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I
ОглавлениеPatty Jackson
Die Sonnenkinder
Saga
Band 1:
Das Amulett
Impressum:
© 2017 by Patrizia Jackson. Alle Rechte vorbehalten.
Erstauflage 11.2017
Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Denn wir leben auf einem blauen Planet
Der sich um einen Feuerball dreht
Mit ‘nem Mond der die Meere bewegt
Und du glaubst nicht an Wunder
Und du glaubst nicht an Wunder …
Aus dem Songtext von
Marteria, „Welt der Wunder“
Kate Bingley war gerade aufgewacht. Noch völlig schlaftrunken sah sie sich in ihrem Zimmer um. Der Schein der Morgensonne, der durch das Fenster über ihr Bett hereinfiel, warf einen gold-transparenten Streifen auf die weiße Bettdecke. Links neben ihr lag der Krimi auf ihrem Nachtkästchen, den sie gestern Abend noch verschlungen hatte, so dass sie – wieder mal – zu spät ins Bett kam. Sie starrte gedankenverloren ins Leere. War heute nicht irgendetwas? Während sie sich streckte und herzhaft gähnte, fiel es ihr wieder ein. Ja klar, heute war der 20. April, ihr Geburtstag! Fünfzehn Jahre wurde sie heute alt.
Während sie gemächlich aufstand und noch etwas schlaftrunken zum Kleiderschrank schlürfte, fiel ihr Blick auf den viktorianischen Schreibtisch aus Mahagoni, der früher ihrer Oma Gwendoline gehört hatte. Sie wusste leider nicht viel von ihr, nur, dass sie unter mysteriösen Umständen verschwand, als sie noch klein war. Vermutlich waren in Wirklichkeit die Umstände gar nicht so mysteriös, aber aus irgendeinem Grund wichen ihre Eltern immer aus, wenn sie anfing, Fragen zu stellen. Naja, eines Tages würde sie vielleicht mehr darüber erfahren, dachte sie zuversichtlich und bereitete sich für ihren besonderen Tag vor.
Sie ging die Treppe hinunter in die Küche, wo sie gleich von ihrer Mutter und ihrem Vater mit Glückwünschen und Küssen überhäuft wurde. Die beiden hatten wirklich an alles gedacht, sogar an Konfetti und Tröten.
„Mensch, ich bin doch nicht drei geworden, steckt die Tröten weg!“, rief sie den beiden durch das Getöse zu.
Sie war schon etwas genervt von diesen lauten schrecklichen Dingern, die sie schon als Kind nicht besonders gemocht hatte.
„Ich bin jetzt eine Frau und möchte auch dementsprechend behandelt werden“, sagte sie in einem etwas versnobten Ton.
„Ach komm, sei nicht so, darf man ab Fünfzehn etwa keinen Spaß mehr haben?“, erwiderte ihr Vater Rod. „Nimm dir ein Beispiel an mir!“
Da musste Kate dann doch etwas schmunzeln. Ihre Mutter Jane überreichte ihr das Geschenk. „Was ist es?“, fragte sie aufgeregt.
„Mach es auf!“, erwiderte Jane mit einem breiten Lächeln.
Nun gut. Sie betrachtete das Geschenk erstmal für einen Moment. Es war hübsch in violettem Geschenkpapier verpackt, und verziert mit einer kunstvoll drapierten, silbernen Schleife. Sie öffnete es vorsichtig. Wow!! Sie traute ihren Augen nicht, war das tatsächlich für sie? Das war mit Abstand die schönste Kette, die sie je gesehen hatte. Sie war aus Silber und in der Mitte hing ein großer Anhänger mit einem wunderschönen Schmuckstein, der in allen Farben schimmerte, je nachdem, wie das Licht hineinfiel. Am äußeren Rand waren kleine, geschwungene Zacken angebracht, die den Anhänger wie eine Sonne aussehen ließen. Sie war baff!
„Was ist das für ein Edelstein? So einen habe ich noch nie gesehen“, fragte sie leise, immer noch staunend und überwältigt von der Anmut des Schmuckstücks.
„Es freut uns, dass dir die Kette gefällt“, antwortete ihre Mutter mit einem etwas wehmütigen Lächeln. „Sie hat deiner Großmutter Gwen gehört. Sie brachte die Kette von einer Reise nach Australien mit, kurz bevor … naja, du weißt schon. Sie wollte, dass du die Kette zu deinem 15. Geburtstag bekommst, wir haben sie seitdem für dich aufbewahrt. Der Edelstein ist übrigens ein Feuer-Opal.“
Sie nahm die Kette vorsichtig aus der mit rotem Samt gefütterten Schachtel, rannte zum Spiegel im Flur und bat ihre Mutter, sie ihr anzulegen. Die Kette passte hervorragend zu ihrem langen, welligen dunklen Haar und ihren grünen Augen. Sie fand, sie sah damit richtig erwachsen aus – fast schon zu erwachsen …
„So, jetzt beeil dich aber, es ist zwar dein Geburtstag, aber in die Schule musst du heute trotzdem meine liebe Kate“, tönte Jane fröhlich.
„Darf ich die Kette gleich anlassen, bitte!“, bettelte Kate und schenkte ihr einen treuen Hundeblick, dem sie unmöglich wiederstehen konnte.
„Also gut, aber pass gut darauf auf, hörst du?“, sagte ihre Mutter schließlich.
„Ich werde sie hüten wie meinen Augapfel!“, versprach Kate, während sie sich immer noch im Spiegel bewunderte.
Dann nahm sie ihre Schultasche und sprang los. Auf dem Weg zur Schule rasten ihre Gedanken. Irgendwie kam ihr das Ganze etwas surreal vor. Mit einem so wertvollen und schönen Schmuckstück fühlte sie sich natürlich wie eine Königin. Aber sie musste auch viel an ihre Großmutter Gwen denken. Sie fand es schön, Dinge zu besitzen, die sie mit ihr verbanden. Das gab ihr zwar ein Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit, es stimmte sie aber auch wehmütig. Dann dachte sie wieder an die Kette. Sie hatte sie aus Australien mitgebracht, vom anderen Ende der Welt! Da wollte sie auch gerne mal hin. Vor dem Schulgebäude blieb sie kurz stehen und versteckte ihre Kette instinktiv erstmal unter ihrem Shirt. Es war ihr dann doch etwas mulmig zumute, mit einem so besonderen und wertvollen Schmuckstück durch die Gegend zu laufen. Es musste sie ja nicht gleich jeder sehen. In der Pause würde sie die Kette ihrer besten Freundin Beth zeigen. Mann, die wird Augen machen, dachte Kate bei sich und grinste von einem Ohr zum anderen, als sie das Klassenzimmer betrat. Heute war ein guter Tag!
Sie nahm auf ihrem Stuhl Platz und rückte ihre Schuluniform zurecht. Dann schaute sie sich um. Wo war denn eigentlich Beth? Das Klassenzimmer füllte sich langsam. Schräg hinter ihr saß bereits Tom, der gerade sehr geschäftig in seiner Tasche herumkramte, vermutlich auf der Suche nach einem Stift. Obwohl er schon seit einem Jahr in ihrer Klasse war, hatten sie kaum drei Worte miteinander gewechselt. Er war generell ein ruhiger Typ, irgendwie geheimnisvoll, fand Kate. Ja, sie gab zu, sie hatte eine Schwäche für ihn. Nur leider schien er überhaupt nicht an ihr interessiert zu sein. Aber das hielt sie nicht im Geringsten davon ab, sich Hoffnungen zu machen. Sie schwelgte verträumt vor sich hin, als sie ein Papierknäuel am Kopf traf.
„Hey, Geburtstagskind!“, rief Beth und setzte sich neben sie. Sie sah etwas gehetzt aus. „Puh, gerade noch rechtzeitig!“, äußerte sie sich lautstark und schmiss ihre Tasche auf den Boden.
Beth war ein echtes Original. Sie kam aus einer Hippie-Familie. Die ersten sieben Jahre ihres Lebens verbrachte sie mit ihren Eltern und ihrem zwei Jahre jüngeren Bruder Jakob in einem Wohnwagen. Sie reisten erst durch Großbritannien und dann durch halb Europa, bis sie sich dazu entschlossen, sich in Bradford-on-Avon niederzulassen. Seitdem waren sie praktisch Nachbarn, sie wohnte nur eine Straße weiter. Beth war witzig und hatte immer eine schlagfertige Antwort parat. Sie tanzte gerne aus der Reihe und konnte auch einfach mal verrückt sein. Aber sie war auch eine loyale Freundin, der man alles anvertrauen konnte. Kate war froh, sie zu haben.
Kate wollte Beth gerade von ihrem Geschenk erzählen, als Ms. Grey, die Geschichtslehrerin hereinkam. Na schön, sie wollte ja sowieso bis zur Pause warten.
„Guten Morgen Ms. Grey“, raunte die Klasse in einem etwas halbherzigen Ton so früh am Morgen.
„Guten Morgen, setzt euch“ erwiderte Ms. Grey, auffallend gut gelaunt. „Heute geht es um ein sehr spannendes Thema meine lieben, habt ihr schon einmal von Napoleon gehört?“
Die plötzliche Stille im Klassenzimmer war schon fast unangenehm.
„Keiner?“, Ms. Grey tat so, als ob sie wirklich überrascht war. „Kommt schon Leute. Nicht alle auf einmal!“
Obwohl Kate Ms. Grey sehr mochte und sie sich auch für Geschichte interessierte, fiel es ihr heute unglaublich schwer, sich zu konzentrieren. Aus irgendeinem Grund musste sie ständig an ihre Oma Gwen und das Amulett denken. Sie hatte ein flaues Gefühl im Magen, konnte es aber nicht genau beschreiben. Vielleicht war sie ja nur aufgeregt wegen ihres Geburtstags. So ging es mit ihr bis zur Pause. Von Geschichte, Mathe und Englisch bekam sie herzlich wenig mit. Dann war es endlich soweit.
„Hey Beth, rate mal was ich zum Geburtstag von meinen Eltern bekommen habe. Da kommst du nie drauf!“, fragte Kate herausfordernd.
„Ähm, lass mich mal überlegen, vielleicht einen Gutschein für Fallschirmspringen?“, fragte Beth mit einem frechen Grinsen im Gesicht.
„Ernsthaft!“, erwiderte Kate schmunzelnd. Beth wusste ganz genau, dass sie nicht gerade die Abenteuerlustige war.
„Okay, jetzt weiß ich es. Ein One-Way-Ticket nach Australien!“, platzte Beth heraus und konnte sich das Lachen kaum verkneifen.
Ha!“, rief Kate laut. Beth schaute etwas irritiert. „Echt jetzt?“, fragte sie verwundert.
„Natürlich nicht. Aber so ähnlich!“, jetzt musste Kate grinsen.
„Wie jetzt! Du reist nach Australien?“, hakte Beth nach.
„Nein. Aber ich habe etwas aus Australien bekommen! Schau her!“ Voller Stolz zeigte sie ihr nun das Sonnen-Amulett.
„Oh – mein – Gott“, hauchte Beth, während sie das Amulett begutachtete. „Die sieht ja sündhaft teuer aus. Wo haben deine Eltern die Kette denn her?“, flüsterte Beth voller Bewunderung für das schöne Stück.
„Meine Oma hat sie für mich aus Australien mitgebracht. Sie wollte, dass ich sie heute bekomme“, erwiderte Kate.
„Jetzt brauch ich wohl mit meinem Geschenk für dich gar nicht mehr ankommen“, sagte sie etwas enttäuscht.
„Ach Quatsch! Was hast Du denn für mich?“, fragte Kate neugierig.
Beth kramte für einige Sekunden in ihrer Tasche herum und holte eine etwas zerknautschte, bunt gestreifte Geschenktüte heraus.
„Hier, für dich!“ sagte sie in erwartungsvollem Ton.
Kate war nun wirklich neugierig geworden. So wie sie Beth kannte, war es bestimmt etwas Ausgefallenes. Sie langte mit ihrer Hand hinein, es fühlte sich irgendwie weich an, hatte aber auch etwas Drahtiges. Dann zog sie es heraus und schaute es sich an. Irgendwo hatte sie sowas schon mal gesehen, konnte es aber gerade nicht zuordnen. Beth hatte den fragenden Blick bemerkt und gab eine schnelle Antwort.
„Das ist ein Traumfänger! Den habe ich selbst für dich gemacht!“ Kate war auf einmal sehr nachdenklich geworden, während sie das kunstvolle Objekt studierte. „Gefällt er dir nicht?“, fragte Beth etwas verunsichert.
„Doch, doch! Er ist wunderschön! Vielen Dank!“, erwiderte Kate geistesabwesend.
„Du weißt doch was das ist, oder? Also ich frische mal dein Gedächtnis auf: Laut den Indianern wird der Traumfänger über dem Schlafplatz aufgehängt. Die bösen Träume bleiben im Netz hängen, die guten Träume kommen durch. So einfach!“ erklärte Beth strahlend.
„Das ist echt lieb von dir. Eine coole Idee! Wie bist du darauf gekommen?“, fragte Kate, wieder mehr gegenwärtig.
„Ach, ich war doch in den Sommerferien mit meinen Eltern auf dem Festival in Glastonbury. Meine Mama hat sich ewig mit dieser Frau unterhalten, ich glaube sie hieß Heather. Sie hatte einen kleinen Stand dort und verkaufte Kristalle, Sachen aus Filz und eben diese Traumfänger. Ich fand die so faszinierend und dachte, das wäre ein passendes Geschenk für dich. Ich hätte einen kaufen können, aber ich dachte es ist schöner, dir einen zu basteln. Ich habe übrigens auch einen in meinem Zimmer über dem Bett hängen. Ich finde, dass ich seitdem viel weniger Alpträume habe. Vielleicht ist es ja auch nur Einbildung, aber ist doch egal, solange es hilft!“ sagte Beth beschwingt.
„Da hast du recht!“ sagte Kate. „Ich hänge ihn gleich auf, sobald ich Heim komme.“