Читать книгу Die Schlangentrommel - Ole R. Börgdahl - Страница 8

Sonntag, 26. August 2001, 15:11 Uhr

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Sie waren fast vier Stunden ununterbrochen gefahren. Sie erreichten Jena gegen Mittag. Ein Werbeplakat an der Straße zeigte das neuste Zeiss Fernglas, Modell Victory RF mit Präzisions-Laser-Entfernungsmesser. Alex sah zurück, als sie an dem Schild vorbeifuhren.

»So eines habe ich mir erst vor zwei Wochen zugelegt«, sagte er anerkennend. »Meinst du, dass es hier einen Werksverkauf gibt? Wenn ich gewusst hätte, dass wir nach Jena fahren, hätte ich mit dem Kauf noch gewartet.«

»Werksverkauf?«, wiederholte Martin Grenholm. »Bestimmt nicht am Sonntag.«

»Ballerst du immer noch auf Tiere?«, fragte Will, der am Steuer des roten Dodge Durangos saß.

»Was heißt ballern?«, erwiderte Alex aggressiv.

»Okay, Hege und Pflege des heimischen Wildbestandes.« Will musste über seine eigene Bemerkung lachen.

»Das ist besser, als ganze Tage auf dem Schießstand rumzuhängen«, konterte Alex.

»Papierscheiben bluten dafür aber nicht, mein Freund.«

»Wer hat denn schon zwei Leute gekillt«, sagte Alex laut.

»Scheiße, lass mich damit in Ruhe.« Will fluchte.

»Sorry«, sagte Alex sofort. »Jäger muss es halt auch geben, sonst würde doch der Wald ...«

»Wir werden keine Zeit zum Einkaufen haben«, beendete Grenholm die Diskussion. »Wo ist denn hier der Bahnhof?«, fragte er an Alex gewandt.

»Wir sind gerade dran vorbei.«

Grenholm blickte sich verwundert um.

»Seit zwei Jahren halten die Züge aus Berlin und München nicht mehr am Saalbahnhof«, erklärte Alex weiter. »Die planen hier das Paradies.«

»Was?«

»Ja, so wird der neue Bahnhof hier heißen«, tönte Alex grinsend. »Nächster Halt, Bahnhof Jena Paradies.«

»Nichts da, weiterfahren. Hier vorne links da geht es doch über den Fluss.« Grenholm gestikulierte.

Will folgte der Anweisung. Sie überquerten die Saale, hielten sich wieder links, fuhren noch ein ganzes Stück.

»Da vorne kannst du jetzt halten, Will!«

Grenholm deutete zu mehreren freien Parkbuchten. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite hatte ein rollender Imbisswagen Station gemacht.

Will lenkte den Wagen von der Straße. Ihnen folgte der zweite Durango mit dem Rest der Männer. Grenholm ließ die Seitenscheibe herunter und gestikulierte. Der andere Wagen fuhr ein Stück weiter und parkte neben einem Kleinlaster.

»Will, du sagst ihnen nachher bitte, sie sollen nicht immer direkt hinter uns fahren. Die Wagen sind schon so auffällig genug.« Grenholm machte eine Pause. »Und sie sollen mal sehen, ob es dort Kaffee gibt.« Er deutete auf den Imbisswagen.

»Kaffee wäre gut, aber ich hasse Operationen mit so vielen Männern«, bemerkte Alex. Sie stiegen aus. Alex holte das Kursbuch hervor. »Ich werde wegen der Strecke noch einmal telefonieren.«

Grenholm nickte. Alex nahm sein Mobile und ging um den Geländewagen herum. Grenholm breitete eine Straßenkarte auf der Motorhaube aus. Er suchte nach der Bahnlinie. Will stand neben ihm und sah ebenfalls auf die Karte.

»Zwischen Berlin und München gibt es dreizehn Haltestellen«, erklärte Grenholm.

»Dreizehn!« Will fasste sich ans Kinn.

»Abergläubisch?«, fragte Grenholm und lächelte.

»Man muss es ja nicht gerade beschwören«, meinte Will kleinlaut.

»Ist ja auch nur unsere Alternativstrecke«, sagte Grenholm.

Alex war wieder zu ihnen gekommen. »Momentan sind es vierzehn Stopps.« Er hielt sein Mobile hoch. »Zwischen Fürth und Nürnberg ist die Strecke weiterhin blockiert.«

»Wie lange soll das noch dauern?«, fragte Grenholm.

»18:00 Uhr, vielleicht 19:00 Uhr. So genau können die es nicht sagen.« Alex schlug das Kursbuch auf. »Morgen früh ist es aber bestimmt erledigt.«

»Und wenn nicht?«

»Busse, momentan setzen sie Busse nach Nürnberg ein. Es gibt aber mindestens neunzig Minuten Verspätung gegenüber dem regulären Fahrplan.«

»Das ist nicht akzeptabel«, sagte Grenholm nachdenklich. »Wir brauchen hier gar nicht weitermachen, das ist mir zu riskant.«

»Also ist München gestorben?«, fragte Will.

»Unter diesen Umständen kommt München ganz bestimmt nicht infrage.« Grenholm nickte Alex zu, der im Kursbuch blätterte. »Lies noch einmal die andere Strecke vor.«

Will und er beugten sich über die Straßenkarte, während Alex vorlas. »Teltow, Lutherstadt Wittenberg, Leipzig, Erfurt, Eisenach, Fulda und Frankfurt. Wir können in Frankfurt zusteigen, oder wir holen ihn aus dem Zug und fliegen den Rest oder wir können auch einen Wagen nehmen. Das könnten wir noch organisieren.«

»Dann steigen wir schon in Fulda zu, das ist doch der letzte Stopp vor Frankfurt, nicht wahr?«

Alex nickte.

»Wie weit ist es von hier bis Fulda?«, fragte Grenholm.

»Zwei, drei Stunden«, antwortete Will, der sich wieder über die Karte gebeugt hatte.

Grenholm sah auf seine Armbanduhr. »Wir haben mehr als genug Zeit. Für Fulda brauchen wir noch einen Nofallplan, falls wir ihn dort tatsächlich aus dem Zug holen müssen.«

»Warum sollten wir das?«, fragte Will. »Es ist besser in Frankfurt mit ihm auszusteigen ...«

Grenholm schüttelte den Kopf, ignorierte Wills Einwand und drehte sich zu Alex um. »Du informierst die anderen beiden Teams, dass wir uns entschieden haben. Wichtig ist, dass sie in Berlin in den richtigen Zug einsteigen.«

*

Das Mobile gab einen kurzen Piepton von sich. John Boold griff nach dem Gerät und zog es aus der Halterung in der Mittelkonsole. Er öffnete die Nachricht. Sein Blick wanderte immer wieder auf die Straße. An der nächsten Ampel musste er halten, dann wurde es aber sofort wieder Grün. Jemand hinter ihm hupte. Boold fuhr über die Kreuzung, blinkte und parkte dann auf dem Seitenstreifen. Er widmete sich wieder seinem Telefon. Laut der Recherche war Louk Bourey nur unter der Adresse in Zehlendorf registriert, es gab keine separate Firmenanschrift. Boold blätterte die Nachricht weiter durch. Es gab ein Dossier über den Fußballverein. Anschrift, Daten, Termine. Zum Schluss las Boold seinen Auftrag. Er steckte das Mobile in die Halterung zurück, sah in den Rückspiegel und reihte sich blinkend in den Verkehr ein.

Das Loft in Charlottenburg verfügte über einen separaten Fahrstuhl, der direkt von der Tiefgarage hinaufführte. Boold zog seinen Schlüssel ab, bevor er die Räumlichkeiten betrat. Er blickte kurz zu der Überwachungskamera, die in dem quadratischen Vorraum oben rechts an der Decke hing. Er wurde bereits erwartet. Der Summer öffnete ihm die schwere Stahltür. Miller stand im Korridor. Boold hatte seine Leute informiert. Sie warteten im abhörsicheren Besprechungsraum. Miller hielt die Tür geöffnet. Boold trat vor ihm ein, nickte Burton und Stinman zu. Er ging sofort zum Tisch, klappte das iBook auf, das dort lag, und verkabelte sein Mobile. Miller, Burton und Stinman zogen sich Stühle heran, setzten sich um Boold herum. Eine Fotografie erschien auf dem Monitor.

»Die Zielperson heißt Mura, Vorname Rin«, begann Boold. »Offizielle Nationalität Koreaner. Reale Nationalität Kambodschaner. Ursprünglicher Standort Olofstorp, bei Göteborg in Schweden. Seit dem 26. August 2001 ca. 0:00 Uhr als flüchtig eingestuft. Primäres Fluchtziel ist Berlin. Fluchtrouten sind nicht eindeutig spezifiziert. Wir konzentrieren uns auf Berlin.«

»Welchen Status hat die Zielperson?«, fragte Miller.

»Politisch-militärisch noch mit Stufe vier.« Boold ließ die Fotografie in die linke obere Monitorecke wandern, als er das Dossier öffnete.

»Warum noch Stufe vier?« Miller beugte sich vor, um besser auf dem iBook sehen zu können.

»Weil wir ihn erst einmal lokalisieren sollen. Ich habe allerdings bereits den Hinweis, dass wir ihn uns greifen müssen. Darum kann es im Verlaufe der Operation noch auf Stufe drei gehen.«

»In Gewahrsam nehmen!«, stellte Burton fest.

Boold nickte. »Die Operation ist also nicht ganz ohne.«

Im folgenden informierte Boold seine Leute über Louk Bourey und die versuchte Täuschung am Landvetter Airport von Göteborg.

»Was hat das zu bedeuten?«, fragte Miller.

Boold zuckte mit den Schultern. »Vielleicht war dieser Bourey Geheimnisträger. Rin Mura muss darüber hinaus einen ganzen Stab von Helfern haben. Einen Sicherheitsdienst, Leibwächter. Wir haben noch keinen Hinweis, was das für Leute sind, ob legal oder illegal. Und wir wissen nicht, wie viele es sind. Vielleicht gibt es auch mehrere Teams.«

»Warum sollen es mehrere Teams sein, wozu?«, fragte Stinman.

Boold sah ihn an. »Erstens: Bourey ist wahrscheinlich nicht alleine zum Flughafen gefahren. Er wollte nach London reisen. Jemand muss ihn begleitet haben. Zweitens: am bisherigen Wohnsitz von Rin Mura haben unsere Leute einen Wagen verfolgt, der Richtung Stockholm unterwegs war. Mittlerweile glauben wir aber nicht, dass es Rin Mura war. Der Flughafen Stockholm wurde überwacht, Rin Mura ist dort nicht aufgetaucht, um etwa nach Berlin zu fliegen. Drittens: Rin Mura muss ja irgendwo geblieben sein. Es sind also mindestens drei Teams an der Operation beteiligt, die aufseiten der Zielperson arbeiten.«

»Der Status ist also hier in Berlin, aber wo?«, fragte Miller.

»Da gibt es zwei Möglichkeiten. Sekundäres Ziel ist eine Adresse in Zehlendorf, Boureys Wohnung. Ich komme gerade von dort. Es sieht nicht danach aus, dass die Wohnung als Quartier genutzt werden soll, denn sie wissen natürlich inzwischen, dass Bourey aufgeflogen ist und wir die Lokation kennen.«

»Und was ist das primäre Ziel?«, fragte Miller.

Boold holte den Umschlag aus seiner Jacketttasche und ließ den Inhalt auf den Tisch gleiten. Miller griff danach und sah sich die beiden Eintrittskarten an.

»Fußball?«, sagte er fragend.

Stinman nahm ihm eine der Karten ab. »Oh, Block E auf der Haupttribüne, nicht schlecht. SV Babelsberg 03 gegen Hertha BSC, Regionalliga gegen Erste Bundesliga. Das war gestern, im DFB-Pokal, die Hertha hat mit zwei zu eins gewonnen. Babelsberg ist durch Röver ganz früh in Führung gegangen. Hertha hat dann in der zweiten Halbzeit durch Marcelinho den Ausgleich erzielt. Sah erst nach Verlängerung aus, aber dann hat Alves doch noch für die Hertha getroffen. Aus und vorbei für Babelsberg.«

»Warst du bei dem Spiel?«, fragte Boold.

»Zeitung, aber ich lese nur den Sportteil. Der Rest frustriet mich immer. Es gibt so viel Schlechtes auf der Welt.«

Miller lachte auf. Boold nahm ihm die Karte ab. »Vielleicht wollte Rin Mura zu dem Spiel, dann hat sich aber seine Abreise verzögert ...«

»Mit den Eintrittskarten kann man heute Abend auch zu dem Grillfest gehen«, unterbrach Stinman ihn.

»Grillfest?«, fragte Boold.

»Ja, eigentlich sollte das schon gestern stattfinden, gleich nach dem Spiel, aber die Polizei hatte etwas dagegen. Hertha und Babelsberg sind sich wohl nicht so grün. Einen Tag später ist vielleicht die Spannung raus und es geht friedlicher zu.«

»Was gibt es da alles in Babelsberg?«, fragte Miller.

Boold zog sich das iBook heran und begann im Internet zu suchen. Er öffnete die Website des Vereins, klickte durch die Seiten, bis ein Lageplan auf dem Monitor erschien.

»Ziemlich großes Gelände«, stellte Boold fest. Er öffnete auch noch einen Stadtplan.

»Der Babelsberger Park grenzt direkt ans Stadion«, erklärte Stinman, der sich über das iBook gebeugt hatte. »Hier ist das Vereinsheim, in die Tribüne des Ostblocks integriert, und drumherum sind normale Wohngebiete. Das Areal wird nach Norden und Westen durch den Glienicker See begrenzt. Man kann also nur nach Süden und Osten ausreichend gut an- und abfahren.«

»Ein Stadion, ein Vereinsheim«, überlegte Boold. »Was will er da?«

Miller zuckte mit den Schultern. »Vielleicht gar nichts. Wo hast du die Eintrittskarten her?«

»Aus der Zehlendorfer Wohnung«, antwortete Boold. Sie lagen in Boureys Post, ungeöffnet.«

»Vielleicht ist das gar keine Spur?«, warf Stinman ein.

Boold wandte sich zu ihm. »Das können wir nicht riskieren. Wir müssen beide Orte überwachen. Ich hoffe nur, es bleibt dabei. Bisher weiß in der Zentrale niemand, wo sich die Zielperson momentan befindet. Vielleicht wird Mura nie in Berlin auftauchen.«

»Was machen wir also?«, fragte Burton, der bisher geschwiegen hatte.

Boold sah ihn an. »Du und unser Fußballexperte, ihr werdet euch Babelsberg vornehmen. Observation!«

»Zu zweit?«, fragte Stinman.

»Geht nicht anders«, sagte Boold. »Miller und ich werden in Zehlendorf warten.«

»Dann müssen wir noch Leute anfordern.« Stinman hatte sich über das iBook gebeugt. »Wie sollen wir da zu zweit alles abdecken.« Er schüttelte den Kopf. »Wie ist es, wenn Miller noch mit uns kommt. Du kannst eine kleine Wohnung doch alleine schaffen, außerdem ist es doch nur das sekundäre Ziel.«

»Und dann habe ich einen Trupp Leibwächter vor mir«, sagte Boold. »Nein, wir bleiben bei den Zweierteams. Macht euch bereit. In spätestens einer Stunde müsst Ihr auf dem Posten sein.«

*

Tillman Halls schloss hinter sich die Tür und trat an den Schreibtisch. Der Commander deutete auf einen der Stühle und Halls nahm Platz.

»Was Sie mir da geschickt haben«, begann der Commander, »ist das authentisch?«

»Ich habe es dreimal überprüft«, bestätigte Halls.

Der Commander nickte. »Der Mann arbeitet für eine Sicherheitsfirma.«

»Richtig, Flughafentechnik, Scanner, Gepäckdurchleuchter und so etwas.«

»Und er ist Angestellter dieser Firma?«

»Ja, ein Angestellter, aber die Firma hat seit zwei Monaten keinen Handelsregistereintrag mehr«, erklärte Halls.

»Und was bedeutet das?«

»Es stinkt! Mura und er müssen sich kennen. Ich habe auf die schnelle ein Dossier des Mannes geschrieben und wissen Sie, was noch aufgefallen ist, der Mann fliegt heute Nachmittag von Stockholm nach Berlin.« Halls machte eine Pause. »Aber es gibt einen ganz anderen Grund, warum er überhaupt in unser Visier geraten ist.«

»Und der wäre?«

»Stichwort: Whistleblower.«

»Whistleblower?«, wiederholte der Commander. »Sind Sie da sicher?«

*

John Boold war den Weg nach Zehlendorf bereits am Vormittag gefahren. Mit ihm im Wagen saß jetzt Agent Miller. Das zweite Team mit den Agents Stinman und Burton war auf dem Weg nach Babelsberg. Der Lincoln Navigator musste an einer Ampel halten. Boolds Mobile klingelte.

»Soll ich?«, fragte Miller.

Boold überlegte, schüttelte den Kopf und nahm das Telefon aus der Ladeschale in der Mittelkonsole. Es wurde grün. Boold fuhr an. Ein Polizeiwagen überholte den Lincoln. Boold wandte sich etwas ab. Die Beamten achteten nicht auf ihn, der Polizeiwagen zog davon. Boold fuhr dennoch bei der nächsten Gelegenheit rechts heran. Er hatte das Gespräch bereits angenommen.

»Ja, Sir, ich höre ... Nein nur Agent Miller ...« Boold sah Miller kurz an. »Ja ... Ja ...« Boold nickte zwischendurch, hörte dem Anrufer konzentriert zu. »Jawohl, Sir, wir sind gerade auf dem Weg zu Boureys Wohnung ... Nein, ich habe nur drei Agenten vor Ort ... Ja ... Stinman und Burton, richtig, sind bereits auf dem Weg nach Babelsberg ... Ja ... Jawohl, Sir!«

Boold sah auf sein Mobile und überlegte, bevor er es zurück in die Ladeschale steckte.

»Und?«, fragte Miller.

»Planänderung!« Boold startete den Motor des Lincolns. Er fand eine Lücke im Verkehr und fuhr los.

»Planänderung?«, wiederholte Miller.

»Ja, wir müssen zum Flughafen nach Tegel.«

Miller sah auf die Straße. »Dann musst du hier jetzt rechts fahren.«

»Ich weiß.« Boold blinkte. »Wir haben eine neue Zielperson. Das Dossier müsste gleich kommen.« Er deutete auf sein Mobile, das aber noch stumm blieb. »Rin Mura will Informationen verkaufen. Es gibt Hinweise auf einen Käufer. Der Mann soll heute in Tegel landen.«

»Und was sollen wir mit ihm machen?«, fragte Miller.

»Abfangen. Es darf keinen Kontakt mit Rin Mura geben.«

»Informationen, was für Informationen?«

»Das spielt jetzt keine Rolle«, antwortete Boold. »Wir haben unsere Befehle, du weißt, wie das läuft.«

Das Mobile ließ von sich hören. Boold nickte zum Telefon. Miller zog das Gerät aus der Ladeschale und nahm die Nachricht entgegen. Er las sich das Dossier durch.

»Das ist so ein Vertreter für Sicherheitstechnik«, bemerkte er. »Name: Wallin, Brian.«

»Nie gehört! Sicherheitsdienst?«, fragte Boold, der sich auf den Verkehr konzentrieren musste.

»Nein, Technik, Flughafentechnik, Scanner, Gepäckdurchleuchter und so etwas. Der Mann ist Techniker, Ingenieur.«

Boold überlegte. »Was gibt es noch?«

»Kommt aus Stockholm.« Miller sah auf seine Armbanduhr. »Sein Flieger landet in anderthalb Stunden. Und wir haben auch ein Bild von ihm.«

»Gib es auf den Drucker.«

Miller nickte. »Schon unterwegs.«

Er öffnete das Handschuhfach. Im Inneren begann eine Lampe zu blinken. Es dauerte noch eine Zeit lang, bis sich das Papier langsam aus dem Druckerschlitz schob. Miller wartete nicht, sondern fuhr fort aus dem Dossier zu zitieren.

»Rin Mura hatte vor zwei Monaten das erste Mal Kontakt mit Wallin. Es ging um eine Alarmanlage in seiner Villa in Olof ...«

»Olofstorp«, ergänzte Boold. »Weiter!«

»Richtig, Olofstorp. Also, Wallin hat Mura eine Alarmanlage verkauft. Das Ding wurde auch installiert.«

»Warum ist der Mann verdächtig?«, fragte Boold ungeduldig.

»Hier steht nichts von verdächtig. Hier steht nur etwas von Stufe drei.«

»Gleich Stufe drei?« Boold sah Miller fragend an.

»Ja, steht hier so. Was könnte das zu bedeuten haben?«, fragte Miller.

»Sofort festsetzen und verhören«, erklärte Boold. »Bei Stufe zwei müssten wir ihn außer Landes bringen. Wer weiß, ob das nicht auch noch kommt.«

»Meinst du«, sagte Miller nachdenklich. »Aber warum?«

»Woher soll ich das wissen, du liest doch das Dossier.«

»Klar, aber vielleicht hast du schon mehr erfahren, du bist doch mit dem Auftrag gekommen.«

»Habe ich aber nicht. Wir sollten keine Fragen stellen«, sagte Boold. Er fuhr gerade an einem Schild vorbei, das den Flughafen Tegel ankündigte. »Ach, und ruf Burton und Stinman an, sie sollen zurückkommen.«

*

»Diese Dossiers kamen also von Ihnen?«, fragte Bruckner.

»Richtig, das war Teil meiner Arbeit bei der Operation«, erklärte ich. »Ich habe mich um die Recherchen gekümmert und die Befehle an die Agents weitergeleitet.«

»Dass Sie Geheimagent waren, haben Sie mir noch nie erzählt.« Bruckner gab ein Stück Zucker in seinen Kaffee.

»Darüber kann ich Ihnen auch nichts erzählen, sonst würde der Begriff Geheim in dem Wort Geheimagent wohl kaum einen Sinn machen. Außerdem war ich kein Agent.«

»Was waren Sie dann?«

»Gut, ich war Geheimagent, aber ich habe so gut wie keine eigenen Befehle gegeben. Ich habe beraten und recherchiert.«

Bruckner nickte. »Dieser Boold und seine Leute haben in Berlin gesessen?«

»Nicht nur«, sagte ich. »Es gab häufig Standortwechsel, aber Berlin war schon sehr wichtig, weil wir dort auch unsere Botschaft haben. Allerdings hat nie ein Botschafter erfahren, dass es Boold, Miller, Stinman oder Burton jemals gab.«

»Jetzt wird es aber ganz geheimnisvoll.« Bruckner legte den Löffel auf die Untertasse und beugte sich über den Tisch.

»Darauf können Sie sich verlassen«, erklärte ich, »denn einen unserer Beteiligten kennen Sie ja nur vom Hörensagen.«

Die Schlangentrommel

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