im Detail eingehen möchte, will ich mich nicht darum bewerben. Der Entschluss ist endgültig und von mir allein getroffen worden. Ich möchte die Gelegenheit gern nutzen, um mich bei allen, die mich unterstützt haben, zu bedanken. Vielleicht sind Sie nun enttäuscht, aber in der Politik ist niemand unersetzlich. Wenn man das einmal von sich selbst glaubt, dann ist man entweder in seiner eigenen Machtgier gefangen oder so abgehoben, dass man als Politiker völlig ungeeignet ist.
Damit möchte ich gern diese – was mich betrifft – kurze Pressekonferenz beenden.“
Die Hauptperson sah sich um. Besonders die Fernsehjournalisten überboten sich mit Fragen.
„Nein! Keine Fragen. Beziehungsweise – ich kann das nicht bestimmen. Aber ich werde keine Antwort geben. Das Einzige, was ich noch ergänzen möchte, ist, dass ich heute Morgen etwas mit der Post erhalten habe, das Sie hören sollten.“
Damit nahm er eine Kassette aus seiner Innentasche und legte sie in den Ghettoblaster. „Es gibt nur dieses eine Exemplar. Ich weiß nicht, woher es stammt. Sie können damit tun, was Sie möchten.“
Er drückte auf den Knopf und verließ den Grönlandraum.