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Bild 4-2: Albert und Martha Lüderitz geb. Lützow (Foto von 1910) Zufall oder Ursache und Wirkung?

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Zwei wichtige Ereignisse in der Familie Albert Lüderitz fanden im Jahr 1917 statt.

Ereignis eins Die Familie verkaufte ihr Haus in Berlin-Friedenau (Cranachstraße 51) und zog 1918 nach Potsdam in eine gemietete Wohnung (Augustastraße 39), nachdem Albert 1915 in Rente gegangen war. Dies hatten wir früh recherchiert und interpretiert als Plan, mit dem Verkaufserlös die Ausbildung der Kinder zu finanzieren.

Ereignis zwei Der ältere Sohn Bernhard war durch einen Unfall, bei dem er sich die Wirbelsäule gleich mehrfach angebrochen hatte, für den Rest seines Lebens körperlich beeinträchtigt. Auch dies wussten wir bereits, aber wir wussten nicht, wann dieser Unfall geschehen war. Erst ein Nachruf in einer lokalen Zeitung im Jahr seines Todes (1953) gab das Unglücksjahr preis: Es war 1917 und Bernhard war zu diesem Zeitpunkt 21 Jahre alt.

Naheliegend also, die beiden Ereignisse in einen Kontext zu stellen. Fand der Umzug statt, weil Bernhard diesen Unfall hatte und weil eine neue Wohnung notwendig war? Die Familie wohnte in der Beletage, musste also Treppen steigen, während die Häuser in der Augustastraße in Potsdam ebenerdige Parterrewohnungen aufwiesen. Oder wurde verkauft, weil das Geld, das in der Friedenauer Immobilie steckte, für Bernhards Behandlung und Rehabilitation notwendig war? Er bekam zwar eine Rente, aber deren Höhe konnten wir nicht ermitteln: Die berufsgenossenschaftliche Versicherung gibt dazu keine Auskünfte, und vermutlich sind die Unterlagen längst vernichtet.

Oder passierte der Unfall, nachdem Bernhard eine Ausbildung in Potsdam begonnen hatte? In einigen Dokumenten jener Zeit wird er als Landwirt bezeichnet, aber weder Berlin noch Potsdam sind landwirtschaftlich geprägt. Plante die Familie deshalb, dorthin zu ziehen, und wurde die Immobilie erst daraufhin verkauft? Oder plante Albert den Verkauf aus besagten finanziellen Gründen vor dem Unfall, und der Unfall hat dann die finanziellen Pläne über den Haufen geworfen?

Ein Blick in die Grundbuchakte (nur für die Jahre 1900 bis 1920, damit der Datenschutz für die heutigen Besitzer gewahrt bleibt, genehmigt durch das Amtsgericht des Bezirksamtes Schöneberg) klärte Folgendes: Der Verkauf des Hauses an den Bäckermeister A. Köhler fand am 30. September 1918 statt („Auflassung“ war am 28. September 1918), der Umzug also vermutlich um diese Zeit. Im März 1919 wohnte Albert bereits in Potsdam. Nichts deutet in der Akte darauf hin, dass der Verkauf von langer Hand geplant war. Nach den bekannten biografischen Informationen verbrachte Bernhard nach dem Unfall zwei Jahre in einem Gipsbett, also auch noch im Jahr 1918. Das macht es einigermaßen plausibel, dass der Umzug aus finanziellen und praktischen Gründen erfolgte.

Wäre dies ein Roman, würden wir Autoren daraus eine Geschichte kon­struieren, die sich auf Plausibilität, Spannung, Dramatik und Fortgang der Geschichte hin ausrichtete. Als Wissenschaftler reicht uns das nicht: Mit den wenigen Daten, die wir bis zu diesem Zeitpunkt zur Verfügung hatten, war eine finale Antwort auf diese Fragen einfach nicht zu geben. Wir suchten weiter.

Die Familie Lüderitz

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