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III

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Kate’s bisheriges Leben verlief eigentlich ziemlich unspektakulär. Sie wuchs in Südwestengland in einem Ort namens Bradford-on-Avon auf, ein hübsches, kleines Städtchen in der malerischen Grafschaft Somerset, wo sie mit ihren Eltern in einem Landhaus wohnte, das schon sehr lange im Familienbesitz der Bingleys war. Das Haus wurde noch zu viktorianischer Zeit erbaut und über die vielen Jahre gut in Stand gehalten. Es war verhältnismäßig groß, hatte 6 Schlafzimmer bzw. Gästezimmer, einen gemütlichen Kachelofen im Wohnzimmer und einen riesigen, schön angelegten Garten mit einem Teich, in dem sich Goldfische tummelten. Daneben befand sich ein geräumiger Pavillon, der im Sommer reichlich Schatten spendete und zum Entspannen einlud. Am nördlichen Ende des Gartens gab es noch ein Kräuterbeet mit allerlei Küchenkräutern und Heilpflanzen, sowie einigen Sträuchern mit Walderdbeeren, Heidelbeeren und Stachelbeeren. Früher hatte ihre Oma Gwen das Beet liebevoll gepflegt, jetzt kümmerte sich hauptsächlich ihre Mutter darum.

Ihre Eltern hatten sich damals an der Universität in der Hafenstadt Bristol kennengelernt. Ihr Vater Rob Bingley studierte Architektur im letzten Semester, als sie sich auf einer Studentenparty buchstäblich in die Arme liefen. Er hatte kurze, dunkle Haare, war nicht besonders groß und etwas stämmig, kein Schönling im klassischen Sinne. Aber als er sie das erste Mal sah und sie anlächelte … da war es schon fast um sie geschehen. Es war Liebe auf den ersten Blick gewesen, erzählte ihre Mutter gerne, dabei bekam sie dann immer diesen Silberblick und seufzte. Jane war damals gerade im 2. Semester Kunstgeschichte. Sie war sehr hübsch gewesen. Sie hatte eine weibliche Figur, die sie gern durch ihre Kleidung betonte, und sah mit ihrem langen, fast schwarzen Haar und ihren großen, rehbraunen Augen einfach hinreißend aus. Es hatte nicht lange gedauert, da waren sie ein Paar. Sie nahmen sich eine kleine Wohnung in Clifton, der schönste Teil von Bristol, nicht weit von der berühmten Suspension Bridge, wo sie einen einmaligen Panoramablick auf die Stadt, den Fluss und die wunderschöne, hügelige Landschaft hatten. Ihre Mutter dachte immer gern an die vielen Spaziergänge zurück, die sie zusammen in der Abenddämmerung unternommen hatten. Rob arbeitete seit dem Studium als freiberuflicher Architekt und verdiente gut. Jane fand schnell eine Anstellung in einer kleinen Kunstgalerie. Als Kate auf die Welt kam, brauchten sie mehr Platz und beschlossen, in das Haus von Rob’s Eltern zu ziehen. Sein Vater war schon vor langer Zeit gestorben, doch seine Mutter Gwen lebte noch dort. Als Kate in die Schule kam, beschloss Jane, wieder arbeiten zu gehen. Sie fand eine Anstellung auf Stundenbasis im Museum für moderne Kunst in Bath und machte dort regelmäßig Führungen, was ihr sehr gefiel. Außerdem engagierte sie sich ehrenamtlich für diverse Hilfsorganisationen. Sie sagte immer, wir hätten mehr als genug, und es sei unsere Pflicht und Verantwortung, denen zu helfen, die in Not sind. Ihre großzügige und mitfühlende Art, die mochte ihr Vater immer besonders an ihr. Er war ein humorvoller Typ mit einem sanften, gutmütigen Charakter. Aufgrund seiner Arbeit war er immer sehr viel unterwegs, was ihrer Mutter oft missfiel. Ihr wäre es manchmal lieber gewesen, er würde sich für einen Job als Angestellter entscheiden, vielleicht in einem Planungsbüro, mit geregelten Arbeitszeiten. Aber das wollte ihr Vater absolut nicht, er brauchte die kreative Freiheit und die Abwechslung, es gab schon manche Diskussion deswegen. Früher hatte sie ja noch ihre Schwiegermutter Gwen, die auch in dem Haus lebte, im Haushalt und bei der Erziehung mithalf und Jane Gesellschaft leistete, wenn Rob mal wieder mehrere Tage unterwegs war. Entgegen allen Vorurteilen was Schwiegermütter anbelangt, verstanden die zwei sich blendend. Als Gwen dann eines Tages verschwand, war Jane untröstlich gewesen. Ihr Vater Rob, dem ihr Tod sehr nah ging, flüchtete sich in die Arbeit. Kate konnte sich noch erinnern, dass ihre Mutter viel weinte. Sie war damals 4 Jahre alt gewesen.

Kate hatte eigentlich ein gutes Verhältnis zu ihren Eltern. Mit ihrer Mutter redete sie viel über Bücher und was so alles in der Schule passierte. Sie gingen auch oft ins Museum oder in Kunstgalerien, da blühte Jane dann immer richtig auf und hatte viel zu erzählen. Manchmal redeten sie auch über Jungs. Kate hatte schon einige Schwärmereien gehabt, aber noch keinen richtigen Freund. Ihre Mutter war immer sehr verständnisvoll und gab ihr gute Tipps, wenn es mal ein Problem gab. Mit ihrem Vater unternahm sie oft Ausflüge, zum Beispiel zum Wandern in die nahegelegenen Wälder oder sie gingen gemeinsam zum Golfplatz. Er redete viel über Politik, Wirtschaft, eigentlich alles, was so auf der Welt passierte. Das interessierte Kate immer sehr. Rob fand, dass sie für ihr Alter schon sehr viel verstand und schon gut ihre Meinung vertreten konnte. Das beeindruckte ihn. Sie lachten auch viel zusammen. Kate mochte seinen schwarzen Humor sehr. Neulich erst konnte er sich gar nicht mehr einkriegen wegen eines schier verrückt gewordenen Yorkshire-Terriers, der dem armen Postboten, als er die Zeitung abliefern wollte, plötzlich die ganze Straße bellend hinterherjagte und ihn sogar beinahe in den Hintern biss. Er hielt sich den Bauch vor Lachen und musste aufpassen, nicht vom Sofa zu fallen. Ihre Mutter betrachtete das Ganze mit einer hochgezogenen Augenbraue, während sie die Augen verdrehte. Ja, sie hatte tolle Eltern.

Obwohl die beiden gerne mehrere Kinder gehabt hätten, war Kate ein Einzelkind. Als Jane mit Kate schwanger war, gab es ein Problem, und nach 31 Stunden Wehen und einer sehr schweren Geburt musste Jane am Unterleib operiert werden. Die Ärzte sagten damals, dass es schon ein Wunder gewesen war, dass Kate und ihre Mutter überhaupt überlebt hatten.

Da Kate keine Geschwister hatte, war sie sehr froh, als sie Beth in der Schule kennenlernte. Obwohl sie auf dem ersten Blick sehr unterschiedlich wirkten, verstanden sie sich auf Anhieb und wurden bald beste Freundinnen. Es fing schon beim Aussehen an. Kate war eher schlicht, sie trug keinen Modeschmuck oder schicke Kleidung, in ihrer Freizeit bevorzugte sie Jeans und T-Shirt. Ihr dickes, welliges, brünettes Haar trug sie meistens gebunden zu einem Pferdeschwanz. Sie war eher klein und hatte eine normale Figur. Beth dagegen war groß, hatte rote, lange Haare, strahlend blaue Augen und eine Haut wie eine Porzellanpuppe. Ihr kleiner Bruder Jakob hatte ebenfalls das Rot-Gen sowie die Augenfarbe geerbt, somit sah man schon von weitem, dass sie Geschwister sein mussten. Außerdem hatte Beth eine sportliche Figur, da sie regelmäßig zum Turnen ging und gerne Outdoor-Aktivitäten wie Kanu fahren oder Klettern unternahm. Sie mochte es farbenfroh und trug gerne Röcke und Kleider. Sie war ein echter Hingucker! Die Jungs standen natürlich voll auf sie. Durch ihre extravagante, witzige Art und ihr tolles Aussehen hatte sie viele Verehrer. Im vergangenen Jahr hatte sie schon einen festen Freund gehabt, er hieß Steve. Er war drei Jahre älter und ging schon aufs College. Sie kannten sich vom Turnen. Es hielt allerdings nicht lange, nach ungefähr einem halben Jahr trennten sie sich wieder. Beth machte damals Schluss mit ihm, weil er sehr eifersüchtig war und ständig wegen Nichts einen Streit anfing. Das war ihr dann doch irgendwann zu viel. Sie hatte ihr erstes Mal mit ihm. Danach hatte sie mit Kate darüber geredet und sich ernsthaft die Frage gestellt, warum die Welt so viel Trubel um etwas machte, was nicht einmal 5 Minuten andauert.

„Was weiß denn ich“, antwortete Kate damals entnervt. „Du weißt doch, dass ich da nicht mitreden kann. Wahrscheinlich werde ich sowieso als alte Jungfer sterben.“

Naja, sie war ja auch zu diesem Zeitpunkt erst 14 Jahre alt. Es war ja nicht so, dass sie es eilig hatte, aber jedes Mal, wenn sie jemanden toll fand, war sie einfach viel zu schüchtern, um einen ersten Schritt zu wagen, und das ärgerte sie. Aber es ging ihr auch nicht mehr aus dem Kopf.

An diesem Abend fragte sie dann ihre Mutter. „Warum macht die Welt so viel Trubel um etwas, was eh nicht länger als 5 Minuten dauert?“

Jane schaute sie fragend an. „Was meinst du denn damit?“

„Na Sex!“, erwiderte Kate wie selbstverständlich.

Ihre Mutter musste lachen.

„Was ist so komisch?“, fragte Kate etwas irritiert.

„Glaub mir Kate, das wird irgendwann besser! Keine Sorge.“ Dann wurde sie plötzlich ernst. „Ist es bei dir nun schon so weit? Du hast mir gar nichts von ihm erzählt!“ sagte sie in einem vorwurfsvollen Ton. „Du hast doch hoffentlich an Verhütung gedacht, oder?“

„Es geht doch nicht um mich, Mama. Ich rede von Beth!“, erwiderte Kate schnell.

Ihre Mutter seufzte erleichtert.

Im Gegensatz zu Beth, die etwas unkonventionell war und gern im Mittelpunkt stand, war Kate eher introvertiert und verträumt. Sie ging gerne spazieren und schätzte die Ruhe der Natur, abseits vom Lärm und dem Rummel der Stadt. Im Sommer ging sie am liebsten im nahgelegenen Strom baden oder saß im Pavillon im Garten und las. Sie liebte Bücher. Sie las praktisch alles, was ihr unter die Finger kam, von Klassikern wie Jane Austen über Fantasy bis hin zu Sherlock Holmes. Auch war sie sehr interessiert am Weltgeschehen, was für ihr Alter schon ungewöhnlich war. Sie machte sich oft Gedanken über die Umwelt oder philosophierte mit Beth darüber, warum einige Menschen so viel besaßen und andere so wenig und, was man dagegen tun könnte. In der Schule gehörte sie zu den besten. Nach der Schule hatte sie vor, Literatur, Sprachen und Kulturwissenschaften zu studieren. Was sie damit später mal machen wollte, das wusste sie allerdings noch nicht.

Aber ihr besonderes Talent lag auf einer anderen Ebene. Sie hatte schon immer ein feines Gespür für Menschen und wusste intuitiv, wer ihr wohlgesonnen war und wer nicht. Sie wusste noch nicht, dass diese Fähigkeit ihr eines Tages das Leben retten sollte.

Die Sonnenkinder Saga

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