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I. ZWISCHEN PARTEITAG, HEINO UND „QUICK“

Erste Auffälligkeiten

1. Eine Wichtigkeit, die niemand näher kennt

Soeben macht der Generalsekretär auf dem Bundesparteitag eine bedeutungsschwangere Pause. Wieder einmal geht es in seiner Rede um Grundsätzliches. Um Werte, um Traditionen, um Leitlinien und Programme. Wahlen stehen bevor, und die Stimmung im Land steht zurzeit nicht zum Besten. Da sollte man der Öffentlichkeit schon sagen, wo es in den nächsten Jahren ganz allgemein langgehen soll. Nun ist der Redner gerade bei seiner offenbar gut kalkulierten Pause angelangt. Wer ihn kennt, weiß, dass gleich etwas überaus Gewichtiges kommen wird. Und in der Tat: Keiner im großen Rund der Messehalle wird enttäuscht. „Wer von den jungen Leuten“, so klagt der gewiefte Politprofi jetzt in geübtem Pathos in die Stille des Plenums hinein, „hört heute noch von den Zehn Geboten?“ Dabei sagt seine bedenkenschwere Miene mehr als seine Worte. Anscheinend gehören die Zehn Gebote für ihn genau zu jenen Grundsätzlichkeiten, um die es heute geht. Und das – wie er mehrfach betont – nicht nur für seine Partei, sondern vor allem für das Land, dessen Zukunft es mit dem neuen Programm zu gestalten gelte. Satter Applaus.

Mit dieser Einschätzung der Zehn Gebote befindet sich der Herr Generalsekretär durchaus in guter Gesellschaft. Nicht zu zählen sind ja die vielen prominenten Äußerungen, die den Zehn Geboten höchste Wichtigkeit bescheinigen. Schon vor Jahren etwa ließ uns Schlagerstar Heino wissen: „In unserer schnelllebigen Zeit muss man nachdrücklich auf allgemeingültige Werte hinweisen. Die Zehn Gebote sind für mich dabei wichtige Anhaltspunkte.“ Möglicherweise hatte er sich gerade in die Lektüre von Thomas Manns Novelle „Das Gesetz“ vertieft, in der die Zehn Gebote immerhin als „die Quintessenz des Menschenanstandes“ bezeichnet werden. Oder sich jenes eindrucksvollen Artikels in der „Quick“ erinnert. Diese ehemalige deutsche Illustrierte, die sich ansonsten mehr „Sex and Crime“-Themen zu widmen pflegte, befand nämlich seinerzeit zum Erstaunen ihrer Leserschaft: „Die Zehn Gebote haben ewigen Bestand. Sie geben uns mit wenigen Worten die Idee eines menschlichen und menschenwürdigen Lebens.“ Es ist schon auffallend: Nicht nur ausgewiesene Theologinnen und Theologen attestieren den Zehn Geboten eine enorme, auch über den Glauben hinausgehende Bedeutung.

Dieser Beobachtung steht allerdings eine auffallende Unkenntnis der angeblich so wichtigen und grundlegenden Zehn Gebote gegenüber. Vor Jahren scheiterten bei einer ZDF-Quizsendung die Kandidaten reihenweise an der Aufgabe, das eine oder andere Gebot ordentlich herzusagen oder wenigstens seinen Inhalt zu nennen. Rundfragen unter unbefangenen Zeitgenossen, was denn eigentlich in den Zehn Geboten stehe, haben meist ähnliche Ergebnisse. Manchmal langt es gerade einmal noch zu „Du sollst nicht töten“, „Du sollst nicht ehebrechen“ oder „Du sollst nicht lügen“. Mitunter auch zu „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst“. Lässt man einmal dahingestellt, inwieweit diese Formulierungen überhaupt in den Zehn Geboten vorkommen, muss man zunächst konstatieren, dass die allgemeine Kenntnis dieser vermeintlichen Wichtigkeit von angeblich sogar „ewigem Bestand“ überaus dürftig ist. Man behauptet irgendeine große Bedeutsamkeit und weiß gar nicht, worum es dabei im Einzelnen überhaupt geht. Verrückt.

Über die Gründe für diesen eklatanten Widerspruch kann man sicher lange mutmaßen. Liegt es an dem allgemeinen und viel beklagten „Werteverfall“ unserer Gesellschaft? Liegt es an den verschiedenen, immer wieder auch statistisch festgestellten „Traditionsabbrüchen“? Liegt es an einer erheblichen Wandlung der religiösen Erziehung in Elternhaus, Schule und Kirche? „Die lernen ja heutzutage auch nichts mehr“, klagt nicht selten die ältere Generation – unabhängig davon, ob ihr das bloße „Lernen“ der Zehn Gebote dieselben überhaupt nahegebracht hat. Oder liegt es gar daran, dass die Zehn Gebote am Ende gar nicht das sind, was man ihnen – gerade auch von theologischer Seite – vollmundig zuschreibt? Nämlich „Grundwerte“ für unsere Gesellschaft darzustellen, wie es etwa der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland in einem gemeinsamen Wort mit der Deutschen Bischofskonferenz formuliert hat.

Und man kann weiterfragen. Etwa, wie von einem Text, der schlappe zweieinhalb Jahrtausende auf dem Buckel hat, überhaupt behauptet werden könne, in ihm gehe es um „Grundwerte“ auch für unsere heutige Zeit und Gesellschaft. Oder wie man sich zu der These versteigen wolle, dass eine gute Handvoll sozialer Regeln, die sich offensichtlich auf eine kleine, antike Gesellschaft irgendwann im vorderen Orient beziehe, geeignet sei, den vielfältigen neuen und auch überaus komplexen Problemen der Gegenwart auch nur annähernd gerecht zu werden. Wie sollen wir Worten, die von „Knecht“ und „Magd“, von „Rind“ und „Esel“ handeln, maßgebliche Orientierung für aktuell drängende Themen wie „Globalisierung“, „Menschenrechte“, „Migration“, „Klimawandel“ oder „Digitalisierung“ entnehmen, um nur einige gegenwärtige Probleme zu nennen? Schließlich: Wie verhalten sich denn die Zehn Gebote der Bibel überhaupt zu anderen biblischen Geboten, etwa zu den Aussagen der Bergpredigt Jesu oder zu den reichlichen Ermahnungen eines Apostels Paulus? Geht es überhaupt an, einen ursprünglich dem jüdischen Glauben entstammenden Text zum Zentrum einer christlichen Ethik zu erklären? Nicht zuletzt: Wie steht es eigentlich um die Besonderheit der Zehn Gebote angesichts mancherlei ähnlicher Maximen auch in anderen Religionen, Philosophien und Welt­anschauungen? Fragen über Fragen. Ob wir immer zu einer befriedigenden Antwort kommen werden, sei dahingestellt.

Was wir aber jetzt schon sagen können: Wir werden im Folgenden zunächst jeweils vor allem den Wortlaut der Zehn Gebote selbst sprechen lassen, um von dorther einigermaßen plausible Bezüge zur Gegenwart herzustellen. Dass das nicht immer ganz einfach ist, versteht sich fast von selbst. Denn wo steht geschrieben, dass das, was wichtig ist, immer nur einfach zu haben ist? Es gibt ja manchmal auch die beglückende Erfahrung, dass man gerade nach einer vielleicht auch etwas größeren Mühe am Ende reich belohnt wird. Frag einen Sportler. Frag eine Chorsängerin. Frag nach bei einem Hobbykoch oder einer x-beliebigen Wandergruppe des Sauerländischen Gebirgsvereins. Wem wirklich an einem überzeugenden, vielleicht auch schönen und erfreulichen Ergebnis gelegen ist, der wird eine gewisse Anstrengung nicht grundsätzlich scheuen. Dass eine Mühe nicht immer nur „vergeblich“ sein, sondern manchmal auch „guten Lohn“ haben kann, weiß schon die Bibel (vgl. Psalm 90, 10 und Prediger Salomo 4, 9). Und so wird es auch beim Lesen und Verstehen der Zehn Gebote nicht immer mühelos zugehen. Doch keine Bange: Am Ende winkt auch hier guter Lohn. So viel zumindest sei schon jetzt verraten.

2. Zwei Texte, aber eine Menge Fragen

Der Text der Zehn Gebote begegnet uns in der ganzen Bibel gerade einmal an zwei Stellen. Das ist für ein Buch mit ungefähr tausend Seiten nicht eben überwältigend, zumindest prozentual gesehen. Beide Stellen, nämlich 2. Mose 20, 2-17 und 5. Mose 5, 6-21, stehen dazu noch in ein und demselben erzählerischen Zusammenhang. Es ist die Geschichte von der Befreiung des Volkes Israel aus der ägyptischen Knechtschaft, die Geschichte von der langen und beschwerlichen Wanderung durch die Wüste und schließlich von dem Betreten des gelobten Landes in Kanaan. Später werden dann die Gebote sowohl im Alten als auch im Neuen Testament nur noch vereinzelt zitiert. Trotz dieses relativ bescheidenen Vorkommens erhalten sie allerdings durch ihre besondere Stellung innerhalb der biblischen Erzählung ein außergewöhnliches Gewicht. Das ist erklärungsbedürftig.

Unmittelbar vor der ersten Erwähnung der Zehn Gebote kommt es zu einer mächtigen Gotteserscheinung am Sinai. Mitten in der Wüste, inmitten von Hunger und Durst, von Verirrung und Verzweiflung, Glaubensabfall und Gewalt begegnet Gott seinem Volk mit einer fundamentalen Botschaft: „Ihr sollt mein Eigentum sein vor allen Völkern; denn die ganze Erde ist mein. Und ihr sollt mir ein Königreich von Priestern und ein heiliges Volk sein“ (2. Mose 19, 5f). Ehemalige Sklaven nun auf einmal Könige! Ehemalige Gotteshaderer nun auf einmal Priester und Heilige! Was für eine Botschaft! Wenig später schließt Gott mit seinem Volk sogar einen Bund. Das alles ist zum Verständnis der Gebote insgesamt nicht ohne Belang. Denn durch diesen Zusammenhang erhalten sie offenbar ein besonderes, geradezu überragendes Gewicht. Hier erhebt nicht irgendwer seine Stimme. Hier geht es nicht nur um irgendwelche sozialen „Werte“, wie wir sie so oder ähnlich sicher auch woanders antreffen mögen. Hier geht es nicht um irgendwelche moralischen Forderungen, über die man bei Gelegenheit sicher trefflich diskutieren kann. Hier in diesen Geboten, „geschrieben von dem Finger Gottes“ (2. Mose 31, 18), spricht der Höchste selbst. Deshalb heißt es unmittelbar vor den Geboten: „Und Gott redete alle diese Worte“ (2. Mose 20, 1). Hier geht es also um eine alleroberste Autorität. Und deshalb geht es hier aufseiten des Menschen um ein unbedingtes In-die-Pflicht-Nehmen, das kein Wenn und kein Aber duldet. Geringe Prozentzahlen hin oder her – manchmal kommt es eben nicht auf die Quantität an.

Die zweite Erwähnung der Zehn Gebote findet sich zum Ende jener großen Erzählung. Die lange, sage und schreibe vierzig Jahre währende Wüstenwanderung liegt hinter dem Volk. Nun befindet es sich kurz vor dem Übertritt ins neue Land der Freiheit. Mose, der bisher das Volk durch alle Irrungen und Wirrungen hindurchgeführt hat, muss allerdings Abschied nehmen und sein Amt an seinen Nachfolger Josua übergeben. Bevor es dazu kommt, holt er noch einmal die Zehn Gebote hervor: „Und Mose rief ganz Israel zusammen und sprach zu ihnen: Höre, Israel, die Gebote und Rechte, die ich heute vor euren Ohren rede, und lernt sie und bewahrt sie, dass ihr danach tut!“ (5. Mose 5, 1). Auch diese Stellung der Gebote innerhalb der Erzählung ist nicht ohne Bedeutung. Das Volk befindet sich ja im Übergang. Übergänge – das kennt jedes Kind – sind immer mit Unsicherheit verbunden. Wenn nun ausgerechnet in dieser Situation die Gebote noch einmal wiederholt werden, so sagt das schlicht: Diese Weisungen sind ein Geländer, an dem sich das Volk auch in der vor ihm liegenden, noch unsicheren Zukunft festhalten kann. Eine gültige Orientierung, mit der das Miteinander im neuen Land gestaltet werden soll. Vielleicht hat Heino doch nicht so ganz unrecht.

Wir schauen uns nun diese beiden Textstellen zunächst in Ruhe an, indem wir sie einfach einmal nebeneinanderlegen.

2. Mose 20, 2-17: 5. Mose 5, 6-21:
Ich bin der Herr, dein Gott, der ich dich aus Ägyptenland, aus der Knechtschaft, geführt habe. Ich bin der Herr, dein Gott, der dich aus Ägyptenland geführt hat, aus der Knechtschaft.
Du sollst keine anderen Götter haben neben mir. Du sollst keine anderen Götter haben neben mir.
Du sollst dir kein Bildnis noch irgendein Gleichnis machen, weder von dem, was oben im Himmel, noch von dem, was unten auf Erden, noch von dem, was im Wasser unter der Erde ist: Bete sie nicht an und diene ihnen nicht! Denn ich, der Herr, dein Gott, bin ein eifernder Gott, der die Missetat der Väter heimsucht bis ins dritte und vierte Glied an den Kindern derer, die mich hassen, aber Barmherzigkeit erweist an vielen Tausenden, die mich lieben und meine Gebote halten. Du sollst dir kein Bildnis machen in irgendeiner Gestalt, weder von dem, was oben im Himmel, noch von dem, was unten auf Erden, noch von dem, was im Wasser unter der Erde ist. Du sollst sie nicht anbeten noch ihnen dienen. Denn ich, der Herr, dein Gott, bin ein eifernder Gott, der die Missetat der Väter heimsucht bis ins dritte und vierte Glied an den Kindern derer, die mich hassen, aber Barmherzigkeit erweist an vielen Tausenden, die mich lieben und meine Gebote halten.
Du sollst den Namen des Herrn, deines Gottes, nicht missbrauchen; denn der Herr wird den nicht ungestraft lassen, der seinen Namen missbraucht.Du sollst den Namen des Herrn, deines Gottes, nicht missbrauchen; denn der Herr wird den nicht ungestraft lassen, der seinen Namen missbraucht.
Gedenke des Sabbattages, dass du ihn heiligst. Sechs Tage sollst du arbeiten und alle deine Werke tun. Aber am siebenten Tage ist der Sabbat des Herrn, deines Gottes. Da sollst du keine Arbeit tun, auch nicht dein Sohn, deine Tochter, dein Knecht, deine Magd, dein Vieh, auch nicht dein Fremdling, der in deiner Stadt lebt. Denn in sechs Tagen hat der Herr Himmel und Erde gemacht und das Meer und alles, was darinnen ist, und ruhte am siebenten Tage. Darum segnete der Herr den Sabbattag und heiligte ihn. Den Sabbattag sollst du halten, dass du ihn heiligst, wie dir der Herr, dein Gott, geboten hat. Sechs Tage sollst du arbeiten und alle deine Werke tun. Aber am siebenten Tag ist der Sabbat des Herrn, deines Gottes. Da sollst du keine Arbeit tun, auch nicht dein Sohn, deine Tochter, dein Knecht, deine Magd, dein Rind, dein Esel, all dein Vieh, auch nicht dein Fremdling, der in deiner Stadt lebt, auf dass dein Knecht und deine Magd ruhen gleichwie du. Denn du sollst da­ran denken, dass auch du Knecht in Ägyptenland warst und der Herr, dein Gott, dich von dort herausgeführt hat mit mächtiger Hand und ausgerecktem Arm. Darum hat dir der Herr, dein Gott, geboten, dass du den Sabbattag halten sollst.
Du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren, auf dass du lange lebest in dem Lande, das dir der Herr, dein Gott, geben wird.Du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren, wie dir der Herr, dein Gott, geboten hat, auf dass du lange lebest und dir’s wohlgehe in dem Lande, das dir der Herr, dein Gott, geben wird.
Du sollst nicht töten.Du sollst nicht töten.
Du sollst nicht ehebrechen.Du sollst nicht ehebrechen.
Du sollst nicht stehlen.Du sollst nicht stehlen.
Du sollst nicht falsch Zeugnis reden wider deinen Nächsten.Du sollst nicht falsch Zeugnis reden wider deinen Nächsten.
Du sollst nicht begehren deines Nächsten Haus. Du sollst nicht begehren deines Nächsten Frau, Knecht, Magd, Rind, Esel noch alles, was dein Nächster hat.Du sollst nicht begehren deines Nächsten Frau. Du sollst nicht begehren deines Nächsten Haus, Acker, Knecht, Magd, Rind, Esel noch alles, was sein ist.

Schon nach einem ersten flüchtigen Lesen drängen sich verschiedene Fragen auf, die wir vorerst nur einmal benennen wollen, ohne gleich eine passende Antwort parat zu haben:

Wie kann es sein, dass wir in der Bibel überhaupt zwei Versionen der Zehn Gebote haben, die zudem noch – wie man leicht ersieht – nicht hundertprozentig deckungsgleich sind?

Wie reimen sich eigentlich bestimmte Angaben in den Zehn Geboten, die eher auf eine gewisse Sesshaftigkeit hindeuten – etwa „Stadt“, „Haus“ oder „Acker“ – mit der Erzählung der Gebote, die ja in der Wüste spielt, zusammen, wo es Städte, Häuser und Äcker nun einmal nicht gibt?

Kann man überhaupt nähere Angaben über die Zeit und auch die Zeitumstände, in denen die Zehn Gebote aufgeschrieben worden sind, machen?

Wieso gibt es sowohl Gebote als auch Verbote?

Warum gibt es Gebote, die in der ersten, und andere, die in der dritten Person von Gott reden?

Was hat es damit auf sich, dass einige Gebote mit, andere ohne ein Objekt, auf das sie sich beziehen, erscheinen?

Weshalb haben manche Gebote eine zum Teil sehr ausführliche Begründung, andere wiederum gar keine?

Inwiefern reden wir überhaupt von den Zehn Geboten? In den beiden Texten jedenfalls taucht diese Zahl gar nicht auf. Und in dem Zusammenhang: Wie kommt es, dass verschiedene Glaubensrichtungen die Zehn Gebote völlig unterschiedlich durchzählen?

Und weiter: Wie verhalten sich zu dieser Zehnzahl die berühmten „zwei steinernen Tafeln“, von denen doch auch immer wieder die Rede ist, wenn es um die Zehn Gebote geht?

Nicht zuletzt: Wer ist eigentlich genau mit dem „Du“ gemeint, das sich durch alle Gebote hindurchzieht („du sollst …“)?

Wieder einmal also eine Menge Fragen. Auf den ersten Blick scheinen sie mehr formaler Natur zu sein. Damit sie uns nicht sogleich die Sicht auf die Inhalte der Gebote verstellen, wollen wir sie für alle neugierig Gewordenen am Ende des Buches noch einmal aufgreifen (vgl. Kapitel XIV.) und versuchen, sie, so gut es geht, gemäß dem derzeitigen Stand der Bibelwissenschaft zu beantworten. Dabei wird sich herausstellen, dass manchmal auch scheinbar „bloße Formsachen“ zum inhaltlichen Verständnis eines Textes sehr wohl beitragen können. Dass es in Dingen des Glaubens nicht nur um ein großes Vertrauen geht, sondern eben auch um ein Verstehenwollen dessen, woran wir glauben, ist christliche Weisheit seit alters. Der große mittelalterliche Theologe Anselm von Canterbury sprach deshalb immer wieder von einem „Glauben, der nach Erkenntnis sucht“ (fides quaerens intellectum). Es könnte das heimliche Programm auch eines Buches sein, das sich mit den Zehn Geboten beschäftigt: Verstehen, was wir – um Gottes willen – tun können.

Die Zehn Gebote

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