Читать книгу Lachen, Weinen, Hoffnung schenken - Oberrabbiner Prof. Paul Chaim Eisenberg - Страница 9

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MUSIK HABE ICH MEIN LEBEN LANG geliebt und ich liebe sie noch immer.

In meinem Leben hatte ich die verschiedensten jüdischen Lieblingssänger, deren Platten ich gesammelt habe, von denen ich nur einen Teil live gesehen habe. Einmal aber war ich vor etwa zwanzig Jahren in Jerusalem und sah, dass ein Sänger, der längst in der Versenkung verschwunden war, dort ein Konzert gab. Da wollte ich unbedingt hin, weil ich diesen Sänger nie live gehört hatte und er nach seinen Plattenaufnahmen für mich einer der Größten war. Allerdings war er zur Zeit der Aufnahmen, die ich von ihm kannte, ungefähr fünfundzwanzig Jahre alt gewesen. Inzwischen musste er um die fünfzig sein. Ob seine Stimme gehalten hatte? Ich war gespannt.

Er trat in Jerusalem in einem kleinen Saal auf, was klug war, weil er den Zenit seiner Popularität längst überschritten hatte. Zu seinen Topzeiten hätte er einen Saal mit fünfhundert Leuten leicht gefüllt.

Als ich zum Konzertsaal kam, sah ich, dass mit mir nur vier Zuschauer vor Ort waren. In diesem Moment war ich mir sicher, dass der Sänger absagen würde, und enttäuscht, dass mir damit die wohl letzte Gelegenheit entgehen würde, ihn einmal live zu erleben. Ich dachte mir, er wird jedem seine hundert Schekel zurückgeben und sagen: Tut mir leid.

Er aber ging auf die Bühne und sang mehr als eine Stunde lang so, als ob der Saal voll wäre.

Das ist für mich ein Profi. Oder ein feiner Mensch. Ich erzähle diese Geschichte deshalb, weil sie zeigt, dass man auf den verschiedensten Gebieten des Lebens Beispiele finden kann, die sich auf das eigene Leben anwenden oder übertragen lassen.

So ernst, wie dieser Sänger seinen Beruf nahm, sollten wir alle es tun – oder wir sollten es zumindest versuchen. Zum Beispiel jetzt, in der Corona-Zeit, singe ich auch vor dreißig Leuten, obwohl der Saal Platz für hundert Zuschauer bieten würde.

Vor ungefähr dreißig Jahren gab es in Wien ein Duo, das hier bahnbrechend für Klezmer-Musik war. Sie nannten sich nach den Mädchennamen ihrer Mütter „Geduldig & Thiemann“. Ich habe bei einer Schallplatte, die sie gemacht haben, im Chor mitgesungen und sie immer sehr bewundert. In letzter Zeit trete ich oft mit dem Musiker Roman Grinberg auf, der wirklich ein Tausendsassa, weil sehr vielseitig in seiner Musik ist (Jazz, Klezmer, Russisch etc.). Da habe ich ihm als Namen für unser Duo vorgeschlagen: „Ungeduldig & Roman“.


Auf der Bühne mit Roman Grinberg (links)

Eigentlich bin ich ein ungeduldiger Mensch. Vor allem, wenn es darum geht, die Vorträge anderer anzuhören, finde ich immer eine Entschuldigung. So habe ich schon einige Male Leuten, die mich zu ihren Vorträgen eingeladen haben, mit folgenden Worten abgesagt: „Ich bin ungeduldig, ich gehe in letzter Zeit nur zu Vorträgen, die ich selber halte – und auch da nicht immer.“ In Wirklichkeit will ich selbst auf der Bühne nicht nur Oberrabbiner, sondern immer auch Erzähler und Sänger sein. Ich bin ein großer Fan von Otto Schenk, Helmut Qualtinger, Karl Farkas, Ernst Waldbrunn usw. und versuche, ihnen nachzueifern.

MEINE ERSTEN AUFTRITTE auf dem Feld der Musik fanden zu Hause am Schabbat-Tisch statt. Sowohl mein Vater als auch meine Mutter hatten eine schöne Stimme, meine Schwester und ich auch, so klang das sehr gut, und wenn dann Gäste kamen, waren sie meist sehr angetan von unserem kleinen Familienchor.

Mein Vater hatte alte Schellacks, die sehr zerbrechlich waren, von Kantoren aus Osteuropa, viele davon noch vor dem Zweiten Weltkrieg aufgenommen. Die kantorale Art zu singen ist dem Operngesang ähnlich. Und weil ich diese Platten oft hörte und sehr musikalisch war, konnte ich schon mit zehn Jahren einige davon nachsingen. Kinder, die das können, nennt man oft „kantorale Wunderkinder“. Es gab solche, die viel besser waren als ich und sogar als Kinder schon Schallplatten aufgenommen haben. Interessanterweise ist aber dann nur die Hälfte von ihnen als Erwachsene zu Kantoren geworden. Meist waren diejenigen, die später keine Kantoren wurden, jene, die man gezwungen hatte, während des Stimmbruchs Konzerte zu geben. Da kann man sich nämlich leicht „ausschreien“, was die Stimme kaputt macht.

Nachdem ich damals, in diesem zarten Alter, noch keine Konzerte jenseits unseres Esszimmers gegeben hatte, habe ich dann auch im Stimmwechsel auf Ratschlag meines Vaters wenig gesungen oder zumindest meine Stimme nicht angestrengt. Ich bin zwar nie ein berühmter Kantor geworden, kann aber bis heute schön und richtig singen – das sagen zumindest die anderen.

Während der Woche hörte mein Vater gerne die alten Schellacks, und wenn Gäste kamen, spielte er sie ihnen vor. Ein armer chassidischer Rabbi in Wien besuchte einmal im Monat meinen Vater. Nachdem ihm mein Vater dann regelmäßig eine Zuwendung gab, hörte er auch gerne die Schallplatten an. Insbesondere die Platten von Jossele Rosenblatt. Diesen schätzte der Rabbi nämlich als „ehrlichen Jid“, weil er nicht nur schön sang, sondern auch tiefreligiös war. Was man von vielen anderen Kantoren nicht sagen konnte.

Ich erinnere mich, dass mein Vater einmal unter großen Schwierigkeiten eine nagelneue Platte des Kantors Zevulun Kwartin aufgetrieben hatte, von der er sehr begeistert war und die er diesem Rabbi gerne vorspielen wollte. Allerdings war Kwartin nicht für einen orthodoxen Lebenswandel bekannt. Als der Freund meines Vaters das nächste Mal zu Besuch kam, spielte er ihm die Aufnahme einfach vor, ohne ihn darüber zu informieren, wer der Sänger war. Der Rabbiner hörte mit geschlossenen Augen tief bewegt zu und sagte dann: „Seht ihr, lieber Kollege, so kann nur ein frommer Kantor singen!“

Manche Rabbiner sagen über mich, ich sei der beste Kantor unter den Rabbinern, weil sie mir nicht zubilligen, dass ich auch ein guter Rabbiner bin. Und manche Kantoren sagen über mich, dass ich der beste Rabbiner unter den Kantoren sei, weil als Kantor nicht gar so gut. Ich weiß natürlich, dass ich beides genial verbinde.

DA ICH ABER NICHT NUR SELBST auf der Bühne stehen kann und will, sondern mich, wie gesagt, auch als Zuhörer für gute Musik begeistere, war es mir ein Anliegen, hervorragende Kantoren nach Wien zu bringen. So stellte ich, gemeinsam mit vielen Helfern, in den Neunzigerjahren eine Reihe von Kantorenkonzerten auf die Beine, die als Teil des Musikfestivals „musica sacra“ über die Bühne gingen, das wiederum ein Teil des weltumspannenden Musiknetzwerkes „Jeunesses Musicales“ ist und von der Stadt Wien bis heute gesponsert wird.


Auftritt bei einem jüdischen Konzertabend

Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs entstand eine Organisation, die jüdische Topkantoren aus Europa, Israel und Amerika auf eine Reise durch Polen, Ungarn und die Sowjetunion schickte, weil viele Kantoren vor dem Zweiten Weltkrieg von dort aus in den Westen gekommen waren. Das sollte sozusagen ein Ansporn für die osteuropäischen Juden sein, sich wieder mit jüdischen Werten und jüdischer Musik zu beschäftigen. Obwohl Wien bekanntlich nicht hinter dem Eisernen Vorhang lag, als dieser noch zugezogen war, wollte diese Organisation auch hier ein solches Konzert veranstalten – aber die jüdische Gemeinde hatte kein Geld dafür.

Damals ging ich zum Verein „musica sacra“ und fragte sie, ob sie nicht auch ein jüdisches sakrales Konzert finanzieren könnten. Ich wurde ein wenig komisch angeschaut und gefragt: „Was ist ein jüdisches sakrales Konzert? Wir unterstützen nur Konzerte, die ein hohes musikalisches Level haben“, sagten die Herrschaften noch dazu, was der beste Beweis dafür war, dass sie wirklich keine Ahnung von kantoralem Gesang hatten.

Ich packte eine Schallplatte von einem Kantor aus, der Teil der beschriebenen Osteuropa-Tournee war, und spielte sie vor: Da ist den Herren von „musica sacra“, wie man so sagt, der Mund offen geblieben, und sie waren sofort bereit, jährlich ein Kantorenkonzert zu sponsern.

Es wird übrigens erzählt, dass sogar der große Enrico Caruso am Versöhnungstag in Synagogen gegangen sei, um dort die Kantoren zu hören. Caruso war natürlich ein besserer Sänger als sie, aber die Kantoren haben zu Jom Kippur vier Stunden und mehr durchgehend gesungen, und der berühmte Opernsänger wollte sich abschauen, wie sie diese ungeheure Ausdauer erreichten.

In Amerika gab es an der Metropolitan Opera in New York zwei Schwager, einer hieß Richard Tucker und der andere Jean Pierce, die sowohl Toptenöre als auch jüdische Kantoren waren. Die beiden traten nur ein- oder zweimal im Jahr als Kantoren auf, nahmen aber nie eine Rolle an der Met an, wenn sie für diesen Zeitpunkt schon als Kantoren engagiert waren.

Als Rabbiner muss man nicht unbedingt ein guter Kantor sein. Aber manche Rabbiner, darunter auch ich, behaupten von sich, dass sie Kantoren wenigstens gut beurteilen können. In den Neunzigerjahren wurden die sogenannten „Wunderkind-Kantoren“ bekannt, die ich schon kurz erwähnt habe. Wir haben zu unseren Konzerten im Stadttempel öfters zwei Kantoren eingeladen. Kantor Barzilai, der Oberkantor von Wien, hat natürlich auch gesungen. Ich habe die Moderation gemacht und hin und wieder vielleicht auch ein „Stickele“ gesungen.

Einmal hörte ich eine Aufnahme von einem Wunderkind-Kantor aus Israel, und ich dachte mir, dass es doch nett wäre, einen Erwachsenen und einen Buben zu engagieren, die auch öfters im Duett singen. Ich habe also diesen jungen Star für unsere Konzertreihe engagiert. Zu meiner Überraschung war er im Stimmbruch, wovon ich vorher natürlich nichts wissen konnte, und hat kaum einen Ton herausgebracht! Hätte ich die Geduld dazu gehabt, hätte ich sein Management klagen können, ja müssen. Wie es bei Wunderkindern leider manchmal passiert, hatte ihn sein Manager aus Geldgier weitersingen lassen und seine Stimme kaputt gemacht. Als Erwachsener konnte er dann nie wieder Kantor sein.

IN DEN LETZTEN JAHREN habe ich bei meinen Konzerten, zumeist mit Roman Grinberg, ein Liederprogramm zusammengestellt. In jüngster Zeit habe ich allerdings eine neue Liste von Liedern angelegt, und zwar von solchen, die ich nicht mehr singen kann. Es sind langsame jüdische Lieder, die sehr zu Herzen gehen und bei denen ich immer in der Mitte des Liedes zu weinen beginne, sosehr ich mir auch vornehme, dass es diesmal nicht passiert. Dazu gehört „A jiddische Mame“.

Der Text von „A jiddische Mame“ geht so:

A jiddische Mame

Nisch do kein bessres auf der Welt

A jiddische Mame

Oi, wie is bitter, wenn sie fehlt

Ich weine dabei nicht erst, seit meine Mutter gestorben ist, das habe ich früher auch schon getan – seither weine ich aber noch mehr.

Das andere Lied heißt „Es brennt“ und handelt von einem Pogrom in einem jüdischen Ghetto. Ich beginne zu weinen, wenn es im Liedtext heißt: „Löscht das brennende Feuer mit eurem eigenen Blut.“

Wie es bei jüdischen Liedern nicht anders sein kann, sind sie aber oft nicht nur sehr schön und manchmal rührselig, sondern mitunter auch sehr lehrreich. Sehr gerne singe ich zum Beispiel das Lied „Das Rädele“. Darin geht es um ein sich drehendes Rad, gemeint ist das Rad des Lebens, bei dem man manchmal oben und manchmal unten ist. Nun könnte man vermuten, wenn du oben bist, es dir also gut geht, kannst du zufrieden sein. Und wenn du unten bist, es dir schlecht geht, dann bist du traurig. Dieses Lied besagt aber das Gegenteil: Wenn du schon sehr hoch oben bist, solltest du dir Sorgen machen, dass du vielleicht bald ein bisschen abrutschen wirst. Wenn du dagegen ganz unten bist, kannst du dir Hoffnungen machen, dass es bald wieder aufwärts geht. Das Lied ist eine zweifache musikalische Medizin. Es hilft sowohl gegen Größenwahn als auch gegen Selbstmitleid. Ich finde, mehr kann man auch von einer rabbinischen Weisheit nicht verlangen. Vielleicht erklärt das auch, warum das Singen und das Predigen bei uns Juden zusammengehören.

Einer meiner ersten Musikpartner war ein Linzer Nichtjude namens Herwig Strobl, dessen Vater ein begeisterter Nazi gewesen war. Als Reaktion darauf hat sich Herwig, mit dem ich auch eine CD aufgenommen habe, viel mit dem Judentum und seinen musikalischen Traditionen auseinandergesetzt. Er gründete eine Klezmergruppe, die er „10 Saiten 1 Bogen“ nannte. Als wir einander in den Achtzigerjahren kennenlernten, lud er mich oft ein, ein, zwei Songs bei seinen Konzerten zu singen. Eines davon war „Wenn der Rebbe singt …“, das Lied, das diesem sowie den übrigen Kapiteln dieses Buches ihre Namen geschenkt hat.


Mit der Klezmergruppe „10 Saiten 1 Bogen“

Ich habe mich mit Herwig nicht nur musikalisch, sondern auch menschlich von Anfang an sehr gut verstanden. Nachdem wir einmal in Linz ein paar Stunden miteinander geredet hatten, waren wir unzertrennlich. So ist unsere musikalische Zusammenarbeit immer enger geworden, und ich habe bei diesen Konzerten Geschichten als Einleitung für die Lieder erzählt. Manchmal haben wir auch aus den Liedern eine Art vertonten Sketch gemacht.

Klassisch ist bei „Wenn der Rebbe singt“, dass immer das getan wird, worum es in der Strophe gerade geht: beim Tanzen wird getanzt, wenn er lacht, wird „hahaha“ gesungen – und dann gibt es noch zwei Verse, die nicht immer gesungen werden. Einer lautet: „Wenn der Rebbe schloft (schläft) …“ – das machen die Chassidim nicht nach, sondern sie schweigen. Ich habe mich bei dieser Strophe auf der Bühne auf ein Sofa gelegt und herzhaft geschnarcht. Und bei „Wenn der Rebbe weint“ habe ich immer ein Taschentuch aus der Tasche gezogen und bühnenreif geschluchzt.

Diese beiden Strophen habe ich langsamer gesungen. Wenn nach dem Schlafen, als das Publikum schon fast mit eingeschlafen war, das Lied mit der Strophe „Wenn der Rebbe lacht“ beendet wurde, dann klatschten die Leute begeistert in die Hände und sangen mit.

Aus solchen Publikumsreaktionen kann man viel über Dramaturgie lernen. Ich habe von diesen Bühnenerfahrungen beim Predigen ebenso profitiert, wie mir umgekehrt die Erfahrungen der Predigten erst das Selbstvertrauen gegeben haben, das ich beim Singen auf der Bühne benötigte.

SO WIE DAS LIED „Wenn der Rebbe singt“ immer mit einer lustigen Strophe enden sollte, möchte ich auch dieses Kapitel mit etwas Erbaulichem beenden, das eng mit dem Thema der Musikalität verbunden ist. Alle Rabbis sollten gut Tora lesen und beten und Predigten halten können. Nicht jeder Rabbi aber kann so wie ich singen, tanzen, lachen und weinen. Es gab aber immer Spezialisten, die auf dem einen oder anderen Gebiet besonders gut waren.

Die folgende Geschichte handelt von einem Rebbe, der besonders gut tanzen konnte: Vor mehr als hundert Jahren hatten die Gutsherren in Polen und Russland oft Juden als Knechte oder Leibeigene, die vom Gutsherrn etwas gepachtet hatten und meistens jährlich diese Pacht bezahlen mussten. Die Pacht war aber meistens so hoch, dass dem Pächter zu wenig übrig blieb, kaum genug, um seine Familie ernähren zu können. Solange der betreffende Jude seine Pacht pünktlich bezahlte, war alles in Ordnung. Wenn er aber in Verzug geriet, wurde er oft windelweich geprügelt, und wenn die Bezahlung noch länger ausblieb, konnte es noch schlimmer kommen und er wurde sogar eingesperrt. Und zwar nicht in Luxusgefängnisse, wie es sie heute bei uns gibt, sondern er wurde in ein tiefes Loch, ein Verlies geworfen, das manchmal oben gar kein Schloss hatte, weil es ohnehin zu tief war, als dass man hätte herausklettern können.

Am Abend vor einem großen Fest stellte sich ein Gutsherr, der „seinen“ Juden wegen Zahlungsverzugs ins Verlies geworfen hatte, als kompromissbereiter Mensch dar und sagte dem Juden: „Morgen, Moschke, kommst du herauf zur Party, und wir tanzen miteinander Kasatschok. Die anderen Gäste werden, wie die Jury bei ‚Dancing Stars‘, entscheiden, wer von uns besser tanzt. Wenn ich gewinne, dann bekommst du hundert Peitschenhiebe, wenn du aber gewinnst, lasse ich dich frei.“

Nun wusste der schon geschwächte Sträfling, dass weitere hundert Peitschenhiebe für ihn wahrscheinlich tödlich waren. Beide wussten ebenfalls, dass der Gutsherr ein ausgezeichneter Tänzer und sein Gefangener, selbst wenn er ein guter Tänzer gewesen wäre, viel zu schwach war, um ihm bei diesem Wettkampf das Wasser reichen zu können.

In der gleichen Nacht aber kam der Rebbe des Juden zur Grube, der ihn in seinem Verlies regelmäßig besuchte, und fragte ihn, was mit ihm geschehen würde. Der Jude weinte sehr und sagte: „Ich wurde zu einem Wettbewerb herausgefordert, den ich nur verlieren kann.“

„Was ist das für ein Wettbewerb?“, erkundigte sich der Rebbe.

Der Jude erklärte ihm die Regeln des Tanzwettbewerbs und dass die Jury aus den Gästen des Gutsfests bestehen würde. Da hatte der Rebbe eine geniale Idee: „Du weißt doch, dass ich gut tanzen kann. Ich werde also statt deiner tanzen. Ich werde ein Seil herunterlassen, du wirst herausklettern, und mich lässt du am selben Seil hinunter. Wir tauschen die Kleider, und morgen gehe ich als Sträfling auf das Fest. Da wir einander nicht so unähnlich sehen, wird niemand auf die Idee kommen, dass wir Platz getauscht haben.“

Dieser Rebbe war ein besonders guter Tänzer. Und tatsächlich tanzte er den Gutsbesitzer in Grund und Boden, womit er die Jury beeindruckte und die Freiheit des Gefangenen (beziehungsweise, nach dem Platztausch, seine eigene) erwirkte.

Und was lernen wir daraus? Man weiß als Rebbe nie, wann einem die zusätzlichen Fähigkeiten, über die man verfügt, einmal besonders nützlich sein werden. Mit meinem Gesang habe ich zwar sicher noch kein Leben gerettet, aber bestimmt vielen Menschen einen schönen Abend bereitet. Und das ist auch schon einiges wert.

Lachen, Weinen, Hoffnung schenken

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