Читать книгу Die längsten und gigantischsten Flüsse unserer Erde - Noah Adomait - Страница 31
Merkmale und Entwicklung des Flusssystems
ОглавлениеDer Brahmaputra ist in seinem Verlauf wesentlich vorgezeichnet von tektonischen Vorgängen und Strukturen, die der laufende Kollisionsvorgang der indischen Platte mit der eurasischen Platte bisher hervorgebracht hat.
Der westöstlich verlaufende Tsangpo zeichnet über weite Strecken die Erdnaht nach, die beide Platten trennt. Es gibt Hinweise, dass der östliche Tsangpo bis zum Miozän der Oberlauf des durch Myanmar fließenden Irrawaddy war. Die Ablenkung nach Süden zum heutigen Tiefland von Assam hin erfolgte, bevor sich der Himalaya stark heraushob; das Durchbruchstal des Dihang quer zur Linie höchster Gipfel des Himalaya ist also antezedent.
Im westlichen Tal des Tsangpo münden viele Nebenflüsse entgegen dessen Fließrichtung, so dass vermutet wird, dass dieser Talabschnitt ursprünglich nach Westen entwässerte. Der Fluss wäre dann über einen heute nur 75 Meter höheren Pass hinweg dem heutigen Kali Gandaki gefolgt und hätte vielleicht sogar schon dessen gigantische Talschlucht angelegt.
Die schroffe Schlucht des Yarlung Tsangpo ist zum einen durch einmündende, vor allem eiszeitliche Gletscher überformt worden, zum anderen durch wiederholte Ausbrüche von bis zu 680 Meter tiefen Eisstauseen, die sich vor ihnen gebildet hatten und rund 300 Kilometer weit ins tibetische Hochland reichten. Neben den Lößanwehungen brachten die Sedimente dieser Eisstauseen die fruchtbaren Böden für den heutigen „Brotkorb Tibets“ hervor.
Auch im Mündungsbereich wirken sich tektonische Hebungen wesentlich auf die Struktur des Flusssystems aus. Der mit dem Ganges vereinte Unterlauf des Brahmaputra, der den größten Strom Asiens darstellt, existiert so erst seit dem zu Ende gehenden 18. Jahrhundert. Vorher mündeten beide Ströme getrennt in den Golf von Bengalen, wobei der Brahmaputra weiter östlich, dem heutigen Alten Brahmaputra entlang verlief und die breiten Stromrinnen der heutigen Oberen Meghna anlegte. Die Westverlagerung zum heutigen Jamuna-Lauf erfolge vor allem seit einem Erdbeben im Jahre 1782. Zugleich hebt sich der Westteil des Gangesdeltas, was den Padma-Arm des Ganges zu seinem dominierenden Hauptstrom werden ließ.
Je nach Verlauf der Mündungsarme ist der Brahmaputra somit entweder wie heute der Hauptstrang des größten Flusssystems in Asien, oder aber, getrennt vom Ganges (jedoch mit weiterhin einmündender Oberer Meghna), nach dem Jangtsekiang (mit 31.900 m³/s) der zweitgrößte Strom mit ungefähr 25.000 m³/s.