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Als Ria verschwand ...

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Die Raupe Traxi lebte in einem Baum hoch oben in einem dunklen Wald. Sie hatte ihre Behausung in dem Loch eines dicken Astes. Ihr Raupenmann hatte sie und ihre Raupenkinder verlassen, als die kleinere Raupe gerade erst geboren war. Damals hatte sie für ihr Kind noch nicht einmal einen Namen. Seither schlug sie sich mit viel Mühe durch das Leben. Unter großen Anstrengungen versuchte sie, ihren Kindern eine schöne Kindheit zu bereiten.

Traxi war eine sehr attraktive Raupe. Mit neugierigen Augen blickte sie zuversichtlich in die Welt - in der Gewissheit, ihr Leben unter den veränderten Bedingungen zu meistern.

Traxi liebte ihre Wohnung, obwohl sie unpraktisch war. Sie hatte sie damals mit ihrem Mann bezogen, als sie noch keine Kinder hatten. Inzwischen waren zwei da. Die Wohnung war durch die Höhe im Baum ungünstig gelegen, denn bei einem Ausflug musste sie immer den ganzen Stamm hinunter und vor allem anschließend wieder hinauf. Zugleich war die Behausung aber auch sicher. Der Specht, der vor wenigen Wochen zum ersten Mal aufgetaucht war, holte sich aus der Rinde des Baumes sein Fressen. Traxi musste um ihre Raupenkinder fürchten. Da die Wohnung aber sehr hoch in einem Seitenast lag, hoffte sie, dass der Specht dort nicht auftauchen würde.

Die Wohnung von Traxi war gemütlich. Sie hatte mehrere Räume und lange Gänge. Auf diese Weise konnte Trixi, das große Raupenkind, seine Rockmusik hören. Sie störte auch das kleine Raupenkind nicht, wenn es schlief.

Nachdem der Raupenmann ausgezogen war, hatte Traxi eine schwere Zeit durchlebt. Es war ein Glück, dass sie einen Beruf hatte, mit dem sie sich und ihre Familie durchbringen konnte.

Jeden Morgen verließ sie den Baum, nachdem sie die Kinder versorgt hatte. Der Weg nach unten war genauso anstrengend wie der Weg nach oben.

Normalerweise klappte es gut, dass die zwei Kinder in der Wohnung blieben.

Traxi hatte Trixi gebeten, auf Ria - das zweite Raupenkind wurde nach seiner Großmutter benannt - aufzupassen. Einen Babysitter konnte sie sich nicht leisten. Die Tage verstrichen. Traxi hatte nicht wahrgenommen, wie schnell Ria größer geworden war. Die Kindersicherung an ihrer Wohnung reichte nicht mehr, um sie daran zu hindern, vor die Wohnungstür zu gelangen.

Traxi, das große Raupenkind hatte an jenem Morgen die Wohnung verlassen. Sie hatte gesehen, dass Ria, die kleine Raupenschwester eingeschlafen war.

Ria wurde wach. Ihre Raupenmama Traxi legte großen Wert darauf, dass sie regelmäßig schlief. Irgendwie hatte Traxi vor lauter Arbeit übersehen, dass Ria inzwischen so groß war, dass sie die Kindersicherung überwinden konnte. Es kostete sie zwar einige Anstrengung, aber auf einmal war sie vor der Wohnungstür. "Wenn ich so groß bin, dass die Sicherung kein Hindernis mehr ist, dann darf ich bestimmt auch weggehen", sagte sie sich.

An jenem Montag verschwand sie. Mit einem Schlag tat sich für Ria eine völlig neue Welt auf. Sie stand am Ausgang der Wohnung und sah hinunter. Ihr wurde angesichts der Höhe schwindelig. Aber sie war viel zu neugierig auf die neue Welt, als dass sie in diesem Moment umgekehrt wäre.

Sie hatte keine Ahnung, wohin sie ging, aber sie wollte die Welt sehen und kennen lernen. Aua, der raue Boden tat ganz schön weh. Bislang war sie noch nie außerhalb der Wohnung unterwegs gewesen. Sie hatte keine Vorstellung, wie uneben und kratzig die Äste von außen waren.

Da die Behausung auf einem Ast nicht weit vom Hauptstamm entfernt lag, bog die Raupe wenig später auf den Hauptstamm ab. Oh, das war tief. Zum ersten Mal sah sie hinunter. Ihre Mama hatte erzählt, dass es sehr anstrengend war, hier hinunter und dann wieder hinauf zu klettern. Ria hatte keine Ahnung, dass sie später von unten bei den vielen Stämmen gar nicht in der Lage sein würde, den richtigen wieder herauszufinden. Weil Ria von all dem nichts wusste, marschierte sie weiter nach unten.

Ria war noch jung – nur angetrieben von ihrer Neugier auf die Welt. Somit war sie sehr viel schneller auf dem Waldboden als Traxi, ihre Mutter, deren Gang geprägt war von den Sorgen, ob sie ihre Kinder satt bekommen würde.

Ria sah die Welt nun ganz anders. In ihrer Wohnung konnte sie durch die Zweige den Himmel sehen. Es war immer hell. Nun befand sie sich zwischen trockenen Blättern vom letzten Jahr und jungen Trieben der Farne. Ria hielt sich die Ohren zu. Was war denn das für ein Lärm! Sie hatte das Gefühl, dass es rund um sie brodelte, knackte und rauschte. Sie zuckte laufend zusammen. Sie kannte nur die Ruhe in ihrer Wohnung. Und wenn sie etwas hörte, dann war es das Rauschen des Windes oder der Gesang von Vögeln. Und dazu gab es noch das Schreien und Rufen der jungen Vögel in ihren Nestern.

Ria wusste, dass von ihnen Gefahr drohte. Wie oft hatte ihre Mama gesagt, sie solle von der Wohnungstür fernbleiben, wenn die jungen Vögel Hunger hatten und piepsten.

Ria war dabei, sich auf dem Boden zurechtzufinden, da sprach sie ein seltsames Wesen von der Seite an.

“Hallo, dich habe ich noch nie gesehen! Wer bist du?" Ria erschrak. Ihre Mutter hatte sie immer vor Fremden gewarnt.

Es war Bulli der Maikäfer. "Ich bin Ria die Raupe", antwortete Ria artig. Ich wohne hoch droben mit meiner Familie. Meine Mama ist gerade bei der Arbeit. Meine Schwester Trixi ist auch unterwegs. Das war für mich eine gute Gelegenheit, mich hier draußen umzusehen. Meine Mutter hätte das sowieso nicht erlaubt. Sie ist sehr ängstlich. Trixi sagt, seit mein Vater ausgezogen ist, ist das noch viel schlimmer geworden. Sie hat ständig Angst, uns könnte etwas passieren."

"Da hat sie auch nicht ganz unrecht", brummelte der Maikäfer Bulli. Für uns kleine Tiere sind größere Tiere immer eine Gefahr."

"Du kennst dich hier aus?", fragte Ria. Sie wollte das Gespräch auf ein anderes Thema bringen. Sie hatte keine Lust, jetzt, wo sie dabei war, die Welt zu entdecken, über Gefahren zu sprechen. Klar, sie wollte vorsichtig sein. Aber jetzt so einfach zurückkehren, wo sie es geschafft hatte, den Baum hinunter zu krabbeln - niemals!

Bulli gefiel ihr. Da er schon eine Zeit lang hier lebte, musste er sich auskennen.

“Du musst dir vorstellen, dass ich noch niemals hier unten war. Ich möchte möglichst viel sehen und vor allem viele nette Tiere treffen, so wie du es bist.“ Bulli freute sich sichtlich. Dass Ria ihn mochte, wo sie ihn doch gerade erst gesehen hatte und er nicht so nett, sondern eher brummelig gewesen war, verursachte in ihm ein wohliges Gefühl. Er musste sich eingestehen, dass er Ria bewunderte. So einfach losziehen. Alle Achtung!

“Ich kenne da drüben eine größere Behausung unter einer Wurzel. Ich glaube, es ist der Ort, an dem die Maus Minka wohnt. Lass uns nachschauen, ob sie da ist. Sie ist viel unterwegs. Und sie hat viel Besuch. Denn sie hat viele Verwandte. – Eine riesige Familie! Sie selbst hatte elf Kinder. Die sind alle groß. Sie ist nicht mehr die Jüngste, aber sie ist noch fit. Oft hütet sie ihre Enkelkinder. Wer weiß, vielleicht haben wir Glück.“ Der Maikäfer Bulli und Ria machten sich auf den Weg. Zunächst liefen sie schweigend nebeneinander her.

“Ist es noch sehr weit?“, kam es auf einmal von Ria. Es klang sehr kläglich. “Ich bin schon soooooo lange unterwegs. Meine Füße tun mir weh. Ich bin es noch nicht gewohnt, so viel zu laufen.“

“Sollen wir erst mal eine Pause machen?“, wollte Bulli wissen. “Es tut mir leid, dass ich daran nicht gedacht habe. Ich bin es inzwischen gewohnt. Ich bin den ganzen Tag unterwegs. Hast du beobachtet, dass es inzwischen dunkler geworden ist?“ Bulli wartete die Antwort von Ria gar nicht erst ab. “Für heute ist Regen angesagt. Wir sollten früh genug bei Minka ankommen. Dort können wir uns dann unterstellen, selbst wenn sie nicht zu Hause ist.“

Sie beendeten die zweite kurze Pause, die sie sich gegönnt hatten. Minka war nicht zu Hause. Aber als sie gerade an der Wurzel angekommen waren, fielen die ersten Regentropfen. Ria lief ein Tropfen über das Gesicht. Sie schüttelte sich. Wie gut, dass sie nicht in den Regen gekommen waren.

Ria die Raupe zieht in die Welt hinaus

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