Читать книгу Die Rose Feuerzauber - Paul Oskar Höcker - Страница 7
ОглавлениеDoch als er an diesem Abend vom Geschäft aus, wo er den Kommerzienrat nicht mehr angetroffen hatte, in die Westender Villa kam, vernahm er vom Stallmeister eine heimliche Botschaft, die ihn ein bisschen aufwühlte, wenn nicht erschreckte: Fräulein Minna Nidders brach ihren Aufenthalt in Bad Pyrmont bei Tante Trude vorzeitig ab — sie hatte der alten Dame bis zum Ende ihrer Kur dort Gesellschaft leisten sollen — und war morgen, wenn nicht schon heute in der Nacht hier zurückzuerwarten.
Bei Tisch waren ein paar Geschäftsfreunde von E. F. W. aus Schottland da. Über Minna wurde also keine Silbe gesprochen. Weder Dora noch Martha erwähnten Fritz gegenüber das Kommen der Schwester. Das Hauspersonal schien eingeweiht: In Minnas Zimmer wurde Grossreinemachen abgehalten.
Eine taktlose Bemerkung leistete sich Dora heute wieder. Als den fremden Gästen nach dem Abendessen die Freskogemälde in der Kegelbahn gezeigt wurden, die von berühmten Professoren der Königlichen Akademie stammten, sprach man über die Einteilung eines zweistöckigen Berliner Villenhaushalts im Gegensatz zu den englischen Häusern, die zwar schmaler, aber dafür viel höher gebaut seien. „Hier ist man deshalb noch oft gezwungen, sehr patriarchalisch zu leben“, sagte Dora in ihrem schlechten Englisch zu Mr. Maclean, „hier kommt es sogar vor, dass Braut und Bräutigam im gleichen Stockwerk wohnen, Tür an Tür, weil die Häuser so wenig Etagen haben.“
Fritz merkte, dass Dora hier wieder an etwas erinnern wollte, das seit seiner Rückkehr aus London nicht mehr berührt worden war. Man hatte ihm die grosse Stube der vor acht Jahren verstorbenen Brüder eingeräumt, die neben Minnas Balkonzimmer lag.
Der Kommerzienrat hörte die Wendung, die von den Fremden kaum verstanden wurde, schweigend mit an. Ganz nebenbei bemerkte er beim Gutenachtsagen zu Fritz: „Vom nächsten Ersten ab beziehst du kein Taschengeld mehr, Fritz, sondern Gehalt. Nimm dir dann irgendwo ein eigenes Quartier! Zu den Mahlzeiten erwarte ich dich immer. Bist du am Kommen verhindert, geschäftlich oder weil du anderes vorhast, dann lass es durch den Jungen oder den Diener die Haushälterin wissen, damit das Gedeck nicht unbenutzt dasteht und jeder fragt, wer fehlt und warum. Das Jungenzimmer kann für die Whistpartien eingerichtet werden. Zeichne gelegentlich selbst einen Plan. Oder besprich die Sache mit Baurat Sierke. Der trifft freilich kaum den Geschmack unserer Damen. Vielleicht gelingt es dir eher.“ Er gab ihm die kurze, rauhe, immer etwas zurückhaltende, wenn nicht abwehrende Hand. „Der Zustimmung von Minna bist du doch sicher, denke ich.“
Aus dem Ton von E. F. W. konnte man so leicht nicht klug werden. Lag hier eine bestimmte Frage vor? Etwa eine Aufforderung? Hatte E. F. W. ernsthaft mit Dora oder Martha oder gar mit Pinneke über den Plan gesprochen, der früher manchmal so halb im Scherz berührt worden war: dass er und Minna füreinander bestimmt seien?