Читать книгу Einführung in die Logik - Niko Strobach - Страница 7
Оглавление1. Einleitung
Diese Einleitung soll verdeutlichen, inwiefern sich die vorliegende Einführung von anderen Einführungen in die Logik unterscheidet. Dabei kommt das Verhältnis der Logik zur Philosophie ebenso zur Sprache wie das Wesen der Logik.
1.1 Logik – ein schwieriges Feld?
Die Absicht dieses Buches
Eine Einführung in die Logik muss in einem etwas anderen Sinn einführend sein als eine Einführung in die Ethik, die Ästhetik oder die Erkenntnistheorie. Denn in der Logik muss man zunächst vergleichsweise umfangreiche technische Grundkenntnisse erwerben, um weiterführende Literatur lesen zu können. In einer Einführung in die Logik muss deshalb die Vermittlung grundlegender Techniken und des wichtigsten Vokabulars im Vordergrund stehen.
Diese Logik-Einführung ist vergleichsweise kurz, enthält aber dennoch etwas mehr Stoff als andere. Die ersten sechs Kapitel enthalten in üblicher Notation den weltweit ziemlich einheitlichen Stoff des ersten Logikkurses: klassische Aussagenlogik und Prädikatenlogik erster Stufe. Sie sind aus Materialien zu einem einführenden Logikkurs entstanden und werden regelmäßig in einem solchen Kurs als Textgrundlage eingesetzt. Über den üblicherweise im ersten Logikkurs behandelten Stoff hinaus gehen innerhalb der ersten sechs Kapitel die Unterkapitel 2.2, 5.3 und 6.10, aber auch die historischen Einstiegsabschnitte 4.1 und 6.1. Ein Kurs im Umfang von zwei Semesterwochenstunden sollte bis zu Kapitel 4 vordringen und vielleicht noch ausgewählte Aspekte von Kapitel 5 umfassen. Ein Kurs im Umfang von vier Semesterwochenstunden kann außerdem die Unterkapitel 6.2 bis 6.7 erarbeiten und das in Unterkapitel 6.9 zum Identitätszeichen der 1. Stufe Ausgeführte einbeziehen. Die Kapitel 7 und 8 gehören nicht mehr zum Stoff des ersten Logikkurses. In ihnen soll ansatzweise versucht werden, einige weitere für Philosophen besonders interessante Gebiete der Logik vorzustellen: In Kapitel 7 geht es um die Modallogiken. Mit gutem Grund bezeichnet man sie manchmal mit dem Ausdruck „Philosophische Logiken“. Als Logik der Möglichkeit und Notwendigkeit gehört etwas Modallogik heute zum Basiswissen in der Theoretischen Philosophie. Deshalb kommt sie in dieser Einführung schon vor. In Kapitel 8 soll ein Blick auf einige nichtklassische Logiken gewagt werden. Es geht um einen ersten Eindruck. Der Versuch eines Überblicks wäre illusorisch.
Formen des Argumentierens
Es ist gut, wenn man aus einer Einführung in die Logik ein kleines Repertoire von Formen des Argumentierens mitnimmt, die zu vielen Zeiten von vielen Philosophenfür plausibel gehaltenwurden, die immer wieder inargumentativen Texten vorkommen und die ihre fachsprachlichen Namen haben. Ein solches Repertoire wird auch hier geboten. Es ist sogar etwas größer als in anderen Einführungen, weil in dieser Einführung an manchen Stellen die Geschichte der Logik vorkommt. Aber ein solches Repertoire darf nicht alles sein. Schon seit ihren frühesten Tagen im 4. Jh. v. Chr. ist die Logik systematisch. Auch die Studierenden vergangener Jahrhunderte haben sich im collegium logicum, wenn es gut durchgeführt wurde, mit einem System vertraut gemacht und nicht bloß mit einer Handvoll Regeln. Die moderne Logik seit dem Ende des 19. Jh. geht in puncto Systematisierung weit über ihre Vorgängerinnen hinaus. Man kann heute viel mehrerfassenals früher, undmansieht viel besser, wie es zusammenhängt.
Die Methode
Je systematischer aber, desto formaler, abstrakter und unabhängiger von der angestrebten Deutung ist eine Logik. Nichts in dieser Einführung soll darüber hinwegtäuschen. Im Gegenteil: Sie werden beim ersten Lesen und Durcharbeiten von Kapitel 3 meinen, nicht zu wissen, was Sie tun (falls doch, werden Sie in Kapitel 4 sehen, dass Sie sich geirrt haben). Das ist volle Absicht. Denn in diesem Buch geschieht im Vergleich zu anderen Logikbüchern anfangs manches in umgekehrter Reihenfolge. Es wird nicht von anschaulichen Beispielen der natürlichen Sprache schrittweise abstrahiert und eine formale Sprache definiert. Vielmehr wird eine Logik als ein von der möglichen Anwendung ganz unabhängiges Spiel eingeführt und erst danach inhaltlich interpretiert. Das ist nicht etwa didaktische Kostümierung, sondern geht zum Kern der Sache: Sie werden so verstehen, was eine formale Sprache eigentlich ist, und damit auch, was Logik heute ist. Sie werden merken, dass Sie in gewisser Weise doch alles wussten, was Sie taten, weil es nicht mehr zu wissen gab. Sie werden gar nicht erst anfangen, zu glauben, dass Zeichen einer formalen Sprache Abkürzungen von Wörtern natürlicher Sprachen sind; auch nicht, dass solche Zeichen einen magischen Eigencharakter haben oder eine geheime Bedeutung an sich, die es zu entdecken gilt. Sie werden vielmehr praktisch begreifen, dass eine formale Sprache das eine ist, ihre Deutung das andere.
Wer sich gerne immer etwas zu dem vorstellen möchte, was er tut, oder wer das Buch begleitend zu einem traditionell aufgebauten Logikkurs liest, kann die Kapitel 4.1 und 4.2 vor Kapitel 3 lesen, wird dann jedoch weniger gründlich verstehen, was es mit der modernen Logik auf sich hat.
Die strikte Trennung der formalen Sprache von ihrer Deutung ermöglicht es, dass dieses Buch mit einem Kapitel zu nichtklassischen Logiken enden kann, in dem nichts zurückgenommen werden muss, was zuvor als ehernes Gesetz der Logik verkauft worden ist. Ich bin der Ansicht, dass es solche Gesetze nicht gibt, auch wenn wir uns zum Glück oft über die gerade einschlägigen Regeln einig sind.
Logik als Werkzeug
Eine Anwendung gehört zwar nicht zu einer formalen Sprache selbst. Aber eine formale Sprache hat doch in der Regel eine Anwendung. Sie wird gedeutet. Man kann sie, wenn man will, mit dem Anspruch gebrauchen, Argumente nachzuvollziehen und deren Qualität an ihr zu messen. Schon die alte griechische Bezeichnung der logischen Schriften des Aristoteles war „Organon“: Werkzeug. Logik ist als Argumentationstheorie ein Werkzeug fürs Philosophieren, und zwar heutzutage ein mathematisches Werkzeug. Sie steht in einem ähnlichen Verhältnis zur Philosophie wie verschiedenste Zweige der Mathematik zur Physik, wie die Statistik zur Psychologie und Soziologie oder wie die Spieltheorie zur Ökonomie.
Nicht überall, wo „Logik“ draufsteht, ist Logik im heute üblichen Sinne des Wortes „Logik“ drin. Prominente Beispiele sind der 500 Seiten lange Mittelteil von Kants Kritik der reinen Vernunft mit der Überschrift „Transzendentale Logik“ sowie Hegels Werk Wissenschaft der Logik. Damit ist überhaupt nichts gegen diese faszinierenden und wichtigen Texte der Philosophiegeschichte gesagt. Nur ist das, worum es dort geht, so weit von dem entfernt, was heute üblicherweise den Namen „Logik“ trägt, dass sie damit nicht mehr als den Namen gemein haben. Es hätte auch anders kommen können: Eine Weile war für die heutige Form der Logik z.B. der Ausdruck „Logistik“ im Schwange, bei dem man inzwischen eher an Speditionsunternehmen denkt.
Versteht man Logik als Werkzeug, so vermeidet man das Missverständnis, sie sei bloße Propädeutik, weil man sie am Anfang lernt; eine erste Stufe, die man bald beim Aufstieg zu höheren Denkformen überschritten haben wird. Ist Logik Werkzeug, so ist es aber auch kein Wunder, dass man allein mit Logik keine Probleme löst: Mit einer Säge allein baut man auch keinen Tisch. Man braucht noch Holz dazu. Aber die Säge braucht man eben auch.
Philosophen treten oft mit dem Anspruch auf, zu begründen, warum eine nicht alltägliche These wahr ist. Dafür bedienen sie sich sehr oft allgemein akzeptierter Formen von Argumenten und bauen darauf, dass man sie erkennt. Das ist in alten wie in neuen Texten so. Auch wenn darin keine einzige logische Formel vorkommt, so versteht man sie besser, wenn man den formal geschulten Blick auf sie anwendet und vielleicht sogar die eine oder andere Formel an den Rand schreibt. Wer sich nie über die Begründungsstruktur eines Textes Gedanken macht, liest ihn vielleicht als Literatur, schlimmstenfalls als Droge, aber nie als Philosophie. Wer herausbekommen will, was der Autor als Philosoph wollte, der braucht das Werkzeug Logik. Wer seine eigenen Gedanken als Philosoph verständlich vorbringen will, wird es ebenso brauchen.
So richtig der traditionelle Vergleich der Logik mit einem Werkzeug ist, so wenig soll er im Hinblick auf dieses Buch übertriebene Erwartungen wecken. Dieses Buch enthält keine eigenen Kapitel mit Beispielen der Anwendung von Logik auf argumentative Texte. Nur einige der Übungen geben darauf Hinweise. Auch eine gute Gebrauchsanweisung für ein Werkzeug verschafft noch keine Erfahrung in seinem Gebrauch. Die Analyse von Argumenten ist Erfahrungssache. Man lernt sie beim Tun. So ist auch dieses Buch keine Einführung in die logische Analyse philosophischer Texte. Es schafft nur die Voraussetzungen dafür, dass man an sie herangehen kann.
An einem Logik-Text hat man vergleichsweise lange zu lesen. Das ist auch beim vorliegenden Buch zu beachten: Diese Einleitung und das Fazit lassen sich schnell lesen, Kapitel 2 und Kapitel 5 innerhalb einiger Tage. Jedes andere Kapitel enthält den Stoff mehrerer Wochen eines Logikkurses.
Da Logik intensive aktive Einübung braucht, stehen am Ende jedes Unterkapitels Übungen.
1.2 Zusammenfassung und Literaturhinweise
Auf einen Blick
In dieser Einleitung wurden Umfang und Aufbau des Buchs sowie seine Methode angedeutet, und es wurde erläutert, was man darunter verstehen kann, dass Logik ein Werkzeug ist.
Literaturhinweise
Andere empfehlenswerte Einführungen in die Logik sind Barwise/Etchemendy (1), GAMUT (3: zwei Bände, didaktisch ausgezeichnet), Zoglauer (10), Kutschera (4), Rosenkranz (171), Löffler (169), Quine (8: ein Klassiker, aber nicht ohne Verschrobenheiten). Als weitere dezidiert philosophische Einführung zu empfehlen ist Nortmann (6). Dezidiert philosophisch, technisch, umfangreich: Sider (195). Das Reclam-Heft von Salmon (9) ist nur gut für einen allerersten Einstieg, vermittelt aber keine Technik im Umfang des Standard-Stoffs.
Einen Teil mit Analysen philosophischer Argumente enthält Hardy/Schamberger (184). Eine hilfreiche Einführung in die logische Analyse philosophischer Argumente bietet Tetens (198). Eine beeindruckende Sammlung von 100 bedeutenden philosophischen Argumenten mit logischer Analyse in Prämissen und Konklusion unter Angabe der eingesetzten Schlussregeln bietet Bruce/Barbone (201).