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Die Welt wird immer komplexer, das Bedürfnis nach einfachen Wahrheiten wächst. Es scheint, dass die politische Mitte, die Grundlage stabiler westlicher Demokratien, erodiert und neuartige Formen des Populismus entstehen. Die offene Gesellschaft ist von Autoritarismus bedroht, der sowohl eine äußere als auch eine innere Bedrohung darstellt. Die großen Umwälzungen des frühen 21. Jahrhunderts wie Globalisierung, Digitalisierung oder Migration sind für viele Menschen mehr Bedrohung als Chance und lösen ein Bedürfnis nach Identität und Zugehörigkeit aus. Während die politische Debatte früher vom Gegensatz Kapital und Arbeit geprägt wurde, sind Klima und Migration heute die bestimmenden Pole. Dialog und Kompromiss werden immer schwieriger, wenn der Diskurs sich moralisiert und radikalisiert. Greta und Trump stehen stellvertretend für die neuen Angst-Unternehmer, die auf Empörung und Angst setzen. „Entpörung“ als rationale Distanz ist die notwendige Antwort.

Die weit verbreitete Zukunftsangst, die heute westliche Gesellschaften zu belasten scheint, hat verschiedene Quellen. Einerseits werden Ängste in Sachen Umwelt und Klimazerstörung mobilisiert. Andererseits wird vor dem Ende des christlichen Abendlandes bzw. der eigenen Kultur gewarnt. Der Aufstieg der Einen bedingt ein Erstarken der Anderen. Die politische Debatte dreht sich nicht mehr, wie noch im 20. Jahrhundert, um sozio-ökonomische Fragen. Stattdessen prägen kulturelle Streitfragen den öffentlichen Diskurs. Ob Gender, Migration, Klima oder Religion: Der von beiden Seiten beklagte Kontrollverlust führt zu parallelen Lebenswelten und einem aggressiven Diskurs, der keinen Dialog und Kompromiss mehr kennt. In diesen neuen Erzählungen werden Bürger zu Opfern, eine neue Empörungskultur entsteht.

Empörung ist kein guter Ratgeber. Denn die gewohnten, quasi-institutionalisierten, Formen der Kritik und Prozesse der Debatte und des Ausgleichs sind immer weniger gewünscht. Sie wirken nicht mehr und stattdessen entstehen immer stärkere Zentrifugalkräfte, die negativ auf den gesellschaftlichen Zusammenhalt einwirken. Die Moralisierung des Alltags und des Privaten ist eine gefährliche Entwicklung. Der speziell deutsche Rigorismus hat Wurzeln bei Martin Luther und in der Romantik.

Das Bedürfnis zu einer Art „identitären“ Abgrenzung wächst mit dem Unwohlsein der Menschen einer immer komplizierteren Gegenwart. Die Moralisierung des politischen Diskurses schwächt den Kern der Demokratie – Dialog und Kompromiss – immer mehr, bis bestehende Mechanismen unmöglich werden. Ohne Vertrauen in die Zukunft kann Demokratie, aber auch Marktwirtschaft, nicht funktionieren. Wenn die düsteren „Zukunftsvisionen“ von Greta und Trump weiterhin den öffentlichen Diskurs bestimmen, entsteht ein neuer Kulturkrieg, der unsere liberale, westliche Gesellschaft von innen aushöhlt und zerstört. Dieses Phänomen ist in Deutschland und anderen entwickelten, westlichen Gesellschaften derzeit, in verschiedenen Stadien, zu beobachten. Die Gründe für diese Entwicklungen und mögliche Auswege sollen in diesem Essay untersucht werden.

Klar ist: Empörung ist keine Lösung. Der immer stärker moralisierte, alarmistische und unversöhnliche Diskurs in Medien und Politik führt zu einer Spirale der Dauer-Erregung und Polarisierung. Wenn der Blick auf die rationale Sach-Ebene verloren geht und Mut und Optimismus keine Rolle mehr spielen, droht ein neues Zeitalter der Extreme.

Die Angst-Unternehmer

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