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Im wehrpflichtigen Alter

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Der Druck auf uns Jugendliche, sich für einen längeren Armeedienst zu verpflichten, nahm ab der neunten Schulklasse immer mehr zu. Wir wurden ständig agitiert, eine Offizierslaufbahn einzuschlagen oder wenigstens drei Jahre als Unteroffizier zu dienen. Einige Lehrer verbogen sich regelrecht, um Nachwuchs für die NVA zu gewinnen. Konnte ich mich bis zur zehnten Klasse erfolgreich vor Arbeitsgemeinschaften wie Flugmodellbau, Kraftsport und Schießen drücken, gab es in der Abiturstufe keine Ausreden mehr, eine Mitgliedschaft in der Gesellschaft für Sport und Technik (GST), die das Sprungbrett zur Armee bildete, zu verweigern.

Im elften Schuljahr absolvierten wir Jungen einen militärischen Lehrgang auf der Insel Rügen. Während der Zugfahrt ins Wehrlager fielen unsere graugrünen Uniformen und schwarzen Schnürschuhe auf, weil sie sich krass von der knappen Mode der Urlauber unterschieden. So standen wir beim Umsteigen auf den Bahnhöfen in Stralsund und Sagard isoliert da.

Die Ausbildung mit Holzgewehren in den Wäldern zwischen Breege und Juliusruh machte uns zu einer absoluten Lachnummer. Nach Dienstschluss übten wir Nahkampf in den Dünen am Tromper Wiek, tranken Bier und bändelten mit vernachlässigten Urlauberinnen an. Heute tummeln sich Camper auf dem Gelände des ehemaligen GST-Lagers in Breege, wo nur der verwahrloste Schießplatz an alte Zeiten erinnert. Zum Glück war unser Lehrer ein überaus verständnisvoller Vorgesetzter, der dem Pseudodrill nichts abgewinnen konnte und unsere Freizeitaktivitäten tolerierte. Da fünf Mitschüler ihr Hobby zum Beruf wählten, brauchte ich keine Verpflichtungserklärung für eine längere Dienstzeit zu unterschreiben. Zwei wollten unbedingt, zwei mussten von den Eltern aus und einer wurde mitgerissen. Die hohe Quote überraschte selbst den verantwortlichen Lehrer, so dass ich überhaupt nicht gefragt wurde. Ich sah die 18 Monate Grundwehrdienst als notwendiges Übel, denn ich verabscheue den Umgang mit Waffen aus Respekt vor deren Wirkung. Trotzdem musste ich wie die meisten männlichen Jugendlichen zur Fahne. So hieß es früher, wenn der Grundwehrdienst in der NVA bevorstand. Seit Einführung der allgemeinen Wehrpflicht in der DDR am 24. Januar 1962 waren anderthalb Jahre Pflicht. Alles darüber hinaus war freiwillig. Rekruten mussten Anfang Mai oder Anfang November einrücken. Bei den Grenztruppen wurde zusätzlich im Februar und August eingezogen. Ich wusste damals wohl, dass man den Dienst an der Waffe ablehnen durfte. Nach Verordnung des Nationalen Verteidigungsrates vom 7. September 1964 bot sich die Chance, den Militärdienst in Baukompanien abzuleisten.

Eine solche Verweigerung wäre für mich nicht in Frage gekommen, weil ich meinen Eltern keine Schwierigkeiten bereiten wollte. Zudem hatte ich ein abschreckendes Beispiel vor Augen, als ein Freund von mir die Uniform mit dem kleinen Spaten auf den Schulterstücken anzog. Trotz pazifistischer Einstellung wurde Detlef Teil der Arbeiter-und Bauernarmee. Der gelernte Betonfacharbeiter mauerte dicke Wände auf einer abgesperrten Baustelle in der Nähe von Berlin, wo ein Militärobjekt entstand. Das emsige Treiben beobachtete ich heimlich durch ein winziges Astloch im übermannshohen Bretterzaun, wenn ich Detlef am Wochenende mit dem Moped abholte. Die schwere körperliche Arbeit war mein Kumpel gewöhnt, aber der militärische Drill machte ihm zu schaffen. Aus grauen Lautsprechern schepperte Marschmusik, die das monotone Geschrei der Vorgesetzten übertönte. Trotzdem konnte ich das Gebrüll bis auf die Straße hören. Überall standen bewaffnete Aufpasser, die dafür sorgten, dass sämtliche Tätigkeiten im Laufschritt erledigt wurden. Die befohlene Eile führte zwangsläufig zu Pfusch am Bau, was Strafen nach sich zog. Detlef musste Überstunden leisten, so dass ich freitags oft vergeblich auf meinen Freund wartete. Er sprach nicht über den Dienst, weil ihm die Verweigerung nur Nachteile einbrachte. Niemand interessierte sich für die Gründe, warum Detlef keine Waffe in die Hand nehmen wollte. Er galt fortan im Dorf als Drückeberger, was ich unter keinen Umständen wollte. Berufliche Perspektiven für Spatensoldaten waren eingeschränkt und Studienplätze gab es nicht mehr für sie. Davor hatte ich Angst.

Mit dem obligatorischen Musterungsbescheid forderte man mich zur Überprüfung meiner Diensttauglichkeit auf. Ein Nichterscheinen beim Wehrkreiskommando hätte strafrechtliche Folgen gehabt.

Geprägt durch die Erziehung im Elternhaus machte ich mir selbst Mut, denn ich wollte nicht vor der Verantwortung davonlaufen. Das war ich mir persönlich und meinen Eltern schuldig. An die Verpflichtung dem Staat gegenüber dachte ich weniger. Wenn man genau das tat, was von einem verlangt wurde, hatte man seine Ruhe.

In meinem Bekanntenkreis fragte ich ehemalige Grundwehrdienstler nach ihren Erinnerungen. Leider konnte ich daraus keinen Nutzen ziehen, weil die Auskünfte zwiespältig waren. Einige Leute prahlten damit, bei der NVA erfahren zu haben, wer man wirklich war. Bei anderen gewann ich den Eindruck, dass sie die Armeezeit bewusst verdrängten, da sie abwertend über diesen Lebensabschnitt sprachen. Folglich beschlich mich ein Gefühl zwischen Angst und Neugier.

Die Untersuchung meiner körperlichen und geistigen Eignung für den Wehrdienst erfolgte am 21. April 1981 in unserer Kreisstadt. Ich war vorher beim Friseur und trug keine Matte mehr wie die Hippies im Musical Hair. In der Nacht vor dem Termin träumte ich vom Hochstapler Felix Krull aus dem Roman von Thomas Mann, der mit einem epileptischen Anfall seine Ausmusterung erreichte. Das lag mir fern. Schon beim Aufstehen am frühen Morgen begann das Muffensausen, das sich in dem Maße steigerte, je näher der Termin rückte. Mein Zug bekam am Umsteigebahnhof keine Einfahrt, sodass ich befürchtete, den Anschlusszug zu verpassen. Ich war Pünktlichkeit gewöhnt, was man von unseren öffentlichen Verkehrsmitteln nur bedingt behaupten konnte. Deshalb plante ich reichlich Zeit für die Anreise ein, um viel zu früh am Musterungsstützpunkt einzutreffen. Hinter einem Tross orangefarbener Rangierloks auf dem Nachbargleis sah ich den D-Zug von Stralsund zur Weiterfahrt nach Berlin-Lichtenberg stehen. Ich spurtete los und erreichte ihn auf den letzten Drücker. Hastig schlug der Schaffner die Tür von außen zu. Im selben Augenblick fuhr der Zug an. Das heftige Rucken schleuderte mich in den überfüllten Gang, wo man überhaupt nicht umfallen konnte. Wer nun hoffte, dass bei dem Gedränge keine Fahrausweise kontrolliert wurden, der hatte sich getäuscht. Rechtzeitig fiel mir ein, dass mein Musterungsbescheid gleichzeitig Fahrkarte 2. Klasse war. Zwei Stunden zu früh erreichte ich den Musterungsstützpunkt, der direkt hinter dem Bahnhof lag. Bei der Anmeldung musste ich nicht warten. Jeder Kandidat ist sofort abgefertigt worden, was mir ermöglichte, den Mittagsbus nach Hause zu schaffen. Ein weiterer Vorteil bestand darin, dass mich niemand kannte. Ich brauchte keine Zeugen, die mir später nachsagten, dass ich mich blöd angestellt hätte. Diese Anonymität ließ meine Unsicherheit langsam weichen und meine Angst, den Kittel-und Uniformträgern hilflos ausgeliefert zu sein, schien unbegründet. Die Übermacht hatte ich mir größer vorgestellt. Natürlich flößten mir Menschen in Uniformen Respekt ein, aber ich gewöhnte mich schnell an die durchdringenden Blicke. Die Prozedur selbst bestand aus vier Abschnitten, die akribisch im Gesundheitsbuch festgehalten wurden. Dieses G-Buch musste ein wichtiges Dokument sein, denn auf der Titelseite prangte das Wappen unseres Arbeiter- und Bauern-Staates. Teil A beinhaltete Namen, Adresse, Geburtsdatum und Schulbildung. Im Teil B erfolgte eine Aufnahme von Erkrankungen in unserer Familie. Ein freundlicher Weißkittel mit Hornbrille auf der untersten Nasenspitze fragte nach Unfällen, ambulanten und stationären Behandlungen. Als er das mächtige Gestell abnahm, glich er einem schlitzäugigen Chinesen. Er rieb sich ein Auge und kniff das andere zu, was Krähenfüße in den Winkeln entstehen ließ. Der Brillensteg hatte auf der Nase einen terrassenähnlichen Abdruck hinterlassen. Sein Zinken wirkte wie eine Skisprungschanze. Der Arzt hauchte gegen die Gläser, polierte sie blitzblank und riskierte einen flüchtigen Kontrollblick. Das benutzte Stofftaschentuch verschwand jedoch nicht wieder in seiner Hosentasche. Er zwirbelte eine Ecke zu einer fingerdicken Wurst und steckte sich die Spitze abwechselnd in beide Nasenlöcher. Dazu bückte er sich unter den Schreibtisch, wobei seine Stirn beinahe gegen die Tischkante gestoßen wäre. Ich verschwieg, dass mein Vater während des Afrikafeldzuges im Zweiten Weltkrieg mit Malaria im Lazarett lag. Besonderen berufsbedingten Einflüssen wie Lärm, radioaktiven Strahlen und giftigen Substanzen war ich als Schüler der elften Klasse nicht ausgesetzt. Die Frage nach Nikotin konnte ich verneinen, der Gestank ekelte mich an. Erste heimliche Versuche, Filterzigaretten zu rauchen, lagen hinter mir. Schokolade schmeckte mir besser. Beim Thema Alkohol nickte ich zwar, aber der Doktor fand keine Anzeichen einer Abhängigkeit. Bettnässer war ich schon lange nicht mehr. Die Schwimmfertigkeit lag mit erreichter dritter Schwimmstufe vor. Bei sportlicher Betätigung trug der Arzt ein, dass ich organisiert Fußball spielte.

Teil C umfasste die körperliche Untersuchung durch den Musterungsarzt. Nur in Unterhosen betrat ich barfuß einen Raum, in dem Einzelabfertigung herrschte. Bei einer Körpergröße von 185 Zentimetern wog ich 82,5 Kilogramm. Als mir der Doktor einen trockenen Holzspatel in den Rachen schob, musste ich würgen. Die Blutentnahme wurde von der Krankenschwester vorgenommen, die Protokoll führte. Der Musterungsarzt prüfte Ohren, Augen, Nase, Mundhöhle, Hals, Wirbelsäule, Lunge, Herz, Milz, Nieren und die Haut. Mein leichter Silberblick störte ihn nicht. Den dezenten Griff an die Männlichkeit begleitete ein „Husten sie mal!“, was die Schwester animierte, genauer hinzuschauen.

Auf Grund der Befunde sollte im Teil D eine geeignete Waffengattung für mich festgelegt werden. Die Entscheidung der Musterungskommission bestand aus zwei Worten, motorisierter Schütze. Das hieß Angehöriger der Landstreitkräfte der NVA, kurz Mucker. „Ich, warum ausgerechnet ich?“, bohrte sich eine Frage in mein Hirn, die gewiss tausende Rekruten vor mir beschäftigt hatte. War das Zufall oder Schicksal? Keine andere Waffengattung hätte mich mehr treffen können, denn motorisierte Schützen galten im Krieg bestenfalls als Kanonenfutter. Enttäuscht von dieser Einstufung hätte ich fast die Frage nach der Dauer der Dienstzeit überhört. Länger als 18 Monate zu dienen, stand für mich nicht zur Debatte. Ich erhielt den grauen Wehrdienstausweis und eine persönliche Erkennungsmarke, auf der meine Personenkennzahl und die Staatsangehörigkeit DDR eingeprägt waren. Die sogenannte Hundemarke sollte im Ernstfall um den Hals getragen werden. Von meinem Vater wusste ich, dass er einmal das ovale Aluminiumschild eines Kameraden in der Mitte auseinanderbrach, als der Soldat im Zweiten Weltkrieg verstarb. Er nahm den unteren Teil mit und gab ihn beim Vorgesetzten ab. Der obere Teil verblieb zur Identifizierung bei der Leiche. In dem Zusammenhang erzählte mein Vater auch von ehemaligen Kameraden, die vor ihrer Erschießung im Kriegsgefangenenlager die Hundemarken zusammenrollten und verschluckten, um später erkannt zu werden. An ein solches Szenario wagte ich nicht zu denken.

Trotz düsterer Aussichten fiel mir ein Stein vom Herzen, weil ich die Musterung überstanden hatte. Dafür belohnte ich mich mit Bier in der Wildgaststätte „Weidmannsheil“. Kurz nach 11.00 Uhr war ich der erste Gast, der den kalten Rauch vom Vorabend einatmen musste. Das vergilbte Schild „Bitte warten, Sie werden platziert!“ am Hirschgeweih überm Eingang ignorierte ich bewusst. Ich setzte mich an den verwaisten Stammtisch vorm Tresen und orderte hastig ein Bier, weil mir nur eine halbe Stunde bis zur Abfahrt des Busses blieb. Das erste Glas leerte ich in einem Zug und bestellte sofort ein zweites Bier nach. Als ich Soljanka verlangte, riet mir die kesse Kellnerin ab, weil die Suppe vom Vortag angeblich aus dem Topf stank. Dafür bekam ich einen doppelten Kräuterlikör auf Rechnung des Hauses, mit dem der Objektleiter einen Eintrag ins Gästebuch, dem Beschwerdebuch in Kneipen, verhindern wollte. Entgegen der Annahme des Wirtes war ich nicht der Typ, der sich beklagte. Wenn mir etwas nicht schmeckte, habe ich es stehengelassen, meine Rechnung bezahlt und das Lokal künftig gemieden.


Hundemarke des Autors


Wehrdienstausweis des Autors

Ein Jahr später, am 10. September 1982, fand meine Einberufungsüberprüfung statt, was dafür sprach, dass ich bald zur Armee musste. Jede Veränderung gegenüber den früheren Musterungsbefunden trug ein Militärarzt penibel ins Gesundheitsbuch ein. Übereinstimmungen hakte er gewissenhaft ab, ohne sich dabei aus der Ruhe bringen zu lassen. Die trügerische Routine unterbrach ein Offizier mit einer Frage, die so viel Sprengstoff in sich barg, dass ich ihre Bedeutung nicht gleich erfassen konnte. „Genosse Küch, würden sie bei einem Angriff auf ihre Person von der Schusswaffe Gebrauch machen?“, bohrte der Uniformierte. In diesem Moment, in dem man mich mit einer scheinbar simplen Frage konfrontierte, deren Tragweite ich nicht übersah, fühlte ich mich total überfordert. Sollte ich ja sagen, um mein Studium nicht zu gefährden? Durfte ich überhaupt nein sagen und wenn ja, welche Konsequenzen würde das für mich haben? Selbstverständlich hätte ich mich verteidigt. Jeder Mensch verteidigt sich, wenn er angegriffen wird und mit einer Waffe ist das einfacher als mit bloßen Händen, sagte mir meine innere Stimme. Deshalb antwortete ich mit dem Wort aus zwei Buchstaben. Ich hielt mein Ja in dieser Situation für normal und merkte, dass alle Anwesenden mit der Antwort gerechnet hatten. Die Mitglieder der Einberufungskommission, die nicht an meiner grundsoliden sozialistischen Einstellung zweifelten, werteten meine Zustimmung als Bereitschaft und steckten mich an die innerdeutsche Grenze.

Grenztruppen der Deutschen Demokratischen Republik hörte sich plötzlich so bedeutend an, viel wichtiger als motorisierter Schütze oder Mucker. Man hätte fast annehmen können, es würde sich um eine Auszeichnung handeln, denn ich war ein Kind zweier Genossenschaftsbauern, die in der Hierarchie der Klassen und Schichten im Lande hinter den Angehörigen der Arbeiterklasse lagen. Irrtümlich dachte ich, dass nur Söhne von Betriebsleitern, Kombinatsdirektoren oder Parteisekretären an die Grenze kamen. Bei den Grenztruppen herrschte eine bunte Mischung, was die Herkunft der Rekruten betraf. Damals habe ich dem Grenzdienst gleichgültig gegenübergestanden, weil ich wenig darüber wusste. Ich kannte die olivgrünen Uniformen, die mit dem Muster aus einem Strich und dann wieder keinem Strich abwechselnd verziert waren. Von dieser Anordnung stammte der Begriff Einstrich-Keinstrich, das Kurzwort für unsere Uniformen.

Zur Ausbildung sollte ich ab November 1982 ins Grenzausbildungsregiment 11 nach Eisenach einrücken. Mit dieser Stadt verband ich die Wartburg und den gleichnamigen Pkw, das Aushängeschild der einheimischen Automobilindustrie. Dabei zählte Eisenach neben Weimar zu den deutschen Kulturhochburgen. Martin Luther versteckte sich hier auf der Wartburg, übersetzte als Junker Jörg das Neue Testament aus dem Griechischen ins Deutsche und schuf somit die Grundlage der deutschen Schriftsprache. Johann Sebastian Bach wurde am Frauenplan 21 geboren, Walter von der Vogelweide und Goethe waren in der Stadt zu Gast und der Dichter Fritz Reuter verbrachte hier seine letzten Jahre. Auf Grund ihrer Bedeutung in der deutschen Geschichte präsentierte sich Eisenach in einem für DDR-Verhältnisse erstaunlich gepflegten Zustand. Unsere Staatsführung verwendete erhebliche finanzielle Mittel, dass nicht nur die Wartburg für Touristen vorzeigbar war. Die Besucher aus dem Westen konnten bedenkenlos Kirchen, Museen und Fachwerkhäuser der Stadt besichtigen.

Warum wird man aus dem Bezirk Frankfurt an der Oder in den Bezirk Erfurt befohlen? Einfach deshalb, weil unser Staat kriegsähnliche Verhältnisse simulierte und junge Leute so weit wie möglich von zu Hause wegschickte. Aus dem Osten des Landes verfrachtete man sie an die Westgrenze und umgekehrt. Jungs aus dem Norden mussten im Süden dienen und anders herum.

Die Aussicht, dass mir zwei Winter an der Grenze bevorstanden und nicht zwei Sommer, war vorteilhaft, da man sich in der warmen Jahreszeit angenehmer vergnügen konnte als in der kalten. Das galt vor allem, wenn eine Freundin, Verlobte oder Ehefrau daheim existierte. Der Grundwehrdienst bildete einen echten Prüfstein für die Liebe. Genau an diesem Punkt begann mein Problem. Sollte ich so kurz vor der Armeezeit das Risiko einer neuen Beziehung eingehen?

Ich hatte einen Schießbefehl

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