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DIE ISLAMISTISCHE HERAUSFORDERUNG

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„Nicht der Koran muss mit der Demokratie verträglich sein, sondern umgekehrt, die Demokratie muss mit dem Koran vereinbar sein.“

Der Imam einer Moschee der Türkischen Föderation in Wien, 20175

In den vergangenen 40 Jahren ist es fundamentalistischen Strömungen in nahezu allen mehrheitlich islamischen Ländern gelungen, ihre Auslegung der Religion in die Mitte dieser Gesellschaften zu tragen und diese Lesart zum Mainstream zu machen. Diese Veränderung hat auch Auswirkungen auf muslimische Communitys in Europa. Während diese Entwicklung bis vor wenigen Jahren nur in kleinen Zirkeln zur Kenntnis genommen wurde, sprechen inzwischen auch Politik und Medien immer häufiger vom „politischen Islam“. Der Begriff hat sogar Eingang in das Regierungsprogramm der türkis-blauen Koalition in Österreich gefunden. Unter der Überschrift „Kampf dem politischen Islam“ findet sich dort ein eigenes Kapitel, das unter anderem strafgesetzliche Bestimmungen gegen den politischen Islam ankündigt.6

Man gewinnt jedoch den Eindruck, dass weder Politik (quer durch alle Parteien) noch Medien eine adäquate Vorstellung vom Phänomen politischer Islam oder Islamismus haben. Das mag der Tatsache geschuldet sein, dass es sich hierbei um eine für Europa vergleichsweise neue Gegebenheit handelt. Analyse und Faktenwissen hinken den Ereignissen und der öffentlichen Debatte hinterher. Nicht nur der islamistische Terror, sondern die vielen, dem alltäglichen Islamismus geschuldeten sichtbaren Veränderungen treiben heute immer mehr Menschen in europäischen Ländern um, ohne dass die Politik bislang eine hinreichende Antwort auf diese Herausforderung gefunden hätte.

Mit dem Begriff Islamismus verbinden die meisten vermutlich in erster Linie Bilder von Terroranschlägen aus New York, Madrid, Istanbul, Paris, London, Berlin und unzähligen anderen Städten der Welt; Berichte über die Gräueltaten des „Islamischen Staats“, von Sklavenmärkten, auf denen jesidische Frauen und andere Gefangene verkauft werden, und von bärtigen Männern, die schwer bewaffnet und die schwarzen Flaggen mit weißem Aufdruck des Glaubensbekenntnisses schwenkend laut Allahu Akbar („Gott ist am größten“) in die Kameras schreien. Der gewalttätige Islamismus, oft auch mit dem Begriff Dschihadismus beschrieben, stellt jedoch nur die sichtbare Spitze des Eisberges dar.

› Längst haben sich gewaltfrei und legalistisch vorgehende Islamisten auf den Weg gemacht, die Gesellschaft zu transformieren.

Während der Dschihadismus in Europa in Gestalt sogenannter Gefährder und ihrer Sympathisanten ein sicherheitspolitisches Problem darstellt, ist die Herausforderung durch legalistische islamistische Kräfte eine mindestens ebenso große, wenn nicht größere gesellschaftspolitische Aufgabe. Neben der dschihadistischen Szene hat sich eine vielfältige Bewegung etabliert, die Propaganda in islamische Communitys hineintragen will und damit durchaus erfolgreich ist. Auch wenn Letztere den dschihadistischen Weg als fehlgeleitet betrachten, stellen ihre politischen Ziele eine Gefahr für Demokratie und Pluralismus dar, ähnlich wie andere gewaltfreie extremistische Vorstellungen auch. Als warnendes Beispiel für den islamistischen Gang durch die Institutionen und eine Islamisierung von Staat und Gesellschaft unter Ausnutzung des demokratischen Rechtsstaats kann die Türkei gelten, wie im folgenden Kapitel noch ausgeführt wird.

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