Читать книгу Mein Leben als psychisch Kranker – Tagebucheinträge incl. Ein Part Psychiatrie Tagebuch - Nismion LeVieth - Страница 4
Einer dieser Tage …
ОглавлениеHeute war wieder einer dieser Tage. Es fing ja an damit, dass ich heute morgen sehr früh wach wurde. Dann erschuf ich diese Seite, die Idee dahinter, den Gedanken. Und dann wollte ich mich wieder hinlegen bevor ich zur Arbeit musste. Aber ich konnte nicht schlafen. Die Gedanken kreiselten um eine sehr intensive Vergangenheit vor einiger Zeit, ein paar Jahren und auch davor. Ich hatte eine sehr intensive Psychose damals, in der ich auch Stimmen hörte. Und die Realität vermischte sich mit der Einbildung. Und bis dato ist nichts verarbeitet oder irgendwie geklärt. So ist es wie ein Wurm in meinem Gehirn, der mir immer wieder Erinnerungen aus dieser Vergangenheit schickt und mich sich erinnern lässt. Normalerweise sehe ich dies nicht als Belastung, sind es doch, wenn auch aufgezwungene, Erinnerungen. Auf jeden Fall trieb mein Geist auf Bahnen weit oben und weit unten. Ich fasste mich dann wieder zusammen und ging arbeiten. Und seltsamerweise funktionierte ich auf der Arbeit wie eh und je. Keiner merkte mir etwas an oder leistete ich sogar weniger. Ich denke, ich habe das meinen Anteilen zu verdanken, dass ich für jede Situation die passende Rolle, Mimik, Verhalten, Können etc. habe. Ich hatte schubweise Kopfschmerzen, aber das war verschmerzbar. Wartete ich doch darauf, dass ich mal nicht funktionierte. Aber dem war nicht so. Man führt den Small Talk wie eh und je. Über das Wetter, das heute mal Bombe war. (Auf dem Weg zur Arbeit bin ich auch zu Fuß gegangen, um die Sonne mal tanken zu können.) Und lässt sich doch nicht anmerken, wie es einem kurz vorher noch verdammt schlecht ging. Man trägt schweigend seine Last, die einem aufgebürdet wurde und behelligt doch nicht die Mitmenschen damit, die es so auch nichts angeht. Spielen wir auf der Arbeit doch unsere Rolle der Führungskraft, die zwar menschlich, aber doch auch über allem steht. Nichts kann sie aus der Bahn werfen und meistens lächelt sie, oft ist sie still. Aber das ist nicht verwerflich oder seltsam. So ist sie nun mal einfach. Morgen früh habe ich einen Termin beim Psychiater. Dem darf ich dann erklären, dass die neuen Medikamente (Reagila) absolut nichts für mich sind. Dass sie mich abtreiben lassen. Wegdriften von der Realität. Da doch eher das Risperidon weiter und von mir aus auch etwas höhere Dosis. Meine Psychiaterin lässt da ja mit sich reden, ist sie doch sehr menschlich und überlässt mir auch Eigenverantwortung. Ja dieses Doppelleben, das wir führen. Ich denke, es muss so sein. Wir haben unsere „normale“ Rolle in der Gesellschaft und dann noch den Bereich der krank ist und im sonstigen Umfeld nichts zu suchen hat. Aber wir leisten unseren Teil. Meistens sogar ziemlich gut. Und solange es funktioniert, dürfen wir uns doch nicht beschweren?