Читать книгу Die Jungbrunnen-Küche - Margit Fensl, P.A. Straubinger - Страница 9

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Freie Radikale schädigen unsere Körperzellen.

Schadenstheorien – Zellschäden als Ursachen des Alterns

Zellinterne Alterungsmechanismen und auch äußere Faktoren führen im Laufe der Zeit zu einer Ansammlung von Zellschäden, die in Summe den körperlichen Verfall verursachen. Die Schadenstheorien erklären uns, wie wir diesen Prozess verlangsamen können.

Freie Radikale – die Zellzerstörer

Die Theorie der freien Radikale zählt zu den bekanntesten Schadenstheorien. Sie wurde 1956 vom amerikanischen Gerontologen Denham Harman entwickelt und erlangte in den 1990er-Jahren große Popularität.

Bei freien Radikalen handelt es sich um eine Gruppe aggressiver Zwischenprodukte des Stoffwechsels, die ununterbrochen in unseren Zellen entstehen. Als hochreaktive aggressive Sauerstoffverbindungen schädigen sie die Zellen und ihre Erbsubstanz. Wobei sie paradoxerweise in der richtigen Menge und am richtigen Ort auch einen gesundheitlichen Nutzen bringen können, da sie die Widerstandskraft unserer Zellen „trainieren“.

Je nach Nahrungsaufnahme, Tätigkeit und Verhalten entstehen unterschiedlich viele freie Radikale. Bei einem einzigen Zug an einer Zigarette wird rund eine Billiarde davon gebildet. Grundsätzlich sind freie Radikale auch bei einem gesunden Lebenswandel integraler Bestandteil unseres Stoffwechsels. Je höher unsere Stoffwechselrate, also je mehr Oxidationsprozesse im Körper stattfinden, desto größer ist der oxidative Stress durch die freien Radikale und desto schneller nehmen die Zellen Schaden. Lange Zeit ging man deshalb davon aus, dass eine höhere Stoffwechselrate mit einer schnelleren Alterung in Verbindung steht – und zu einem gewissen Teil stimmt das auch. Sport führt allerdings ebenfalls zu einer erhöhten Stoffwechselrate und es ist wissenschaftlich gut belegt, dass regelmäßige Bewegung das Leben verlängert und die Gesundheit verbessert. Ähnlich widersprüchlich verhält es sich mit den freien Radikalen selbst. Vergleichende Studien mit unterschiedlichen Tieren konnten zeigen, dass die Lebenserwartung stark mit der Fähigkeit zusammenhängt, oxidativen Stress zu überstehen.

Unser Körper verfügt erfreulicherweise über zahlreiche Mechanismen, um durch freie Radikale verursachte Schäden wieder zu reparieren. Mit der Nahrung können wir die sogenannten Antioxidantien, wie etwa Vitamin C, zu uns nehmen. In Tierversuchen konnte gezeigt werden, dass die Futterbeigabe von Antioxidantien die Lebenszeit verlängert. Das führte vor allem in den 1990er-Jahren zu einem Boom der Antioxidantien in der Lebensmittel- und Nahrungsergänzungsindustrie. Die Euphorie wurde allerdings durch widersprüchliche Forschungsergebnisse gebremst. In den 2000er-Jahren wurde nachgewiesen, dass bei Antioxidantien „mehr“ nicht immer besser ist: In umfangreichen Studien an Universitäten wie der ETH Zürich oder der Universität Kopenhagen wurde die Einnahme künstlich zugeführter Antioxidantien wie Betacarotin, Selen oder die Vitamine C und E mit der Wirkung von Placebo-Pillen verglichen. Im Gegensatz zur früheren Ansicht, dass diese Stoffe im schlimmsten Fall nichts nützen, stellte sich heraus, dass die regelmäßige Einnahme von Vitaminen dem Körper sogar schaden kann. Die Überflutung des Organismus mit synthetischen Antioxidantien führt nämlich dazu, dass seine Fähigkeit, sich gegen Krankheiten und Alterungsschäden zu wehren, sukzessive abnimmt. Zu wenige freie Radikale im Körper beschleunigen also sogar den Alterungsprozess. Es geht um eine angemessene Balance zwischen freien Radikalen und den sie bekämpfenden Antioxidantien – und die Natur hat genau die richtige Menge davon in ihren Früchten platziert. Natürliche antioxidative Nahrung sollte unbedingt Teil der Jungbrunnen-Küche sein und entfaltet garantiert viele positive (Anti-Aging-)Wirkungen.


Rauchen erzeugt freie Radikale im Übermaß.

Verkürzung der Telomere – der Alterscountdown

Der Mensch besteht aus etwa 70 bis 100 Billionen Zellen. Um die Körpersubstanz ständig zu erneuern, um zu wachsen oder Wunden zu heilen, teilen sich die Zellen – je nach Art alle paar Stunden oder Tage oder in deutlich längeren Zeiträumen. Um eine exakte Kopie der alten Zelle herstellen zu können, befindet sich die DNA mit ihren Genen, quasi der Bauplan, im Zellkern: Sie steckt, fein säuberlich aufgerollt und strukturiert, in den Chromosomen, die an ihren Enden eine Art von Schutzkappen haben – die sogenannten Telomere. Manche vergleichen die Telomere mit den Plastikkappen an den Enden von Schnürsenkeln. Wenn sie fehlen, fransen die Schnürsenkel aus und werden unbenutzbar. Ähnlich verhält es sich mit den Telomeren. Sie sind bei unserer Geburt noch sehr lang und verkürzen sich bei jeder Zellteilung parallel zum Altern. Die Telomere werden immer kürzer und die Qualität der „Kopien“ immer schlechter, bis die Zellen ihre zentralen Funktionen nicht mehr erfüllen können. Sie verlieren ihre Teilungsfähigkeit – der programmierte Zelltod wird eingeleitet. Die Altersforscher sprechen von der sogenannten Hayflick-Grenze. Dieser „Alterscountdown“ bietet eine Erklärung dafür, warum der Mensch nicht älter als rund 120 Jahre werden kann und sich in der zweiten Lebenshälfte mit einer zunehmenden Zahl von Erkrankungen konfrontiert sieht. Die Verkürzung der Telomere ist ein beständig ablaufender Prozess. Umwelteinflüsse und Lebensstil-Entscheidungen wie z. B. Rauchen können diesen deutlich beschleunigen. Wie gut, dass es in unserem Körper Mechanismen gibt, die die Verkürzung der Telomere verlangsamen und den „Alterscountdown“ bis zu einem gewissen Grad auch wieder zurücksetzen können (siehe „Jungbrunnen-Werkzeuge – Körpereigene Strategien der Verjüngung“ ab Seite 45).


Seneszente „Zombie“-Zellen beschleunigen den Alterungsprozess.

Seneszente Zellen – Angriff der „Zombies“

Etwa ab einem Alter von vierzig Jahren beginnt im Körper etwas schiefzulaufen. Manche Zellen, die eigentlich beseitigt werden sollten, weil ihre Telomere zu kurz sind oder weil ihr Erbmaterial aus anderen Gründen beschädigt wurde, verbleiben im Körper. Sie können sich zwar nicht mehr teilen und sind eine Belastung für den Organismus, vegetieren aber weiter und sondern dabei alarmierende „Panik-Botenstoffe“ ab, die auch gesunde Zellen in der Umgebung zu schädigen beginnen. Immer mehr dieser „Zombie“-Zellen sammeln sich im Gewebe an und werden zur Ursache von chronischen Entzündungen, die den Prozess der Alterung beschleunigen. Glücklicherweise gibt es Stoffe, sogenannte Senolytika, die gezielt den Tod und Abtransport der „Zombie“-Zellen einleiten und so den Körper wieder verjüngen.

Chronische Entzündungen beschleunigen das Altern

Im Prinzip sind Entzündungen biologisch sinnvolle Abwehrreaktionen, um etwa einen Krankheitserreger zu bekämpfen. Solche akuten Entzündungen sind ein ganz wesentlicher Mechanismus des Immunsystems, im Gegensatz dazu haben chronische Entzündungen keinen definierten messbaren Auslöser. Sie verlaufen unterschwellig, ohne klare Kennzeichen und Symptome. Es handelt sich um Fehlreaktionen, die den Organismus langfristig schädigen. Chronische Entzündungen werden mit einer ganzen Reihe von altersassoziierten Erkrankungen in Verbindung gebracht und gelten mittlerweile selbst als eine Ursache für das Altern. Im Amerikanischen wurde deshalb das Hybrid-Wort „Inflammaging“ aus den Worten „Inflammation“ (Entzündung) und „Aging“ (Altern) geprägt.

Von seneszenten Zellen abgesonderte „Panik-Botenstoffe“, die Zytokine, gelten als ein Faktor, der chronische Entzündungen befördert – aber nicht als einziger. Inzwischen werden auch ungesunde Ernährung (siehe „Die Alterungsbeschleuniger“ ab Seite 31), Schlafmangel und Stress als wesentliche Faktoren gewertet. Zudem bestärkt ein unausgewogenes Verhältnis von Omega-3- zu Omega-6-Fettsäuren, das oft als Folge unserer modernen Ernährungsweise entsteht, diesen Alterungstreiber in unserem Körper (siehe Infobox „Omega-3: das Anti-Aging-Fett“ Seite 50).


Glykation: die verheerende Verzuckerung des Körpers

Im Laufe des Alterns kommt es im Körper vermehrt zur Reaktion von Proteinen und Fetten mit Kohlenhydraten und damit zur Entstehung sogenannter Advanced Glykation End Products (AGEs). Diesen als Glykation bezeichneten Prozess können wir auch außerhalb des Körpers beobachten, z. B. wenn wir Fleisch braten und eine braune Kruste entsteht. Je mehr Kohlenhydrate, vor allem Zucker, wir zu uns nehmen und je mehr Stress wir haben, desto mehr AGEs entstehen auch in unserem Körper. Wir werden gleichsam von innen heraus „knusprig gebraten“. Allerdings bekommen wir keine braune Haut, sondern eine faltige: Die biochemische Reaktion mit den Zuckermolekülen schädigt die Proteine Kollagen und Elastin, die der Haut Elastizität und Spannkraft geben. Ein jahrelanger hoher Zuckerkonsum und ein überhöhter Blutzuckerspiegel lassen sich daher direkt am Zustand der Haut ablesen. Darüber hinaus werden die AGEs mit zahlreichen weiteren Alterserscheinungen und Alterserkrankungen in Verbindung gebracht wie Alzheimer, Osteoporose, Arthritis, Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und auch mit chronischen Entzündungen.

Die Jungbrunnen-Küche

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