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3 Das Ewige Licht

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»Was sterblicher Geburt entspross,

Muss wieder in der Erde Schoß.«

Als ich nach Hause kam, war es schon hell, und ich war nicht ganz bei mir. Wieder schien mir, als hörte ich das Getrappel meiner Mädchen auf dem Boden im Flur, als sähe ich ihre fragenden Blicke, ihre in Falten gelegten Stirnen, ihr Lächeln. Und schon war mein Körper bereit für das zärtliche Begrüßungsritual.

Doch das Haus war ganz leer. Kaltes Weiß fiel durch die Fenster in weichen Wellen nach innen, und das ganze große Hochplateau drängte herein. Ich verwahrte den Rehkopf in der Garage, wo es kalt war, und ich legte Holz nach. So wie ich war, ging ich ins Bett und schlief wie eine Tote.

»Frau Janina.«

Und kurz darauf, lauter: »Frau Janina.«

Eine Stimme im Flur weckte mich. Tief, männlich, schüchtern. Jemand stand im Flur und rief meinen mir verhassten Namen. Das erboste mich doppelt, erstens, weil ich schon wieder am Schlafen gehindert wurde, und zweitens, weil ich meinen Namen weder mochte noch akzeptierte. Er war mir zufällig und gedankenlos verliehen worden. So ist das, wenn der Mensch nicht an die Bedeutung der Worte und noch weniger der Namen denkt, und sie einfach drauflos verwendet. Mich mit »Frau Janina« anzusprechen, konnte ich niemandem gestatten.

Ich stand auf, strich meine Kleidung glatt, die nicht besonders schön aussah, nachdem ich zwei Nächte darin geschlafen hatte, und verließ das Zimmer. Im Flur standen in einer Pfütze aus geschmolzenem Schnee zwei Männer aus dem Dorf. Beide waren groß, breitschultrig und schnurrbärtig. Sie waren einfach eingetreten, weil die Tür nicht abgesperrt gewesen war, und sie sahen mich schuldbewusst an.

»Wir möchten Sie bitten, dorthinzukommen«, sagte der eine mit rauer Stimme. Sie grinsten entschuldigend, und ich sah, dass sie fast identische Zähne hatten. Irgendwoher kannte ich sie, sie arbeiteten als Holzfäller. Ich hatte sie schon einige Male im Dorfladen gesehen.

»Dort komme ich gerade her«, brummte ich.

Sie sagten, die Polizei sei noch nicht da gewesen, und sie warteten auf den Pfarrer. Der Weg sei über Nacht zugeschneit. Sogar der Weg nach Tschechien und nach Wrocław sei nicht befahrbar, und die Lkw steckten in langen Staus. Nur die Nachrichten verbreiteten sich schnell in der Gegend, und einige Bekannte von Bigfoot seien zu Fuß gekommen. Schön zu hören, dass er Bekannte hatte. Die Widrigkeiten des Wetters wirkten sich offenbar positiv auf ihre Laune aus. Sie nahmen es lieber mit dem Schneegestöber auf als mit dem Tod.

Sie pflügten sich durch den flaumigen, frischen weißen Schnee, dem die kalte Wintersonne rote Wangen verlieh, und ich folgte ihnen. Die Männer bahnten mir den Weg. Beide trugen hohe Stiefel aus starkem Gummi mit hohen Filzschäften, was hier die einzige Wintermode für Männer war. Mit ihren breiten Sohlen traten sie für mich eine kleine Rinne frei.

Vor dem Haus standen einige weitere Männer und rauchten. Sie verbeugten sich unsicher und wichen meinem Blick aus. Der Tod eines gemeinsamen Bekannten raubt jedem die Selbstsicherheit. Sie hatten alle den gleichen Gesichtsausdruck aus feierlichem Ernst und förmlicher Trauer. Sie sprachen mit gedämpften Stimmen. Wer fertig geraucht hatte, ging ins Haus.

Alle, ohne Ausnahme, hatten Schnurrbärte. Sie standen düster um die Couch mit der Leiche herum. In einem fort ging die Tür auf und neue Männer kamen herein, sie brachten Schnee und den metallischen Geruch des Frostes mit. Es waren hauptsächlich ehemalige Arbeiter der staatlichen Landwirtschaftsbetriebe, die jetzt arbeitslos waren und ab und zu beim Abholzen des Waldes halfen. Einige von ihnen fuhren nach England zum Arbeiten, doch irgendwie kamen sie alle schnell wieder zurück, weil das Fremdsein ihnen Angst machte. Oder sie führten hartnäckig ihre kleine unrentable Landwirtschaft weiter, die sie dank EU-Finanzierungen knapp am Leben erhalten konnten. Nur Männer.

Der Raum dampfte von ihrem Atem, es roch leicht nach Alkohol, Tabak und feuchter Kleidung. Sie warfen einen Blick auf die Leiche, verstohlen und schnell. Sie zogen vernehmlich die Nase hoch, doch es war schwer zu sagen, ob das vom Frost kam. Vielleicht waren diesen riesigen Männern doch die Tränen in die Augen gestiegen? Und nachdem diese dort nicht gesehen werden durften, hatten sie sich in der Nase einen unauffälligen Ausgang gesucht? Weder Matoga noch sonst ein bekanntes Gesicht war unter ihnen.

Einer zog aus der Tasche eine Handvoll Teelichter und reichte sie mir mit einer derart selbstverständlichen Geste, dass ich reflexartig danach griff, ohne zu wissen, was ich damit tun sollte. Erst nach einiger Zeit begriff ich. Aha, ich sollte um Bigfoot herum die Lichter aufstellen und sie anzünden, dann würde es ernst und feierlich werden. Vielleicht könnten die Flammen den Tränen helfen zu fließen und in die langen Schnurrbärte zu sickern. Das würde allen gut tun. Ich hantierte also mit den Kerzen herum, und dabei fürchtete ich, sie könnten mein Engagement falsch verstehen. Sie hielten mich offenbar für die Zeremonienmeisterin, für die Anführerin einer Bestattungsveranstaltung, denn als die Kerzen brannten, wurde es plötzlich still, und alle hefteten ihre traurigen Blicke auf mich.

»Fangen Sie an«, flüsterte der eine, den ich zu kennen glaubte. Ich wusste nicht, was er meinte.

»Fangen Sie an zu singen.«

»Was soll ich denn singen?« Ich wurde ernstlich nervös. »Ich kann nicht singen.«

»Egal was«, sagte er, »am besten die Ewige Ruhe.«

»Warum ich?«, flüsterte ich gereizt.

Und der neben mir stehende Mann sagte entschlossen: »Weil Sie eine Frau sind.«

Ach so. So sind heute also die Akzente verteilt. Ich wusste zwar nicht, was mein Geschlecht mit dem Singen zu tun haben könnte, aber ich wollte mich ausgerechnet in diesem Moment auch nicht gegen die Tradition auflehnen. »Der Herr gebe ihm die Ewige Ruhe.« Ich erinnerte mich an dieses Lied von anderen Begräbnissen in meiner Kindheit. Als Erwachsene war ich kaum noch auf Begräbnisse gegangen. Ich konnte mich nicht mehr an den Text erinnern. Es stellte sich jedoch heraus, dass es genügte, nur den Beginn zu summen, und der Chor der rauen Stimmen fiel unverzüglich ein und kam meinem kläglichen Stimmchen zu Hilfe. Daraus entstand eine wacklige, falsche Mehrstimmigkeit, die allerdings bei jeder Wiederholung an Kraft gewann. Auch mir selber wurde plötzlich leichter zumute, meine Stimme wurde fester, und schnell fielen mir die schlichten Worte vom Ewigen Licht wieder ein, in dem, wie wir alle glaubten, Bigfoot nun ruhte.

So sangen wir etwa eine Stunde lang, immer dasselbe, bis die Worte ihre Bedeutung verloren hatten, als seien sie Steinchen in einem Meer, die, endlos von den Wogen glattgeschliffen, einander glichen wie zwei Sandkörner. Tatsächlich verschaffte uns das Erleichterung, der vor uns liegende Leichnam wurde immer unwirklicher, bis er nichts anderes mehr war, als der Vorwand für diese Begegnung schwer arbeitender Menschen auf unserem windigen Hochplateau. Wir sangen vom Licht, das es irgendwo in der Ferne gibt und das vorerst nicht sichtbar ist. Um es zu erblicken, braucht man nichts anderes zu tun, als zu sterben. Jetzt sehen wir es durch eine Scheibe im Zerrspiegel, doch einmal werden wir ihm von Angesicht zu Angesicht gegenüberstehen. Und dieses Licht wird uns umarmen, denn es ist unsere Mutter, und aus ihm sind wir entstanden. Jeder von uns trägt ein Teilchen davon in sich, auch Bigfoot. Drum sollte der Tod für uns etwas Tröstliches sein.

Das alles kam mir beim Singen in den Sinn, doch eigentlich habe ich niemals an eine wie auch immer geartete persönliche Zuteilung des Lichts geglaubt. Kein Herrgott wird sich damit befassen, kein himmlischer Buchhalter. Keine Einzelperson könnte so viel Leid aushalten, am wenigsten eine Allwissende. Sie müsste unter dem Druck dieses Schmerzes zerbrechen, es sei denn, sie hätte sich beizeiten mit einem wirksamen Verteidigungsmechanismus ausgerüstet, wie der Mensch. Nur eine Maschine wäre imstande, den ganzen Schmerz der Welt auszuhalten. Nur eine Maschinerie, simpel, effektiv und zweckmäßig. Und da nun sowieso alles mechanisch ablaufen sollte, waren unsere Gebete unnötig.

Als ich hinausging, sah ich, dass die Schnurrbärtigen, die den Pfarrer gerufen hatten, ihn gerade vor dem Haus begrüßten. Er hatte nicht gleich herkommen können, war in den Schneeverwehungen stecken geblieben, und erst jetzt war es gelungen, ihn mit einem Traktor zu holen. Pfarrer Raschel (so nannte ich ihn in Gedanken) schüttelte seine Soutane und sprang mit einer Dankesgeste vom Traktor. Ohne jemanden anzusehen ging er rasch ins Haus. Er ging so nahe an mir vorbei, dass mich sein Geruch anwehte: Kölnisch Wasser und Rauch aus dem Kamin.

Matoga hatte alles ausgezeichnet organisiert. In seinem Arbeitspelz, als Zeremonienmeister, schenkte er aus einer großen chinesischen Thermoskanne Kaffee in Plastikbecher, die er an die Trauernden verteilte. Wir standen vor dem Haus und tranken heißen, süßen Kaffee.

Kurz darauf kam die Polizei, zu Fuß, denn sie hatten ihren Wagen, der keine Winterreifen hatte, auf dem Asphaltweg zurücklassen müssen.

Es waren zwei uniformierte Polizisten und einer in Zivil, in einem langen schwarzen Mantel. Bevor sie in ihren schneeverklebten Stiefeln schwer atmend das Haus betraten, waren wir alle hinausgegangen. Meiner Meinung nach war das eine Bezeugung der Höflichkeit und der Wertschätzung gegenüber der Obrigkeit. Die beiden Uniformierten waren kühl und förmlich, und man sah ihnen an, dass sie ihren Ärger über den Schnee, den langen Weg und die allgemeinen Umstände dieses Falls mühsam unterdrückten. Wortlos klopften sie ihre Stiefel ab und verschwanden im Haus. Der im schwarzen Mantel trat unvermittelt zu mir und Matoga.

»Guten Tag, hallo Papa.« Wirklich, er hatte »hallo Papa« gesagt, und zwar zu Matoga. Ich hätte nie gedacht, dass Matoga einen Sohn bei der Polizei haben könnte, einen Sohn, der einen so komischen schwarzen Mantel trug. Matoga stellte uns einander ziemlich ungeschickt vor, er war verlegen. Sie traten rasch beiseite, ich hatte den Namen des Schwarzmantels kaum verstanden.

Dann hörte ich, wie der Sohn den Vater mit Vorwürfen überhäufte.

»Warum, um Himmels willen, hast du ihn angefasst? Hast du nie Filme gesehen? Jeder weiß doch, dass man, ganz egal was passiert, eine Leiche nicht anfasst, bevor die Polizei da war.«

Matoga wehrte sich schwach, als hätte die Tatsache, dass er mit seinem Sohn sprach, ihm alle Kraft geraubt. Ich hätte eher gedacht, dass es umgekehrt sein müsste, dass man aus einem Gespräch mit dem eigenen Kind viel Kraft schöpft.

»Er hat schrecklich ausgesehen, du hättest dasselbe getan wie ich. Er ist an irgendwas erstickt, und er war ganz verkrümmt, dreckig … er war schließlich unser Nachbar, und wir konnten ihn doch nicht einfach so am Boden liegen lassen wie ein, wie …« Er rang nach Worten.

»Ein Tier.« Ich war zu ihnen getreten und vervollständigte den Satz. Es war unerträglich, wie der Schwarzmantel seinen Vater zurechtwies. »Er ist an einem Knochen von einem gewilderten Reh erstickt. Die Rache aus dem Jenseits.«

Der Schwarzmantel streifte mich mit einem Blick und fuhr fort: »Ich könnte dich anzeigen, weil du die Ermittlungen erschwert hast. Sie übrigens auch.« Er wandte sich an mich.

»Du machst wohl Witze. Das wäre lächerlich. Der Sohn als Staatsanwalt.«

Der Sohn beschloss, das unangenehme Gespräch zu beenden.

»Okay, Papa. Ihr werdet dann später beide eine Aussage machen müssen. Es wird wahrscheinlich eine Obduktion geben.«

Er klopfte Matoga auf die Schulter mit dieser zärtlichen Dominanzgeste, als hätte er gesagt: »Okay, Alterchen, jetzt lass mich mal die Sache in die Hand nehmen.«

Dann verschwand er im Haus des Toten, und ich, die ich keine Lösung abwarten wollte, ging heim, mit rauer Kehle. Ich hatte genug.

Aus meinen Fenstern sah ich den Schneepflug vom Dorf heraufkommen. Wir nannten ihn immer »die Weißrussin«. Die Weißrussin ermöglichte es dem Leichenwagen, einem langen, flachen schwarzen Fahrzeug mit dunklen Gardinen, gegen Abend fast bis zum Haus vorzufahren. Allerdings nicht ganz. Denn als ich gegen vier Uhr, kurz vor Einbruch der Dunkelheit, auf die Veranda trat, sah ich in der Ferne einen bewegten schwarzen Fleck auf dem Weg – es waren die schnurrbärtigen Männer, die den Wagen mit dem Leichnam des Kollegen tapfer den Weg hinaufschoben, zur ewigen Ruhe im Ewigen Licht.

*

Normalerweise läuft mein Fernsehapparat den ganzen Tag, schon zum Frühstück. Das beruhigt mich. Wenn draußen der Winternebel herrscht oder das Morgengrauen schon nach ein paar Stunden unmerklich in Abenddämmerung übergeht, dann scheint mir, als gäbe es dort draußen nichts. Wenn ich nach draußen sehen will, spiegeln die Scheiben nur das Kücheninnere, mein kleines, vollgeräumtes Zentrum des Universums.

Deshalb der Fernsehapparat.

Ich habe eine große Programmauswahl. Die Antenne, die wie eine Emailleschüssel aussieht, hat mir Dyzio einmal mitgebracht. Es gibt einige Dutzend Kanäle, doch das ist mir zu viel. Selbst zehn wären zu viel. Selbst zwei. Eigentlich schaue ich nur den Wetterbericht an. Ich hatte diesen Wetter-Kanal gefunden und gleich darauf, glücklich darüber, dass ich alles hatte, was ich brauchte, die Fernbedienung verschusselt. Vom frühen Morgen an begleitet mich also der Anblick von atmosphärischen Wetterfronten, von wunderschönen abstrakten Linien auf Landkarten, blauen und roten, die unaufhaltsam vom Westen näher rücken, über Tschechien und Deutschland. Die Fronten brachten die Luft, die vor Kurzem in Prag geatmet worden war, oder auch in Berlin. Die Luft strömte vom Atlantik herüber, strich über ganz Europa hinweg, man könnte sagen, dass die Meeresluft immer hier in den Bergen war. Besonders mag ich es, wenn die Luftdruckkarten gezeigt werden, die den unerwarteten Widerstand gegen das morgendliche Aufstehen, die Knieschmerzen oder sonst etwas erklären, etwa auch eine unerklärliche Traurigkeit, deren Natur ganz bestimmt in einer Wetterfront liegt, in einer launenhaften Linie, die sich durch die Erdatmosphäre schlängelt.

Mich bewegen die Satellitenbilder und die Krümmung der Erde. Stimmt es, dass wir auf der Oberfläche einer Kugel leben, dem Blick der Planeten ausgesetzt, in eine große Leere geworfen, in die das Licht nach dem Untergang in kleine Stückchen zersplittert und verspritzt wurde? Es stimmt. Wir sollten uns das täglich vor Augen halten, denn sonst vergessen wir es. Wir glauben, wir seien frei und dass Gott uns verzeiht. Ich persönlich denke anders darüber. Jede unserer Taten, in winzige Vibrationen der Photonen verwandelt, fliegt letztlich in den Kosmos, wie ein Film, und die Planeten werden sie bis ans Ende der Tage ansehen.

Wenn ich mir Kaffee mache, kommt meistens der Wetterbericht für Skifahrer. Die raue Welt der Berge, Abhänge und Täler werden gezeigt, und die inkonsequente Schneedecke bedeckt mit ihrem Weiß nur an wenigen Stellen die schorfige Erdkruste. Im Frühling sind die Skiorte von Allergikern bevölkert, und das Bild kriegt Farbe. Weiche Linien bezeichnen die Gebiete mit ihren Bedrohungen. Wo es rot ist, sind die Attacken der Natur am heftigsten. Diese hat den ganzen Winter über im Winterschlaf gelegen, um jetzt zum Schlag auf das filigrane Immunsystem des Menschen auszuholen. Irgendwann wird sie uns auf diese Art völlig von der Erde verjagen. Vor den Wochenenden kommen die Wetterberichte für Autofahrer, doch deren Realität beschränkt sich auf einige wenige Striche im Reich der Autobahnen. Die Aufteilung der Menschen in drei Gruppen – Skifahrer, Allergiker und Autofahrer – überzeugt mich ganz und gar. Eine simple und gute Typologie. Skifahrer sind Hedonisten. Sie verbreiten sich über die Abhänge. Die Autofahrer hingegen wollen das Schicksal in ihre Hände nehmen, auch wenn dabei oft die Wirbelsäule leidet. Das Leben ist eben einfach schwer. Dann die Allergiker – immer im großen Krieg. Ich gehöre ganz sicher zu den Allergikern.

Ich würde mir noch einen Kanal zum Thema Sterne und Planeten wünschen. »Kosmische Einflüsse TV« oder etwas Ähnliches. So ein Fernsehen bestünde eigentlich nur aus Karten, es würde Einflusslinien zeigen, die Felder der Planetenvernichtung. »Sehr geehrte Damen und Herren, über der Ekliptik wird nun allmählich der Aufgang des Mars sichtbar, dessen Bahn gegen Abend von der Einflussbahn des Pluto durchkreuzt wird. Wir möchten Sie bitten, Ihre Autos in der Garage oder auf überdachten Parkplätzen abzustellen, bitte räumen Sie auch die Messer weg, seien Sie vorsichtig, wenn Sie in den Keller hinuntergehen, und solange dieser Planet auf seinem Weg durch das Zeichen des Krebses ist, empfehlen wir Ihnen, auf heiße Bäder zu verzichten und bei Familienstreitigkeiten eher einen Rückzieher zu machen.« So oder so ähnlich würde uns eine schlanke, ätherische Moderatorin informieren. Und wir wüssten, warum die Züge heute Verspätung hatten, warum der Briefträger mit seinem Cinquecento im Schnee stecken blieb, warum die Mayonnaise nichts geworden ist und die Kopfschmerzen ohne Tabletten plötzlich von selbst verschwanden, wie sie gekommen waren. Wir wüssten, wann man mit dem Haarfärben beginnen soll und zu welchem Zeitpunkt man am besten Hochzeiten plant.

Am Abend betrachte ich die Venus, ich verfolge die Wandlungen dieses schönen Himmelskörpers besonders akribisch. Sie ist mir lieber als der Abendstern, wenn sie aus dem Nichts auftaucht, wie hervorgezaubert, und hinter der Sonne nach unten sinkt. Ein Funken des Ewigen Lichts. In der Dämmerung passieren die interessantesten Dinge, denn dann verschwimmen die einfachen Unterschiede. Ich könnte in ewiger Dämmerung leben.

Gesang der Fledermäuse

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