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Weniger Ungleichheit

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Siehe: Aristoteles, Politik, Buch III, Kapitel 8, Buch IV, Kapitel 4; S. 26.

Interessant dabei ist, dass diese Debatte eine lange Tradition hat und bis auf das erste Werk über politische Demokratie im klassischen Griechenland zurückgeht, die Politik von Aristoteles, die erste umfassende Untersuchung verschiedener politischer Systeme. Aristoteles kommt darin zu dem Schluss, dass die Demokratie die beste Regierungsform sei. Doch dann weist er genau auf das Problem hin, das auch Madison bemerkte. Aristoteles betrachtete nicht ein Land, sondern den Stadtstaat Athen, und man darf nicht vergessen, dass sich seine Demokratie auf freie Männer beschränkte. Doch das war auch bei Madison so – seine Überlegungen galten freien Männern, nicht Frauen, und natürlich erst recht nicht Sklaven.

Siehe: Aristoteles, Politik, Buch VI, Kapitel 5; S. 27.

Aristoteles stellte dasselbe fest wie Madison viel später. Wenn Athen eine Demokratie für freie Männer wäre, würden sich die Armen zusammenschließen und den Reichen ihren Besitz nehmen. Doch die beiden fanden entgegengesetzte Lösungen für dasselbe Dilemma. Madison kam zu dem Schluss, man müsse die Demokratie einschränken – mit anderen Worten, das System so gestalten, dass die Macht in den Händen der Reichen liege, und die Bevölkerung auf vielerlei Weise spalten, damit sie sich nicht zusammenschließen könne, um den Reichen die Macht zu entreißen. Aristoteles sah die Lösung im Gegenteil: Er schlug eine Staatsform vor, die wir heute als »Wohlfahrtsstaat« bezeichnen würden. Man müsse, so meinte er, die Ungleichheit vermindern – durch öffentliche Speisungen und andere dem Stadtstaat angemessene Maßnahmen. Kurz, ein Problem, zwei Lösungen: die Ungleichheit vermindern oder die Demokratie einschränken. Und diese beiden gegensätzlichen Bestrebungen konstituieren unser Land.

Ungleichheit hat viele Konsequenzen. Sie ist nicht nur an sich ungerecht, sondern hat ausgesprochen negative Auswirkungen auf die Gesellschaft insgesamt, selbst auf Dinge wie die Gesundheit. Es gibt fundierte Studien – etwa von Richard Wilkinson –, die zeigen, dass es um die Gesundheit einer Gesellschaft umso schlechter bestellt ist, je mehr sie von Ungleichheit geprägt ist, egal ob diese Gesellschaft arm oder reich ist. Denn die Ungleichheit an sich hat bereits zerstörerische, schädliche Auswirkungen auf die sozialen Beziehungen, das Bewusstsein, das Leben der Menschen und zieht weitere negative Folgen nach sich. All das sollte aber überwunden werden. Aristoteles hatte recht – um das Paradox der Demokratie zu überwinden, muss die Ungleichheit vermindert und nicht die Demokratie eingeschränkt werden.

Requiem für den amerikanischen Traum

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