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Viertes Kapitel

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ie Reserven aus Japan fanden einen Weg nach Tsingtau. Von den am 8. August Eintreffenden ahnte niemand, dass Japan zum Krieg entschlossen sei. Doch schon am 10. August ging das Gerücht von einem Ultimatum an Deutschland durch die Straßen der Stadt. Der Platz war jetzt für einen Angriff bereit, die Land- und Seefront besetzt. Der Tagesbefehl requirierte die Ponys von Privatbesitzern. Nachmittags gingen Soldaten von Haus zu Haus, um die Reittiere abzuführen. In jedem Stall griffen getreue chinesische Mafus kampflustig zu Besen und Wassereimer. Ihr gellendes Geschrei rief den Hausherrn zu Hilfe. Sie lächelten mitleidig ob des weißen Mannes Torheit, als er seine Tiere nicht mit ärgerlichem Protest, sondern guter Laune der bewaffneten Macht lieh.

Dem Gouverneur musste mehr als ein Gerücht von Japans Plänen zu Ohren gekommen sein. Ein Aufruf an die Männer Tsingtaus heischte unter gleichem Datum die Bildung einer Bürgerwehr. Eine Truppe von Bejahrten jedes Standes, sollte sie Polizeidienst tun und etwaige Ausbrüche von Unruhen unter den Chinesen bei einer Beschießung ersticken. Als später der Feind vor den Werken erschien, trug sie Uniform und Namen des Landsturms.

Ein Aufruf an die Frauen Tsingtaus forderte Pflegerinnen für Verwundete wie Kranke und Betätigung in allerlei Arbeit, die weibliche Hände am geschicktesten tun. Verwöhnte Damen wie einfache Frauen verließen ihr Haus, um sich zum Dienst zu melden. Beschäftigung fanden nur die als Mütter mehrerer Kinder Abgewiesenen nicht.

Die Ärzte und Krankenschwestern am Platz konnten fünfundachtzig Frauen noch vor Beginn der Kämpfe in den Pflichten von Pflegerinnen unterweisen.

In Nähstuben schneiderten andere Frauen zunächst Verbandzeug, später Wäsche für die Truppen in der Kampfstellung. Wohl die schwerste, aber dem Gemeinwohl nützlichste Arbeit fanden Damen in den Küchen. Schon auf das Gerücht vom Krieg mit Japan begann die Flucht der Chinesen. Mit den Tapautau den Rücken Kehrenden verkrümelten sich bald die in deutschen Häusern Dienenden. Dienstmädchen kennt der ferne Osten nicht. Jede Hausfrau wusste die eigenen Hände rühren. Ihren Mann versorgte die Truppe, wenn er als Soldat im Vorgelände stand. Aber ein „Tischleindeckdich“ wollte mit dem Landsturmmann der in der Stadt im Lazarett beschäftigte Arzt und der noch im Post, oder Verwaltungsdienst tätige Beamte finden. Ihnen half die Arbeit der Frauen. Einige riefen Messen ins Leben und kochten während dienstfreier Stunden für ihre Gatten und der Ehre würdige Junggesellen.

Gemeinhin fanden die Männer ihren Tisch in den Gasthäusern, die ein Gouvernementsbefehl zu Lazaretten machte. Damen, an Bedienung durch die vielen Kulihände des fernöstlichen Haushalts gewöhnt, scheuerten den großen Theatersaal des Hotel Prinz Heinrich und richteten ihn mit einem anderen Raum zur Pflege von neunzig Verwundeten oder Kranken ein.

Vier Damen der Gesellschaft schalteten in der Küche, besorgten die Einkäufe, trugen sie ins Haus und kochten für zweihundert Menschen.

Der Morgenkaffee musste um sechs Uhr dampfen. Von fünf Uhr früh auf den Beinen, kochten die Vier in der Gluthitze des August, in der feuchten Schwüle des September und durch den Oktober bis in den November täglich drei Mahlzeiten, die neben Verwundeten, Kranken und Pflegerinnen achtzig Männer gegen Bezahlung nahmen. Ihre Versicherung, dass sie nach des Tages letztem Geschirrwaschen erschöpft ins Bett fielen, klingt glaubwürdig.

Der Wunsch, auch Mütter für Arbeit im Dienst der Verteidigung freizumachen, schuf das Kinderheim. Eine kinderlose junge Frau leitete es als dankbar gerühmte Oberin.

Helferinnen waren die Erzieherinnen oder Kindermädchen begüterter Häuser.

Im Freien überwachten sie während der Belagerung das Spiel der Kleinen, bis an der Stange auf dem Signalberg ein Zeichen vor Bombenwürfen heranschwirrender feindlicher Flieger warnte und die ahnungslos lachende Schar in den bombensicheren hohen Keller trieb. Dort musste das Völkchen die schweren Tage der Beschießung verleben.

Noch viel ließe sich von dem ernsten Wirken, dem freudigen Willen und tapferen Herzen der Tsingtauer Frauen erzählen. Jeder Bezopfte, der bei Nacht und Nebel aus der Chinesenstadt Tapantau im Kahn über die Bucht floh, hinter, ließ ihnen neue Arbeit. Wenn der Wäscher verschwand, mussten sie in knappen Mußestunden zu Wasser und Seife greifen.

Wenn der Flickschneider sich aus dem Staube machte, konnte nur eine Frau Risse im Rock des Soldaten heilen. Sie tat es heiter lachend, froh im Bewusstsein, auch sie diene Kaiser und Reich.

Die Helden von Tsingtau

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