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Prolog

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Genie und Wahnsinn liegen ja bekanntlich dicht beieinander. Ich denke, deshalb ist auch der Gedanke berechtigt, dass eine Person, die Geschichten erzählt, in einem gewissen Maß verrückt ist. Zumindest trifft dies auf mich zu.

Ich war schon immer anders; ein Außenseiter, ein Andersdenkender, ein Linksgeher, wenn die anderen nach rechts gehen. War ich schon immer und bin ich auch immer. Ist es deshalb ein Wunder, dass ich seit meiner Kindheit diesen Wunsch hatte, Geschichten zu erzählen und zu schreiben?

Bereits als junger Knabe habe ich das Titelbild eines Buches oder Filmes gesehen und hatte sofort bessere, lebhaftere und atemberaubendere Ideen, worum es in dieser Geschichte gehen könnte. Meiner Meinung nach waren die Ausgeburten meiner Fantasie immer besser als die der anderen Autoren und Regisseure. Aber weshalb hatte es so viele Jahre gedauert, bis ich meinen ersten Roman veröffentlicht hatte? Lag es an den Verlegern? Oder an Personen aus meinem näheren Umfeld? Der Grund war mein größter Feind: nämlich ich selbst.

Egal was ich auch geschrieben habe, es war entweder zu kurz, zu lang, viel zu ungenau oder langweilig. Ich hatte dabei nicht an mein Vergnügen gedacht, sondern daran, dass es von Kritikern und den Lesern gemocht werden musste. Ein völliger Blödsinn, wenn Sie mich heute fragen. Die Freude am Schreiben und das Verlangen, Geschichten zu erzählen, sind die Musen, die die Feder des Schriftstellers führen.

Mein Weg zu der Person, die ich heute bin, war aber nicht ganz so elegant und fehlerfrei wie die meiner Kollegen. Tatsächlich gab es nur ein einziges Buch, welches ich aus reinem Vergnügen geschrieben hatte und dieses hatte vierzig Jahre meines Lebens in Anspruch genommen. All meine anderen Werke, die erfolgreich, skandalös, schockierend oder spannend waren, galten anderen Gründen. Vielleicht dienten sie dazu, um auf mich aufmerksam zu machen. Oder auch, um andere zu schockieren, damit sie mein Buch kauften. Vielleicht gab es aber auch einen ganz anderen Grund für die Geburt eines meiner Werke. Und zwar Gerechtigkeit und Rache. Ich habe mir schon immer gedacht, dass die unberechenbarsten Menschen die Autoren sind. Wir spielen mit Menschen, Gedanken und Situationen in unseren Köpfen und erschaffen Welten und völlig neue Kreaturen. Wir sind Götter in unserem eigenen kleinen Universum genannt Gehirn. Wir entscheiden über Leben und Tod und welches Schicksal welche Figur ereilt. Doch wer sich in diesem Labyrinth aus Wahnsinn und Leidenschaft, Freude und Furcht, Paradies und Hölle verliert, gerät oftmals in einen dunklen Albtraum, dessen Erwachen nur jedes Mal in einen weiteren Albtraum führt.

Ich kenne dieses Gefühl. Oft haben Wut und Zorn meine Schreibfeder geführt und wenn ich daran denke, welches grauenhafte Schicksal ich jenen Menschen zuteilwerden ließ, die ich verachtet hatte, dann schaudert es mich heute noch.

Ich habe mich früh entschlossen, den Pfad des Autors zu gehen. Zunächst wusste ich noch nicht, welche düsteren Gedanken und verführerischen Rachegefühle mich erwarten würden, aber hätte ich es gewusst, wäre ich mir nicht sicher, ob ich diesen Weg erneut gegangen wäre.

Im Lauf meines Lebens habe ich viel gesehen und geschrieben. Ich habe meinen Gedanken und meiner Fantasie Leben eingehaucht und sie wie Kinder großgezogen, nur um sie elendig zugrunde gehen zu lassen. Wenn ich nur daran denke, dass ich sogar so manches Leben vernichtet habe, nur weil sie mich beleidigt hatten oder mir vielleicht nicht zu Gesicht standen, fürchte ich mich vor mir selbst.

In der Tat, es besteht eine Chance, dass ich verrückt oder zumindest in der Welt des Wahnsinns ein oft und gern gesehener Gast bin, aber macht mich das auch gleichzeitig zu einem Monster?

Vielleicht finde ich ja eine Antwort darauf, wenn ich das tue, was ich am besten kann: meinen Worten eine Form geben. Sie leben lassen.

Oliver

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