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Dialog?

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Nicht alle hielten die Gesprächsbereitschaft von Bischöfen für echten Reformwillen. Grundsätzliche Erwägungen und erste „Gesprächs“-Erfahrungen ließen manche Katholiken Reformattrappen befürchten. Nachkonziliare Solidaritätsgruppen von Priestern108 erfassten selbstkritisch das ständische System als ekklesiologisches Grundproblem, insofern sie ihre Funktion „dann und nur dann erfüllt“ sahen, „wenn sie die festen Grenzen zwischen den ‚Ständen‘ in der Kirche theologisch und organisatorisch abbauen und sich dadurch als Klerusgruppen überflüssig machen würden“109. Die eigene Rolle wurde als im Zerfall befindlich, das Amtsverständnis als nicht mehr tragfähig und Dialog auf dieser Grundlage klarsichtig als Leerformel entlarvt:

„Manche Vertreter des Kirchensystems sprechen viel vom Dialog. Sie führen ihn nicht und scheinen auch nicht zu bemerken, daß sie ihn gar nicht führen können, solange sie an ihrer bisherigen Rolle festhalten. Bezeichnet das Wort ‚Dialog‘ unter diesen Umständen mehr als die Tatsache dieses falschen Bewußtseins?“110

Bestätigt wurden solche Zweifel durch Reaktionen von Bischofsseite. Für den Vorsitzenden der Bischofskonferenz verletzten die Priester-Solidaritätsgruppen die priesterliche Brüderlichkeit, gefährdeten die Einheit, verhinderten den Dialog und verunsicherten die Gemeinden.111 „Gesprächs“-Erfahrungen mit begegnungsbereiten, aber inhaltlich reservierten Bischöfen verliefen ernüchternd. Es komme zu einer Technik, in Diskussionen

„durch die Nennung der Probleme und durch Aussprechen reformerischer Haltung … darüber hinwegzutäuschen, daß damit nur etwas benannt ist, aber kaum etwas verwirklicht, geschweige [denn] geändert ist. … Dadurch, daß Diskussionen erlaubt werden – gleichsam diskussionsoffene Räume gewährt werden [so ja auch die Strategie auf dem Essener Katholikentag; N. L.] – wird nur ein Alibi für den tatsächlichen hierarchischen Immobilismus gegeben. Diskussionen sind dann folgenlos, beliebig und für die Entscheidungen belanglos. Sie haben am Ende eine Entlastungsfunktion“112.

Auch darüber, warum Dialogattrappen weithin nicht als solche erkannt wurden, machte man sich Gedanken und verwies auf die effektive biografische Bindewirkung einer katholischen Erziehung:

„Vertreter kirchlicher Einrichtungen erziehen Kirchenglieder vom Kindergarten bis zum Frauenbund oder Männerwerk, vom Religionsunterricht bis zum Priesterseminar dazu, menschliche – oft frühkindliche – Erwartungen auf die Organisation und deren Amtsträger zu übertragen. Diese Erziehung kann zu einer Ichschwäche führen, die ihrerseits wieder von vielen Katholiken dadurch ausgeglichen wird, daß sie sich der Institution seelisch und geistig überantworten. Diesen Katholiken fällt es schwer, die anerzogenen Erwartungen und die verinnerlichten Verhaltensweisen später wieder abzubauen. Sie wollen weiter bei der Mutter Kirche geborgen sein, erwarten die Führung durch den Vater Bischof und die Wegweisung durch den Heiligen Vater. Sie bleiben autoritätsgläubig und mißtrauisch allem Fremden gegenüber. Das erschwert es diesen Katholiken, für die verantwortliche Mitarbeit in der Gemeinde und in den Einrichtungen der Kirche frei zu werden“113.

Auch das ZdK, näherhin seine Vollversammlung, musste die Erfahrung machen, dass seine Vorstellungen von Dialog sich nicht zwingend mit denen der Bischöfe deckten. Die Bischofskonferenz ließ ab März 1969 unter Ausschluss der Öffentlichkeit einen Entwurf des Synodenstatuts erarbeiten und blieb auch von gegenläufigen breiten Forderungen nach einer öffentlichen Diskussion unbeeindruckt. Von seiner öffentlichen Vorstellung am 3. September114 bis zur endgültigen Verabschiedung durch die Bischofskonferenz am 11. November blieben gerade einmal neun Wochen. Nicht nur das ZdK sah damit die Dialogreden konterkariert, weil eine Diskussion an der Basis bei einem solchen Durchmarsch nicht möglich war. Auf der Vollversammlung des ZdK kam es zu heftigen Diskussionen, die aber zugleich wieder als Ventil dienten, so dass die Gemüter sich beruhigten. Probate Beschwichtigungsmittel kamen zum Einsatz: Mit dem pragmatisch klingenden Appell, nach vorne zu schauen und sich den Sachthemen zu widmen, wurden Struktur- und Verfahrensfragen und Inhalte gegeneinander ausgespielt. Gegen eine beabsichtigte bedauernde Stellungnahme des ZdK gab der Bischöfliche Assistent, Prälat Hanssler, Benimmhinweise: Die Bischöfe hätten das Recht auf ihrer Seite, weshalb es keine Anlässe gebe, sich öffentlich empfindlich zu zeigen oder die Bischöfe zu rügen. Das ZdK parierte. Statt wie geplant in einer Erklärung das Vorgehen der Bischöfe ausdrücklich zu bedauern, münzte man positiv um: Eine spätere Verabschiedung des Statuts hätte man zwar lieber gesehen, aber jetzt gehe es um einen neuen Abschnitt der gemeinsamen Verantwortung aller Gläubigen.115 Erneut kollaborierten die ZdK-Funktionäre, durchaus selbstständig gegenüber der Vollversammlung, mit den Bischöfen. Entscheidungen der Versammlung wurden durch die Spitzenfunktionäre in Präsidium, Geschäftsführendem Ausschuss und Generalsekretariat vielfach vorgeprägt und vorformuliert. Eine Regie der Routiniers gegenüber den nur punktuell zusammentretenden übrigen ZdK-Mitgliedern spielte sich ein.

Die Täuschung

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