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EPILOG

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Der selbstbewusste junge Mann machte sich keine Gedanken, warum diese Traumfrau ausgerechnet ihm gegenüber besonders zugänglich war, denn er hielt sich für unwiderstehlich, und sein Erfolg bei Frauen gab ihm Recht. Seine sogenannten Freunde sahen das realistischer.

»Die könnte doch ganz andere haben«, sagte der eine, »ich schätze mal, zwei Drittel des männlichen Publikums haben ein Auge auf sie geworfen. Dass sie gerade dich ausgewählt hat, muss irgendwelche finsteren Gründe haben. Pass bloß auf deine Brieftasche auf.«

»Genau, solche Frauen sind wie Dynamit. Wenn man ihnen zu nahe kommt, platzt die Bombe«, meinte ein anderer.

»Ihr spinnt ja. Nicht jede Frau steht auf oberflächliche Schönlinge. Manche sehen auch hinter die Fassade.«

»Und das hat sie mit Kennerblick erkannt? Ihr habt nicht mehr als ein paar Worte miteinander gewechselt, wenn ich das richtig beobachtet habe. Da muss sie schon hellseherische Fähigkeiten haben. Vielleicht arbeitet sie aber auch im Krankenhaus und hat den Röntgenblick.«

»Ihr seid bloß neidisch, weil sie euch links liegen lässt. Vielleicht hat mich eine Freundin ihr empfohlen. Ich bin ziemlich gut im Bett, auch wenn ihr euch das nicht vorstellen könnt.«

»Wenn man auf die schnelle Nummer steht, mag das stimmen. Ich wette, sie hat schon die Kurve gekratzt, so lange, wie die schon im Waschraum ist.«

»Nein, die muss den ganzen Kitt erneuern, der beim Tanzen abgegangen ist.«

Alle johlten, was ihnen förmlich im Hals stecken blieb, denn kurz darauf kehrte die schöne Fremde zurück und zog ihr Opfer erneut auf die Tanzfläche. Der DJ spielte gerade etwas Langsameres. Die beste Gelegenheit für die geheimnisvolle Frau, sich lasziv in den Hüften zu wiegen und sich selbstvergessen im Takt der Musik zu bewegen. Andere junge Frauen begannen, es ihr nachzumachen, damit ihre Begleiter oder Tanzpartner wieder Blicke für sie hatten.

»Wollen wir nicht langsam gehen? Wir könnten bei mir zu Hause noch weitertanzen«, sagte er und konnte seine Erregung kaum verbergen.

»Wenn du auch etwas zu trinken im Kühlschrank hast, hätte ich nichts dagegen. Allerdings könnte ich mir vorstellen, dass wir Besseres zu tun hätten als Tanzen«, hauchte sie ihm mit verführerischem Timbre in ihrer Stimme ins Ohr.

»Dann komm! Mein Wagen steht nicht weit von hier.«

Als beide den Club verließen, folgte ihnen eine Vielzahl neidischer Blicke. Keiner hatte so recht geglaubt, dass die Schöne wirklich mitgeht und es sich nicht im letzten Moment noch anders überlegt. Hätten allerdings alle den Ausgang des Abends zu diesem Zeitpunkt schon gekannt, hätten sie statt Neid allenfalls nur Mitleid empfunden.

Einige Querstraßen weiter bestieg das Paar einen silbergrauen Škoda Octavia. Schon vor dem Abfahren wollte der aufgestachelte junge Mann seine schöne Begleiterin küssen, doch sie entzog sich ihm sanft.

»Gemach, gemach, wir haben doch noch die ganze Nacht«, säuselte sie und warf ihre kastanienbraune Mähne in den Nacken, wobei sie ihr schweres Parfüm verströmte, das ihm förmlich die Sinne raubte.

Die Fahrt ging dann in die Leszno-Straße im Stadtteil Wola, der sich westlich an die Innenstadt angliederte. Das schmutzig graue Haus, das immerhin schmale Balkone aufwies, lag mitten im ehemaligen Warschauer Ghetto. Im Erdgeschoss befand sich ein portugiesisch-polnischer Supermarkt, das ehemalige Kino Femina für das weibliche Publikum, wie die Leuchtreklame noch immer verkündete. Im September 2014 war das Aus für das bis dahin älteste noch in Betrieb befindliche Kino Warschaus gekommen.

Doppelt trübe Gedanken, die so mancher Frau die Lust an dem Schäferstündchen verdorben hätten. Nicht so der geheimnisvollen Fremden, deren Ziele mehr als gut zu der tristen Stimmung passten.

In der Wohnung in der zweiten Etage war sie weniger prüde als im Auto. Sie nahm das begehrliche Abtasten ihrer tadellosen Figur und die gierigen Küsse gelassen hin und riss ihrem Sexualpartner sogar das Hemd über der Brust auf. Freilich nur, um ihn kurz darauf wieder abzuwehren. Eine Taktik, die Männer zur Raserei bringen konnte, besonders, wenn sie es kaum abwarten konnten, ihr Lustobjekt zu überwältigen.

»Komm, gib uns erst einmal etwas zu trinken. Und dann willst du bestimmt vorher noch ins Bad, um dich frisch zu machen?« Die Fremde formulierte ihre Frage wie eine Feststellung oder Anweisung, sodass ihr Gegenüber, das ohnehin schon Wachs in ihren Händen war, wie ein braves Kind folgte. Er holte eine Flasche Champagner aus dem Kühlschrank und goss nach dem Entkorken in zwei hohe Sektflöten ein. Dann prostete er ihr zu und nahm Kurs auf das Bad.

»Ich gehe dann mal unter die Dusche. Du willst nicht eventuell mitkommen?«

»Später, nicht alles auf einmal.«

Als im Bad das Wasser rauschte, nahm die Fremde ein Fläschchen mit einer klaren Flüssigkeit aus ihrer Handtasche und ließ den Inhalt in das Glas ihres Gastgebers laufen. Dann lehnte sie sich entspannt zurück und wartete ab.

Der junge Mann kam kurz darauf splitternackt in den Wohnraum und stellte erfreut fest, dass seine Eroberung sich ihrerseits ihrer Oberbekleidung entledigt hatte. Sie saß in schwarzer Reizwäsche und Strapsen da, und sowohl ihre Haltung als auch ihr Gesichtsausdruck waren eine einzige Aufforderung.

»Lass uns anstoßen auf die bevorstehende Nacht«, sagte sie mit rauchiger Stimme, »ich nehme an, als Nächstes zeigst du mir deine breite Spielwiese.«

»Auf der weniger gespielt wird, als der Name vermuten lässt«, sagte er und trank sein Glas in einem Zug leer.

Um Zeit zu gewinnen, stimulierte sie ihn gekonnt oral, und er konnte es kaum noch abwarten, in sie einzudringen.

»Wir sollten jetzt ins Schlafzimmer rübergehen!«, sagte er, »mir ist etwas schwindlig. Wohl weil ich den Schampus zu schnell getrunken habe.«

»Wer wie ein Kind verträgt, sollte nicht saufen wie ein Alter«, zog sie ihn auf und ließ von ihm ab.

Das Schlafzimmer war ebenso geschmacklos eingerichtet wie der Wohnraum, aber das Messingbett mit seinen Streben am Kopf- und Fußende war bestens für ihre Zwecke geeignet, erkannte sie mit Kennermiene. Als er sich rücklings auf das Bett fallen ließ, bestieg sie ihn wie einen Gaul, nachdem sie ihre Strapse gelöst und die Strümpfe ausgezogen hatte. Mit geübten Griffen fesselte sie damit seine Hände am Kopfteil.

»Hey, du bist ja eine ganz Scharfe«, murmelte er schon leicht benommen«, eigentlich habe ich die Hände lieber frei.«

»Mag sein, aber hier wird nach meinen Regeln gespielt.« Seinen aufkommenden leichten Unmut dämpfte sie, indem sie sich rhythmisch auf ihm bewegte. Sein mangelndes „Stehvermögen“ gab Aufschluss darüber, dass es gleich so weit sein musste. Er war kurz davor, das Bewusstsein zu verlieren. Kalt lächelnd sah sie seinem Hinüberdämmern zu. Dann stieg sie von ihm ab und lief lautlos wie eine Katze in die Küche. Nach kurzer Zeit fand sie, was sie gesucht hatte.

Mit einer mittelgroßen Plastiktüte kehrte sie ins Schlafzimmer zurück, löste den Gürtel aus seiner achtlos auf einen Stuhl geworfenen Hose und stülpte ihm die Tüte über den Kopf, die sie mit dem Gürtel um seinen Hals fixierte. Nicht zu fest, damit keine Würgemale entstanden. Emotionslos betrachtete sie anschließend ihr Werk, um sich alsbald abzuwenden, um sich im Nebenzimmer seelenruhig anzuziehen. Nachdem sie fachmännisch seinen Puls an Hals und Handgelenk abgetastet hatte, ging ein zufriedenes Lächeln über ihr maskenhaftes Gesicht. Sein Tod war still und schmerzlos erfolgt.

Routiniert entfernte sie ihre Fingerabdrücke vom Champagnerglas und den Gegenständen, die sie berührt hatte. Zum Schluss löste sie die Fesseln von seinen Handgelenken und befreite seinen Kopf von der Plastiktüte, die sie sorgfältig zusammenfaltete und zusammen mit ihren Strümpfen in ihre Handtasche steckte. Ohne noch mal einen Blick auf ihr Opfer zu werfen, verließ sie die Wohnung und verschwand unbeobachtet in der Nacht.

Doppelt

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