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Das Jahr der Schlange 2001
ОглавлениеAugust 2001, Olofstorp in der Nähe von Göteborg. Rin Mura öffnete das Fenster seines Arbeitszimmers. Warme Luft strömte in den Raum. Es roch nach Gewitter. Am Himmel zogen die Wolken langsam an der Mondsichel vorbei. Rin Mura beugte sich hinaus, blickte nach unten in den Hof der Villa, in dem die beiden kantigen Volvo-Limousinen in der beginnenden Dämmerung warteten. Er sog noch einmal die Luft ein, schloss dann das Fenster. Er kehrte zu seinem Schreibtisch zurück. Die Papiere hatte er bereits aus den schwarzen Aktenordnern genommen und bereitgelegt. Er nahm immer nur wenige Seiten und führte sie in den Schlitz des Schredders ein. Das Gerät zog Rin Mura die Blätter aus der Hand. Die rotierenden Messer lärmten, quälten sich durch das Papier und liefen leer, bis neue Blätter zugeführt wurden. Rin Mura griff nach den Kontoauszügen, besah sich noch einmal die Zahlenreihen und gab auch diese Dokumente in den Schredder.
Das Klopfen überhörte er. Die Tür öffnete sich, Chenda trat ins Zimmer. Sie ging sofort zu ihm, umarmte ihn. Sie küssten sich, sahen sich dann für einen kurzen Moment schweigend an. Rin Mura holte den Umschlag aus seiner Jacketttasche hervor.
»Hier sind deine Tickets und das Geld, Liebes«, erklärte er. »Es sind zehntausend Kronen und noch einmal zweitausend Dollar.«
Chenda nahm den Umschlag, öffnete ihn. Das Geld beachtete sie nicht, sie zog die Tickets hervor, studierte sie.
»Tijuana, Mexiko?«
»Sorry, Liebes, aber ich konnte es dir vorher nicht sagen. Du wirst in Tijuana bereits erwartet, vertrau mir.«
»Schiphol, ist das nicht ein Risiko?«, fragte Chenda.
»Es geht nicht ohne Zwischenstopp«, erklärte Rin Mura, während er ihre Hand nahm und sie streichelte. »Du wirst aber nur zwei Stunden Aufenthalt haben.«
Sie nickte, schob die Tickets wieder in den Umschlag und umarmte ihn ein zweites Mal. Sie gab ihm noch einen Kuss auf die Wange, bevor sie sich von ihm löste und zur Tür ging. Draußen auf dem beleuchteten Flur lief einer der Leibwächter mit Chendas Koffern vorbei, trug sie aus dem Haus zu einem der Wagen.
Ein anderer Mann stand im Flur, wartete, bis Chenda das Arbeitszimmer verlassen hatte. Rin Mura nickte, Louk Bourey trat ein, kam zu ihm an den Schreibtisch und verbeugte sich.
Rin Mura legte Louk Bourey die Hand auf die Schulter. »Ist alles vorbereitet?«
»Ja, es ist alles vorbereitet, Herr«, bestätigte Louk Bourey und deutete wieder eine Verbeugung an.
Rin Mura lächelte. »Dann brauche ich jetzt Ihren Pass.«
Louk Bourey nickte. Er hatte das bordeauxrote Ausweisheft bereits in der Hand, reichte es Rin Mura, der es sofort aufblätterte und sich die Fotografie ansah.
»Als ich das Bild eingereicht habe, gab es keine Probleme«, erklärte Bourey. »Niemand hat danach gefragt und ich habe den Reisepass seit der Ausstellung vor zwei Monaten nicht benutzt. Ich habe ja noch meine alte ID-kort.«
»Brauche ich die auch?«, fragte Rin Mura.
Bourey schüttelte den Kopf. »Die habe ich jetzt sicher verwahrt. Sie verwenden nur meinen Reisepass.«
»In Ordnung!« Rin Mura steckte den schwedischen Ausweis in seine Jacketttasche. Dann wandte er sich um, nahm den bereitgelegten Papiere vom Schreibtisch. »Ich gebe Ihnen also meinen koreanischen Pass. Das Foto ist wirklich so schlecht, dass es niemandem auffallen wird.«
Rin Mura klappte den Ausweis auf. Die Fotografie wurde tatsächlich beiden Männern gerecht. Er reichte ihn Louk Bourey, der den Ausweis sofort in die Innentasche seiner Jacke steckte.
»Wenn wir uns das nächste Mal treffen, wird alles hinter uns liegen und wir nehmen mit Stolz wieder unsere richtigen Identitäten an«, sagte Rin Mura beinahe feierlich. Er lächelte.
»Danke, es ist eine große Ehre für mich, Herr.«
Louk Bourey nickte und machte dann aus der Kopfbewegung eine Verbeugung. Er ging zwei Schritte rückwärts, drehte sich um und verließ das Arbeitszimmer. Er schloss die Tür hinter sich. Rin Mura blieb allein. Er hatte noch Arbeit vor sich. Zunächst ging er aber zum Fenster. Der Motor einer der Limousinen wurde gestartet. Die Scheinwerfer erhellten den Hof der Villa. Chenda saß bereits im Fond des Wagens. Louk Bourey kam über den Kiesweg. Einer der Leibwächter hielt ihm die Wagentür geöffnet. Bourey setzte sich neben Chenda. Seine Reisetasche wurde in den Kofferraum gelegt. Der Leibwächter stieg vorne beim Fahrer ein. Der Wagen fuhr an, rollte durch die Torausfahrt und fuhr in den Wald, der sich dem Villengrundstück anschloss. Einmal noch sah Rin Mura die Autoscheinwerfer durch die Bäume flackern, dann waren sie verschwunden. Für die knapp dreißig Kilometer bis zum Vedderland Airport von Göteborg würde der Wagen eine halbe Stunde brauchen. Rin Mura sah auf die Uhr.
*
Zwei Stunden später, Eastern Daylight Time, getarnter, abhörsicherer Einsatzraum.
»Was ist das?«
»Ein Kalender, Sir. Ein chinesischer Kalender.«
Tillman Halls hatte sich erhoben, als die beiden Offiziere den Raum betraten. Der Colonel blieb vor der Leinwand des Videobeamers stehen und starrte auf die Zahlen und Symbole.
»Wir haben das Jahr der Schlange«, erklärte der Commander, der den Colonel in den Raum geführt hatte. Der Commander deutete auf die Grafik. »Metall-Schlange, um exakt zu sein, aber Mr. Halls wird es ihnen genauer erklären.«
»Jawohl, Sir!« Tillman Halls wartete, bis sich die Offiziere gesetzt hatten, dann nahm er selbst wieder Platz. Er zog sich das weiße iBook heran, fuhr mit dem Finger über das Touchpad und folgte mit den Augen dem Mauspfeil auf der Leinwand.
»Es sind fünf Elemente und zwölf Tierzeichen. Es ist ein Sechzig-Jahre-Zyklus. Jede Kombination aus einem Element und einem Tierzeichen kommt also nur alle sechzig Jahre vor.« Tillman Halls sah den Colonel kurz an. »Die Schlange ist das sechste Tier. Sie steht für Schlauheit.«
»Was soll das mit der Schlange?«, unterbrach der Colonel Tillman Halls.
Halls räusperte sich. »Wir nehmen an, dass die Schlange eine Bedeutung für die Ereignisse der vergangenen Monate hat. Unser erster Toter wurde am 29. Januar gefunden. Laut Obduktion war der Mann nicht länger als achtundvierzig Stunden tot. Das Jahr der Schlange hat am 24. Januar 2001 begonnen und endet im nächsten Jahr am 11. Februar.«
»Sie sagten chinesischer Kalender. Was hat das mit Kambodscha zu tun?«
»Buddhismus, Sir. Wir glauben, dass es sich um ein Ritual handelt.«
»Religiöse Morde?«
»Nein, das glauben wir allerdings nicht. Die Symbole der Religion spielen zwar eine Rolle, aber es gibt noch eine andere Theorie, die sich aus der Gemeinsamkeit aller sechs Opfer ableitet.«
»Moment!«, warf der Colonel ein. »Ich habe die Information, dass es sich nur um zwei Opfer handelt.«
Tillman Halls schüttelte den Kopf. »Nein, es sind mittlerweile sechs, wir haben bis jetzt sechs Leichen. Die Zweite im Februar, eine im März, zwei im Mai und die Letzte am 23. Juli, also vor knapp drei Wochen.«
»Sechs!« Der Colonel wandte sich jetzt an den Commander, sah ihn fragend an.
»Ja, das ist richtig, Sir. Es sind sechs Opfer. Wir haben den Zusammenhang erst nach dem Fund der letzten Leiche eindeutig klären können.« Der Commander zog eine Akte heran, die auf dem Tisch lag, und schlug sie auf.
Der Colonel beugte sich über das Papier und nickte. »Ja, richtig, die beiden Namen ganz oben, das sind unsere Leute.«
»Und was ist mit den anderen?«, fragte der Commander.
Der Colonel überlegte, schüttelte den Kopf. »Ich kenne nicht alle Namen, auch nicht die Decknamen.« Er blickte auf. »Aber sie haben das ganz sicher überprüft?«
»Ja, das haben wir, Sir. Es sind ebenfalls ihre Leute.«
»Und, was machen wir jetzt?« Der Colonel tippte mit dem Finger auf das Papier. »Wenn sie tot sind, sind sie tot. Was wollen sie jetzt noch und warum haben Sie es so dringend gemacht, Sie wissen, wie spät es ist? Ich bin um halb sieben zum Essen verabredet.«
»Das verstehen wir natürlich«, antwortete der Commander ruhig. »Wir werden sie nicht lange aufhalten. Es geht uns nur um Schadensbegrenzung.«
Der Colonel verschränkte die Arme vor der Brust, erwiderte aber nichts. Der Commander ließ ein paar Sekunden verstreichen, bis er fortfuhr.
»Sie müssen uns ein wenig erzählen, von damals, damit wir einschätzen können, ob weiterhin Gefahr besteht.«
»Gefahr?« Der Colonel reckte das Kinn ein Stück vor.
»Sie entschuldigen Sir, aber Sie wissen genau, wovon ich spreche. Die Zeiten haben sich geändert. Wenn wir nicht aufpassen, wird der vietnamesische Tong cuc Fragen stellen. Fragen, die ganz nach oben gehen, und dort wird man sich an Sie halten, schätze ich. Wollen Sie diese Fragen dann beantworten müssen?«
Der Colonel zuckte mit den Schultern. »Verdammter Charlie!« Er schüttelte den Kopf. »Aber was soll’s. Nun gut, was wollen Sie hören?«
Der Commander lächelte und sah dann Tillman Halls an, bevor er sich wieder an den Colonel wandte. »Wir sind nicht so gut in Geschichte. Wie ging das 1979 los und warum?«
Der Colonel spitzte die Lippen, bevor er begann. »Nun gut, Pol Pot war eigentlich ein Sauhund, aber seine sogenannten Brüder und er selbst waren sehr gerissen. Die Roten Khmer hatten keine Gesichter, nach außen gab es keine Verantwortlichen. Es gab nur die Angka. Das war ihre Partei, ihre Organisation, eine Masse, hinter der sie sich versteckten. Offiziell waren sie vor 1975 und nach 1979 eine maoistisch-nationalistische Guerillabewegung. Für mich waren sie einfach nur Kommunisten, und zwar mit einer haarsträubenden Doktrin. Während ihrer Herrschaft über Kambodscha wurden die Leute aus den Städten geholt. Alle sollten zu willenlosen Landarbeitern umerzogen werden. Das Geld wurde abgeschafft, Bücher wurden verbrannt. Intellektuelle wurden hingerichtet. Es reichte aus, Brillenträger zu sein. Es war schon ein ganz schöner Mist, aber das war egal, denn es gab da etwas. Die Roten Khmer haben gegen die Vietnamesen gekämpft, waren sich spinnefeind. Und das machte sie für uns auf einmal gesellschaftsfähig. Die vietnamesische Armee hat die Roten Khmer gestürzt und die Volksrepublik Kampuchea ausgerufen. Wir und andere westliche Staaten haben das nicht akzeptiert. Pol Pot und seine Leute mussten in den Untergrund gehen, aber wir haben sie weiterhin unterstützt und die neuen Verhältnisse in Kambodscha lange nicht anerkannt.«
Der Commander nickte. »Sie haben den Bürgerkrieg in Kambodscha angeheizt, mehr als ein ganzes Jahrzehnt lang.«
»Ich habe gar nichts«, wehrte der Colonel ab. »Ich habe auch nur Befehle ausgeführt. Wir hatten unsere Position in dieser Angelegenheit und haben getan, was notwendig war. Alles andere ist Politik, für die ich nicht verantwortlich bin.«
»Sie haben den Roten Khmer also Militärhilfe zukommen lassen?«
»Was fragen Sie? Das wissen Sie doch ganz genau. Wir haben unsere Position allerdings Anfang der neunziger Jahre überdacht, also nicht wir, sondern die Politik. Wir haben uns mit den Russen geeinigt. Kambodscha sollte eine Zukunft ohne die Roten Khmer bekommen, dem wurde von unserer Regierung zugestimmt.«
»Aber die alte Verbundenheit wurde nicht aufgegeben«, stellte der Commander fest.
»Verbundenheit!«, wiederholte der Colonel. »Ich würde es eher als Zweckbündnis bezeichnen. Diese Angelegenheit wäre ziemlich peinlich geworden. Wir mussten uns schützen ...«
»Und darum haben Sie auch gleich die höheren Chargen der Roten Khmer mit geschützt«, unterbrach der Commander den Colonel.
»Ja und? Natürlich haben wir das getan.«
»Ich frage mich jetzt nur, wer sie zum Schweigen gebracht hat«, meinte der Commander.
»Wollen Sie damit sagen, dass ...«
Der Commander nickte provokativ. »Entschuldigen Sie Sir, aber es würde Ihnen doch passen, die einfachste Lösung.«
Der Colonel richtete sich in seinem Stuhl auf, erwiderte aber nichts. Der Commander sah wieder zu Tillman Halls, der daraufhin eine Datei auf dem iBook öffnete. Der Beamer flackerte, eine Portrait-Fotografie erschien auf der Leinwand. Der Mann hatte feine asiatische Gesichtszüge, einen herrischen Mund und stolze Augen.
»Diesen Herrn haben wir vor etwa einer Stunde auf dem Landvetter Airport bei Göteborg festgenommen, und zwar um 22:37 Uhr Ortszeit. Sein Name ist Rin Mura, Jahrgang 1941. Er hat einen südkoreanischen Pass, lebt aber seit 1997 in Schweden, in einem Ort namens Olofstorp. Er wollte nach London fliegen. Seinen Namen hatten wir schon seit einigen Wochen auf unserer Liste. Jetzt hat er sich aus seinem Versteck gewagt und wir haben zugeschlagen. Sie können es Schutzhaft nennen.« Der Commander machte eine kurze Pause. »Können Sie Rin Mura auf dieser Fotografie identifizieren?«
»Es stimmt, dass wir Rin Mura kennen. Sie haben seine Vita korrekt wiedergegeben. Ich bin ihm sogar schon einmal persönlich begegnet, aber das ist sehr lange her.« Der Colonel zögerte. »Der Mann auf dem Foto, das könnte er sein, ja ich denke, er ist es. Haben Sie seine Fingerabdrücke verglichen?«
»Wir haben leider keine Referenz«, sagte der Commander. »Aber vielleicht können Sie uns da aushelfen.«
Der Colonel nickte. »Das ließe sich machen, aber das kann dauern, bis die Daten freigegeben werden, sie verstehen?«
»Was können Sie uns über Rin Mura sagen. Wir haben zwar einige Informationen über ihn, aber es wäre doch interessant, gewissermaßen etwas aus ersten Hand zu erfahren.«
Der Colonel strich sich über das Kinn. »In der Tat könnte ich das. Ich habe sogar Rin Muras Dossier verfasst, Code Bruder Nr. X. Bei dem X sind wir uns nicht sicher, ob es ein oder zweistellig ist. Ich meine die Nähe zu Pol Pot, sie verstehen? Die Nummer zwei bis fünf war er jedenfalls nicht, aber wir glauben, dass er schon dicht dran war. In den achtziger Jahren war er aktiver als zwischen 1975 und 1979. Er soll vom Handlanger zum Strategen aufgestiegen sein. Es gab auch Gerüchte, dass er etwas mit Pol Pots Tod zu tun hatte, aber mehr als Drahtzieher, denn 1998 hatten wir Rin Mura bereits in Schweden platziert. Ich kenne sogar den Namen seiner, sagen wir Lebensgefährtin, einer Frau namens Chenda Rieng. Sie ist Schwedin, ihre Eltern stammen aber aus Laos. War Chenda Rieng bei Rin Mura?«
Der Commander zuckte mit den Schultern und wandte sich an Tillman Halls. »Überprüfen Sie das, Chenda ...«
»Chenda Rieng«, wiederholte der Colonel. »Eine junge Frau, sie dürfte nicht viel älter als dreißig sein.«
Halls zog das Beamerkabel von seinem iBook und begann auf der Tastatur zu hämmern. Der Commander hatte sich hinter ihn gestellt.
»Nichts, Sir«, sagte Halls. »Im Einsatzprotokoll steht nichts davon, dass der Festgenommene in Begleitung einer Frau war. Er war allein.«
»Auch keine Leibwächter?«, fragte der Colonel, der noch immer in seinem Stuhl zurückgelehnt saß.
Tillman Halls sah den Colonel an und schüttelte den Kopf. »Der Mann wurde nach dem Check-in abgegriffen, er war auf dem Weg zu seinem Terminal und er war alleine, kein Hinweis auf Begleitung.«
»Vielleicht ist sie zu Hause geblieben«, vermutete der Colonel. »Ich könnte herausfinden, unter welcher Adresse sie gemeldet ist.«
»Wir haben Rin Muras Adresse«, erwiderte der Commander.
»Da könnte sie natürlich auch sein, aber es ist sehr abgelegen und ich erinnere mich, dass sie auch eine Göteborger Stadtadresse hatte, eine Wohnung.« Der Colonel überlegte. »Hatte Rin Mura großes Gepäck dabei? Gibt es einen Hinweis, dass er vielleicht über London noch zu einem anderen Ziel wollte?«
Tillman Halls las im Einsatzprotokoll und schüttelte dann erneut den Kopf. »Eine Reisetasche, Kleidung für ein paar Tage, Unterwäsche, Ersatzhose, Hemden, sonst nichts.«
»Hatte er Dokumente bei sich?« Der Colonel ließ die Frage belanglos klingen.
»Sein Ticket und ein Buch«, antwortete Tillman Halls.
»Ein Buch, welches?«
Halls scrollte durch die Seite auf seinem iBook. »Kim von Rudyard Kipling.«
»Kim? Kenne ich nicht. Ist das ein koreanischer Name?«
»Kipling hat über Indien geschrieben«, informierte der Commander. »Kennen Sie das Dschungelbuch nicht?«
»Ach, natürlich!«, sagte der Colonel. »Und haben Sie das Buch gefilzt, gab es da irgendetwas?«
Der Commander schüttelte den Kopf. »Wir haben zwar ein Team in Göteborg, aber die Spezialisten müssen wir noch einfliegen und dann werden wir Rin Mura verhören.«
»Wo halten Sie ihn jetzt fest?«
»Wir haben ihn erst einmal den schwedischen Behörden übergeben müssen. Sie werden ihn in der Nacht ins Untersuchungsgefängnis nach Göteborg verlegen. Wir können in einem fremden Land nicht einfach so agieren, wie wir gerne möchten. Wir haben der Polizei Gründe geliefert, Rin Mura mindestens zweiundsiebzig Stunden festzuhalten. Bis dahin haben wir ihn schon lange wieder herausgeholt und in unsere Obhut genommen.« Der Commander überlegte. »Aber Sie meinen, wir sollten uns auch um diese Chenda Rieng kümmern?«
Der Colonel zuckte mit den Schultern. Der Commander wandte sich an Tillman Halls. »Wie lautet die Adresse von Rin Mura in Göteborg?«
»Er wohnt außerhalb«, klärte Halls auf und las die Adresse vom Monitor ab. »Villa Hög, Buskarvägen 1-3, 424 91 Olofstorp.«
»Auch egal. Rufen sie über Satellit an. Ich will dort ein Team haben.«
*
»Na endlich kommen Sie ins Spiel«, sagte Bruckner. »Da haben Sie ja mit hohen Herren zu tun gehabt, Commander, Colonel.«
»Sie müssen verzeihen, dass ich keine Namen nenne«, erklärte ich. »Und die, die ich nenne, sind natürlich, wie sagt man, geändert, stehen aber so in den Berichten.«
»Der Commander, das war Ihr Chef?«
Ich schüttelte den Kopf. »Nein, ich war nur ausgeliehen, eine Art Berater. Ich stand damals zwischen dem NYPD und dem FBI, das in Quantico auch Ermittlungsabteilungen hatte. Sie werden mich jetzt wahrscheinlich verachten, aber der Commander war von einer Institution, die man hier in Deutschland mittlerweile auch besser kennt, als ihnen lieb sein kann.«
»Nein!«, sagte Bruckner erstaunt. »Sie meinen doch nicht etwa die NSA, die sammelt doch nur Daten?«
»Doch, doch, ich meine sehr wohl die National Security Agency, kurz die Agency und das ist nichts anderes als der Auslandsgeheimdienst der Vereinigten Staaten.«
»Aber dieser Colonel, der war von einem anderen Verein?«, fragte Bruckner.
Ich nickte. »Das kann man so sagen. Seit Reagan sind diverse US-Nachrichtendienste zur United States Intelligence Community zusammengefasst worden. Aus einem dieser Institutionen entstammte der Colonel, aber fragen Sie nicht, aus welchem.
»Na, Ihre Geschichte schlägt ja Kreise«, stellte Bruckner anerkennend fest.
»Wenn ich fortfahren dürfte, dann lernen Sie noch weitere Beteiligte kennen.«
»Nur zu, jetzt bin ich aber gespannt.«
*
Sie hatten eine Pension in Berlin-Reinickendorf belegt, es gab keine anderen Gäste. Der Portier an der Rezeption war um zehn Uhr gegangen. Sie waren alleine in dem Haus, dass in einem Nebengebäude über drei Garagenplätze verfügte. Martin Grenholm hatte zwei seiner Männer in dem kleinen Frühstücksraum im Erdgeschoss versammelt. Sie hatten mehrere der kleinen Tische zusammengestellt. Grenholm entfaltete einen Berliner Stadtplan, der auch die Anschlussgebiete zu Brandenburg enthielt. Er breitete die Karte auf der Tischfläche aus und strich die Ränder glatt. Mit einem schwarzen Edding zeichnete er ihren Standort ein. Dann überlegte er.
»Wo ist der Hauptbahnhof?«
Alex, ein blonder Hüne, beugte sich vor und tippte mit dem Finger auf die Karte. »Der Hauptbahnhof befindet sich in Berlin-Mitte, hier am Spreebogen. Das deutsche Bundeskanzleramt ist gleich nebenan und das Reichstagsgebäude ist hier.« Alex’ Finger kreiste über der Karte.
»Ist das neue Kanzleramt schon fertig?« Grenholm sah Alex an.
»Seit Mai bezogen. Da gibt’s jetzt eine Menge Polizei und Grenzschutz.«
»Aber das spielt sich doch wohl mehr auf der anderen Spreeseite ab?«, fragte Grenholm, während er mit dem Edding einen Kreis um das Bahnhofsgelände zeichnete.
»Der Norden ist frei«, kommentierte Alex.
»Gut, nächstes Ziel. Wo ist Reinickendorf?«
Alex war gut vorbereitet. Er tippte wieder auf die Karte. »Hier oben, die Startbahnen des Flughafens sind sogar eingezeichnet. Die Terminals erreicht man über die große Zufahrt aus Richtung Süden.«
Grenholm setzte erneut den Edding ein. »Standorte sind geklärt. Was ist mit den Tickets, Will?«
Der Angesprochene legte eine dünne Mappe auf den Tisch, klappte sie auf und zog einige Papiere hervor. »Ich habe für drei Ziele je zwei Flugtickets besorgt.«
»Welche Alternativrouten?«, fragte Grenholm sofort.
Will schob die Flugtickets auseinander. »Brüssel und Mailand.«
»Was ist mit den Abflugzeiten?«
»Alle morgen früh, außerdem kann man kurzfristig noch auf die Nachmittagsmaschinen umbuchen.«
Grenholm überlegte, zupfte sich dabei am Kinn. »In Ordnung, obwohl ich so ein Gefühl habe, dass wir ihn nicht ins Flugzeug setzen können.«
»Dann haben wir ja noch den Zug«, warf Will ein. Er nahm weitere Papiere aus der Mappe. »Ich habe hier eine ganze Reihe von Bahnverbindungen zusammengestellt. Alles dabei, Abfahrtszeiten und Ankunftszeiten für jeden Halt, Risikoeinschätzung der Routen.«
»Was ist mit Fluchtwegen, falls wir den Zug verlassen müssen?«
»Wir können von überall schnell verschwinden, Voraussetzung, wir schaffen einen Wagen heran«, erklärte Will.
»Gut, das wird die Hauptaufgabe unseres Teams sein, sofern das mit dem Fliegen tatsächlich nicht klappt«, erklärte Grenholm.
»Was ist, wenn er von vornherein mit dem Auto weiterfährt?«, fragte Alex.
Grenholm schüttelte den Kopf. »Nein, das geht nicht. Er ist ja bereits mit dem Auto unterwegs. Das Risiko ist dann zu groß, dass jemand an ihm dranhängt und vor allem dranbleibt.«
»Und was ist, wenn wir die Fahrzeuge mehrmals wechseln?«
»Nein, ich bin grundsätzlich dagegen«, sagte Grenholm entschieden. »Das Auto ist für den zweiten Teil der Operation ohnehin unser Notfallplan, wir hätten dann keine Option mehr, oder soll er am Ende zu Fuß gehen?«
Will lachte kurz auf, Alex stieß ihn an und zuckte dann mit den Schultern. »Ich habe kein Problem, Verfolger abzuschütteln.«
»Ich weiß, aber darum geht es nicht«, erklärte Grenholm. »Wenn wir die Operation mit nur einem Team durchführen würden, dann hätte ich das Auto vom Start- bis zum Zielpunkt genommen, um möglichst autark zu sein. Das Ganze wurde aber anders geplant und das hat seinen Grund. Mehr braucht ihr vorerst nicht zu erfahren.«
Die beiden Männer nickten. Grenholm lächelte. Dann wandte er sich wieder der Karte zu. Er studierte die Autobahnen und Bundesstraßen, die aus allen Himmelsrichtungen in die Stadt mündeten.
»Ist das der Berliner-Ring?«
»Das ist der Innenstadtring«, erklärte Alex. »Der ist für uns aber nicht so wichtig. Wir müssen einen größeren Kreis um die Stadt schlagen.« Er deutete an, was er meinte. »Die Autobahn 10 führt um Berlin herum und geht im Norden in die A24 über. Richtung Westen geht die A2, Richtung Osten die A12 und Richtung Süden die A9. Die A13 wäre für die südliche Route eine Alternative, weil wir hier auch wieder nach Süddeutschland einschwenken könnten.«
»Gut, aber wie gesagt von Berlin aus soll es nicht mit dem Wagen weitergehen.« Grenholm überlegte. »Wo werden wir ihn morgen in Empfang nehmen?«
Alex beugte sich vor, suchte kurz und legte seinen Finger auf eine Stelle der Karte.
Grenholm setzte die Kappe auf den Edding, bis es klickte. »Das werde ich jetzt nicht einzeichnen«, kommentierte er und studierte die Karte, nachdem Alex seine Hand zurückgezogen hatte. »Und wo ist die Wohnung?«
»In Zehlendorf.« Alex suchte kurz, zeigte wieder mit dem Finger auf eine Stelle der Karte. »Hier etwa.« Er beugte sich dicht über den Tisch. »In dieser Straße, Hausnummer 29. Es ist ein Mietshaus.«
»Wir werden die Wohnung erst ganz zum Schluss sichern, kurz bevor wir mit ihm ankommen«, stellte Grenholm fest. »Und wir haben den Schlüssel zur Wohnung?«
»Ja«, sagte Will, griff in seine Hosentasche und förderte ein Schlüsselbund hervor. »Ich war gestern einmal dort.«
*
Rin Mura brauchte kein Gepäck. Er trug einen schwarzen Anzug mit offenem Hemdkragen und darüber einen leichten Sommermantel. Er sah sich noch einmal in seinem Arbeitszimmer um. Der Aktenvernichter war schon wieder in den Schrank geräumt. Rin Mura bückte sich nach einem hauchdünnen Papierschnipsel, das auf dem Teppichboden liegen geblieben war. Er rollte es zu einer winzigen Kugel zusammen und schnippte es in eine Ecke des Raumes. Hier würde niemand etwas finden, keinen Hinweis auf seine Vergangenheit und auch keinen Hinweis auf seinen Verbleib. Rin Mura wandte sich zum Gehen, als es klopfte und die Tür aufgerissen wurde. Einer der Leibwächter stand im Türrahmen.
»Fahrzeuge kommen durch den Wald«, brachte er atemlos hervor. »Unbeleuchtet! Wir müssen den anderen Wagen nehmen.«
»Warum, schaffen wir es nicht mehr vorne heraus?«
»Nein, wir müssen ein Stück zu Fuß gehen«, erklärte der Leibwächter. »Der Ersatzwagen steht einen Kilometer von hier entfernt in einer Scheune. Ziehen Sie bitte dies hier über ihren Mantel.«
Der Leibwächter reichte Rin Mura einen der beiden schwarzen Umhänge, die er dabeihatte. Er half ihm beim Anziehen.
»Sie müssen die Kapuze über den Kopf legen und das Band festzurren.«
Der Leibwächter führte es vor, wandte sich dabei schon zum Gehen und zog Rin Mura mit sich aus dem Zimmer. Sie gingen zum hinteren Teil der Villa. Es gab dort eine Wirtschaftstür, die zum ehemaligen Gemüsegarten führte. Der Leibwächter zog Rin Mura noch immer mit sich.
»Wie heißen sie?«, fragte Rin Mura.
»Gunnar, mein Herr. Können sie schneller gehen?«
Rin Mura nickte. Sie erreichten eine offene Gartentür und tauchten in den Wald ein. Gunnar hatte keine Taschenlampe, kannte den Pfad aber sehr genau. Sie mussten ein Stück bergab gehen. Der Mond erleuchtete die Baumstämme. Rin Mura stieß sich von einem ab. Er begann zu keuchen, Gunnar verlangsamte das Tempo etwas, beschleunigte dann aber wieder unmerklich. Der Kilometer wurde immer länger. Rin Mura schwitzte, stolperte einmal, Gunnar hielt sich dicht bei ihm. Dann blieben sie vor einem Feldweg stehen. Gunnar ließ Rin Mura im Schutz der Bäume zurück, erkundete den Feldweg. Er versuchte etwas zu hören, Motorengeräusche oder jemanden, der ihnen durch den Wald gefolgt war. Es blieb still.
Gunnar überlegte. »Die Scheune ist gleich dort drüben.«
Er zeigte in eine Richtung entlang des Feldweges. Rin Mura streckte sich, konnte aber nichts erkennen.
»Ich werde vorangehen«, erklärte Gunnar. »Sie bleiben hier und wir kommen Sie mit dem Wagen abholen.«
»Nein!«, antwortete Rin Mura entschieden.
Gunnar sah ihn an. »Ich kann jetzt keinen Kontakt aufnehmen.« Er zeigte sein Mobiltelefon. »Ich weiß nicht, ob es sicher ist, ob die anderen nicht auch schon aufgeflogen sind.«
»Ist mir egal«, erwiderte Rin Mura. »Ich bleib nicht alleine hier. Was soll ich machen, wenn Sie nicht wiederkommen?«
Gunnar nickte. »Gut, dann los. Halten sie sich am Rand des Weges. Wenn ein Wagen kommt, müssen sie sofort ins Dickicht springen. Fertig?«
Gunnar wartete nicht auf eine Antwort. Er trat aus der Deckung, hielt sich im dünnen Schatten der Bäume. Rin Mura hatte nicht gezögert, war ihm sofort gefolgt. Sie begannen zu traben. Der Feldweg machte eine leichte Kurve und dann sahen sie die Scheune. Alles lag im matten Mondschein. Lichter brannten keine. Das Tor war weit geöffnet. Sie duckten sich hinter einem Gatter, das den Feldweg an dieser Stelle begrenzte. Gunnar nahm einen kleinen Stein vom Boden auf und warf ihn gegen das Holz der Scheunenwand. Es dauerte eine Sekunde, bis sie das Klackern hörten. Eine weitere Sekunde später tauchte die Silhouette eines Mannes am Scheunentor auf. Er machte eine Handbewegung.
»Es ist in Ordnung«, flüsterte Gunnar.
Sie erhoben sich hinter dem Gatter und liefen über den Platz bis zur Scheune. Rin Mura erkannte den zweiten Leibwächter. Die Leute waren erst am Nachmittag in die Villa gekommen und so kannte er auch den Namen dieses Mannes noch nicht.
»Wer sind Sie?«, fragte er daher.
Der Leibwächter zögerte, sah zu seinem Kollegen.
»Ist schon in Ordnung«, sagte Gunnar.
»Erik, ich bin Erik, mein Herr.«
Rin Mura nickte und atmete tief durch. Er spürte jetzt, wie erschöpft er von dem Marsch war. »Wo ist der Wagen, können wir los?«
Erik wandte sich um. Sie gingen in die Scheune. Der Wagen stand in einer Stallbox. Die Fondtür öffnete sich. Gunnar schaltete wieder seine Taschenlampe ein, leuchtete in den Wagen.
»Das ist Hanna. Sie sitzt hinten bei Ihnen.«
»Sie waren doch zu viert?«, fragte Rin Mura.
Gunnar nickte. »Wir müssen wohl auf das Begleitfahrzeug verzichten.«
*
Die Limousine rollte langsam aus dem Hof der Villa. Der Wagen hielt sich links, bog in einen Wirtschaftsweg ein und blieb stehen. Der Mann am Steuer lehnte sich zurück. Er sah eben noch die Scheinwerfer, dann blendeten sie wieder ab. Sie fuhren auch langsamer, erreichten die Einfahrt zur Villa. Er konnte drei Wagen zählen. Dann trat er auf die Bremse, zwei-, dreimal. Sie hatten ihn gesehen. Er fuhr an, beschleunigte. Am Nachmittag hatte er sich das Terrain angesehen, die nähere Umgebung. Er war fast zwei Stunden durch die Wälder gefahren. Die Dunkelheit änderte nichts für ihn. Bei jedem Einbiegen in einen anderen Forstweg war das Bremslicht alles, was sie von ihm sahen, was sie sehen sollten. Er hielt sie auf Distanz. Er führte sie immer weiter weg. Er fuhr auf eine befestigte Straße. Ein Schild wies Richtung Björboholm. Der kleine Ort lag direkt am Mjörn. Er würde die Uferstraße nehmen, am Ende des Sees wieder nach Süden fahren, um den Motorväg nach Stockholm zu erreichen. Sie würden annehmen, dass Rin Mura nach Stockholm flüchten wollte.
*
Die Scheiben des Wagenfonds waren getönt, die Insassen nicht zu erkennen. Bevor sie Göteborg erreichten, hatten sie noch einmal gestoppt. Hanna hatte sich nach vorne gesetzt. Ein Paar, ein Ehepaar, war unauffälliger, erklärte Gunnar. Neben Rin Mura saß jetzt Erik, der sich auf seiner Seite der Rückbank an die Fondtür drückte und den Verkehr beobachtete.
Als sie die große Stadt verlassen hatten, entspannte er sich. Auf dem Weg nach Süden mied Gunnar die größeren Straßen. Einmal konnte Rin Mura Wasser zwischen den Bäumen glitzern sehen. Während der gesamten Fahrt herrschte im Wagen Stille. Die angespannte Ruhe machte Rin Mura müde. Er schloss die Augen, streckte sich, blieb aber aufrecht sitzen. Er merkte nicht, dass er einschlief. Als er erwachte, parkte der Wagen vor einer Tankstelle in einem kleinen Dorf. Die Fondtür stand offen, die kühle Nachtluft wehte herein. Rin Muras Körper zitterte wie im Reflex. Er gähnte und begann seine Beine zu lockern. Hanna reichte ihm eine Wasserflasche.
»Danke! Wo sind wir?«, fragte er.
»In der Nähe von Helsingborg.«
»Wie spät ist es?«
»Kurz nach vier.« Hanna hielt ihm ein eingepacktes Sandwich hin. »Wollen Sie etwas essen?«
Rin Mura schüttelte den Kopf. »Nein danke, vielleicht später.« Er räusperte sich. »Wir haben vier Stunden für zweihundert Kilometer gebraucht?«
»Das ist kein Problem. Wir haben die Zeit«, antwortete Hanna und legte das Sandwich ins Handschuhfach zurück.
»Wie lange fahren wir noch?«
»Etwa zwei Stunden, wenn wir Malmö umfahren.«
Rin Mura nickte. »Wo sind ihre Kollegen?«
»Die kommen gleich wieder. Wenn sie dann auch gehen wollen, wird einer der beiden sie begleiten.«
Rin Mura nickte. Er drehte den Verschluss der Wasserflasche auf und trank einen Schluck. »Machen wir später noch einen Stopp?«
»Nach Möglichkeit nicht. Jetzt beginnt die kritische Phase, darum meiden wir auch die Stadt.«
»Eigenartig, ich war noch nie in Malmö«, sagte Rin Mura nachdenklich.
Hanna lächelte. »Vielleicht ein anderes Mal.«
Rin Mura schüttelte langsam dem Kopf, erwiderte aber nichts. Hanna wandte sich kurz ab und sah durch die Windschutzscheibe. Rin Mura folgte ihrem Blick. Die beiden Männer kehrten zurück. Sie gingen getrennt. Gunnar war zehn, fünfzehn Meter hinter Erik. Er drehte sich immer wieder unauffällig zur Seite, beobachtete einen vorbeifahrenden Wagen. Es war das erste Fahrzeug, das ihnen seit ihrem Stopp begegnet war. Gunnar blieb stehen, sah dem Wagen noch immer hinterher. Am Ende entschied er, dass es nichts weiter war. In einer Stunde würde der Verkehr ohnehin zunehmen, wenn sie das Umland von Malmö erreichten. Frühschichtbeginn in den Fabriken und auch der Berufsverkehr über den Öresund nach Kopenhagen. Die Brücke gab es erst seit etwas mehr als einem Jahr.
Erik setzte sich jetzt ans Steuer. Ein leichter Tabakgeruch umwehte ihn, als er einstieg. Rin Mura dachte kurz ans Rauchen. Er würde wegen dieser Sache nicht wieder damit anfangen. Chenda mochte es nicht. Es waren eigenartige Gedanken, die er hatte.
»Sie können jetzt gehen«, sagte Hanna und sie gab Gunnar ein Zeichen.
Die Fondtür wurde geöffnet, Rin Mura stieg aus dem Wagen und folgte Gunnar zu dem kleinen Gebäude. Die Tankstelle hatte nicht geöffnet, das Toilettenhäuschen war aber unverschlossen, wie es auf dem Lande üblich war. Fünf Minuten später kehrten sie zurück. Erik startete den Wagen und sie fuhren weiter.
»Ich hätte jetzt doch gerne mein Sandwisch«, sagte Rin Mura und Hanna holte es aus dem Handschuhfach und gab es ihm nach hinten.
*
Bruckner schenkte sich ein und leerte sein Kännchen. Er blickte auf die Kuchentafel. »Wir sollten noch einmal bestellen«, schlug er vor. »Obwohl, Sie haben ja kaum etwas gegessen.«
»Ich rede ja auch die ganze Zeit«, sagte ich.
»Und das ist auch gut so«, meinte Bruckner grinsend. »Jetzt muss ich aber mal nachfragen. Dieser Rin Mura plant wohl etwas Großes, aber die Agency hat ihn bereits im Visier. Die ganzen Leute, die gehören aber zu diesem Herrn?«
»Er hatte einen Stab Leibwächter engagiert«, erklärte ich. »Im Wesentlichen gab es zwei Gruppen, die beiden Männer und die Frau, die ihn direkt schützten und ...«
»Hanna, Gunnar und Erik«, unterbrach mich Bruckner. »Entschuldigung, Sie werfen aber auch eine Menge Namen in die Geschichte.«
»Es waren ja auch einige Beteiligte, die alle ihre Rollen gespielt haben. Bei den Leibwächtern war Martin Grenholm quasi der Einsatzleiter. Er war auch bei dem Vorauskommando in Berlin.«
»Also, ich fasse mal zusammen«, sagte Bruckner. »Rin Mura flüchtet mithilfe seiner Leibwächter vor der Agency. Aber warum haut er ab?«
»Geduld, Geduld«, sagte ich lachend. »Und außerdem ist noch jemand anderes hinter Rin Mura her.«
*
Sie standen auf dem schmalen Parkplatz ganz außen, unter einem Laubbaum, der seine Äste tief zum Boden geneigt hatte. Ein leichter Sprühregen hatte sich über die Windschutzscheibe gelegt. Nhean sah auf die Uhr an seinem Handgelenk. Es war Viertel vor zwei.
»Wir müssen noch ein paar Minuten warten«, sagte er zu Arun, der vorgebeugt saß und das Lenkrad fest umklammert hatte.
Arun schwieg. Nhean wandte sich um und griff auf der Rückbank nach dem Baumwollsack, der dort lag, und holte ihn zu sich nach vorne. Er ließ die Trommel in ihrer Hülle, klopfte aber durch den Stoff auf das Trommelfell, das einen gedämpften Ton von sich gab. Er sah immer wieder auf die Uhr im Armaturenbrett und er spielte die Trommel und versuchte sich an all das zu erinnern, was ihn mit diesem Instrument verband. Er hatte die Trommel selbst angefertigt, auch dies verlieh ihrem Ritual das Besondere. Beim Aushöhlen des Holzes hatte er sich geschnitten, eine tiefe Wunde. Er hatte das Blut trocknen lassen und es war noch heute in der Maserung zu erkennen. Blut für Blut hatte Arun damals gesagt und sich selbst eine Wunde zugefügt, um auch von seinem Blut zu geben und die Trommel zu weihen.
Nhean atmete tief durch und löste sich aus seinen Gedanken. »Es wird Zeit«, sagte er.
Arun nickte. Sie stiegen aus dem Wagen. Arun zog sich an der Fahrertür hoch. Sie hielten sofort auf die Bäume zu. Arun folgte Nhean, der zielstrebig durch den Wald ging. Sie erreichten den Zaun. Nhean überlegte kurz, hielt sich rechts und fand einige Meter weiter die unscheinbare Gittertür, die auf das Gelände führte. Ein Schild informierte, dass sich der Eingang Barnstorfer Ring des Rostocker Zoos dreihundert Meter weiter links befand. Nhean hatte das Türschloss bereits bei einem Erkundungsgang vor einer halben Stunde geknackt, nachdem die beiden Nachtwächter vorbeigekommen waren. Dabei hatte er sich seinen Dietrich abgebrochen, aber die Tür war wenigstens offen.
Den Westteil des Zoos würden die Wachen erst wieder in zwei Stunden kontrollieren. Arun und Nhean blieben mehr als genug Zeit. Gleich hinter der Gittertür gab es einen offenen Schuppen, in dem Aufsitzmäher, kleine Traktoren und mehrere Anhänger standen. Auf dem Platz davor lagerten Haufen mit Muttererde und Kies. Der Betriebshof war von einem Holzzaun umgeben. Das Tor, das zum öffentlichen Bereich des Zoos führte, ließ sich von innen entriegeln. Sie schlüpften hindurch und befanden sich auf einem asphaltierten Weg. Nhean blockierte die Tür, damit sie den Zoo später wieder auf demselben Weg verlassen konnten, ohne über den Holzzaun klettern zu müssen. Arun orientierte sich. Er hatte den bunten Plan des Zoos entfaltet und hielt ihn in das schwache Mondlicht.
»D-a-r-w-i-n-e-u-m«, entzifferte er den Text. Er hatte immer noch Schwierigkeiten mit den lateinischen Buchstaben.
Nhean brauchte den Plan nicht. Er schlug gleich die ausgewiesene Richtung ein. Arun faltete das Papier zusammen und folgte ihm. Der asphaltierte Weg schlängelte sich durch das baumbewachsene Gelände. Die Gehege auf der linken Seite waren verlassen, die Tiere in ihren Ställen und Unterständen. Es regte sich nichts. Erst als mehrere Nachtvögel schrien, blieben Arun und Nhean für einen Moment stehen. Das Geräusch war harmlos, kein Warnruf, der die Nachtwächter auf den Plan gerufen hätte. Dennoch sah Arun Nhean fragend an.
Nhean schüttelte den Kopf. »Die sind jetzt im Ostteil. Da liegt eine Straße zwischen und es gibt nur einen Durchgang.«
Sie gingen weiter. Vor ihnen tauchten Gebäude auf. Sie verließen den Weg, überstiegen einen niedrigen Zaun und befanden sich hinter der großen Tropen-Halle. Nhean entfernte sich ein Stück von der Halle, um das flache Dach zu überblicken. Er kam zu Arun zurück.
»Eines der Oberlichter steht offen«, erklärte er. »Ich gehe hoch und mache dir dann unten auf.«
Arun nickte. Nhean sah sich um, ging zu einer Regenrinne, über die er auf ein Vordach gelangte. Arun beobachtet, wie er sich an dem vorstehenden Hallendach hochzog. Nhean konnte auf dem flachen Dach laufen, erreichte das Oberlicht und öffnete die Abdeckung gerade soweit, dass er sich zwischen den Spalt zwängen konnte. Arun wartete und nach zwei Minuten hörte er, wie an der Tür, neben der er stand, ein Riegel verschoben wurde. Nhean hielt ihm die Tür geöffnet und Arun betrat die Tropen-Halle. Innen schlug ihm sofort eine feuchte Wärme entgegen. Nhean hatte seine Taschenlampe eingeschaltet. Sie befanden sich in einem Vorratsraum, gingen hinaus in einen schmalen Flur. Es roch sehr stark nach Feuchtigkeit und nach den Tieren. Sie öffneten eine weitere Tür und befanden sich schließlich hinter den Kulissen auf den Rückseiten der Terrarien.
»Wo sind die Schlangen?«, fragte Arun.
Nhean hatte den Zoo am Nachmittag besucht. Er hatte sich in der Tropen-Halle umgesehen, war aber nur außen im Besucherbereich gewesen. Er deutete in die Richtung, in die sie gingen.
»Wir müssen die Labore finden. Die Schlangen nützen uns nichts«, erklärte er.
Sie erreichten eine Tür und betraten einen gefliesten Raum, von dem weitere Türen abgingen. Nhean versuchte die Schilder zu entschlüsseln.
»Vene-num viper-inum«, zitierte er eine der Aufschriften. »Viper, Schlange«, folgerte er und drückte den Türknauf herunter. »Abgeschlossen!«
Arun trat vor und prüfte Schloss und Türblatt. »Die ist zu massiv«, stellte er fest.
Nhean überlegte. Irgendwo hatte er einen Feuerwehrschlauch gesehen. Er ließ Arun alleine und ging den Weg zurück, den sie durchs Gebäude genommen hatten. Er kam zu der Stahlleiter, die hinauf zum Oberlicht führte. Direkt daneben war ein roter Metallkasten an die Wand geschraubt. Hinter der Glasscheibe des Kastens befand sich neben dem breiten Gewebeschlauch auch eine Handaxt. Nhean öffnete den Metallkasten, griff sich die Axt und eilte zurück. Er wartete nicht, sondern schlug sofort auf das Schloss der Tür ein, neben der Arun wartete. Der erste Schlag zeigte keine Wirkung. Nhean holte noch einmal aus, traf etwas weiter links neben dem Schloss. Die Axtschneide drang in das Türblatt ein. Nhean bog den Axtstiel zur Seite und drückte das Schloss heraus. Gleichzeitig sprang die Tür auf. Eine Sekunde lang starrten sie auf ihr Werk.
»Das war leicht«, kommentierte Arun.
Er zog das Türblatt auf. Der Raum war ebenfalls gefliest und fensterlos. Arun fand den Lichtschalter, eine Batterie von Neonröhren flackerte auf. In dem Labor gab es zahlreiche Schränke mit Glastüren. Nhean, der Arun in den Raum gefolgt war, wanderte an ihnen entlang.
»Hier, das könnte es sein«, sagte er und tippte gegen eine der Scheiben.
Arun kam zu ihm und sah hinter der Glasscheibe mehrere Fläschchen mit Totenkopfsymbol. Die Aufschrift auf den Fläschchen konnte er nicht entziffern. Der Schrank begann zu brummen.
»Ein Kühlschrank, das passt doch«, stellte Nhean fest.
»Wie sollen wir das richtige Gift finden?« Arun war unzufrieden.
Nhean stellte fest, dass der Kühlschrank verschlossen war. Er setzte die Axt an, der Schlag trieb Risse ins Glas. Der zweite Schlag brach ein Stück Scheibe heraus. Nhean hackte vorsichtig weiter, entfernte alle Scherben. Arun griff in den Schrank, nahm eines der Fläschchen heraus.
Er schüttelte den Kopf. »Ich will das Gift der Kettenviper.«
»Wir wissen doch nicht einmal, ob es hier Kettenvipern gibt. Ich habe keine gesehen und das habe ich dir auch gesagt.«
Arun sah Nhean an. »Das hast du nicht.«
»Doch habe ich. Reicht es nicht, dass sie hier überhaupt Schlangengift melken. Wir sind schließlich nicht zu Hause.« Nhean zuckte mit den Schultern.
Arun wandte sich ab. »Wir suchen jetzt die Schlangen. Ich möchte mich selbst davon überzeugen.«
»Aber wenn es keine gibt, nehmen wir mit, was hier im Schrank ist und verschwinden.«
»Wo sind die Terrarien?«
Arun war schon zur Tür gegangen. Nhean folgte ihm. Sie drangen in den Besucherbereich vor, kontrollierten mit der Taschenlampe, was sich hinter den Glasscheiben befand. Die Zeit verging. Nhean wurde unruhig. Sie hatten schon einigen Schaden angerichtet. Er wollte so schnell wie möglich wieder heraus aus dem Gebäude, aus dem Zoo. Arun leuchtete die Terrarien weiter ab, blieb plötzlich stehen.
»Hier, das könnten sie sein. Ich brauche mehr Licht.«
Nhean trat neben ihn und sah durch die Scheibe. Die Schlange hatte sich zusammengerollt, lag neben einem kurzen Holzstamm. Dann sah Nhean eine Zweite, die sich an einer Seite des Terrariums entlang schlängelte. Sie wurde durch das Licht der Taschenlampe angezogen. Sie züngelte durch die Spalte in ihrem Maul.
»Eins, zwei ...« Arun reckte sich. »Drei! Da sind nur drei oder siehst du noch eine?«
»Wo ist die Dritte?«, fragte Nhean, er zögerte. »Ach dort.« Er suchte weiter, wechselte die Position vor der Glasscheibe, schüttelte dann den Kopf. »Nein, drei, es sind nur drei, mehr sehe ich nicht.«
»Verdammt«, fluchte Arun. »Das reicht nicht.« Er überlegte. »Aber wir nehmen sie und das nächste Mal werden wir uns genau erkundigen, bevor wir einfach so in einen Zoo einbrechen.«
*
Arun hatte es schon einmal gemacht, auf einer Schlangenfarm in Bangkok, aber das war lange her. Im Labor fanden sie Gläser und die Melkfolien. Der gefährliche Teil bestand aber darin, die drei Kettenvipern aus dem Terrarium zu holen. Sie nahmen sich ein Tier nach dem anderen vor. Bei der letzten Schlange hatten sie schon etwas Übung. Nhean fixierte die Viper mit dem Fanghaken, Arun griff den Kopf der Schlange. Er musste aufpassen, nicht von den anderen Schlangen gebissen zu werden, die sie nach dem Melken wieder ins Terrarium gesetzt hatten. Arun hielt den Schlangenkopf. Nhean ließ den Haken zu Boden fallen, nahm den Becher und hielt ihn bereit. Arun klemmte sich den Körper der Kettenviper unter den Arm. Es war das größte Tier und wehrte sich schlängelnd. Mit der linken Hand hielt er den Kopf. In die Rechte nahm er den Becher, den Nhean ihm gab. Mit dem Becherrand spreizte Arun der Schlange das Maul. Er musste aufpassen, nicht abzurutschen. Die Viper entblößte ihre spitzen Fangzähne, die Arun sofort auf die Melkfolie drückte. Bei der ersten Schlange blieb der Giftfluss aus, dann hatte Arun herausgefunden, dass er den Druck auf den Schlangenkopf etwas vermindern musste. Die Schlange schien sich zu entspannen und das Gift lief nach innen in den Becher.
Es waren bei jedem Tier nur wenige Milliliter von dem gelblichen Sekret. Es dauerte keine Minute, bis der dünne Strom versiegte. Arun befreite die Zähne der Schlange von der Melkfolie. Nhean nahm den Becher entgegen. Für das Zurücksetzen der Schlange ging Arun kein Risiko ein. Nhean öffnete die obere Abdeckung des Terrariums einen Spalt und Arun schleuderte das Tier zurück in seinen Käfig. Er wischte sich den Schweiß von der Stirn. Nhean hatte die drei Becher auf einem Rollwagen aufgereiht, den sie aus dem Labor mitgenommen hatten. Er hatte dort auch eine Pipette gefunden.
»Willst du den Hammer gleich hier auffüllen?«, fragte er.
Arun nickte und griff nach dem Futteral, dass er am Gürtel trug. Er öffnete die Lasche und zog den Schlangenkopfhammer am Schaft heraus. Am Griffstück löste er eine Rändelschraube. Das Innere des Schaftes ließ sich herausziehen. An diesem Teil der Waffe gab es ein Reservoir, das mit einem Gummipfropfen verschlossen war. Arun löste den Pfropfen und Nhean begann mit der Pipette das Gift einzuträufeln. Er setzte mehrmals an, nahm so viel Gift aus den drei Bechern, wie er mit der Spitze der Pipette aufnehmen konnte.
Arun war nicht zufrieden. »Mit drei, vielleicht vier Schlägen ist das Reservoir wieder leer«, raunte er.
Er schüttelte noch einmal den Kopf und setzte den Gummipfropfen wieder auf das Reservoir. Der Pfropfen hatte zwei feine Durchlässe. Nachdem das Reservoir wieder im Hammergriff verschraubt war, schoben sich zwei Kanülen in die Durchlässe und tauchten in das Schlangengift ein. Kapillarkräfte sogen das Gift an, das auf diese Weise nach oben bis in die spitzen Zähne des metallischen Schlangenkopfes transportiert wurde. Wenn Arun den Hammer einsetzte, würde jeder Schlag eine tödliche Dosis des Giftes in die Venen seines Opfers injizieren.
Während Arun noch seine Waffe betrachtete, begann Nhean aufzuräumen. Man würde ihren Besuch in der Tropen-Halle des Rostocker Zoos auf jeden Fall entdecken, dazu hatten sie zu viel Schaden angerichtet. Es ging jetzt darum, dass niemand herausfand, was sie tatsächlich gewollt hatten. Nhean wusch die Becher aus, steckte die verbrauchten Melkfolien ein und demolierte weitere Schränke in dem Labor. Die Polizei sollte nicht gleich herausfinden, dass sie hinter dem Schlangengift her waren. Er ging noch einmal zum Terrarium der Kettenvipern zurück, kontrollierte die Abdeckung. Die Schlangen hatten sich wieder beruhigt, sie würden nichts verraten, dachte Nhean. Er blickte sich ein letztes Mal um. Arun war schon vorausgegangen, wartete am Ausgang der Tropen-Halle.
Sie gelangten auf den asphaltierten Weg. Arun hielt seine Uhr in das Mondlicht. Sie hatten achtundvierzig Minuten gebraucht. Sie eilten über den Weg bis zum Tor des Betriebshofes. Sie schlüpften durch das Tor. Nhean ließ das Schloss wieder einrasten. Zehn Minuten später saßen sie im Wagen, verließen den Parkplatz und fuhren auf dem Barnstorfer Ring Richtung Bundesstraße 103.