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Spuren der Geschichte

Frühzeit und Stadtwerdung (um 750–1386)

Als politisches Gemeinwesen entsteht Luzern vom 12. bis 14. Jahrhundert in der Auseinandersetzung zwischen zwei Zentren: dem Kloster St. Leodegar im Hof mit seinem geschlossenen Herrschaftsgebiet am unteren See-Ende sowie an der Reuss, und der städtischen Siedlung nördlich und südlich der Reussbrücke mit ihrem Markt. Beide Seiten erleben in gewissem Sinn um 1300 einen Aufschwung: die Stadt, weil sie zum zentralen Markt zwischen den Alpentälern und dem Mittelland wird, und zudem als Schlüsselstelle im wachsenden Gotthardverkehr an Bedeutung gewinnt. Auf der anderen Seite wird mit dem Übergang der klösterlichen Rechte an Habsburg 1291 absehbar, dass Luzern und sein Vorland Teil eines wachsenden Territorialstaats eben dieser Habsburger werden könnte, die nach dem Aussterben der Lenzburger, Kyburger und Staufer als einziges mächtiges Adelsgeschlecht im Alpenvorland übrig geblieben sind.

Gegen diese zunehmende Einbindung in die habsburgische Landesherrschaft sucht Luzern Zuflucht bei den Länderorten weiter oben am See. Mit ihnen verbindet die Stadt das Streben nach lokaler Selbständigkeit gegenüber vereinheitlichenden Kräften, wie sie Habsburg vertritt. Der «Ewige Bund» vom 7. November 1332 zwischen Luzern und den drei reichsfreien Waldstätten Uri, Schwyz und Unterwalden stellt wohl die originellste politische Tat in der 800-jährigen Luzerner Geschichte dar, denn eine dauerhafte politische Verbindung zwischen einer Stadt und einem Bauernbund gab es sonst nirgends in Europa.

Luzern wirkte denn auch bahnbrechend. Schon zwanzig Jahre später schlossen sich mit Zürich, Zug und Bern weitere Städte diesem Bündnis an, das zum Kern eines neuen Staatsgebildes wurde – der Schweizerischen Eidgenossenschaft. Für Luzern selbst aber bestand eine schicksalshafte Folge dieses Bündnisses darin, dass es nun gleichsam mit dem Rücken zum Mittelland stand, von wo im 18. und 19. Jahrhundert die modernen wirtschaftlichen und politischen Strömungen kamen.


Die Häuser im Süesswinkel gehören zur ältesten Befestigungszeile gegen den Löwengraben. Beim Göldlinhaus im Hintergrund wurde später ein Säulenhof eingebaut.

Überblick

Um 750:Entstehung des Benediktinerklosters St. Leodegar im Hof (Nr. 50), das um 1135 unter die Herrschaft der elsässischen Abtei Murbach gelangt.
1168:Erwähnung der Reussbrücke (Nr. 27).
1178:Mit der Stelle eines Leutpriesters an der St. Peterskapelle (Nr. 1) verlagert sich die Seelsorge vom Kloster in die Stadt.
1210:Erste Erwähnung der luzernischen Bevölkerung als Bürger.
1240:Die Franziskaner errichten ihr Kloster (Nr. 15) am Südrand der Kleinstadt; es wird Gegenpol zum stadtherrlichen Kloster im Hof.
1230–80:Gross- und Kleinstadt erhalten ihren ersten Befestigungsring aus geschlossenen Häuserzeilen.
1252:Im «Geschworenen Brief» sind als Organe der Stadt die Bürgerschaft, die Schultheissen, der Rat der 36 und der Grosse Rat erkennbar. Seit 1241 führt die Stadt ihr eigenes Siegel.
1291:Das Kloster Murbach verkauft alle seine Rechte über Kloster und Stadt Luzern an König Rudolf von Habsburg.
Um 1300:Erstes Rathaus am Fischmarkt.
1332:Luzern schliesst ein ewiges Bündnis mit den drei Länderorten Uri, Schwyz und Unterwalden.
1333:Gescheiterter Aufstandsversuch der habsburgisch Gesinnten, so genannte Mordnacht.

Von der Stadt zum Stadtstaat (1386 – um 1520)

Mit dem Sieg 1386 in der Schlacht bei Sempach über das Reiterheer Herzog Leopolds von Österreich beginnt – wenn man so will – die heroische Phase Luzerns. Dieser Sieg bedeutet das Ende der habsburgischen Staatsbemühungen im Raum der Schweiz; gleichzeitig zeigt die Niederlage des Reiterheers gegen die leicht bewaffnete Bürger- und Bauerninfanterie, dass die Zeit des Rittertums vorüber ist. Für Luzern aber beginnt eine Zeitspanne unglaublich rascher Expansion. In nur etwa drei Jahrzehnten wird durch Eroberung, Kauf oder Burgrecht das Herrschaftsgebiet erworben, das im Grossen und Ganzen dem heutigen Kanton entspricht. Diese Expansion kann allerdings nur auf relativ schmaler Front nach Norden erfolgen; im Süden verhindern sie die verbündeten Waldstätte, und im Westen wie auch im Norden grenzt das aufstrebende Bern Luzerns Wachstum ein. Dennoch ist der Wandel erstaunlieh: Wo noch 1350 ein habsburgisches Fürstentum zu entstehen schien, breitet sich nun die Stadtrepublik Luzern aus, die 1415 von Kaiser Sigismund die Reichsfreiheit erhält, und ein kräftiges Glied des seit 1353 acht Stadt- und Länderorte umfassenden eidgenössischen Bundes bildet. Mit diesen nimmt Luzern an manchen Eroberungszügen teil und erwirbt sich die Mitsprache und Nutzniessung an den eidgenössischen Vogteien im Aargau und Thurgau, im Rheintal und im Tessin. Gleichzeitig baut die Stadt ihre eigene Landeshoheit aus, unterwirft ländliche Gebiete (die so genannte «Landschaft») ihrem Recht, erhebt Steuern und setzt beamtete Vögte ein. Dass diese ihre Ämter von der Hauptstadt aus und nicht vor Ort verwalten, gibt der Luzerner Herrschaft von Anfang an einen zentralistischen Zug. Hier liegt der Keim für manchen späteren Konflikt, da es der Landschaft – namentlich dem Entlebuch – nicht an Selbstbewusstsein mangelt.


Ausschnitt aus der Luzerner Stadtansicht von Martinus Martini (1565–1610). Der Ausschnitt zeigt in der Bildmitte die Reussbrücke (Nr. 27), im Vordergrund die Kleinstadt zwischen Pfistergasse links und Freienhof rechts und in der oberen Bildhälfte die südwestliche Altstadt und die Museggmauer (Nr. 38) mit Nölli- und Männliturm, Luegisland, Heuturm und Zytturm.

Die Expansion ist umso erstaunlicher, als sie in eine Zeit schwerer demografischer und wirtschaftlicher Krisen fällt. Die Pest um 1350 und später die zahlreichen Kriege bewirken, dass die Stadtbevölkerung um rund 40% zurückgeht. Auch die Landschaft ist von schweren Krisen betroffen, erholt sich davon aber schneller. Erst um 1570 dürfte es in Stadt und Land wieder etwa gleich viele Luzernerinnen und Luzerner gegeben haben wie um 1300, nämlich rund 30 000 Einwohner.

Überblick

1386:Sieg Luzerns über Habsburg in der Schlacht bei Sempach.
1380–1415:Erwerb des Herrschaftsgebiets, u.a. der «Ämter» Entlebuch, Willisau, Wolhusen und Rothenburg, der Landstädte Sempach und Sursee, des Stifts Beromünster und des Michelsamtes.
1392:Erste Einsetzung von Luzerner Vögten im neu erworbenen Herrschaftsgebiet.
1415:Luzern wird reichsfrei.
Um 1430:Fertigstellung des äusseren Befestigungsrings mit Museggmauer (Nr. 38), Kapell- und Spreuerbrücke (Nr. 22 u. 23) usw.
1415–1513:Beteiligung luzernischer Truppen anzahlreichen Kriegen, u.a. an den Burgunderkriegen 1474–1477 und am Schwabenkrieg 1499, sowie bei der Eroberung des Aargaus 1415, des Thurgaus 1460 und der Vogteien im Tessin 1500–1513.
1416:Aufzeichnung aller Rechte Luzerns in seinem Herrschaftsgebiet.
1417:Einführung des «Bösen Pfennigs» als Weinumsatzsteuer auf dem Land.
Um 1450:Bau des neuen Rathauses am Kornmarkt (Nr. 4)
1472:Bau des Zeughauses an der Reuss
1474:In der «Ewigen Richtung» anerkennt Habsburg die eingetretenen territorialen Veränderungen.
1479:Im «Generalauskauf» erwirbt Luzern alle dem Kloster Murbach verbliebenen Rechte über die Stadt.
Ab 1500:Nach zahlreichen Grossbränden (1412 und 1462 in der Pfistergasse, 1422, 1444 und 1508 an der Weggisgasse) langsame, vom Rat durch mehrere Erlasse geförderte Umwandlung der hölzernen in eine steinerne Stadt.

Vorort der katholischen Schweiz (um 1520–1798)

Die Reformation, die ab 1519 in der Schweiz zum Thema wird, hat in Luzern aus politischen und wirtschaftlichen Gründen keine Chance. Zum einen wirkt sich die starke Verbindung Luzerns zum Süden und zu den drei Urkantonen Uri, Schwyz und Unterwalden aus, und zum andern gefährdet Zwinglis Ablehnung der Solddienste die Haupteinnahmequelle der führenden Luzerner Familien.

Dazu kommt, dass Zwinglis Protestantismus mit seinem rationalen und asketischen Grundzug der einheimischen Bevölkerung fremd bleibt, die ihre Vorliebe für das Sinnenhafte und Überkommene an die alte Kirche bindet. Als die katholischen Orte 1531 in der Schlacht bei Kappel am Albis die Reformierten besiegen und in der Eidgenossenschaft eine Art Hegemonie errichten, fällt Luzern als ihrem Vorort fast automatisch eine Führungsstellung in der Eidgenossenschaft zu. Diese wird dadurch gekräftigt, dass die beiden Hauptstützen der Gegenreformation – Papsttum und Jesuitenorden – nun in Luzern präsent sind: Ersteres seit 1579 durch die Nuntiatur, die Jesuiten seit 1574 mit ihrem Kollegium, das in der Folge zur Kaderschmiede der katholischen Eidgenossenschaft wird. Aber diese Führungsstellung Luzerns und der katholischen Orte steht auf schwachen Füssen. Die Zukunft gehört reformierten Städten wie Zürich, Bern und Basel, die demografisch stärker und wirtschaftlich dynamischer sind. Als sie die Katholiken 1712 im Zweiten Villmergerkrieg besiegen, ist es mit deren und Luzerns führender Stellung in der Eidgenossenschaft für immer vorbei.


Der Schultheissensaal des Rathauses (Nr. 4), neu gestaltet 1785, mit den Porträts der Schultheissen und dem mächtigen Ofen von Andreas Dolder.

Im Innern zeigt sich seit Ende des 16. Jahrhunderts der europäische Zug zum Absolutismus in einer Aristokratisierung von Regierung und Gesellschaft, indem sich immer mehr Macht bei immer weniger Familien konzentriert. Schon im Spätmittelalter gibt es einen inneren Kern von Regierenden, der sich aber infolge der Ausfälle durch Seuchen und Kriege immer wieder erneuert. Als das Regieren indessen mehr und mehr zum Beruf wird, können sich diesen Zeit raubenden Einsatz nur noch Wohlhabende leisten und solche, die durch Solddienste zu einträglichen Pensionen gekommen sind. Alle zwei Jahre sind im Kanton 15 Vogteistellen zu besetzen, dazu häufig Landvogtstellen im Aargau, Thurgau, Tessin usw. Kleinräte halten viermal in der Woche ihre Sitzungen ab; dazu kommen ungezählte Tagungen diverser Kommissionen. Als Kriege und Seuchen im 16. und 17. Jahrhundert seltener werden, nimmt die Bevölkerung und damit auch der Konkurrenzdruck namentlich von der Landschaft her kräftig zu. Als Folge davon steigt aber auch die Tendenz zur Besitzstandwahrung und Abkapselung. Aufnahmen ins Bürgerrecht werden immer seltener; vom 16. zum 17. Jahrhundert gehen sie von 1805 auf 331 zurück. Es entsteht eine Schicht minderberechtigter so genannter Hintersässen, deren Anzahl bereits 1700 rund doppelt so gross ist wie jene der Bürger. Aber auch von diesen hat der grösste Teil keinen Zutritt zu den Ämtern mehr, da das regierende Patriziat die Ratsstellen in Selbstergänzung unter sich vergibt und sich alle wichtigen Ämter vorbehält. Im 18. Jahrhundert haben nur noch zwanzig Familien Zutritt zum Kleinen Rat und nur sechs – die Am Rhyn, Balthasar, Dürler, Fleckenstein, Pfyffer und Sonnenberg – stellen von 1601 bis 1798 über die Hälfte aller Schultheissen (Regierungspräsidenten). Luzern hat damit das konzentrierteste Patriziat aller Schweizer Städte.

Eine ähnliche Abschottung tritt auch in Handwerk und Gewerbe ein, wo die Zünfte alle Konkurrenz abzuwehren und die Arbeit auf ihre Kleinbetriebe aufzuteilen suchen. In der modernen Heimindustrie der Leinen- und Baumwollverarbeitung finden sich kaum Luzerner Unternehmer. Auch wenn einzelne Patrizier und Geistliche sich im 18. Jahrhundert den modernen Ideen der Aufklärung zuwenden, ist Luzern nicht mehr in der Lage, die politische und wirtschaftliche Erstarrung aus eigener Kraft aufzubrechen.

Überblick

Nach 1519:Luzern widersetzt sich zusammen mit den ändern Orten der Zentralschweiz der Reformation.
1531:Nach dem Sieg über die Reformierten in der Schlacht bei Kappel dominieren die sieben katholischen Orte die gespaltene Eidgenossenschaft.
Ab ca. 1570:Ausbildung des aristokratischen Regierungssystems mit absolutistisch-zentralistischen Zügen.
1574:Gründung des Jesuitenkollegiums (Nr. 13), das ab 1600 zur philosophisch-theologischen Hochschule erweitert wird.
1579:Errichtung der päpstlichen Nuntiatur
1583:Kapuzinerniederlassung auf dem Wesemlin
1586:Die sieben katholischen Orte schliessen den goldenen Bund, der ein Jahr später eine Allianz mit Spanien eingeht.
1602–06:Bau des neuen Rathauses am Kornmarkt.
1633–39:Wiederaufbau der Hofkirche im Stil der Spätrenaissance nach dem Brand von 1633.
1653:Bauernkrieg und Burgerhandel: Gescheiterte Aufstände der Nichtprivilegierten auf dem Land und in der Stadt.
1666–77:Bau der Jesuitenkirche als erster barocker Kirchenbau der Schweiz.
1712:Sieg der reformierten Orte im 2. Villmergerkrieg. Ende der Luzerner Vormachtstellung in der Eidgenossenschaft.

Jahrhundert der Revolutionen (1798–1914)

Luzern verändert sich in dieser Zeitspanne stärker als in den vier Jahrhunderten seit 1415 zusammengenommen. Im Grunde spielen sich mindestens fünf Revolutionen ab: Zwei politische, bei denen es einerseits um die Umformung der Patrizierherrschaft in eine Demokratie, und andererseits um die Neudefinition der Stellung Luzerns und der anderen Kantone im eidgenössischen Bund geht; sodann die industrielle Revolution, die gleichzeitig eine Verkehrsrevolution ist, zu der die revolutionäre Umwandlung des Stadtbildes von der ummauerten und in sich gekehrten zu einer nach aussen geöffneten Stadt kommt. Gemeinsam ist diesen Umbrüchen, dass sie nicht schlagartig, sondern schubweise vor sich gehen und Zeit brauchen. Typisch sind die starken retardierenden Kräfte; typisch ist aber auch, dass die Industrialisierung die Stadt umgeht; in Luzern selbst entstehen fast keine Fabriken, oder besser, wie einmal gesagt wurde: Seine Fabrik ist das Hotel, seine Industrie die Fremdenindustrie.

Die politischen Revolutionen beginnen am 31. Januar 1798, als das Patriziat vor dem Hintergrund der in die Schweiz einmarschierenden französischen Truppen von sich aus seine Privilegien abgibt und dem verblüfften Volk erklärt, die künftigen Fundamente des Staats seien Gleichheit, Menschenrechte, Demokratie und freie Wirtschaft. Nun setzen in Luzern für ein Menschenalter (1798–1875) Kämpfe zwischen vorwärts treibenden und retardierenden Kräften ein, die aus einheimischer Sicht als heftig und gewaltsam, vom Ausland her gesehen aber wohl als geradezu idyllisch erscheinen. Luzern erlebt in dieser Zeit zehn neue Verfassungen; 1875, als mit dem «allgemeinen» Wahlrecht – das natürlich nicht wirklich allgemein ist, denn die Frauen erhalten das Stimmrecht erst 1970! –, mit Verfassungsinitiative und Gesetzesreferendum die demokratische Form gefunden ist, beruhigt sich die Lage; von da an bis 2007 gibt es keine neue Verfassung mehr. Typisch luzernisch in diesen Auseinandersetzungen ist die Tatsache, dass sich die alte Spaltung zwischen Stadt und Land bis gegen Ende des 20. Jahrhunderts in der parteipolitischen Spaltung zwischen liberal und konservativ fortsetzt.


Eigenartigerweise bildet die ländliche, kirchentreue und konservative Bevölkerung den eigentlichen Motor der Demokratisierung, weil sie glaubt, nur so die Herrschaft der liberal dominierten Stadt beseitigen zu können, die diese ihrerseits durch allerhand Tricks zu retten sucht.

Unseligerweise kommen diese Konservativen in Luzern 1841 ausgerechnet in dem Augenblick an die Macht, als die Neugestaltung des eidgenössischen Bundes allmählich spruchreif wird. Die liberalen, stärker industrialisierten Kantone des Mittellandes von Genf bis St. Gallen streben einen stärkeren Bund und eine Überwindung der kantonalen Sonderrechte an, die der wirtschaftlichen Entwicklung im Weg stehen; man kann sie gleichsam als Schweizer Nationalisten bezeichnen. Die katholischen Alpen- und Voralpenkantone mit Luzern an der Spitze hingegen beharren auf der Souveränität der einzelnen Republiken, da sie als Minderheit in einem einheitlicheren Bundesstaat um ihre Selbständigkeit fürchten. 1845 bilden sieben von ihnen zum Schutz ihrer Interessen den Sonderbund mit Luzern an der Spitze dieser verlorenen Schar. Als liberale Kantone Klöster aufzuheben beginnen und Luzern darauf 1844 die Jesuiten zurückberuft, die bei den Liberalen als reaktionäres Schreckgespenst gelten, wird der latente Bürgerkrieg um die Bundesreform zum offenen Krieg. Nach ersten Scharmützeln, bei denen 1844 und 1845 liberale Freischaren die konservative Luzerner Regierung zu stürzen versuchen, kommt es im November 1847 zum Kampf. Er dauert zum Glück nur 24 Tage und fordert weniger als hundert Tote. Luzern und seine Verbündeten aber sind geschlagen und bleiben im neuen Bundesstaat, der 1848 zustande kommt, für Jahrzehnte im Abseits. Als nationale Hauptstadt kommt Luzern nun nicht mehr in Frage; dafür verstärkt sich gerade in dieser Zeit seine internationale Ausstrahlung.

Die industrielle Revolution setzt in Luzern spät ein. 1860 sind nur 1,7% der Bevölkerung in der Heim- oder Fabrikindustrie tätig, das sind viermal weniger als in der übrigen Schweiz. Luzern ist – und bleibt bis heute – ein überdurchschnittlich von der Landwirtschaft geprägter Kanton; 1910 gehörten immer noch rund 40% der Erwerbstätigen dem Bauernstand an, und noch heute ist dessen Anteil mit über 6 % rund doppelt so hoch wie in der Schweiz insgesamt.

Dabei fehlte es eigentlich nicht an günstigen Voraussetzungen für die Industrialisierung. Reuss, Emme und andere Flüsse sind als Energieträger geeignete Wasserläufe, dazu war in den wiederholt von Agrarkrisen und starker Abwanderung betroffenen Landgebieten ein Arbeitskräftepotenzial vorhanden, und für einzelne Zweige wie die Stroh-, Leinen-, Bau- und Nahrungsmittelindustrie mangelte es auch nicht an Rohstoffen. In der Stadt hatte es die Industrie wegen der engen Raumverhältnisse allerdings schwer; und vor allem waren weder das zwar kapitalkräftige Patriziat noch das auf Kleinbetriebe ausgerichtete Handwerkertum geneigt, als Industriepioniere aufzutreten. Dennoch zog die Stadt etliche Industrien an, die sich aber vor ihren Toren – in den Gemeinden Kriens, Littau und Emmen – ansiedelten. Aus einigen, etwa den 1842 entstandenen von Moos’schen Eisenwerken, der Maschinenfabrik Bell in Kriens (1844) oder der Papierfabrik Perlen (1872) wurden bedeutende Unternehmen; andere, wie die 1874 gegründete heutige Aufzügefabrik Schindler, entwickelten sich gar zu weltbekannten Firmen.

Überblick

1798:Ende der Patrizierherrschaft. Helvetische Verfassung mit zentralistischem Staatsaufbau und Einführung u.a. der Glaubens-, Niederlassungs- und Wirtschaftsfreiheit.
1798/99:Luzern ist vom Oktober 1798 bis Mai 1799 Sitz der helvetischen Regierung.
1814:Durch einen Staatsstreich aristokratischer Kreise teilweise Rückkehr zu den Zuständen vor 1798: Sogenannte Restauration. Erneute Dominanz der Stadt über die Landschaft. Luzern wird – abwechselnd mit Zürich und Bern – alle 4 Jahre eidgenössischer Vorort.
1826:Erstmals reformierte Gottesdienste in Luzern.
1831:Liberale Regenerationsbewegung. Zögernder Beginn der Industrialisierung.
1835:Mit dem «Schwanen» (Nr. 56) Bau des ersten Hotels am See.
1837:Erstes Dampfschiff auf dem Vierwaldstättersee.
1841:Konservative Verfassung: Demokratisch-ländliche Bewegung gegen die Dominanz der Stadt.
1844:Rückkehr der Jesuiten nach Luzern.
1844/45:Gescheiterte liberale Freischarenzüge mit dem Ziel, das konservative Regime Luzerns zu stürzen.
1845:Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden, Zug, Freiburg und Wallis gründen den Sonderbund zur Wahrung ihrer autonomen Stellung im Bund.
1847:4,-28. November: Sonderbundskrieg. Luzern kapituliert mit den andern Sonderbundskantonen vor den eidgenössischen Truppen.
1848:Gründung des schweizerischen Bundesstaates mit Hauptstadt Bern. Liberale Dominanz in Luzern. Ausweisung der Jesuiten und Aufhebung einiger Klöster.
Ab ca. 1850:Entfestigung der Luzerner Altstadt; Schleifung zahlreicher Türme u.Tore.
1856:Eröffnung der Bahnstrecke Basel-Emmenbrücke; 1859 Weiterführung bis Luzern.
Ab 1864:Bebauungspläne für neue Wachstumszonen im Bruch-, Wey- und Obergrund-Quartier.
1866–72:Richard Wagner in Tribschen.
1871:Konservativer Umschwung im Kanton; die Stadt bleibt aber liberal.
1875:Demokratische Verfassung, die bis 2007 in Kraft bleibt.
1882:Eröffnung der Gotthardbahn, die aber Luzern bis 1897 umfährt.
1889:Eröffnung der Brünig- und der Pilatusbahn.
1894/95:Neubau des Bahnhofs; die jetzt von der Bahn befreite Pilatusstrasse und das Hirschmattquartier werden neue Bauzonen.

Vielleicht muss man in Luzern eher von einer technischen als von der industriellen Revolution reden. Was die Stadt nämlich seit 1830 von Grund auf umzugestalten beginnt, sind technische Errungenschaften, in erster Linie natürlich die neuen Verkehrsmittel. Als am 24. September 1837 mit der «Stadt Luzern» das erste Dampfschiff zu seiner Eröffnungsfahrt ausläuft, beginnt ein neues Zeitalter. Der Dampfer vermag bedeutend mehr Menschen und Güter aufzunehmen als die alten Nauen, und legt den Weg nach Flüelen in 3 statt in 9 Stunden zurück. Ab 1856 folgen die Bahnen: zuerst jene nach Olten und Basel, 1864 jene nach Zug und Zürich, und 1897 endlich auch der Anschluss an die bereits 1882 erbaute Gotthardbahn. Diese Verbindungen hinaus in die Welt machen nun innerhalb etwa eines halben Jahrhunderts aus der in ihren Mauern schlummernden regionalen Hauptstadt ein europäisches Tourismuszentrum. Von 1850 bis 1913 vervierfacht sich die Zahl ihrer Bevölkerung und ihre Siedlungsfläche. Die Bebauung folgt zunächst fingerförmig den alten Ausfallstrassen Obergrund, Untergrund und Zürichstrasse.


Übersichtsplan der Stadt Luzern von 1890. Die Stadt wächst mit Hotels am rechten Seeufer und mit Häusern entlang der drei Ausfallachsen. Die Eisenbahn wird durch die Pilatusstrasse geführt und schnürt die Stadt als «eiserner Gürtel» ein.

Zwischen 1866 und 1873 entstehen die rasterförmigen Bebauungspläne für die neuen Wachstumszonen in den Quartieren Bruch, Obergrund, Wey und um den Bahnhof. Die Stadtbevölkerung wächst viel schneller als jene auf dem Land. Das rasante Wachstum ist aber nur dank weiterer technischer Neuerungen möglich. So macht erst die neue Wasserversorgung von 1875 mit Druckleitungen vom Reservoir beim Gütsch die dichte Bebauung der umliegenden Hügel überhaupt möglich. Weil die innerstädtischen Distanzen wachsen, wird 1899 die Trambahn eingeführt. Von 1858 an gibt es eine öffentliche Gasbeleuchtung, und die elektrische Beleuchtung kommt 1891, zuerst natürlich dort, wo sich Luzern besonders vorteilhaft präsentieren muss: am Schweizerhofquai (Nr. 59). 1852 wird die erste Telegrafen- und 1883 die erste Telefonstation eröffnet.

Die revolutionäre Umgestaltung des Stadtbildes ist weitgehend eine Folge dieser technischen Neuerungen. Sie bewirkt eine Art Dreiteilung Luzerns: In der Grossstadt wie in der Kleinstadt lebt das in sich gekehrte «Storchennest» aus dem Mittelalter weiter, während die bis dahin unverbauten Seeufer dem Tourismus dienstbar gemacht werden: das rechte mit seinen Hotels und Uferpromenaden als Aussichtsterrasse, das linke mit dem Bahnhof auf der ehemaligen Fröschenburg als «Lieferanteneingang». Aber auch das Storchennest der Altstadt erfährt starke Eingriffe. In einigen Randgebieten wird die Anzahl der Stockwerke erhöht, so am Grendel, der 1819–1822 eingedeckt und ab 1860 mit seinen Wohn- und Geschäftshäusern zum Scharnier zwischen Hotelmeile und Altstadt wird. Vor allem aber spielt sich im Jahrzehnt nach 1855 jener städtebauliche Prozess der Entfestigung ab, dem insgesamt an die zwanzig Tore und Türme sowie Teile der Stadtmauern, die Sust und die Hofbrücke zum Opfer fallen. Dieser Vorgang, über den man heute den Kopf schütteln mag, erregt damals zunächst kein Bedauern. Viele, die in der Altstadt wohnen, fordern die Beseitigung der dunklen und feuchten Enge und freuen sich über die neuen hellen Plätze. Manche sehen in diesem Zerstörungswerk auch eine demokratische Tat, da die vor allem als Gefängnisse dienenden Türme als Symbole der alten Aristokratenherrschaft gelten. Eine Änderung tritt erst ein, als 1864 wegen ihres schlechten baulichen Zustands auch die Schleifung der Museggmauer (Nr. 38) erwogen wird. Da sie kaum ein Verkehrshindernis darstellt und man ihren touristischen Wert erkennt bleibt sie jedoch verschont.

Auch der Kapellbrücke (Nr. 22) droht Gefahr: 1869 planen Geschäftsleute aus der Altstadt – um nicht ins Abseits zu geraten – die neue Seebrücke vom Bahnhof direkt auf den Kapellplatz zu führen. Es existiert denn auch ein anonymes Bild aus dieser Zeit, ohne Kapellbrücke, auf dem der Wasserturm (Nr. 23) wie eine einsame, vom Sturm verschonte Eiche aus der Reuss ragt.


Tore zur Hofbrücke und zur Schifflände am Kapellplatz (Nr. 2), abgetragen 1835. Gemälde von Xaver Schwegler 1897.

Die Umgestaltung des rechten Seeufers zur Hotelmeile und Aussichtsterrasse erfolgt in drei Etappen zwischen 1835 und 1906. Bahnbrecher ist der Wirt des Schwanen (Nr. 56), der den Neubau nach dem Brand seines Hotels in der Altstadt 1835 vor die Stadttore an das Seeufer zu stellen wagt, dorthin, wo schon zwei Jahre später die Dampfschiffe anlegen. Östlich davon entsteht 1845 der luxuriöse Schweizerhof (Nr. 57), der mit den 1856 erstellten Seitenflügeln ein neues Wahrzeichen in Luzern setzt. Erbauer sind die Gebrüder von Segesser, die zeigen, dass das im Umgang mit vornehmen Gästen geübte Patriziat sich im Hotelbau eher engagiert als in der Industrie. In einer zweiten Phase, zwischen 1861 und 1871, schiessen 14 weitere Hotels aus dem Boden, darunter nun etliche in der Nähe des Bahnhofs. In einer dritten Phase, nach den Krisenjahren 1875–1885, nimmt der Hotelbau mondäne Züge an. Er konzentriert sich auf die äussere Halde, wo man nach 1882 einige Zeit auf den Bau eines neuen Gotthardbahnhofs spekuliert. Im Anschluss an das 1870 eröffnete Hotel National (Nr. 62) entstehen 1882 der Kursaal (Nr. 64) und 1906 das Palace (Nr. 65); das Montana (1910) nützt, über eine Standseilbahn erschlossen, die erhöhte Prachtlage über dem See. Opfer dieses touristischen Baubooms ist die Hofbrücke, die zwischen 1834 und 1854 in drei Etappen abgebrochen wird; zu Füssen der Hofkirche (Nr. 50) müssen auch die verwinkelten Kaplanenhäuser und am See manche alten Gewerbebauten weichen.

Mit dem Kriegsausbruch 1914 wird es still in Luzern. 1915 kommen nur noch knapp 30 000 Gäste, sechsmal weniger als zwei Jahre zuvor. In den folgenden Jahren muss mehr als ein Viertel der seit 1836 erbauten Hotels schliessen. So richtig in Schwung kommt der Tourismus erst wieder mit der Hochkonjunktur nach 1950; aber die Bettenzahl von über 8000 wird nie mehr auch nur annähernd erreicht.

Entwicklungsakzente im 20. Jahrhundert (1914–2015)

Luzern durchlief im 20 Jahrhundert ähnliche Entwicklungen wie andere Städte. Dazu gehörte auch der Auszug in die Vororte. Während die städtische Bevölkerung von 1970 bis 2000 um einen Sechstel zurückging, nahm jene der Vororte rasant zu. 2015 zählte der Gürtel der 13 Agglomerationsgemeinden zwischen Horw und Gisikon, Rothenburg und Meggen mit rund 200000 Einwohnern zweieinhalb mal so viele wie die Stadt mit ihren rund 80000. In dieser Situation wurde die Frage nach Fusionen sowohl vom Kanton als auch von der Stadt ins Spiel gebracht. Der Kanton forderte ein starkes Zentrum mit «deutlich über 100 000» Einwohnern, das als starker wirtschaftlicher Motor wirken und als viertgrösste Stadt der Schweiz national mehr Gewicht erhalten sollte. Erwartet wurde auch, dass Fusionen die Koordination der Verkehrsund Siedlungspolitik in den stark zusammen gewachsenen Lebensräumen verbessert würde, und sich in der Verwaltung dank Synergien Einsparungen ergäben. Ab 2002 begannen erste Fusionsgespräche zwischen Luzern und Littau. Volksabstimmungen ergaben 2007 Ja-Mehrheiten für eine Fusion von 52,6% in Luzern und 54,6% in Littau. Auf den 1. Januar 2010 trat der Zusammenschluss in Kraft, der eine Vergrösserung der Stadtfläche um 13,25 auf 29,1 km2, und der Einwohnerzahl um 17205 auf 76702 erbrachte. Ab 2009 liefen auch Abklärungen zur Schaffung einer «starken Stadtregion» von 150 000 Einwohnern durch Fusionen mit den Nachbargemeinden Adligenswil, Ebikon, Emmen und Kriens. Bei Volksabstimmungen im November 2011 und März 2012 zeigte sich aber, dass nur die Stadt gewillt war, mit diesen Gemeinden zu fusionieren, während diese selbst es ablehnten. Dabei dürfte das Selbstbewusstsein dieser Gemeinden eine Rolle gespielt haben, die mit zum Beispiel knapp 29000 Einwohnern in Emmen und 27000 in Kriens doch eine ansehnliche Grösse aufwiesen.

Überblick

1910:Bau einer Luftschiffhalle in Tribschen
1912:Eröffnung der Dietschibergbahn
1914:Beginn des Hotelsterbens als Folge des 1. Weltkriegs
1928/29:Erste Autobuslinien von Luzern in Vororte wie Horw, Meggen etc.
1933:Eröffnung des Kunst- und Kongresshauses beim Bahnhof (1995 abgebrochen)
1938:Anfang der Internationalen Musikfestwochen (heute Lucerne Festival)
1949:Abbruch des in gotische Zeit zurückgehenden Freienhofs neben der Jesuitenkirche
1952–57:Erste Verkehrsampeln und Parkuhren
1957:Gründung des Zentralschweiz. Technikums (Fachhochschule)
1959:Eröffnung des Verkehrshauses als schweiz. Verkehrsmuseum (Nr. 67)
Ab 1960:Die Agglomeration beginnt die Stadt bevölkerungsmässig zu überholen.
1964:Luzern-Stans-Engelberg-Bahn eröffnet
1970:Frauenstimmrecht im Kanton Luzern
1971:Brand des Bahnhofs
1973–79:Anschluss an das Erdgasnetz und die regionale Kläranlage in Emmen
1978:Eröffnung des Natur-Museums (Nr. 108)
1981:Luzern wird an die Autobahn Norddeutschland-Süditalien angeschlossen
1986:Eröffnung des Historischen Museums (Nr. 107)
1993:Brand der Kapellbrücke (Nr. 22)
1997:Gründung der Hochschule Luzern durch die sechs Zentralschweizer Kantone (LU, UR, SZ, NW, OW, ZG)
1998/2000:Eröffnung des neuen Kultur- und Kongresszentrums KKL (Nr. 76)
2000:Gründung der Universität Luzern mit drei Fakultäten Erste Luzerner Stadtregierung mit nichtbürgerlicher Mehrheit
2007:Luzern und Littau beschliessen ihre Fusion auf den 1. Januar 2010
2011:Erstes Fussballspiel in der neuen Arena auf der Allmend
2011/12:Adligenswil, Ebikon, Emmen und Kriens lehnen eine Fusion mit Luzern ab
2009/13:Eröffnung der neuen Messehallen auf der Allmend
2016:Start der neuen Wirtschaftsfakultät an der Universität

Die neue, schwungvoll gewölbte Langensandbrücke verbindet das Neustadtquartier mit Tribschen. Sie wurde 2011 mit dem Prix Acier ausgezeichnet.

Erfolgreicher verlief die Aktivierung, die Luzern als Kultur- und Bildungszentrum im 20. Jahrhundert und namentlich in den letzten 20 Jahren erfuhr. In die Jahrzehnte seit 1930 fällt unter anderem der Bau von zwei Kunsthäusern, die Gründung der Musikfestwochen, die Eröffnung von vier bedeutenden Museen, und in neuester Zeit die Gründung zweier Hochschulen: 1997 der Fachhochschule Zentralschweiz, und 2000 der Universität Luzern. Beide Schulen nahmen seither einen formidablen Aufschwung. Mitte Oktober 2014 waren 5913 Studierende in den Studiengängen der Hochschule eingeschrieben, und an der Universität gab es 2015 im Frühjahrssemester 2814 Studierende. Luzern war wieder – ähnlich wie schon im 17. Jahrhundert – eine Studentenstadt geworden. Die Geschichte der beiden Hochschulen verlief allerdings sehr verschieden. Zur Fachhochschule kam es gleichsam in einem Anlauf durch das Konkordat der sechs Zentralschweizer Kantone, das eine Schule mit den Abteilungen Technik und Architektur, Wirtschaft, Soziale Arbeit, Design & Kunst sowie Musik ins Leben rief. Besonders gefragt waren in der Folge die Studienrichtungen Technik, Informatik und Wirtschaft, auf die 2014 rund zwei Drittel der Studierenden entfielen. Bis es zur Universität kam scheiterten hingegen mehrere Anläufe, ein erster schon 1647, der letzte 1978, als das Luzerner Volk eine entsprechende Vorlage ablehnte. Im Mai 2000 fand dann aber das Projekt einer Universität mit einer theologischen, einer geisteswissenschaftlichen und einer rechtswissenschaftlichen Fakultät die Zustimmung von 72 % der Stimmenden. Als grosser Renner erwies sich in der Folge die Rechtsfakultät, die rund die Hälfte der Studierenden anzieht. Sowohl an der Fachhochschule wie an der Universität stehen wichtige Neuerungen bevor. An der Universität wurde 2016 als vierte Fakultät jene für Wirtschaftswissenschaft eröffnet. Ebenfalls 2016 bezog das Departement Design & Kunst der Fachhochschule neue Anlagen auf dem ehemaligen Fabrikgelände der Viscose in Emmen, und 2019 steht in Rotkreuz ein neuer Informatik- und Finanzcampus zur Eröffnung bereit. Auch das Departement Musik kann 2019 einen Neubau im sogenannten «Südpol» (Arsenalstr. 28) beziehen, mit dem Luzern zeigt, dass man für ganz verschiedene Kulturformen offen ist.

Verändert hat sich nach 2010 in wenigen Jahren auch die Physiognomie von Luzern. Seit 2012 ragen im nördlichen Teil der Grünzone Allmend neben dem neuen Fussballstadion zwei Wohn-Hochhäuser 88 und 77 Meter hoch in den Himmel, und setzen neue Akzente in die Luzerner Skyline. Neben die Fussballarena kam auch ein Sportgebäude mit Hallenbad, Turnhallen und Fitnesspark zu stehen, während der früher auf der Allmend häufige Schiesslärm dank einer neuen Schiesssporthalle völlig verschwand. Auch das neben dem Stadion liegende Messegelände wurde zwischen 2009 und 2013 gründlich modernisiert, womit Luzern als Platz für Messen, Gross-Events und Kongresse bedeutend aufgewertet wurde. Schon im Jahr der Neueröffnung zog es über 3000 Aussteller und gegen 400 000 Besucher an. Das ganze Sport- und Messegelände wird seit November 2012 durch die Zentralbahn mit eigener unterirdischer Haltestelle «Allmend/Messe» erschlossen.


Statt Schiesslärm prägen heute zwei Wohntürme und das neue Stadion die Allmend.

Markant veränderte sich das Stadtbild auch um den Bahnhof, mit dem Bau des KKL (Nr. 76) und dem Umbau des ehemaligen Postbetriebsgebäudes in den Sitz der Universität (Nr. 77). Aber langsam begann um 1950 auch eine Veränderung ganz anderer Art. Damals kam es zu lebhaften Protesten, als 1949 die gotische Gebäudegruppe des Freienhofs neben der Jesuitenkirche, und 1959 das 300 Jahre alte stattliche Balthasarhaus an der Reussbrücke abgerissen werden sollten. Als die Stadt 1978 ihr 800-jähriges Bestehen feierte, vertiefte sich zweifellos die Einsicht, dass mit der historischen Bausubstanz sorgsamer umgegangen werden musste, wollte Luzern seinen alten Reiz bewahren.


Die Haltestelle Allmend/Messe ist der vorerst einzige «Tiefbahnhof» der Stadt Luzern.

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