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1. Kapitel

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Lieber Jobst Jürgen,

wie froh war ich, als ich deinen Brief vorfand!

Ach, mein lieber Cousin: Sicher hat dich verwundert, dass ich über Monate kein Lebenszeichen von mir gab. Und dann schreibe ich dir – nicht, wie gewohnt aus meiner Heimatstadt Speyer – sondern aus Kaiserslautern.

Mir stockt jetzt noch die Stimme: Mein historisches Anwesen steht nicht mehr.

Es wurde ein Raub der Flammen, brannte bis auf die Grundmauern ab. Erspare mir die Schilderung. Die Erinnerung ist noch zu schmerzlich. Du wirst verstehen, dass ich nach diesem tragischen Vorfall längere Zeit gebraucht habe, um diesen Verlust zu verarbeiten. Ich komme mir immer noch ein wenig wie im Exil vor.

Ein Neuaufbau war – nachdem wir buchstäblich vor Schutt und Asche standen – nicht möglich. Ein ähnliches Haus stand in Speyer nicht zum Verkauf. Als meine Frau dann auch noch der Ruf einer Versetzung nach Kaiserslautern ereilte, zögerten wir beide nicht, die Zelte in unserer geliebten Stadt abzubrechen. Wir mussten – auch im räumlichen Sinne – einfach Abstand bekommen.

Vielleicht werden wir in einigen Jahren zurückkehren und noch einmal die Kraft finden, unser historisches Anwesen auf der Grundlage vorhandener Zeichnungen, Pläne und Fotografien neu aufzubauen. Vorerst aber wohnen wir in Kaiserslautern, in einer Stadt, die Du noch nicht kennst...

Viele Grüße, Felix.

Grüß dich, Jobst Jürgen,

wie schön ist es, dass du im Unterschied zu vielen Zeitgenossen noch das hohe Kulturgut des Briefeschreibens pflegst.

Etwas bestürzt war ich aber über die Tatsache, dass du – wie du offenherzig gestehst – erst einmal auf der Karte nachsehen musstest, wo genau denn Kaiserslautern liege...

Jobst Jürgen, ich bitte dich: Zuerst dachte ich, du erlaubst Dir einen Scherz: Kaiserslautern ist doch spätestens seit FRITZ WALTER und dem Triumph der Deutschen Nationalmannschaft im Endspiel der Weltmeisterschaft 1954 in Bern in aller Welt ein Begriff!

Wenn mich nicht alles täuscht, warst du damals schon auf der Welt. Du dürftest den Namen des berühmten Sohnes der Pfalz also schon als Kind gehört haben. Es soll sogar Leute geben, die Fritz Walter – und nicht Kaiser Barbarossa – für den eigentlichen Gründer der Stadt Kaiserslautern halten. Doch halte ich diese These – bei aller Bewunderung für den filigranen Jahrhundertspieler – denn doch für gewagt.

Auf alle Fälle fand Kaiserslautern, als Austragungsort der Fußballweltmeisterschaft 2006, weltweit Beachtung.

Vielleicht erinnerst du dich auch noch daran, dass frühere Stars der großen Mannschaft des FC Bayern der siebziger Jahre (Stichwort: Paul Breitner), ernsthaft erwogen, ob sie überhaupt noch nach Kaiserslautern fahren oder nicht besser gleich die Punkte an den 1. FCK überweisen sollten.

Zwar kann ich noch nicht sagen, dass ich hier schon voll akklimatisiert, sozusagen in Kürze zum Westpfälzer bzw. Laut’rer mutiert und gereift bin. Doch wie du siehst, werde ich zusehends heimisch.

Gruß, Felix.

Kaiserslautern? Sagenhaft!

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