Читать книгу Was nun? - Osho - Страница 18
Ich beginne zu sehen, was für eine große Rolle die Habgier in meinem Leben spielt – und das Leiden, das sie mit sich bringt. Könntest du bitte etwas mehr Licht darauf werfen, was diese Sache namens Habgier eigentlich ist, woher sie kommt, und mir vielleicht ein paar Werkzeuge für den Umgang mit ihr geben?
ОглавлениеEinfach das Wesen der Habgier zu verstehen, ist ausreichend. Du brauchst nichts anderes zu tun, um sie loszuwerden. Allein durch das Verstehen klärt sich die ganze Verwirrung.
Du bist erfüllt, wenn du mit dem Universum in Harmonie bist. Wenn du nicht mit dem Universum in Harmonie bist, fühlst du dich leer, völlig leer. Und aus dieser Leere entsteht die Habgier. Die Habgier dient dazu, diese Leere zu füllen – mit Geld, Häusern, Möbeln, mit Freunden, Liebhabern, mit allem Möglichen, weil du als Leere nicht leben kannst. Sie ist beängstigend, sie führt ein Schattendasein. Wenn du leer und von nichts erfüllt bist, ist das Leben unmöglich.
Um ein Gefühl innerer Fülle zu haben, gibt es nur zwei Möglichkeiten: Entweder kannst du versuchen, in Harmonie mit dem Universum zu kommen, dann bist du erfüllt vom Ganzen – von all den Blumen und all den Sternen. Sie sind genauso in deinem Inneren wie außerhalb von dir. Das ist die wahre Erfüllung. Versuchst du das aber nicht – und Millionen von Menschen versuchen es nicht –, dann ist es am leichtesten, die Leere mit wertlosem Zeug zu füllen.
Ich wohnte einmal bei einem Mann, der sehr reich war und ein schönes Haus hatte. Irgendwie begann er sich für meine Ideen zu interessieren. Er hatte einige meiner Vorträge gehört und lud mich ein, bei ihm zu wohnen. Er sagte: „Warum willst du so weit draußen wohnen, außerhalb der Stadt? Ich habe ein schönes Haus in der Stadt, und es ist so groß, dass du die eine Hälfte haben kannst. Ich will keine Miete, aber ich hätte gerne deine Anwesenheit in meinem Haus.“
Ich lebte in den Bergen außerhalb der Stadt, aber es war schwierig, von dort aus ständig zur Universität zu pendeln. Von seinem Haus war die Universität ganz nahe. Er hatte einen schönen Garten, und das Haus lag im besten Wohnviertel der Stadt. Also nahm ich seine Einladung an. Doch als ich das Haus betrat, traute ich meinen Augen nicht: Er hatte so viel Krempel gesammelt, dass gar kein Platz mehr zum Leben war! Das Haus war groß, aber seine Sammlung war noch größer. Und was für eine Sammlung absolut stupider Dinge! Er kaufte einfach alles, was er auf dem Markt finden konnte. Ich fragte ihn: „Was willst du mit all den Sachen anfangen?“
Er sagte: „Man weiß nie, vielleicht brauche ich sie eines Tages.“
Ich sagte: „Aber wo soll man denn in diesem Haus leben?“ So viele Möbel aus den verschiedensten Epochen … Als die Europäer Indien verließen, mussten sie alle ihre Sachen verkaufen. Dieser Mann konnte davon nie genug bekommen. Er war imstande, alles zu kaufen – lauter Dinge, die er gar nicht brauchte. In seiner Garage stand ein Auto nur herum, weil es alt und kaputt war. Ich fragte ihn: „Warum wirfst du es nicht weg? Dann hättest du mehr Platz …“
Er sagte: „Es sieht doch gut aus in der Garage.“ Alle Reifen waren platt. Es war zu nichts zu gebrauchen. Wenn man es einmal wegbewegen wollte, musste man es schieben. Es stand nur da und rostete vor sich hin. Er sagte: „Ich habe es sehr günstig bekommen. Es gehörte einer alten Frau, die hier Krankenschwester war, aber jetzt wieder in England ist.“
Ich sagte: „Wenn du schon ein Auto kaufen wolltest, hättest du wenigstens eines kaufen sollen, das fährt!“
Er sagte: „Ich habe kein Interesse am Autofahren. Mein Fahrrad genügt mir.“ Das Fahrrad war ebenfalls eine Kuriosität. Man wusste schon aus einem Kilometer Entfernung, wenn er kam – so einen Lärm machte es. Es hatte keine Kotflügel, kein Schutzblech. Es muss das älteste Fahrrad gewesen sein, das je produziert wurde. Und es hatte auch keine Klingel. Er sagte: „Wozu brauche ich eine Klingel? Es macht so viel Lärm, dass die Leute schon einen halben Kilometer vorher zur Seite gehen. Und es ist gut, es kann mir nicht gestohlen werden, weil sonst niemand damit fahren kann. Es ist mir schon zweimal gestohlen worden, aber der Dieb wurde sofort gefasst. Es macht einen solchen Krach, und jeder weiß, dass es mein Fahrrad ist. Ich kann es überall stehen lassen. Ich kann ins Kino gehen und brauche es nicht im Fahrradständer abzustellen, denn das kostet Geld. Ich kann es irgendwo hinstellen, und wenn ich zurückkomme, ist es immer noch da. Jeder weiß, dass es einfach zu viele Probleme macht. Darum lässt man es besser in Ruhe.“ Er sagte: „Es ist ein seltenes Exemplar.“
In seinem Haus gab es alle möglichen Dinge … kaputte Radios, die er irgendwo billig erstanden hatte. Er war ein Jaina, aber er hatte eine zerbrochene Statue von Jesus am Kreuz. Ich fragte ihn: „Wofür hast du denn das gekauft?“
Er sagte: „Die Frau, deren Auto ich kaufte, hat es mir umsonst gegeben. Sie hat es mir geschenkt. Ich glaube nicht an Jesus Christus, aber ein Kunstwerk konnte ich nicht ablehnen.“
Ich sagte zu ihm: „Wenn ich in diesem Haus wohnen soll, muss meine Hälfte leer sein.“ Und er war ganz froh darüber, alles zu übernehmen. Das Haus war schon so voll, dass man sich gar nicht darin bewegen konnte, aber er holte alles hinüber auf seine Seite. Er hatte so viele Möbelstücke auf einem Sofa übereinander getürmt, dass man nicht darauf sitzen konnte. Ich fragte: „Warum?“
Er sagte: „Das verstehst du nicht. Das alles habe ich fast geschenkt bekommen! Und eines Tages werde ich vielleicht heiraten und Kinder haben, und die könnten das alles brauchen. Mach dir keine Gedanken. Irgendwann findet alles seine Verwendung.“
Sogar auf der Straße bückte er sich, wenn er etwas liegen sah, das jemand weggeworfen hatte, und hob es auf. Eines Tages, als er mit mir vom Garten zum Haus ging, fand er einen Fahrradgriff und hob ihn auf. Ich fragte ihn: „Was willst du mit einem Fahrradgriff?“
Er sagte: „Ich werde es dir zeigen.“ Ich ging mit ihm, und in seinem Badezimmer hatte er ein fast komplettes Fahrrad – nur ein paar Teile fehlten noch. Er sagte: „Die Teile habe ich alle auf der Straße gefunden. Ich nehme sie mit und setze sie zusammen. Jetzt fehlen nur noch ein paar Stücke. Es gibt noch keine Kette, keinen Sitz, aber die bekomme ich auch noch! Eines Tages wird sie jemand wegwerfen. Ich habe noch ein langes Leben vor mir, und es schadet doch niemandem? Sieht doch gut aus in meinem Badezimmer!“
Habgier bedeutet einfach, dass du eine tiefe Leere in dir fühlst und sie mit irgendetwas füllen willst – egal was es ist. Wenn du das einmal verstanden hast, musst du wegen deiner Habgier nichts unternehmen. Du musst nur etwas unternehmen, um mit dem Ganzen in Einklang zu kommen, dann verschwindet die innere Leere. Wenn das geschieht, verschwindet alle Habgier.
Das heißt aber nicht, dass du anfängst, nackt zu leben. Es heißt nur, dass du nicht mehr dafür lebst, lediglich Dinge anzuhäufen. Immer wenn du etwas brauchst, kannst du es dir besorgen. Es gibt Verrückte auf der ganzen Welt, die alles Mögliche sammeln. Manch einer sammelt Geld, obwohl er es nie verwendet. Das ist sonderbar. Die Dinge sind dazu da, dass man sie verwendet. Wenn man sie nicht verwendet, braucht man sie nicht.
Diese Situation kann alle möglichen Formen annehmen: Die Leute essen, auch wenn sie gar keinen Hunger haben; trotzdem stopfen sie ständig etwas in sich hinein. Obwohl sie wissen, dass es ihnen Probleme bringt, dass es sie krank macht, dass es sie sie dick macht – aber sie können nicht anders. So zu essen ist ebenfalls ein Versuch, die Leere zu füllen. Man kann also auf vielerlei Arten versuchen, die Leere zu füllen, aber sie verschwindet nie. Sie bleibt leer, und du bleibst unglücklich, denn es ist nie genug. Immer ist noch mehr nötig, und dieses „Mehr“ und das Verlangen danach gehen endlos weiter.
Ich sehe Habgier nicht als Begierde, sondern als existenzielle Krankheit: Du bist nicht im Einklang mit dem Ganzen. Aber nur, wenn du mit dem Ganzen in Einklang kommst, kannst du gesund und heil werden. Wenn du mit dem Ganzen in Einklang kommst, kann es dich sogar heilig machen. Interessanterweise stammen sowohl die Wörter „heil“ und „heilig“ aus derselben Wurzel; sie bedeuten, „ganz“ zu sein. Wenn du dich eins fühlst mit dem Ganzen, verschwindet die Habgier.
Aber was haben die Religionen gemacht? Sie haben die Habgier als Begierde missverstanden und versucht, sie zu unterdrücken: „Sei nicht habgierig!“ Dann gehst du ins andere Extrem – in die Entsagung. Auf der einen Seite der Habgierige, der hortet – und auf der anderen Seite der Asket, der versucht, durch Entsagung die Habgier loszuwerden. Aber auch das geht endlos so weiter.
Mahavira, der Meister der Jainas, konnte Gautama Buddha nicht als Erleuchteten anerkennen – allein deshalb, weil Buddha immerhin noch drei Garnituren von Kleidungsstücken besaß. Nur drei Garnituren von Kleidern, das absolut Notwendige! Eine Garnitur zum Tragen, eine ist in der Wäsche und die dritte dient als Reserve, falls die Wäsche einmal nicht rechtzeitig fertig wird oder noch nicht getrocknet ist, wenn es den ganzen Tag geregnet hat. Drei scheint man mindestens zu brauchen – ein kleiner Notfall, und die Reserve wird gebraucht. Mahavira war ein fanatischer Gegner der Habgier, und er trieb es ins Extrem: Er lebte völlig nackt. Buddha trug immer seine Bettelschale bei sich. Auch das konnte Mahavira nicht akzeptieren, weil selbst eine Bettelschale noch „Besitz“ ist, und nach Mahaviras Dafürhalten sollte ein Erleuchteter überhaupt nichts besitzen. Diese Bettelschale … sie ist aus einer Kokosnuss. Eine Kokosnuss wird in der Hälfte geteilt, das Fruchtfleisch entfernt, und so gewinnt man aus der Schale zwei Schüsseln. Die billigste Sache, die man sich vorstellen kann! Die Schalen werden sonst weggeworfen, sie sind nicht essbar. Eine solche Bettelschale als „Besitz“ zu bezeichnen, ist absurd.
Wer in der Habgier eine Begierde sieht und fanatisch dagegen ist, für den wird alles zum „Besitz“. Mahavira lebte nackt, und anstelle der Bettelschale nahm er seine Hände und hielt sie wie eine Schale. Aber das war schwierig, denn beide Hände waren voll Essen und er musste essen wie ein Tier, denn er konnte seine Hände nicht zu Hilfe nehmen. Er musste das Essen direkt mit dem Mund aus der Schale seiner Hände holen.
Alle Menschen auf dieser Welt essen im Sitzen. Mahavira hatte aber die Idee, dass man zu viel isst, wenn man im Sitzen isst. Deshalb verlangte er von seinen Mönchen, dass sie im Stehen essen sollten – nur im Stehen, mit dem Essen in Händen. Und nur so viel, wie sie auf einmal in beide Hände nehmen konnten – das war eine Mahlzeit. Sie mussten stehend essen, und alles musste zusammen gegessen werden – süß, salzig, ein einziger Mischmasch. Auf diese Weise wollte Mahavira das Essen geschmacklos machen, denn den Geschmack zu genießen bedeutete, den Körper zu genießen und damit die materielle Welt zu genießen.
Für mich ist Habgier etwas völlig anderes als Begierde. Deshalb brauchst du gegen die Habgier nichts zu unternehmen. Verstehe einfach, welche Leere du damit zu füllen versuchst.
Frage dich: „Warum bin ich leer? Die ganze Existenz ist eine solche Fülle – warum bin ich leer? Vielleicht habe ich den Anschluss verloren, bewege mich nicht mehr in der richtigen Richtung. Ich bin nicht mehr in Verbindung mit der Existenz. Das ist der Grund für meine Leere.“
Verbinde dich mit der Existenz.
Lass los und komme der Existenz näher durch Stille und Frieden, durch Meditation. Dann wirst du eines Tages erleben, dass du erfüllt bist – übervoll und überfließend vor Freude, Glückseligkeit, Gnade. Du hast so viel davon, dass du es mit der ganzen Welt teilen kannst und es sich dennoch nicht erschöpft. An diesem Tag wirst du zum ersten Mal keine Habgier mehr empfinden – nach Geld, Essen, Objekten, irgendwas.
Du wirst leben – aber nicht mehr mit dieser ständigen Habgier, die nie befriedigt werden kann, einer Wunde, die nicht heilen kann. Du wirst auf natürliche Weise leben, und alles was du brauchst, wirst du finden.