Читать книгу Hannah und der seltsame Herr Saliba - Paul Baldauf - Страница 6
ОглавлениеKapitel 2: Sechs Wochen später…
Florian blickte aus dem Flugzeug der AIR MALTA. Tief unter ihm erblickte er Festungsmauern und ein Hafendeck. Er war aufgeregt. War das schon Valletta? Hinter ihm saß ein anderer Junge: Michael, der ebenfalls nach Malta flog, um Englisch zu lernen. Sein Vater begleitete ihn und hatte Florians Eltern versprochen, unterwegs auf ihren Sohn aufzupassen. Nun erklang eine Durchsage. Alle schnallten ihre Sicherheitsgurte an: «Merba fuq I-ajruplan tu’ Air Malta, Nigbdulkorh lattenzjoni ghas sigurta taghkom… Malta Nawguralkom titjiru sabiha u grazzi talli ghaziltu ti tivjaggaw ma’ l-Air Malta…» Das hört sich aber seltsam an, dachte Florian.
Am Flughafenausgang verabschiedete er sich erst einmal von Michaels Vater. Dieser deutete auf ein Schild: «WELCOME FLORIAN!» Damit konnte nur er gemeint sein. Florian spürte, wie seine Aufregung wuchs. Jean, die Englisch-Lehrerin, kam auf ihn zu. „Herzlich willkommen, von uns allen! Dies ist mein Mann Adrian. Dies ist meine Tochter Hannah und dies mein Sohn Nicky.“
Florian drückte reihum die Hände. Adrian nahm ihm Koffer und Umhängetasche ab und ging voraus zum Auto. Die sprechen ja gleich Englisch mit mir, dachte Florian. Er wusste gar nicht, was er sagen sollte. Wenn sie meine Aussprache hören…
„Du bist jetzt bestimmt müde von dem Flug, nicht wahr?“ Hannah und Nicky sahen ihn gespannt an. „Ja, ich bin ein wenig müde.“
Ufff, der erste Satz war heraus. Jean, Hannah und Nicky lächelten.
Die Fahrt bis nach «Sliema» dauerte gar nicht lange. Adrian hielt an und deutete geradeaus. „Dies ist unser Haus. Hier wirst du die nächsten drei Wochen verbringen.“ Florian schaute das Haus mit großen Augen an. In einer fremden Familie, für drei Wochen! Und sie sprachen kein Wort Deutsch! Vermutlich konnten sie das gar nicht. Ihm war etwas mulmig zumute. Adrian schleppte seinen Koffer nach oben. Auch an der Tür war ein großes Willkommens-Schild angebracht. «Schön, dass du da bist!» stand darauf. Die Buchstaben waren ganz bunt. „Meine Kinder haben das für dich vorbereitet“, sagte Jean. Florian blieb der Mund offen. Für mich? „Vielen Dank!“, sagte er auf Englisch. Er war froh, dass ihm überhaupt etwas eingefallen war. Hannah und Nicky liefen kichernd in die Wohnung. Als erstes zeigte Jean ihm das Bad. „Lass dir Zeit, Florian. Hier hast du ein Handtuch. Da in der Ecke ist die Dusche, daneben die Badewanne. Fühl dich ganz wie zu Hause.“ „Danke.“ Florian sah sich um. Das Badezimmer war so schön eingerichtet! Die Seifen dufteten wie frische Äpfel. Eine halbe Stunde später verließ er das Bad. Die Dusche hat gut getan, dachte er. Jetzt bin ich in Malta, sagte er zu sich selbst. Er konnte es noch nicht ganz glauben.
Im nächsten Raum wartete Jean schon auf ihn. „Zunächst zeige ich dir dein Zimmer. Folge mir bitte.“ Jean gab ihm ein Zeichen mit der Hand. Soll sie am besten immer so machen, dachte er. Das wäre leichter. Sie zeigte ihm zunächst das Treppenhaus. Florian gefielen die bunten Glasfenster. Im Treppenaufgang standen einige antike Möbel.
„Und dies ist dein Zimmer. Ich hoffe, es gefällt dir.“ Jean öffnete den Vorhang. Florian riss staunend die Augen auf. Da unten sah man die Meerespromenade! Jean schien seine Gedanken zu lesen. „Aber bitte, sei vorsichtig! Obwohl es in Malta meist warm ist, weht manchmal ein starker Wind.“ Zum Glück machte sie wieder einige Gesten. Es sah aus, wie wenn sich jemand einen Schal anzieht. Ahaaa, dachte Florian. „Natürlich“, sagte er. Jean lächelte ihn an. „Du wirst sehen, bald sprichst du so flüssig Englisch wie meine Kinder.“ „Ich hoffe“, gab Florian zurück. Er hatte nur die Hälfte verstanden. Aber irgendetwas musste man ja sagen. Jean sah ihn wohlwollend an und strich ihm über das Haar. „Ich lasse dich jetzt erst einmal allein. In einer guten halben Stunde essen wir zu Abend. Einen Stock tiefer, gleich links.“ „Einen Stock tiefer“, wiederholte Florian. Die Anspannung fiel langsam von ihm ab. „Downstairs“, prägte sich Florian das englische Wort ein, als Jean schon wieder im Haus unterwegs war: «Downstairs.»
Als Florian die Treppen hinunterschlich, überkam ihn auf einmal Heimweh. Ach, wäre ich jetzt nur zu Hause und könnte Deutsch sprechen, ging es ihm durch den Kopf. Sein Vater kam ihm in der Erinnerung auf einmal gar nicht mehr so streng vor. Er spürte, wie sich sein Bauch etwas zusammenzog. Jetzt kommt das Abendessen, das kann lange dauern. Wie soll ich mich da unterhalten? Am besten esse ich die ganze Zeit! Mit diesem Vorsatz beschleunigte er seinen Schritt.