Читать книгу Mythor 50: Die Mauern von Logghard - Paul Wolf - Страница 7
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ОглавлениеIrgendwie erinnerten Mythor die Gegebenheiten an die Piratenstadt Thormain an der Küste Yortomens. Dort hatte es eine »Stadt unter der Stadt« gegeben, doch besagten die Legenden, dass diese einst von den Angehörigen eines Riesengeschlechts gebaut worden waren.
Die Gebäude dieser Unterwelt, durch die er mit seinen Gefährten wanderte, waren jedoch einst für die Bedürfnisse normal gewachsener Menschen gebaut worden. Das erkannte man an den Maßen von Fenstern und Türen, die noch erhalten waren. Doch auch hier hatte man, wie in Thormain, den Eindruck, dass auf den Ruinen alter Gemäuer neue Häuser gebaut worden waren, und als auch diese einstürzten, waren auf ihren Trümmern wieder Gebäude errichtet worden.
Auf diese Weise entstand eine Unterwelt aus Ruinen, zwischen denen es verwinkelte Gänge und oftmals gewaltige Hohlräume gab. Wahrscheinlich hatten die hier unten lebenden Kreaturen diese Irrgänge ausgebaut und diesen Lebensraum nach ihren Bedürfnissen eingerichtet. Aber was befand sich oben?
Sie kamen in ein hohes Gewölbe. Der Boden war mit Mauertrümmern bedeckt, aus den Schuttbergen ragten hohe, schlanke Türme aus Stein, die die gewölbte Decke stützten, die sich zwanzig Mannslängen über ihnen spannte.
Mythor erkannte, dass diese Decke jedoch nicht geschlossen war, sondern aus sieben Bögen bestand, die sich wie Brücken über den Abgrund schwangen.
Vor ihnen endete der Weg an einer geschlossenen Mauer aus Steinquadern. Mythor blieb vor der Mauer stehen und sagte:
»Der Helm der Gerechten weist mir den Weg geradeaus.«
»Der Sohn des Kometen müsste doch auch durch festen Stein gehen können«, meinte Hrobon spöttisch.
»Seht!«, rief Sadagar und deutete nach oben. »Dort sind Krieger! Offenbar halten sie auf den Brücken Wache!« Er formte die Hände wieder zu einem Trichter und rief hinauf: »He, ihr da oben! Wir sind Menschen der Lichtwelt. Holt uns hinauf!«
Die Antwort fiel ganz anders aus, als der Steinmann es sich wünschte. Mythor sah auf den Brücken eine Reihe hektischer und unmissverständlich drohender Bewegungen. Krieger holten mit Speeren aus, andere spannten Pfeile, und wieder andere hoben Steine und andere Wurfgeschosse, um sie in die Tiefe zu schleudern.
»Deckung!«, warnte Mythor und hob gleichzeitig den Sonnenschild zum Schutz. Luxon und Hrobon konnten unter einem überhängenden Mauerwerk in Deckung gehen, Sadagar fand unter Mythors Sonnenschild Unterschlupf.
Gleich darauf regnete es Pfeile und Felsbrocken, eine Armlänge von Mythor entfernt bohrte sich eine Lanze in den Boden. Aber im selben Moment merkte er, wie der Sonnenschild erbebte, und er wusste, was das zu bedeuten hatte. Der magische Schild wirkte wie ein Spiegel für die Gefühle der Gegner und schleuderte deren Hass und Angriffswut gegen sie selbst zurück. Von oben erklang ein Schreien, das von der Verwirrung und Angst der Krieger zeugte, als ihnen eine Welle von Hass und Wut entgegenschlug.
Mythor begab sich mit Sadagar aus der Schussbahn. Luxon und Hrobon schlossen sich ihnen an, und gemeinsam suchten sie ein nahes Gewölbe auf, wo sie vor weiteren Angriffen von oben sicher waren.
»Dort oben sind Krieger des Shallad«, erklärte Luxon. »Ich habe sie an ihrer Ausrüstung erkannt. Offenbar halten sie uns für Kreaturen der Unterwelt. Über uns beginnt eine ganz andere Welt, aber wie es scheint, verwehrt man uns den Zutritt.«
»Warum gibt sich Mythor nicht einfach als Sohn des Kometen zu erkennen?«, meinte Hrobon spöttisch.
»Wir haben nun keine andere Wahl, als deinen Plan durchzuführen, Luxon«, meinte Mythor. »Wir werden hier unser Lager aufschlagen und unsere Köder auslegen.«
*
Gfeer näherte sich vorsichtig dem Rand des Dunklen Bezirks. Die vier Eindringlinge lagerten nahe den Hohen Brücken und gaben sich recht unbekümmert. Sie fühlten sich mit ihren Waffen offenbar sehr sicher. Aber das konnte ihm nur recht sein.
Da ihm der offene Angriff mit der ganzen Meute nichts eingebracht hatte, wollte es Gfeer auf eigene Faust versuchen. Nicht, dass er es allein gegen die vier Eindringlinge aufnehmen wollte. Er dachte nicht daran! Ihm ging es vor allem darum, sie zu entwaffnen. Wenn ihm das gelungen war – und er sich vor allem des Schwertes, des Bogens, des Schildes und des Helmes bemächtigt hatte –, dann konnte sich die Meute auf die Eindringlinge stürzen und sie in Stücke reißen.
Gfeer hatte keine Ahnung, wie die vier in seinen Dunklen Bezirk eingedrungen waren, doch war ihm ihr Kommen angekündigt worden. So leichte Opfer, wie er geglaubt hatte, waren sie leider nicht. Wie auch immer, er hatte einen Plan.
Er umschlich den Lagerplatz der Eindringlinge eine ganze Weile, bis er die Lage ausgekundschaftet hatte und wusste, wie er vorzugehen hatte.
Die Eindringlinge hatten sich in ein leicht zu verteidigendes Gewölbe zurückgezogen. Aber ihr Anführer war leichtsinnig. Er hatte seinen Schild und den Helm mitsamt dem Bogen und dem Köcher in einem Winkel des Gewölbes abgelegt. Nur das Schwert behielt er.
Gfeer rieb sich die Klauen.
Es war ein leichtes für ihn, sich mit den Krallen einen Weg durch den lockeren Boden zu graben. Er hatte Übung darin.
Gfeer begann vorsichtig diesseits der Mauer zu graben und hatte trotzdem schon bald eine beachtliche Höhle freigelegt. Auf diese Weise kam er unter der Mauer hindurch und arbeitete sich auf der anderen Seite hoch. Genau über ihm waren nun die begehrten Waffen. Er brauchte nur noch einige Trümmer abzuheben, dann würden sie ihm geradewegs in die Klauen fallen.
Er lauschte noch ein letztes Mal auf verdächtige Geräusche, aber nichts war zu hören. Und so setzte er sein Werk vorsichtig fort. Plötzlich gab der Boden über ihm nach – und es kam so, wie er es erwartet hatte. Helm, Schild, Köcher und Bogen fielen auf ihn herab.
Gleichzeitig tauchte in dem Loch auch ein Gesicht auf, das ihn hämisch angrinste. Es gehörte dem blonden Krieger, der beinahe sein Gefangener geworden wäre. Er sagte:
»Haben wir dich endlich, Bürschchen ...«
Gfeer robbte erschrocken zurück. Er ließ die Waffen Waffen sein und dachte nur noch an Flucht. Als er auf der anderen Seite rückwärts aus dem Tunnel kletterte, bohrte sich ihm etwas Spitzes, Hartes in den Rücken.
»Rühr dich nicht, sonst spießt du dich selbst auf«, sagte der Anführer der Eindringlinge. Mit erhobener Stimme rief er: »Alles klar, Luxon. Gfeer ist in unserer Gewalt.«
Mythor trieb den Mabaser mit vorgehaltenem Schwert um die Mauer herum und hinein in das Gewölbe, wo ihn die anderen erwarteten. Gfeer schrie vor Wut auf, doch das beeindruckte niemanden.
»Wir könnten dich auf der Stelle töten«, sagte Mythor, nachdem er Gfeer gezwungen hatte, sich auf den Boden zu setzen. »Aber daran liegt uns nichts. Wir haben einige Fragen an dich, und wenn du sie zufriedenstellend beantwortest, dann lassen wir dich laufen.«
»Gut, aber ich will deine Ausrüstung dazu«, sagte Gfeer.
»Das könnte dir so passen!«, rief Mythor lachend. »Du kannst froh sein, wenn wir dir das Leben schenken.«
»Ihr seid Eindringlinge«, erwiderte Gfeer. »Dieser Dunkle Bezirk ist mein Reich. Wir haben ihn nach unserer Heimat Mambasa genannt.«
»Wo liegt deine Heimat?«, fragte Mythor.
Gfeer deutete in eine unbestimmte Richtung und sagte:
»Weit, weit von hier. In einem Land, wo die ewige Nacht herrscht.«
»Er kann nur die Schattenzone meinen«, warf Sadagar ein. Er wandte sich an den Mabaser und fragte: »Wie kamt ihr hierher?«
»Wir dienen mächtigen Herren, die ihr noch fürchten lernen werdet«, antwortete Gfeer. »Sie setzten uns als Siedler in diesem Dunklen Bezirk aus, auf dass wir ihn verteidigen und dafür sorgen, dass sich auch hier die ewige Nacht ausbreitet. Ihr werdet die Macht unserer Herren noch zu spüren bekommen.«
»Ist dies Logghard, die Ewige Stadt?«, erkundigte sich Mythor.
»Ihr seid in Logghard – und auch wiederum nicht«, antwortete Gfeer. »Hier herrsche ich. Mein Wort ist Gesetz. Ich verlange, dass du mich freilässt und mir deine Ausrüstung übergibst.«
»Warum bist du darauf so erpicht?«, erkundigte sich Mythor. »Ich bezweifle, dass du damit umzugehen verstehst.«
»Darauf kommt es nicht an«, erwiderte Gfeer. »Diese Waffen sind Symbole der Macht. Ich will sie haben.«
Mythor wollte seine nächste Frage stellen, aber da kam ihm Luxon zuvor.
»Brauchst du die Waffen für dich selbst?«, fragte er. »Oder willst du sie für jemand anderen beschaffen?«
»Das geht euch nichts an«, antwortete Gfeer. Plötzlich richtete er sich auf. Seine Haare sträubten sich leicht, und seinen Körper durchlief ein Zittern. Er legte den Kopf schief, als lausche er. Dabei sagte er mit bebender Stimme: »Hört ihr? Sie kommen. Sie gehen wieder auf Jagd und werden ...«
Gfeer sprang mit einem Aufschrei auf die Beine und wollte davonstürzen. Mythor stellte sich ihm jedoch mit Alton entgegen.
»Hiergeblieben!«, rief er. »Zuerst sagst du uns, in wessen Auftrag du mir die Ausrüstung stehlen solltest!«
Gfeer zuckte zusammen, als die Spitze des Gläsernen Schwertes seine Brust ritzte. Sein Gesicht verzerrte sich, und er fletschte sein Raubtiergebiss. Er schien Angst zu haben.
»Ihr werdet mich nicht ...«, schrie er auf einmal. Und dann ergriff er mit beiden Klauen Alton an der Klinge, um es Mythor aus der Hand zu reißen. Aber er ließ das Schwert sofort wieder los, als hätte er sich daran verbrannt, und stürzte mit einem gellenden Schmerzensschrei zum Ausgang des Gewölbes.
Mythor hätte ihn mit einem Schlag des Gläsernen Schwertes niederstrecken können, aber es war nicht seine Art, einem Gegner in den Rücken zu fallen. Und so ließ er Gfeer fliehen.
Aber der Mabaser kam nicht weit. Kaum hatte er einen Schritt aus dem Gewölbe getan, da wurde sein krummer Körper erschüttert, als sei er gegen eine unsichtbare Wand gerannt. Er drehte sich im Stand um seine eigene Achse und sackte dabei in sich zusammen. Als er eine halbe Drehung gemacht hatte, sah Mythor, dass aus seinem Körper die Schäfte von einem halben Dutzend Pfeilen ragten.
Hinter dem Mabaser tauchte eine Gruppe von Kriegern auf. In vorderster Linie standen die Bogenschützen, die bereits neue Pfeile eingespannt hatten.
»Ergebt euch!«, erklang eine herrische Männerstimme. »Im Namen des Erleuchteten und Größten aller Großen – streckt die Waffen. Ihr seid umzingelt.«
Mythor atmete auf. Er lächelte seinen Gefährten zu.
»Da haben wir ja Glück gehabt«, sagte er, »dass die Getreuen der Großen uns gefunden haben.«
»Findest du?«, meinte Sadagar zweifelnd. »Freundlich gesinnt scheinen sie uns nicht gerade zu sein.«
»Ergebt euch!«, kam von draußen wieder die Aufforderung. »Werft eure Waffen heraus und folgt mit erhobenen Händen. Wenn ihr diesem Befehl nicht Folge leistet, werden wir euer Versteck stürmen!«
»Ich werde dieses Missverständnis aufklären«, sagte Mythor zu seinen Gefährten.
Er nahm seine Waffen auf und begab sich in voller Ausrüstung zum Ausgang. Als er unter dem Torbogen auftauchte, richteten die Bogenschützen sofort ihre Pfeile auf ihn. Vor dem toten Mabaser blieb Mythor stehen, hob den Sonnenschild, dass alle ihn sehen konnten und hielt Alton mit gestrecktem Arm hoch.
»Seht, ich trage die Waffen des Lichtboten«, sagte er dann mit erhobener Stimme zu dem Kreis der etwa zwanzig Krieger, die ihre drohende Haltung beibehielten. »Ich bin Mythor, der Sohn des Kometen. Ich komme vom Drachensee. Der Stumme Große Flüsterhand hat mich mittels des Hohen Rufes aus den Ruinen von Erham hierher geschickt. Er sagte, dass die Großen von Logghard mich erwarten würden.«
Die Krieger senkten ihre Waffen nicht. Hinter den Bogenschützen tauchte einer auf, der mit Schild und Krummschwert gerüstet war. Sowohl auf seinem Brustpanzer wie auch auf dem Schild prangte das Symbol der roten Sonne, das Wappen des Shalladad.
»Spar dir deine Worte!«, rief der Krieger, der offenbar der Anführer war. »Streckt eure Waffen und ergebt euch!«
»Lass dich nicht darauf ein, Mythor«, raunte Sadagar aus dem Hintergrund. Und Luxon fügte hinzu: »Gib die Ausrüstung des Lichtboten nicht aus der Hand. Sie ist dein stärkster Trumpf!«
»Daran habe ich ohnehin keinen Augenblick lang gedacht«, sagte Mythor ebenso leise zurück. Lauter fuhr er fort: »Ich kann dieser Aufforderung nicht nachkommen. Wer bist du eigentlich, dass du so mit mir, dem Sohn des Kometen, sprichst!«
»Ich heiße Jemon und handle im Auftrag des Erleuchteten, des Größten Großen«, antwortete der Krieger.
»Wenn das wahr ist, dann müsstest du über mein Kommen unterrichtet sein«, sagte Mythor. »In diesem Fall erwarte ich von dir, mit dem nötigen Respekt behandelt zu werden. Andernfalls muss ich dich als Feind der Großen und der Lichtwelt betrachten.«
»Ich weiß nur, dass ein Mann erwartet wird, der die Waffen des Lichtboten mitbringt«, erklärte Jemon. »Wenn du derjenige bist, dann übergib mir deine Ausrüstung und lasse dich in den Tempel der Großen bringen, um dich ihrem Wahrspruch zu stellen.«
»Die Waffen des Lichtboten sind mein rechtmäßiger Besitz«, erklärte Mythor fest. »Ich werde mich nicht von ihnen trennen.«
»Dann willst du den Kampf?«, fragte Jemon herausfordernd.
»Ich will zu den Großen gebracht werden, aber in voller Ausrüstung«, erklärte Mythor fest. »Legst du mir allerdings Schwierigkeiten in den Weg, Jemon, dann will ich es auf einen Vergleich ankommen lassen – zwischen deinen Waffen und denen des Lichtboten.«
Jemon schwieg eine ganze Weile. Schließlich sagte er.
»Gut, ich werde dich, so wie du bist, zu den Großen bringen«, sagte er. »Aber ich muss auf einer starken Bewachung bestehen.«
»Ich betrachte deine Krieger als die dem Sohn des Kometen zustehende Eskorte«, erwiderte Mythor.
Sadagar klopfte ihm von hinten auf die Schulter, und Luxon meinte anerkennend:
»So ist es richtig. Als Sohn des Kometen musst du lernen, dich auch ohne den Gebrauch von Waffen durchzusetzen. Aber Jemons Verhalten gefällt mir trotzdem nicht. Ich möchte bloß wissen, was für ein Spiel die Großen treiben.«
»Mythor ist eben allseits unbeliebt«, meinte Hrobon verächtlich, während er den anderen aus dem Gewölbe folgte. Die Bogenschützen hatten auf ein Zeichen Jemons die Pfeile zurück in die Köcher gesteckt. Auch die anderen Krieger verstauten ihre Waffen, blieben jedoch wachsam.
Sie kamen zu dem freien Platz, über den sich die Brücken spannten. Dort standen Körbe, die an Seilen hingen. In diesen waren die Krieger nach unten gelangt. Nun bestiegen sie sie wieder zu zweit und zu dritt, wobei Mythor und seine Freunde voneinander getrennt wurden.
Mythor teilte einen Korb mit Jemon. Kaum hatten sie ihn bestiegen, zupfte der Krieger an einer Schnur, und der Korb glitt gleich darauf ruckweise nach oben. Jemon wich Mythors Blick aus. Sein Gesicht war ausdruckslos.
»Ich habe eine Frage an dich, Jemon, die du mir ruhigen Gewissens beantworten kannst«, sagte Mythor. »Sind wir hier in Logghard?«
»Wir gelangen nun erst zur Oberwelt und somit in die Ewige Stadt«, antwortete Jemon. Nach einer kurzen Pause fügte er hinzu: »Wir sind zwar im Herzen von Logghard, aber der Dunkle Bezirk, aus dem wir kommen, ist eine Bastion der Mächte aus der Schattenzone. Es gibt mehrere solcher Dunklen Zonen in der Ewigen Stadt, die von Kreaturen wie den Mabasern besetzt sind. Sie machen uns sehr zu schaffen, aber wir können sie wenigstens im Zaum halten.« Er machte wieder eine Pause, blickte Mythor kurz an und sagte: »Wir können diese Gefahrenherde eindämmen und ihre Ausbreitung verhindern. Doch wird die Existenz Logghards von anderer Seite bedroht.«
Sie erreichten mit dem Korb eine Plattform und gelangten von dort auf eine der Brücken. Nacheinander folgten auch die Körbe mit Luxon, Steinmann Sadagar und Hrobon.
Jemon verschwand für kurze Zeit. Mythor sah ihn hinter der Barrikade am Ende der Brücke verschwinden. Als er wieder zu ihnen zurückkam, erklärte er:
»Ich soll euch sofort in den Tempel der Großen bringen.«
*
»Wir reiten im Kreise. Wir kommen nie irgendwohin!«
Der Krieger schrie es immer wieder. Dann weinte und lachte er und begann schließlich zu toben. Drei Mann waren nötig, um ihn zu beruhigen.
»Versteht ihr denn nicht«, sagte er unter Tränen. »Wir bewegen uns immer in einem Kreis.«
»Ja, gewiss, in einem Dämonenkreis. Wie könnte es auch anders sein!«
»Aber wozu ziehen wir dann weiter?«
»Vielleicht können wir irgendwann aus dem Dämonenkreis ausbrechen. Irgendwo muss es ein Tor geben.«
»Land!«
Zum wievielten Mal war dieser Ruf schon erklungen?
Die Reiter trieben ihre Pferde an. Das Fußvolk begann zu laufen. Da vorne war ein gebirgiger Landstreifen, eine verheißungsvolle Oase in dem grauen, konturenlosen Einerlei dieses Nichts.
Das Hufgetrappel hallte laut. Von irgendwo erklangen entsetzte Schreie. Sie kamen von dieser Insel des Lebens, die sich wie ein Traum aus Licht und Farben aus der verwaschenen, grauen Einöde erhob. Und dort waren Menschen, die den Reitern entsetzt entgegenstarrten.
»Sie hören uns – aber sie fliehen uns!«
»Können sie uns nicht sehen? Erkennen sie uns nicht als ihresgleichen?«
»Wir sind Freunde! Wir tun euch nichts!«
Die Menschen auf der Insel duckten sich unter der herandonnernden Reiterschar. Die Krieger ritten durch die Insel des Lebens hindurch, zügelten ihre Pferde und kehrten zurück. Aber der Traum hatte sich verflüchtigt. Kein Licht, keine Farben. Nichts.
Das Tor zu ihrer Welt, das zum Greifen nahe schien, hatte sich wieder geschlossen.